Art. 23 lit b EuEheVO enthält eine spezielle Konkretisierung des verfahrensrechtlichen ordre public. Danach muss dem Kind die Möglichkeit zur Anhörung gegeben werden. Die Anforderungen an die Anhörung des Kindes richten sich nach dem Recht des Anerkennungsstaats; grundsätzlich sind Kinder nach deutschem Recht ab dem dritten Lebensjahr anzuhören.
Hat ein ausländisches (hier: belgisches) Gericht nicht durch eine Anhörung überprüft, welche Wünsche die Kinder haben, liegt aus deutscher Sicht ein schwerwiegender Verfahrensverstoß gegen § 159 FamFG vor, der im Rahmen der Orde-püblic-Prüfung zu berücksichtigen ist und zu einem Anerkennungshindernis führt. [LS der Redaktion]
Die AGg. wendet sich mit ihrer Beschwerde dagegen, dass das AG München mit Beschluss auf den Antrag des ASt. hin das Berufungsurteil des Berufungsgerichts Brüssel vom 4.6.2014 anerkannt und diese Entscheidung für vollstreckbar erklärt hat. Die Beteiligten sind die nicht miteinander verheirateten Eltern der gemeinsamen Kinder M. und Th., geboren 2006, und M., geboren 2009. Die Eltern der Kinder lebten von 2005 bis Oktober 2010 in Belgien zusammen. Nach ihrer Trennung heiratete die AGg. 2011 einen deutschen Staatsangehörigen. Da sie beabsichtigte, zu diesem nach Deutschland zu ziehen, stellte sie beim zuständigen belgischen Jugendgericht Brüssel 2012 einen Antrag mit dem wesentlichen Ziel, den Hauptaufenthaltsort der Kinder bei ihr zu bestimmen. Das Jugendgericht Brüssel folgte diesem Antrag mit Urteil 2013; weder Sachverständige noch das Gericht hatten die Kinder angehört. Auf die Berufung des ASt. hin hat das Berufungsgericht Brüssel am 4.6.2014 das Urteil des Jugendgerichts Brüssel abgeändert und bestimmt, dass der Hauptaufenthaltsort der Kinder beim ASt. in Belgien liegt. Auf Antrag des ASt. hat das AG München mit Beschluss vom 26.8.2014 die Anerkennung des Berufungsurteils des Berufungsgerichts Brüssel vom 4.6.2014 ausgesprochen und die Entscheidung für vollstreckbar erklärt. Gegen diesen Beschluss hat die AGg. Beschwerde beim AG eingelegt, die am 3.9.2014 beim OLG einging.
[1] II. 1. Bei dem vorliegenden Verfahren handelt es sich zum einen um ein selbständiges Anerkennungsverfahren nach Art. 21 III EuEheVO, zum anderen um eine Entscheidung im Rahmen der Vollstreckbarerklärung nach Art. 28 EuEheVO, auch wenn das AG bisher noch nicht ausdrücklich angeordnet hat, dass das belgische Urteil mit der Vollstreckungsklausel gemäß § 20 IntFamRVG zu versehen ist. Auf das selbständige Anerkennungsverfahren finden gemäß § 32 IntFamRVG die Vorschriften über das Verfahren der Vollstreckbarerklärung entsprechende Anwendung ...
[2]3. Die Beschwerde ist begründet, so dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Anträge des ASt. abzuweisen sind.
[3]a. Die AGg. beruft sich zu Recht auf ein bestehendes Anerkennungshindernis gemäß Art. 23 lit b EuEheVO. Dieses Anerkennunghindernis steht auch der Vollstreckbarerklärung des belgischen Urteils gemäß Art. 31 II EuEheVO entgegen, unabhängig von der Frage, ob das Urteil in Bezug auf die Bestimmung des Hauptwohnsitzes der Kinder beim Vater einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat.
[4]aa. Art. 23 lit b EuEheVO enthält eine spezielle Konkretisierung des verfahrensrechtlichen ordre public (Althammer-Weller, Brüssel IIa Rom III, 1. Aufl. [2014], Art. 23 Brüssel IIa Rz. 3). Danach muss dem Kind die Möglichkeit zur Anhörung gegeben werden.
[5]Der Wortlaut und der Erwägungsgrund Nr. 19 der EuEheVO stellen klar, dass sich die Anforderungen an die Anhörung des Kindes grundsätzlich nach dem Recht des Anerkennungsstaats richten (Althammer-Weller aaO). Maßstab für die Anhörung des Kindes im deutschen Recht ist § 159 FamFG (Althammer-Weller aaO; Thomas-Putzo-Hüßtege, ZPO, 35. Aufl., Art. 23 EuEheVO Rz. 2; Hausmann, Internationales und Europäisches Scheidungsrecht, 1. Aufl. [2013], J Rz. 84). Hinzu tritt die Rspr. des BVerfG (FamRZ 2007, 105/107; FamRZ 2010, 1622), das ausgeführt hat, dass grundsätzlich Kinder ab dem dritten Lebensjahr anzuhören sind, um den tatsächlichen Willen des Kindes zu ermitteln; zwar habe dieser bei einem Kleinkind eher geringes Gewicht in Bezug auf eine etwaige Selbstbestimmung, bei wem das Kind leben wolle und Umgang haben möchte, jedoch könne ein etwaiger dahingehend vom Kind ausdrücklich oder indirekt geäußerter Wunsch Ausdruck von Bindungen sein, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
[6]bb. Den Anforderungen, die § 159 FamFG und das BVerfG an die Kindesanhörung stellen, genügt das belgische Verfahren in keiner Weise. Weder das belgische Gericht erster Instanz noch das Berufungsgericht haben das Kind persönlich angehört, noch durch Dritte anhören lassen. Die beiden Sachverständigen haben ausdrücklich ausgeführt, dass sie die Kinder im Hinblick auf ihr Alter und die mit der Anhörung eintretende Belastung nicht anhören. Das Berufungsgericht hat sich auf das Sachverständigengutachten gestützt und festgestellt, dass die AGg. mit ihrem Umzug nach Deutschland nicht im Interesse der Kinder gehandelt habe. Ferner führt das Berufungsgericht Brüssel aus, aus einem vorgelegten Bericht vom 24.1.2014 (hierbei handelt es sich wohl um den Bericht der Jugendlichenpsychotherapeutin Dr. W.) gehe hervor, dass M. sehr viele Probleme in der Schule habe und Verhaltensprobleme zeige; in Bezug auf Th. wird nur ausgeführt, dass dieser in Belgien in der dortigen Schule gefördert wurde und nach einem Bericht vom 3.6.2013 das Erlernen einer dritten Sprache nicht für sinnvoll gehalten werde; hinsichtlich des Kindes M. habe der ASt. nicht bestritten, dass das Kind sich in Deutschland an das Leben angepasst habe. Weitere Erkenntnisquellen hat das Berufungsgericht Brüssel nicht genutzt. Feststellungen zum Kindeswillen hat das belgische Gericht nicht getroffen. Soweit der ASt. in seiner Beschwerdeerwiderung ausführt, das belgische Gericht habe die Kinder angehört, indem es die auf Seite 4 der Beschwerdeerwiderung genannten Berichte berücksichtigt hat, trifft dies mit Ausnahme des Berichts vom 24.1.2014 nicht zu. Das belgische Gericht hat diese Berichte ausweislich der Urteilsgründe (S. 8 ff. der deutschen Übersetzung) als verspätet zurückgewiesen und nicht berücksichtigt, da sie nach Schluss der mündlichen Verhandlung vom 20.2.2014 vorgelegt worden sind.
[7]Ob die Untersuchung durch Dr. W. eine Anhörung durch das Gericht ersetzen kann, kann dahingestellt bleiben. Das Gutachten befasst sich nur mit den Verhaltensauffälligkeiten des Kindes M. Zu den Wünschen und Bindungen des Kindes wurde dieses offensichtlich nicht befragt. Die beiden anderen Kinder wurden gar nicht befragt. Auch das belgische Gericht zieht aus dem Bericht von Dr. W. vom 24.1.2014 nur den Schluss, dass das Kind Schulprobleme hat und eine Verhaltensstörung aufweist.
[8]cc. Die von § 159 FamFG verlangte Kindesanhörung dient dazu, dass sich das Gericht von dem betroffenen Kind einen Eindruck verschaffen kann. Ferner ist dem Kind die Möglichkeit zu geben, seinen Willen zu äußern. Die Willensäußerung des Kindes gewinnt mit zunehmenden Alter an Bedeutung. Die Kindesanhörung sorgt dafür, dass das Kind auch verfahrensrechtlich nicht Objekt einer Entscheidung, sondern als Grundrechtsträger wahrgenommen wird und seine Grundrechte zum Ausdruck bringen kann (Hennemann, NZFam 2014, 871). Auch wenn § 159 I FamFG die Anhörung von Kindern erst ab dem 14. Lebensjahr vorschreibt, sind jüngere Kinder gemäß § 159 II FamFG anzuhören, wenn es auf Neigung, Bindung oder Willen des Kindes ankommt. Da Kinder ab drei Jahren in der Lage sind, sich sprachlich zu äußern und mit ihnen unbekannten Dritten Kontakt aufzunehmen, sind auch sie ab diesem Alter in Kindschaftsverfahren grundsätzlich anzuhören.
[9]Hiergegen haben die belgischen Gerichte aus deutscher Sicht verstoßen. Gerade das Berufungsgericht hätte, weil es von der erstinstanzlichen Entscheidung abgewichen ist, durch eine Anhörung überprüfen müssen, welche Wünsche die Kinder haben, wie stark aus ihrer Sicht die Bindung zum ASt. ist und wie sie den Umzug nach Deutschland verkraftet haben. Das belgische Gericht hat über die Kinder geurteilt, ohne ihre eigenen Empfindungen wahrzunehmen. Aus deutscher Sicht liegt daher ein schwerwiegender Verfahrensverstoß gegen § 159 FamFG vor, der im Rahmen der Ordre-public-Prüfung zu berücksichtigen ist und zu einem Anerkennungshindernis führt.
[10]dd. Dem steht die Entscheidung des EuGH vom 22.10.2010 – Joseba Andoni Aguirre Zarraga ./. Simone Pelz, Rs C 491/10, FamRZ 2011, 355 m. Anm. Schulz 359) nicht entgegen. Der EuGH befasst sich in dieser Entscheidung mit der Frage, ob das Gericht des Vollstreckungsstaats berechtigt ist, eine Bescheinigung nach Art. 42 I, II EuEheVO nicht zu beachten, wenn ersichtlich ist, dass vor Erlass einer Entscheidung auf Rückgabe eines im Sinne von Art. 11 EuEheVO entführten Kindes eine Kindesanhörung nicht stattgefunden hat, obwohl das Ursprungsgericht eine solche bestätigt.
[11]Diese Entscheidung hat eine wesentlich andere Bedeutung als der ASt. ihr beimessen möchte. Der EuGH stellt zunächst fest (Rz. 53), dass mit Art. 42 II I1 EuEheVO kein anderer Zweck verfolgt wird als der, dem Gericht des Ursprungsmitgliedstaats den erforderlichen Mindestinhalt der Entscheidung zu erläutern, auf deren Grundlage die Bescheinigung nach Art. 42 I EuEheVO ausgestellt wird. Diese Auslegung werde dadurch bestätigt, dass die in den Art. 23 und 31 EuEheVO vorgesehenen Gründe, die das Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaats berechtigen, eine Entscheidung über die elterliche Verantwortung nicht anzuerkennen oder nicht für vollstreckbar zu erklären, und zu denen ein offensichtlicher Widerspruch zur öffentlichen Ordnung dieses Mitgliedstaats sowie die Verletzung wesentlicher verfahrensrechtlicher Grundsätze des Mitgliedstaats zählen, nach denen das Kind die Möglichkeit gehabt haben muss, gehört zu werden, nicht als Gründe in Art. 42 EuEheVO übernommen wurden, die eine solche Weigerung des Gerichts des Vollstreckungsmitgliedstaats im Rahmen der Verfahren in Kapitel III Abschnitt 4 der Verordnung rechtfertigen können (Rz. 57). Daraus folgt, dass der Maßstab für die Anerkennung einer Entscheidung und ein Ordre-public-Verstoß nach Art. 23 lit b EuEheVO ein anderer ist als nach Art. 42 EuEheVO.
[12]ee. Für die Anwendung von Art. 23 lit b EuEheVO kommt es somit allein darauf an, ob aus deutscher verfahrensrechtlicher Sicht die Kindesanhörung von so großer Bedeutung ist, dass bei einer unterlassenen Anhörung ein Anerkennungs- und Vollstreckungshindernis besteht. Dies ist vorliegend zu bejahen. Die Kinder waren im Zeitpunkt der belgischen Entscheidung fast acht bzw. fünf Jahre alt. Auch dem deutschen Gesetzgeber ist es bewusst, dass die Anhörung des Kindes in diesem Alter für dieses eine große Belastung darstellt. Gleichwohl hat er sich dazu entschlossen, von der Anhörung des Kindes nur abzusehen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen geboten ist, § 159 III 1 FamFG, gleich welches Alter das Kind hat. Nur in besonders schwerwiegenden Fällen kann bei massiven psychischen Beeinträchtigungen für das Kind auf die Anhörung verzichtet werden (BGH, NJW-RR 1986, 1130 (IPRspr. 1986 Nr. 78); Hennemann aaO 874). Selbst der Wunsch der Eltern, von einer an sich gebotenen Kindesanhörung abzusehen, ist unbeachtlich (BGH, NJW 2011, 2360) (IPRspr 2011-111).
[13]Anhaltspunkte dafür, dass aus deutscher Sicht von einer Kindesanhörung abgesehen werden durfte, bestehen nicht. Zwar wohnen die Kinder weit vom Gericht entfernt, sie hätten aber durch den Internationalen Sozialdienst angehört werden können, wenn schon das Gericht die Anhörung selbst nicht durchführen will.
[14]b. Der Anerkennung des belgischen Berufungsurteils steht auch der Beschluss des AG Miesbach vom 2.9.2014 gemäß Art. 23 lit. e EuEheVO entgegen.
[15]aa. Der Beschluss des AG Miesbach ist zu berücksichtigen, weil das vorliegende Beschwerdeverfahren eine Tatsacheninstanz [ist], in der auch neue Tatsachen, die bei Erlass der angefochtenen Entscheidung noch nicht bekannt waren, zu berücksichtigen sind.
[16]bb. Der Beschluss vom 2.9.2014 ist mit Bekanntgabe an die Beteiligten wirksam geworden (§ 40 I FamFG) und ist zeitlich nach der belgischen Entscheidung erlassen worden.
[17](1) Der Umstand, dass der Beschluss vom 2.9.2014 vom ASt. mit der Beschwerde angefochten worden ist, steht der Wirksamkeit nicht entgegen, da die Vollziehung des Beschlusses nicht gemäß § 64 III FamFG ausgesetzt worden ist.
[18](2) Der Umstand, dass das AG Miesbach für die Entscheidung gemäß § 13 III 1 IntFamRVG unzuständig war, berührt die Wirksamkeit des Beschlusses nicht; hierauf kann nicht einmal die Beschwerde gestützt werden (§ 65 IV FamFG).
[19](3) Das AG Miesbach hat seine internationale Zuständigkeit zu Recht auf Art. 8 EuEheVO gestützt, da die Kinder im AG-Bezirk Miesbach ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben; eine Ausnahme nach Art. 8 II i.V.m. Art. 9, 10 und 12 EuEheVO liegt nicht vor, da es weder um die Abänderung einer Umgangsentscheidung im Sinne von Art. 9 EuEheVO ging, noch sind die Kinder im Sinne von Art. 10 EuEheVO widerrechtlich nach Deutschland verbracht worden, da das belgische Jugendgericht der AGg. das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen hatte, noch liegt eine Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne von Art. 12 EuEheVO vor.
[20](4) Der Umstand, dass das AG Miesbach im Ausgangsbeschluss vom 25.6.2014 auch Art. 20 EuEheVO zitiert hat, stellt keinen Fehler dar. Das AG hat seine Zuständigkeit auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Kinder in Deutschland gestützt. Die Zuständigkeit für die Hauptsache und damit auch für die einstweilige Anordnung war damit auch beim AG Miesbach begründet. Auf Art. 20 EuEheVO kam es nicht mehr an. Auf Art. 20 EuEheVO hat das AG seine Zuständigkeit auch gerade nicht gestützt, sondern diese Vorschrift nur zitiert, um zu dokumentieren, dass es die einstweilige Anordnung als Hauptsachegericht erlässt und nicht bloß als Gericht, bei dem ein Fürsorgebedürfnis entsteht.
[21](5) Das AG Miesbach war an die Entscheidung des belgischen Gerichts nicht gebunden. Zwar wird eine Entscheidung aus einem anderen Mitgliedstaat der EuEheVO gemäß Art. 21 I EuEheVO ipso iure anerkannt. Aber das AG Miesbach konnte gemäß Art. 21 IV EuEheVO selbständig inzident über die Anerkennungsfähigkeit der belgischen Entscheidung nach Art. 23 EuEheVO entscheiden, da für die Frage, ob die beantragte Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf Art. 15 KSÜ i.V.m. § 1696 BGB oder auf Art. 15 KSÜ i.V.m. § 1671 BGB zu stützen ist, vorweg zu klären ist, ob die belgische Entscheidung anerkennungsfähig ist. Insoweit liegt hier eine Vorfrage vor, die von § 1696 BGB aufgeworfen wird, denn auch der Bestand eines anderen Sorgerechtsverhältnisses ist eine vorab zu klärende Frage, die für die weitere Entscheidung von Bedeutung ist.
[22](6) Das AG Miesbach war auch nicht durch den Beschluss des AG München vom 26.8.2014 daran gehindert, die Anerkennungsfähigkeit der belgischen Entscheidung zu prüfen, da dieser Beschluss im Zeitpunkt der Entscheidung vom 2.9.2014 mangels Rechtskraft noch nicht wirksam war. Eine Aussetzung dieses Verfahrens bis zur Entscheidung über die Beschwerde scheidet jedoch aus wegen des bestehenden Anerkennungshindernisses nach Art. 23 lit. b EuEheVO (vgl oben 3. a).
[23]cc. Der Beschluss vom 2.9.2014 ist mit der belgischen Entscheidung unvereinbar, da dieser das Aufenthaltsbestimmungsrecht der AGg. überträgt, wohingegen nach der belgischen Entscheidung der Aufenthalt der Kinder beim ASt. besteht. Nach zutreffender Auffassung (vgl. Rauscher Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 23 Brüssel IIa-VO Rz. 14 m.w.N. in N 41; NK-BGB-Andrae, 2. Aufl., Anh. I zum III Abschn. Art. 23 EuEheVO Rz. 7) ist Art. 23 lit. e EuEheVO gerade auf widersprechende Sorgerechtsentscheidungen anzuwenden und nicht bloß auf widersprechende Statutsentscheidungen und beruht darauf, dass Entscheidungen über die elterliche Verantwortung abänderbar sind und im Regelfall die jüngere Entscheidung die frühere berücksichtigt sowie auf veränderte Umstände reagiert. Wegen der sich aus Art. 8 EuEheVO ergebenden Zuständigkeit und der Notwendigkeit in Sorgerechtsangelegenheiten stets im Interesse des Kindeswohls wegen veränderter Umstände unter Umständen eine Abänderung der ausländischen Entscheidung vornehmen zu müssen, gilt der Posterioritätsgrundsatz gerade auch vorliegend, so dass, solange die einstweilige Anordnung vom 2.9.2014 besteht, diese der Anerkennungsfähigkeit der belgischen Entscheidung vom 4.6.2014 entgegensteht.
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