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Verfahrensgang

OLG München, Beschl. vom 28.05.2009 – 31 Wx 43/09, IPRspr 2009-289

Rechtsgebiete

Freiwillige Gerichtsbarkeit → Namens- und familienrechtliche Sachen (bis 2019)

Leitsatz

Die in einem aktuellen griechischen Personalausweis oder Reisepass enthaltene Schreibweise des Namens in lateinischen Schriftzeichen ist buchstabengetreu in einen deutschen Personenstandseintrag zu übernehmen (Art. 2 des Übereinkommens über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsbüchern vom 13.9.1973 [BGBl. 1976 II 1473], im Folgenden NamÜbK), für die Anwendung von §Art. 3 NamÜbK ist kein Raum.

Auch die Berichtigung eines bereits berichtigten Namenseintrags kann in diesem Zusammenhang in Betracht kommen.

Rechtsnormen

EGBGB Art. 5; EGBGB Art. 10
FGG § 21; FGG § 27; FGG § 29
NamÜbk Art. 2; NamÜbk Art. 3
PStG § 47; PStG §§ 47 f.; PStG § 51; PStG § 53
PStG-VwV § 49
PStV § 2; PStV § 15
ZPO § 546

Sachverhalt

Der Beteiligte zu 1) wurde 1958 in L./Griechenland geboren und besitzt die deutsche und die griechische Staatsangehörigkeit. Er trägt einen griechischen Vornamen, dessen zutreffende Transliteration Gegenstand dieses Berichtigungsverfahrens ist. 1986 heiratete er in M. eine deutsche Staatsangehörige. Im Heiratsbuch der Stadt M. (Beschwf.) wurde der Vorname des Beteiligten zu 1) zunächst mit „Basileios“ eingetragen. Die technische Universität M. verlieh dem Beteiligten zu 1) im Jahre 1989 den akademischen Grad eines Diplom-Informatikers Univ. unter dem Namen „Vasilios K.“. In den von den griechischen Behörden ausgestellten Personaldokumenten des Beteiligten zu 1) wurde dessen Vorname – mit einer Ausnahme – jeweils in lateinischen Schriftzeichen mit „Vasilios“ ausgewiesen. Der Beteiligte zu 1) beantragte erstmals im Jahr 2004 die Berichtigung des Heiratseintrags; sein Vorname sei in der Schreibweise „Vasilios“, hilfsweise „Vasileios“ einzutragen. Mit Beschluss vom 10.8.2004 ordnete das AG die Berichtigung des Vornamens in „Vasileios“ an, im Übrigen wies es den Berichtigungsantrag zurück.

Am 15.2.2008 beantragte der Beteiligte zu 1) erneut die Berichtigung des Heiratseintrags, die zutreffende Übertragung seines Vornamens sei „Vasilios“. Mit Beschluss vom 22.8.2008 wies das AG diesen Berichtigungsantrag zurück. Auf die vom Beteiligten zu 1) hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hob das LG mit Beschluss vom 12.2.2009 den Beschluss des AG auf und ordnete die Berichtigung des Vornamens des Beteiligten zu 1) im Heiratsbuch in „Vasilios“ an. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsicht.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 53 I 1, II, 51 I 1 PStG; 21 II, 27 I 1, 29 I 1 und 3, IV FGG), jedoch unbegründet.

[2]2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27 FGG, 546 ZPO).

[3]a) Das Namensstatut des Beteiligten zu 1) ist nach Art. 10 I EGBGB i.V.m. Art. 5 I 2 EGBGB aus der Sicht des deutschen IPR das deutsche Recht. In welcher Weise sein griechischer Vorname in deutsche Personenstandsbücher einzutragen bzw. ein dort bereits eingetragener Name ggf. zu berichtigen ist, ist unabhängig vom Namensstatut nach deutschem Recht zu beurteilen, da es sich insoweit nicht um Fragen der Namensbildung, sondern um verfahrensrechtliche Fragen handelt. Das die Führung des deutschen Personenstandsregisters regelnde Recht ist als Verfahrensrecht nach dem Lex-fori-Grundsatz das deutsche Recht (vgl. nur MünchKomm-Mäsch, 4. Aufl., Art. 10 EGBGB Rz. 19).

[4]b) Gegenstand eines Berichtigungsverfahrens nach § 47 PStG kann auch die Schreibweise von Namen sein (vgl. BayObLG, StAZ 1995, 170), echte Namensänderungen fallen dagegen nicht unter § 47 PStG. Bei Namen, die nicht aus lat. Schriftzeichen bestehen, gehört zur richtigen Schreibweise auch deren zutreffende Transliteration bzw. Transkription, da die Personenstandsbücher in deutscher Sprache geführt werden(§ 2 PStV), wobei lat. Schriftzeichen zu verwenden sind (§§ 15 III 1 PStV, 49 I 1 DA). Bei der Transliteration ist jedem Schriftzeichen der Ausgangssprache ein lat. Schriftzeichen so zuzuordnen (vgl. § 49 II 1 DA), dass eine verlässliche Rückübertragung des Namens aus der lateinischen in die Originalschrift möglich ist. Im Gegensatz hierzu steht die Transkription eines Namens; hierbei handelt es sich um eine auf phonetischen Aspekten basierende Übertragung, die sich an der – aktuell korrekten – Aussprache des ausländischen Namens orientiert, vielfach aber keine eindeutige Rückübertragung erlaubt (vgl. § 49 II 4 DA; Staudinger-Hepting, BGB [2007], Art. 10 EGBGB Rz. 53).

[5]c) Es kann vorliegend dahinstehen, ob die griechische Lautkombination ‚Epsilon-Iota’ im Vornamen des Beteiligten zu 1) nach den allgemeinen Transliterationsregeln (vgl. § 49 II 2 und 4 DA) zutreffend mit ‚i’ oder mit ‚ei’ zu übertragen wäre, da sich die verfahrensgegenständliche Übertragung nach dem Übereinkommen über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsbüchern vom 13.9.1973 (BGBl. 1976 II 1474; im Folgenden NamÜbK) richtet, welches geltendes deutsches Recht ist und auch im Verhältnis zu Griechenland gilt. Dessen Zweck ist es ausweislich seiner Präambel, die einheitliche Angabe von Namen in den Personenstandsregistern der beigetretenen Staaten zu gewährleisten (vgl. auch BT-Drucks. 7/5203 S. 9). Als staatsvertragliche Regelung geht das Übereinkommen etwaigen sonstigen Regelungen des deutschen Namensrechts vor (vgl. Staudinger-Hepting aaO Rz. 56). Phonetisch richtig – und daher nach den Maßgaben der EuGH-Entscheidung vom 30.3.1993 (StAZ 1993, 256 [Christos Konstantinidis]; vgl. hierzu Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht [Stand: Juli 2008], II-159 ff.) im Verhältnis zu Griechenland (vgl. Böhmer, IPRax 1994, 80 zu Nicht-EU-Ländern) ohnehin zu verwenden – dürfte die Übertragung der verfahrensgegenständlichen Lautkombination mit ‚i’ sein. Denn durch den Zusammenfall vieler altgriechischer Vokalphoneme kann der Laut ‚i’ im Neugriechischen durch die Buchstaben Iota, Ita oder Ypsilon, daneben aber auch durch die Buchstabenkombinationen ‚Epsilon-Iota’ oder ‚Omikron-Iota’ ausgedrückt werden, wobei weder das Epsilon, noch das Omikron, sondern unabhängig von der Schreibweise lediglich ein ‚i’ zu hören ist. Der verfahrensgegenständlichen Buchstabenkombination ‚Epsilon-Iota’ kommt daher im Griechischen nicht der Lautwert ‚ei’, sondern ‚i’ zu.

[6]aa) Art. 3 I NamÜbK ordnet für die Fälle, in denen einzutragende Namen in den der Eintragung zugrunde zu legenden Urkunden in anderen als den in der deutschen Sprache verwendeten Schriftzeichen wiedergegeben sind, deren Transliteration an, wobei vorhandene ISO-Normen anzuwenden sind (Art. 3 III NamÜbK u. entspr. Regelung in § 49 II 1 und 2 DA). Für die griechische Schrift galt insoweit zum Zeitpunkt des Heiratseintrags die – von der griechischen Übertragungsnorm ELOT 743 abweichende – ISO-Norm-Empfehlung R 843, der die Schreibweise des Vornamens (‚Basileios’) im ursprünglichen Heiratseintrag entspricht (vgl. z. histor. Entw. der Übertragungspraxis OLG Köln, StAZ 1993, 214; Staudinger-Hepting aaO Rz. 55 ff.; Böhmer aaO 81).

[7]bb) Art. 3 III NamÜbK war und ist jedoch vorliegend nicht anwendbar, da die in Art. 2 II NamÜbK getroffene Regelung vorgeht. Hiernach ist in den Fällen, in denen bei Eintragung ausländische Urkunden vorliegen, die den Namen eines Beteiligten auch in lat. Schriftzeichen wiedergeben, die dort gewählte Transliteration buchstabengetreu vom deutschen Standesbeamten zu übernehmen. Ein ausländischer amtlicher Ausweis ist eine solche ‚andere’ Urkunde im Sinne von Art. 2 I NamÜbK (BGH, FamRZ 1994, 225; OLG Stuttgart, StAZ 2005, 77; vgl. aber zur Unterscheidung zw. Schreibweise und Wortlaut OLG Hamm, StAZ 2005, 262 (IPRspr 2005-195) und Staudinger-Hepting aaO Rz. 59).

[8]d) Eine Anweisung zur Berichtigung nach § 48 i.V.m. § 47 PStG setzt grundsätzlich das Vorliegen einer von Anfang an bestehenden Unrichtigkeit voraus (vgl. OLG Hamm, StAZ 1988, 40). Ein berichtigungsfähiger unrichtiger Namenseintrag liegt jedoch nach inzwischen gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung auch dann vor, wenn die gewählte Transliteration zum Zeitpunkt der Eintragung dem damaligen Erkenntnisstand entsprach, der aktuelle amtliche ausländische Ausweis aber eine andere lat. Schreibweise des Namens enthält (vgl. OLG Köln, StAZ 2006, 107; OLG Hamm, StAZ 2006, 166 (IPRspr. 2006 Nr. 218) und StAZ 2002, 124; OLG Stuttgart aaO; KG, StAZ 2000, 216). Da es dem ausländischen Staat nicht verwehrt werden kann, die lat. Schreibweise der Namen seiner Staatsangehörigen zu ändern, ist die im aktuellen ausländischen amtlichen Ausweis gewählte Transliteration infolge der Bindungswirkung des Art. 2 I NamÜbK vom deutschen Standesbeamten als die richtige Schreibweise anzusehen (vgl. auch § 49 II 3 DA); damit sind aber hiervon abweichende frühere Einträge unrichtig im Sinne von § 47 PStG und zu berichtigen (vgl. auch Staudinger-Hepting aaO Rz. 58), soweit ein entsprechender Antrag gestellt wird (BGH, NJW 1991, 1417 (IPRspr. 1990 Nr. 17); OLG Stuttgart aaO).

[9]e) Es kann für den hier zu entscheidenden Fall dahinstehen, ob immer wieder eine Berichtigung gemäß § 47 PStG vorzunehmen ist, wenn die lat. Schreibweise eines Namens im aktuellen ausländischen Ausweis von derjenigen eines früheren abweicht (so wohl KG aaO), was in der Praxis ohnehin nicht sehr häufig vorkommen wird, denn alle früheren griechischen Ausweise des Beteiligten zu 1), mit Ausnahme des Passes, der der Änderung aus dem Jahre 2004 zugrunde lag, wiesen jeweils ausschließlich die Transliteration ‚Vasilios’ auf. Zutreffend hat das LG hierdurch den Nachweis als erbracht erachtet, dass zum Zeitpunkt des erneuten Berichtigungsantrags vom 15.2.2008 die im ursprünglichen Heiratseintrag gewählte Übertragung des Vornamens mit ‚Basileios’ ebenso wie die im Jahre 2004 vorgenommene Berichtigung in ‚Vasileios’ als unrichtig zu werten sind. Hinzu kommt, dass auch in dem der Berichtigung von 2004 zugrunde liegenden griechischen Reisepass der Vorname des Beteiligten zu 1) nicht durchgängig, sondern lediglich in der maschinenlesbaren unteren Zeile des Passes, mit ‚Vasileios’ transliteriert wurde. Die Schreibweise in der Zone für das automatische Lesen ist jedoch schon deswegen keinesfalls verbindlich, weil dort die Übertragung aus der griechischen in die lat. Schrift automatisiert mit Hilfe eines Computerprogramms vorgenommen wird, welches offensichtlich nicht denselben Übertragungsregeln folgt wie sie von den griechischen Passbeamten angewendet werden, denn selbst in dem 2004 gültigen Pass war der Vorname des Beteiligten zu 1) – außer in der maschinell erstellten Zeile – mit ‚Vasilios’ und nicht mit ‚Vasileios’ transliteriert worden (vgl. auch OLG Stuttgart aaO).

[10]Die Einwendungen der weiteren Beschwerde greifen demgegenüber nicht durch. Es ist zwar richtig, dass nach der griechischen Transliterationsnorm ELOT 743 der Vorname des Beteiligten zu 1) mit ‚Vasileios’ in lat. Schriftzeichen zu übertragen wäre. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da der aktuelle griechische Ausweis des Beteiligten zu 1) – wie auch alle früheren, mit der oben erörterten Ausnahme – die Transliteration ‚Vasilios’ enthält; die griechischen Behörden haben damit selbst zu erkennen gegeben, dass sie nicht durchgängig nach ELOT 743 übertragen. Selbst wenn die von ELOT 743 abweichende phonetische Transliteration im aktuellen Ausweis auf einen entsprechenden Wunsch des Beteiligten zu 1) zurückgehen sollte, steht das dem hier gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn der Namensträger mehrfach zwischen den ihm vom neueren griechischen Recht eröffneten Möglichkeiten wechselt, bedarf hier keiner Entscheidung.

Fundstellen

LS und Gründe

StAZ, 2009, 273
FamRZ, 2010, 75

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2009-289

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