Einer Klage deutscher Anleger gegen die Hellenische Republik auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen der durch das griechische Gesetz Nr. 4050/2012 – Regeln zur Änderung von Wertpapieren, die vom griechischen Staat emittiert oder garantiert wurden, mit Zustimmung der Anleihengläubiger – vom 23.2.2012 (FEK A 36/23.2.2012) ermöglichten Zwangsumschuldung griechischer Staatsanleihen steht der Einwand der Staatenimmunität der Beklagten entgegen. Im Übrigen wäre die Klage auch deshalb unzulässig, weil die örtliche und damit auch die internationale Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts Kempten oder des Landgerichts Frankfurt am Main nicht gegeben ist.
[Die Revision vor dem BGH (XI ZR 33/17) wurde unterdessen zurückgenommen.]
Die Kl. machen gegen die Bekl. Erfüllungs- und hilfsweise Schadensersatzansprüche aufgrund des Erwerbs griechischer Staatsanleihen geltend. Die Kl. orderten jeweils im Oktober 2004 bei ihrer Bank, der Sparkasse M., den Kauf von Schuldverschreibungen, die von der Bekl. emittiert worden waren. Im Jahr 2012 führte die Regierung der Bekl. angesichts ihrer schweren Schuldenkrise eine Umschuldung ihrer Staatsanleihen durch, von der auch die streitgegenständlichen Anleihen der Kl. und der Eltern erfasst waren. Das am 23.2.2012 vom griechischen Parlament verabschiedete Gesetz Nr. 4050/2012 schuf den Rahmen für eine nachträgliche Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger. Der diese Entscheidung billigende Beschluss des Ministerrats hatte die Wirkung, dass nunmehr alle Anleger und Anleihegläubiger der Titel hieran gebunden waren. Am 12.3.2012 wurden dementsprechend alle betroffenen Anleihepapiere durch die Griechische Zentralbank eingezogen, und sämtliche aus ihnen resultierenden Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht. Auch die den Kl. zugeordneten Wertpapiere wurden in diesem Rahmen im März 2012 ausgebucht; stattdessen wurden andere Wertpapiere eingebucht. Mit dieser Neueinbuchung hatten diese Anleihen (nominal) 53,5% ihres ursprünglichen Nominalwerts verloren. Die Kl. haben dem Umtauschangebot nicht zugestimmt.
In erster Instanz haben die Kl. mit der Maßgabe, dass der Rechtsstreit hins. der Zahlungen an die Kl. zu 1), 2) und 3) für erledigt erklärt werde, beantragt, die Bekl. auf diverse weitere Zahlungen aus Rückbuchung der Wertpapiere zu verurteilen. Die Bekl. hat sich in erster Instanz den Erledigungserklärungen der Kl. nicht angeschlossen und Klageabweisung beantragt. Das LG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben alle Kl. in vollem Umfang Berufung eingelegt.
[1]II. Die zulässige Berufung ist unbegründet, da das LG die Klagen aller Kl. zutreffend als unzulässig abgewiesen hat.
[2]Die Berufung ist zulässig ...
[3]Die Berufung ist jedoch unbegründet, da das LG die Klagen zutreffend als unzulässig abgewiesen hat. Der Zulässigkeit der Klage steht – wie vom LG erkannt – der Einwand der Staatenimmunität der Bekl. entgegen. Nur hilfsweise ist festzuhalten, dass die Klagen auch deshalb unzulässig sind, weil die örtliche und damit auch die internationale Zuständigkeit des LG Kempten nicht gegeben ist, wie von der Bekl. gerügt. Eine Verweisung an das LG Frankfurt a. M. hat – unabhängig von dem Prozesshindernis der Staatenimmunität der Bekl. bzgl. der Klage – auch deshalb nicht zu erfolgen, weil dort ebenfalls kein Gerichtsstand für die Klage eröffnet ist.
[4]1. Die Klage ist unzulässig, weil die Bekl. bzgl. der vorliegenden Klagen der Staatenimmunität unterliegt und damit ein Prozesshindernis besteht (s. BeckOK-ZPO-Bacher [Stand: 1.9.2016] § 253 Rz. 14.1).
[5]Staatenimmunität besteht nach dem als Bundesrecht im Sinne von Art. 25 GG geltenden allgemeinen Völkergewohnheitsrecht auch heute noch weitgehend uneingeschränkt für solche Akte, die hoheitliches Handeln eines Staats darstellen (acta iure imperii), soweit der ausländische Staat auf sie nicht verzichtet (BGH, Urt. vom 8.3.2016 – VI ZR 516/14 (IPRspr 2016-239), Rz. 12 juris).
[6]Dieser Ausschluss der Gerichtsbarkeit wegen sachbezogener Staatsimmunität, der unmittelbar als allgemeine Regel des Völkerrechts nach Art. 25 GG Geltung hat, gilt für hoheitliche Handlungen eines fremden Staats, die diesem selbst (nicht einem für ihn handelnden Amtsträger) zuzurechnen sind (acta iure imperii). Immunität gilt aber nicht bei privatrechtlicher Betätigung eines fremden Staats; die Abgrenzung ist nach der Natur der staatlichen Handlung unter Zugrundelegung deutschen Rechts vorzunehmen (s. Zöller-Lückemann, ZPO, 31. Aufl. [2016], § 20 GVG Rz. 4) ...
[7]1.1. Es ist bereits deswegen vom Prozesshindernis der Staatenimmunität auszugehen, weil – unabhängig von der Frage, ob und in welchem Umfang zur Prüfung dieses Punkts auch zu berücksichtigten ist, wie sich der verklagte Staat gegen die Klage verteidigt – aufgrund des Klagevortrags ein nicht auf hoheitlichem Handeln der Bekl. beruhender Anspruch der Kl. gegen die Bekl. nicht dargetan ist; vielmehr kommt auch nach klägerischem Vortrag, wie dies beklagtenseits zutreffend gerügt ist, ausschließlich eine auf hoheitlichem Handeln der Bekl. beruhende Haftung der Bekl. gegenüber den Kl. in Betracht, da die Voraussetzungen eines unmittelbaren Anspruchs der Kl. gegen die Bekl. aufgrund privatrechtlicher Tätigkeit der Bekl. nicht vorgetragen sind ...
[8]1.1.3. Die Bekl. macht auch geltend, der von den Kl. in den Raum gestellte Erwerb eines Anspruchs (wohl im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs) gemäß Art. 8 II des griech. Gesetzes Nr. 2198/1994 (FEK A 43/22.3.1994; i.d.F. des Gesetzes Nr. 2469/1997 = n.F.), der – was hier letztlich nicht endgültig beantwortet werden muss – zu einem eigenen privatrechtlichen Anspruch der Kl. selbst gegen die Bekl. geführt haben könnte, habe nicht stattgefunden. Der klägerische Vortrag stellt einen derartigen Erwerb nicht schlüssig dar; ein substanziiertes Bestreiten des Vortrags der Bekl. durch die insoweit zumindest sekundär vortragsbelasteten Kl. ist damit nicht erfolgt.
[9]Die gesetzliche Regelung in Art. 8 II des griech. Gesetzes Nr. 2198/1994 n.F., auf die sich die Kl. beziehen, sieht vor, dass der ‚Investor’ selbst einen Anspruch aus dem von ihm erworbenen Titel gegen den griechischen Staat haben soll, wenn der griechische Staat seine Verpflichtung zur Zahlung der fälligen Zinsen und Beträge der Titel an die Bank von Griechenland nicht erfüllt. Investoren sind gemäß der in Art. 6 II des griech. Gesetzes Nr. 2198/1994 n.F. enthaltenen Klammerdefinition Dritte, die einen Titel von einem Träger im Sinne des Art. 6 I des Gesetzes, d.h. einem Teilnehmer am griechischen Girosystem, erworben haben.
[10]Die Kl. haben aber nicht ansatzweise dazu vorgetragen, dass sie die Rechtstellung eines Investors in diesem Sinn (erworben) hätten ...
[11]1.2.2. Dass sich die Bekl. auf ihre Staatenimmunität berufen kann, zeigt sich insbesondere auch darin, dass bei einer Entscheidung über Ansprüche aus dem Grundverhältnis über die Rechtmäßigkeit der von der Bekl. durchgeführten Umschuldungsmaßnahmen zu befinden wäre. Denn ein Erfüllungsanspruch scheitert schon daran, dass ein solcher gerade infolge des hoheitlichen Handelns der Bekl., nämlich der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 4050/2012 durch das griechische Parlament sowie dessen Ausführung durch die zuständigen Regierungsorgane, nicht mehr existiert. Das heißt aber, dass der Klageanspruch – inzident – gerade auf eine behauptete Rechtswidrigkeit und damit Unwirksamkeit des unstreitig hoheitlichen Handelns der Bekl. gestützt wird ...
[12]1.2.3. Gegenstand der Klagen gegen die Bekl. sind daher – wie das OLG Schleswig (Urt. vom 7.7.2016 – 5 U 84/15) (IPRspr 2016-243) zutreffend m.w.N. ausführt – nicht nur eventuelle Ansprüche der Kl. aufgrund der von ihnen georderten Wertpapierkäufe, sofern solche – entgegen den Ausführungen oben unter Nr. 1.1. – gegen die Bekl. überhaupt bestehen sollten, sondern v.a. das Gesetz Nr. 4050/2012, das den Umtausch der Wertpapiere und infolgedessen die Verringerung der Schuld ermöglichte, indem in die Bedingungen der Schuldverschreibungen eine Umschuldungsklausel eingefügt wurde. Nutzt der emittierende Staat seine Hoheitsgewalt aber dazu, durch eine spezielle und konkrete Norm die Ausgestaltung der emittierten Schuldverschreibungen gezielt zu beeinträchtigen, so kann sein Handeln in Ausübung hoheitlicher Rechte nicht von seinem Handeln als Vertragspartei getrennt werden. In diesem Fall macht der vertragschließende Staat von seiner Hoheitsgewalt unmittelbar in Bezug auf den Vertrag Gebrauch, als Herr über das Vertragsstatut (so insbes. auch BGH, Urt. vom 8.3.2016 aaO Rz. 25). Ein solches Tätigwerden liegt hier vor: Die Bekl. hat einseitig, rückwirkend und bindend die Emissionsbedingungen der Schuldverschreibungen – durch hoheitlichen Akt – geändert, indem sie eine Umschuldungsklausel eingefügt hat, die es erlaubte, einer Minderheit von Wertpapierinhabern vorzuschreiben, sich dem Willen der Mehrheit unterwerfen zu müssen.
[13]1.2.4. Dieser auf den Schlussanträgen des GA fußenden Argumentation des OLG Schleswig, der sich auch der erkennende Senat anschließt, steht nicht entgegen, dass der EuGH diesen Schlussanträgen in seinem Urteil nicht gefolgt ist. Denn dieses zur Auslegung von Art. 1 I EuZVO ergangene Urteil des EuGH vom 11.6.2015 (Stefan Fahnenbrock u.a. ./. Hellenische Republik, Rs C-226/13, ECLI:EU:C:2015:383) steht der Einordnung als hoheitliche Maßnahme nicht entgegen.
[14]Der Gerichtshof vertritt insoweit zwar auch die Auffassung, der Erlass des griech. Gesetzes Nr. 4050/2012 habe nicht zu unmittelbaren und sofortigen Änderungen der finanziellen Bedingungen der betreffenden Wertpapiere geführt; diese Änderungen hätten erst im Anschluss an eine Entscheidung einer Mehrheit der Anleiheinhaber auf der Grundlage der durch dieses Gesetz in die Emissionsverträge eingefügten Umtauschklausel erfolgen sollen (EuGH, Urt. vom 11.6.2016 aaO Rz. 57). Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass diese Mehrheits-Entscheidung erst durch das Gesetz Nr. 4050/2012 vom 23.2.2012 und den Beschluss des Ministerrats vom 9.3.2012 Wirkung gegenüber den Gläubigern entfaltete, die wie die Kl. der Änderung der Anleihebedingungen nicht zugestimmt hatten. Ohne diese hoheitlichen Maßnahmen wäre die Mehrheitsentscheidung der Gläubiger für die überstimmte Minderheit privatrechtlich wirkungslos geblieben. In einer rein zivilrechtlichen Beziehung unter Privatrechtssubjekten ist eine solche einseitige Abänderung von Vertragsbedingungen ohne gesetzliche Grundlage nicht möglich. Entgegen der Auffassung der EK in ihrer Stellungnahme vom 19.8.2013 in der Rs C-226/13 haben das Gesetz Nr. 4050/2012 vom 23.2.2012 und der Beschluss des Ministerrats vom 9.3.2012 mithin nicht nur eine akzessorische Funktion; sie haben vielmehr die Rechtsbeziehung zwischen den von der Allgemeinverbindlichkeit betroffenen Personen und dem griechischen Staat in entscheidender Weise verändert (BGH, Urt. vom 8.3.2016 aaO Rz. 22).
[15]Zudem hat der EuGH in seinem Urt. vom 11.6.2015 (aaO) selbst betont (Rz. 46 ff; zit n. juris), dass bezogen auf die EuZVO, die Gegenstand des Urteils war, keine eingehende Beurteilung der Frage, ob die erhobene Klage eine Zivil- oder Handelssache sei, stattzufinden hat. Vielmehr sei der Anwendungsbereich dieser Verordnung bereits eröffnet, wenn nicht offenkundig sei, dass die Klage keine Zivil- oder Handelssache betreffe. Hierbei hatte der Gerichtshof auch betont, dass das Ergebnis dieser Prüfung nicht den späteren Entscheidungen vorgreifen könne, die vom angerufenen Gericht in Bezug auf seine eigene Zuständigkeit zu treffen seien.
[16]1.2.5. Auch die Überlegung der Kl., dass Art. 6 EGBGB gerade eine Prüfungskompetenz deutscher Gerichte dahingehend vorsehe, ob die an sich gebotene Anwendung ausländischen Rechts mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei, widerlegt nicht die obigen Ausführungen. Diese Regelung besagt nicht, dass es deutschen Gerichten auch gestattet ist, über hoheitliche Maßnahmen ausländischer Staaten, wie z.B. Gesetzgebungsakte zu befinden ...
[17]2. Überdies wäre selbst bei Bejahung der deutschen Gerichtsbarkeit für die vertraglichen Ansprüche, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben. Weder in Kempten noch in Frankfurt oder sonst in Deutschland ist ein Gerichtsstand für die gegenständliche Klage eröffnet. Auch in diesem Punkt schließt sich der erkennende Senat den Ausführungen im Urteil des OLG Schleswig vom 7.7.2016 (aaO 46 ff. juris) an. Die Frage der internationalen und örtlichen Zuständigkeit des von den Kl. angerufenen LG Kempten (Allgäu) ist nach den Vorschriften der EuGVO [VO (EG) Nr. 44/2001] zu beurteilen.
[18]2.1. Entsprechend den zutreffenden Ausführungen des OLG Schleswig im o.g. Urteil ist bereits der Anwendungsbereich der EuGVO nicht eröffnet, da es sich bei der gegenständlichen Klage nicht um eine Zivil- oder Handelssache gemäß Art. 1 Satz 1 EuGVO sondern um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit handelt, nachdem die Bekl. hoheitliche Befugnisse ausgeübt hat, die von den im Verhältnis zwischen Privatpersonen geltenden allgemeinen Regeln abweichen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im Urteil des OLG Schleswig vom 7.7.2016 (aaO Rz. 50 bis 53 juris) wird – auch zur Frage der nicht erforderlichen Vorlage an den EuGH – verwiesen.
[19]2.2. Selbst für den Fall, dass die EuGVO anwendbar sein sollte (so OLG Oldenburg, Urt. vom 18.4.2016 – 13 U 43/15 (IPRspr 2016-235b), und OLG Köln, Urt. vom 12.5.2016 – 8 U 44/15 (IPRspr 2016-241)), wäre kein Gerichtsstand in Deutschland gegeben. Auch insofern teilt der erkennende Senat die Ausführungen des OLG Schleswig in dessen Urt. vom 7.7.2016 (aaO).
[20]2.2.1. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des LG Kempten (Allgäu) ergibt sich nicht aus dem Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 15 I lit. c, 16 I EuGVO (s. OLG Schleswig, Urt. vom 7.7.2016, 5 U 84/15, Rz. 55 ff. juris).
[21]Die Kl. haben nicht schlüssig, geschweige denn substanziiert dargelegt, dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag im Sinne des Art. 15 I lit. c, 16 I EuGVO Gegenstand des Rechtsstreits sind, da sie nicht vorgetragen haben, dass jeweils sie selbst (als Verbraucher) unmittelbar mit der Bekl. einen Vertrag geschlossen haben. Die Anwendung dieser Vorschriften würde aber u.a. voraussetzen, dass der klagegegenständliche Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem beruflich oder gewerblich Handelnden tatsächlich geschlossen wurde (EuGH, Urt. vom 28.1.2015 – Harald Kolassa ./. Barclays Bank PLC, Rs C-375/13, ECLI:EU:C:2015:37 Rz. 30) ...
[22]Die von ihnen zum Beleg des Erwerbs der streitgegenständlichen Anleihen als Anlagen ... vorgelegten Abrechnungen, die zur Verwahrart ‚Wertpapierrechnung, Verwahrland Griechenland’ angeben, sprechen gerade nicht dafür, dass die Kl. selbst Vertragspartner der Bekl. geworden ist. Hieraus ergibt sich vielmehr, dass sich die Sparkasse, wenn sie sich entsprechend den klägerseits erteilten Aufträgen verhalten hat (wogegen nichts spricht), das Eigentum, Miteigentum oder eine gleichwertige Rechtsstellung an den Wertpapieren verschafft hat, und diese treuhänderisch für die Kl. gehalten hat. Ein unmittelbarer Vertragsschluss der Bekl. mit den Kl. oder den Eltern der Kl. zu 1) und 2) liegt aber fern und ist jedenfalls klägerseits nicht vorgetragen, wie bereits unter 1.1. ausgeführt.
[23]2.2.2. Das LG Kempten (Allgäu) ist auch nicht gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVO international und örtlich zuständig, weil die evtl. nach dem Klagevortrag von der Bekl. zu erfüllende (freiwillig eingegangene) Verpflichtung der Bekl. nicht am Wohnsitz der Kl. zu 1) oder 2), dem Wohnsitz deren Eltern oder dem Sitz der Kl. zu 3) zu erfüllen gewesen wäre.
[24]Der Erfüllungsort für die auf Erbringung der Hauptleistung gerichtete Primärverpflichtung, der zugleich den Gerichtsstand für Schadensersatzansprüche bestimmt, die an die Nichterfüllung von Primärverpflichtungen anknüpfen, bestimmt sich gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVO nach der lex causae. Lex causae ist nach dem Vorbringen der Kl. griechisches Recht, weil die Anlagebedingungen die Anwendung griechisches Recht vorsahen.
[25]Zwar ist nach Art. 321 griech. ZGB im Zweifel der Wohnort bzw. der Ort der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers der Erfüllungsort für eine Geldschuld. Diese Regelung greift aber aufgrund der abweichenden, spezielleren Bestimmung des Art. 8 VI des griech. Gesetzes Nr. 2198/1994 n.F. nicht ein. Da diese Norm nur bestimmt, dass eine Geldleistung im Zweifelsfall an dem Orte zu bewirken ist, an welchem der Gläubiger zur Zeit der Bewirkung seinen Wohnsitz hat, ist sie nach ihrem Wortlaut dispositiv und greift auch nur ein, wenn sich nicht aus dem Umständen des Einzelfalls ein anderer Erfüllungsort ergibt, was vorliegend zu bejahen ist.
[26]Selbst bei einer Anwendung der Zweifelsregelung des Art. 321 griech. ZGB, läge der Erfüllungsort jedenfalls nicht im Bezirk des LG Kempten Allgäu, da dann der Sitz des Ersterwerbers der Anleihe und nicht der Wohnsitz bzw. Sitz der Kl. maßgeblich wäre.
[27]2.2.2.1. Aufgrund der Regelung unter Art. 8 VI des griech. Gesetzes Nr. 2198/ 1994 n.F., wonach die Zahlung der fälligen Zinsen und Beträge der Titel durch die Bekl. an die Bank von Griechenland zum Erlöschen der Verpflichtungen der Bekl. führen sollte, ist auch festgelegt, dass die Erfüllungszahlung der Bekl. am Sitz der griechischen Bank in Athen erfolgen sollte.
[28]Soweit unter Art. 8 II 2 des griech. Gesetzes Nr. 2198/1994 n.F. geregelt ist, dass bei Nichterfüllung der Verpflichtung gemäß Art. 8 VI des Gesetzes durch den griechischen Staat, der Investor keinen Anspruch mehr gegen den Träger, bei dem sein Depot geführt wird, sondern nur noch einen Anspruch aus dem Titel gegen den griechischen Staat habe, ist damit eine Gestaltung dahingehend getroffen, dass der Anspruch gegen den jeweiligen Träger untergehen und der Anspruch gegen die Bekl. auf Zahlung an die Bank von Griechenland auf die Investoren übergehen sollte. Nichts spricht dafür, dass durch diesen Forderungsübergang der Leistungsort verändert werden sollte. Selbst wenn also von einer Investorenstellung der Kl. (für die Frage der Zuständigkeitsbestimmung) auszugehen wäre, würde dies daher nicht zu einer Zuständigkeit deutscher Gerichte führen.
[29]2.2.2.2. Zudem kann der gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVO an den vertraglichen Erfüllungsort geknüpfte Gerichtsstand durch Übertragung der Forderung nicht verändert werden. [...] Für die internationale und örtliche Zuständigkeit relevant sind daher allein die in der Person des ursprünglichen Gläubigers liegenden Umstände. Eine davon abweichende Sichtweise wäre mit dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit des Gerichtsstands (11. Erwgr. der EuGVO) nicht zu vereinbaren (Zöller-Geimer aaO Art. 7 EuGVVO Rz. 8; OLG Oldenburg aaO Rz. 35 m.w.N.; OLG Köln aaO Rz. 101 ff.).
[30]Wie bereits ausgeführt ist auch nach klägerischem Sachvortrag nicht davon auszugehen, dass die Kl. die geltend gemachten Forderungen unmittelbar von der Bekl. erworben haben. Wenn überhaupt, was ebenfalls nicht vorgetragen ist, wäre ein Erwerb im Wege einer Übertragung denkbar. Nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Bekl. wurden die Anleihen zunächst nur an im Girosystem der griechischen Zentralbank registrierte ‚Träger’ ausgegeben. Der Erfüllungsort für die ursprüngliche Verpflichtung der Bekl. gegenüber den ursprünglichen Inhabern der Schuldverschreibungen, den ‚Trägern’, liegt dann jedoch nicht im LG-Bezirk Kempten (Allgäu); es gibt keinen Vortrag dahingehend, dass ein ‚Träger’ seinen Geschäftssitz im dortigen LG-Bezirk hat.
[31]Auch eine internationale Zuständigkeit am Sitz der Deutschen Bank in Frankfurt a.M. ist nicht gegeben.
[32]Mit dem OLG Oldenburg und dem OLG Schleswig ist auch davon auszugehen, dass für das Verhältnis zwischen dem beklagten Staat als Anleiheschuldner und den ‚Trägern’ als Ersterwerbern der Anleihen allein die Annahme eines einheitlichen Erfüllungsorts am Sitz der griechischen Zentralbank als Verwalterin des ‚Systems’ sinnvoll ist (s. OLG Oldenburg aaO Rz. 41 f.).
[33]2.2.3. Das LG Kempten ist auch nicht gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVO international und örtlich zuständig. [...] Insofern kommen allein die mit der Klage hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bzw. wegen einer rechtswidrigen Enteignung oder eines enteignungsgleichen Eingriffs in Betracht. Diese Ansprüche sind aber, nach der Rspr. des BGH, nach dem Grundsatz der Staatenimmunität von deutschen Gerichten nicht zu prüfen (s. BGH, Urt. vom 8.3.2016 aaO). Daher kommt im vorliegenden Rechtsstreit eine Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVO von vornherein nicht in Betracht (ebenso OLG Oldenburg aaO Rz. 44; OLG Köln aaO Rz. 105; OLG Schleswig aaO Rz. 72).