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Verfahrensgang

OLG Hamm, Beschl. vom 10.05.2005 – 15 W 114/05, IPRspr 2005-195

Rechtsgebiete

Freiwillige Gerichtsbarkeit → Namens- und familienrechtliche Sachen (bis 2019)
Natürliche Personen → Namensrecht

Leitsatz

In dem Verfahren auf Berichtigung des Geburtseintrags eines ausländischen (hier: griechischen) Mädchennamens richtet sich die Namensführung gemäß \linebreak Art. 10 I EGBGB nach dem Recht des Staats, dem die Person angehört (hier: also nach griechischem Recht).

Der Standesbeamte wird bei der Namenseintragung in das deutsche Personenstandsbuch gemäß Art. 2 I des Übereinkommens über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsbüchern vom 13.9.1973 (BGBl. 1976 II 1473) nur zur Übertragung der Schreibweise des Familiennamens aus dem griechischen Schriftbild in lateinische Buchstaben verpflichtet. Dagegen hat er nicht die im Heimatrecht vorgesehene sprachliche Abwandlung des Namens für weibliche Namensträger zu berücksichtigen.

Rechtsnormen

2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1388; 2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1493
EGBGB Art. 10
FGG § 27; FGG § 29
NamÜbk Art. 1; NamÜbk Art. 2; NamÜbk Art. 3; NamÜbk Art. 4
PStG § 47; PStG § 48; PStG § 49; PStG § 60

Sachverhalt

Die Beteiligten zu 2) und 3) sind griechische Staatsangehörige und haben am 10.2.1971 vor dem Standesbeamten des Standesamts C. die Ehe geschlossen. Die Beteiligte zu 1) ist ihre am 14.1.1972 geborene Tochter. Ihre Geburt wurde ebenfalls von dem Standesamt C. beurkundet. In dem Geburtseintrag wird der Familienname des Beteiligten zu 3) als Vater aus dem Griechischen mit „P“ transkribiert, diejenigen der Beteiligten zu 1) und 2) als Mutter bzw. Tochter unter Berücksichtigung einer sprachlichen Abwandlung des Familiennamens für weibliche Namensträger mit „P1“ wiedergegeben. Die Beteiligte zu 1) hat zur Niederschrift des Standesbeamten vom 7.11.2003 die Berichtigung ihres und des Familiennamens der Beteiligten zu 2) in dem genannten Geburtseintrag beantragt.

Das AG hat durch Beschluss vom 10.2.2004 den Berichtigungsantrag zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1) mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 2.3.2004 Beschwerde eingelegt. Das LG hat daraufhin den Standesbeamten des Standesamtes C. angewiesen, durch einen Randvermerk den Familiennamen der Beteiligten zu 1) und 2) in dem genannten Geburtseintrag dahin zu berichtigen, dass er „P“ lautet.

Gegen diese Entscheidung richtet sich erfolgreich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4), der Standesamtsaufsichtsbehörde.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 49 I 1, 48 I PStG, 27, 29 FGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Die Beteiligte zu 4) ist als Standesamtsaufsichtsbehörde gemäß § 49 II PStG unabhängig von einer eigenen Beschwer zur Einlegung des Rechtsmittels befugt. In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 I 1 FGG). Die sofortige weitere Beschwerde führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des AG.

[2]In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer gemäß § 49 I 2 PStG zulässigen, nicht fristgebundenen Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) ausgegangen. In der Sache hält die Entscheidung des LG indessen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

[3]Gegenstand des Verfahrens ist der von der Beteiligten zu 1) gemäß § 47 II 1 PStG in zulässiger Weise gestellte Antrag auf Berichtigung ihres Geburtseintrags. Dieser Antrag kann nur Erfolg haben, wenn festgestellt werden kann, dass die Eintragung bereits zum Zeitpunkt ihrer Vornahme ... sachlich unrichtig war. Diese Feststellung setzt gemäß § 60 II 1 PStG voraus, dass das Gericht nach dem Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen die volle Überzeugung von der Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsache gewinnt.

[4]Die Beteiligte zu 1) war zum Zeitpunkt ihrer Geburt ausschließlich griechische Staatsangehörige. Die Namensführung der Beteiligten zu 1) richtet sich gemäß \linebreak Art. 10 I EGBGB nach ihrem Personalstatut, also ihrem griechischen Heimatrecht. Infolge der Eheschließung hat die Beteiligte zu 2) gemäß der damals geltenden Vorschrift des Art. 1388 griech. ZGB a.F. den Familiennamen ihres Ehemanns ... erhalten. Eine Wahlmöglichkeit sah das damalige griechische Recht nicht vor. Demzufolge ist das Vorbringen der Beteiligten zu 2) und 3), sie hätten bei ihrer Eheschließung den Namen ‚P’ als Ehenamen gewählt, gegenstandslos. Die Beteiligte zu 1) hat ihrerseits gemäß Art. 1493 griech. ZGB a.F. den Familiennamen ihres Vaters erworben. Im griechischen Sprachgebrauch unterliegt die Namensführung weiblicher Namensträger einer sprachlichen Abwandlung. Zu diesen Abwandlungsformen gehört, dass die Endung des Namens ... ersetzt wird (vgl. Mitteilung des griechischen Generalkonsulats Düsseldorf vom 14.2.1972, abgedr. in StAZ 1973, 29). Die Abwandlung beruht darauf, dass der Familienname der Frau entsprechend den grammatikalischen Regeln der griechischen Sprache im Genitiv bezeichnet wird, während der Familienname des Mannes im Nominativ steht. Eine solche sprachliche Abwandlung ist auch bei der Führung der deutschen Personenstandbücher zu berücksichtigen, wenn sie Eingang in die Beurkundungspraxis des Heimatstaats des Namensträgers gefunden hat. Dies ist für die sprachliche Abwandlung von Namen weiblicher Namensträger im griechischen Sprachgebrauch anerkannt (OLG Hamburg, StAZ 1970, 52; Senat, OLGZ 1970, 210 (IPRspr. 1968–1969 Nr. 264b); OLGZ 1982, 34, 37 f.). Dieses Ergebnis wird hier zusätzlich dadurch belegt, dass die sprachliche Abwandlung der Namensführung in dem von der Beteiligten zu 1) vorgelegten Reisepass in den für die Namensführung maßgeblichen griechischen Buchstaben ausdrücklich berücksichtigt und von der Beteiligten zu 1) persönlich durch ihre entsprechende Unterschriftsleistung in griechischen Buchstaben nachvollzogen worden ist. Aus der Stellungnahme des griechischen Generalkonsulats vom 30.9.2003 ergibt sich zusätzlich mit Deutlichkeit, dass die in den griechischen Buchstaben zum Ausdruck kommende sprachliche Abwandlung des Namens für weibliche Namensträger nach griechischem Recht für die Beteiligten verbindlich ist.

[5]Da die deutschen Personenstandsbücher nur in lateinischen Buchstaben geführt werden (§ 49 I der Dienstanweisung für die Standesbeamten), müssen die griechischen Buchstaben des Namens in lateinische Buchstaben übertragen werden (Transliteration). Das LG hat seine Überzeugung von der Unrichtigkeit der Wiedergabe des Familiennamens der Beteiligten zu 1) und 2) in dem Geburtseintrag darauf gestützt, die mit dem Berichtigungsantrag angestrebte Schreibweise ‚P’ stelle sich als Ergebnis der Transliteration aus den griechischen Buchstaben dar. Dieses Ergebnis folge aus der Schreibweise des Namens in lateinischen Buchstaben in dem von dem griechischen Generalkonsulat ausgestellten Reisepass der Beteiligten zu 1). An die dort vorgenommene Transliteration seien die deutschen Standesbehörden auf der Grundlage des Art. 2 I des Übereinkommens über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsbüchern vom 13.9.1973 (BGBl. 1976 II 1473; im Folgenden: NamÜbK) gebunden. Diese Vorschrift sieht die Übernahme der in einer Personenstandsurkunde oder einer anderen Urkunde des Heimatstaats des Betroffenen vorgenommenen Transliteration in die Schriftzeichen der aufzunehmen Personenstandsurkunde des Vertragsstaats vor. Um eine andere Urkunde in diesem Sinn handelt es sich nach gefestigter Rechtsprechung auch bei einem von den Behörden des Heimatstaats der betroffenen Person ausgestellten Reisepass (BGH, NJW-RR 1994, 578), dessen Wiedergabe des Namens auch dann Grundlage einer durchzuführenden Berichtigung sein kann, wenn die zu berichtigende Eintragung bereits vor dem Inkrafttreten des NamÜbK erfolgt ist (OLG Frankfurt, StAZ 1996, 330 (IPRspr. 1996 Nr. 222); OLG Köln, OLGR 1999, 85; KG, StAZ 2000, 216; OLG Stuttgart, StAZ 2005, 77; Senat, StAZ 2002, 124). Daran anknüpfend tritt nach Auffassung des LG die in Art. 2 I NamÜbK vorgesehene Bindungswirkung auch dann ein, wenn das Ergebnis der Wiedergabe des Namens in lateinischen Buchstaben in dem Reisepass nicht auf die Anwendung gängiger Normen für die Transliteration (ELOT-Norm 743 oder ISO-Norm 843) gestützt sei, sondern sich auf die Abwandlung der Namensführung für weibliche Namensträger beziehe.

[6]In diesem letztgenannten Punkt kann der Senat der Auffassung des LG nicht folgen. Der Senat hat vielmehr erst kürzlich in anderer Sache (Beschl. vom 10.3.2005 – 15 W 30/05) in Bezug auf die Wiedergabe einer sprachlichen Abwandlung für weibliche Namensträger (dort betreffend Mazedonien) den gegenteiligen Standpunkt vertreten, an dem er festhält. Der sachliche Anwendungsbereich des NamÜbk bezieht sich nach seinem Art. 1 I auf die ‚Angabe’ von Familiennamen und Vornamen einer Person ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit in den Personenstandsbüchern eines der Vertragsstaaten. Wie sich aus dem inhaltlichen Zusammenhang dieser Vorschrift mit den Einzelbestimmungen der Art. 2, 3 und 4 des NamÜbk ergibt, ist mit der ‚Angabe’ nur die Schreibweise der Namen gemeint, die problematisch sein kann, wenn sie aus einem Sprachraum mit anderen Schriftzeichen als den in deutschen Personenstandsbüchern zu verwendenden lateinischen Schriftzeichen zu übernehmen sind (vgl. Soergel-Schurig, BGB, 12. Aufl., Art. 10 EGBGB, Rz. 102).

[7]In dem vorliegenden Zusammenhang geht es sachlich indessen nicht um das Problem einer Übertragung der Schreibweise des Familiennamens der Beteiligten zu 1) und 2) aus dem griechischen Schriftbild in lateinische Buchstaben. Dass eine Transliteration der Endung des Familiennamens ‚...’ (also unter Berücksichtigung der Abwandlung für weibliche Namensträger) in lateinische Buchstaben zu der Endung "...idis" führen könnte, wird weder von den Beteiligten noch in der Stellungnahme des griechischen Generalkonsulats Düsseldorf vom 30.9.2003 geltend gemacht. Vielmehr geht es sachlich ausschließlich um eine auf Antrag des Passinhabers in das Ausweispapier übernommene Namensführung, die zur Herbeiführung einer Übereinstimmung mit anderen Urkunden die Abwandlung der weiblichen Namensform unberücksichtigt lässt. Es handelt sich deshalb nur scheinbar um einen Vorgang der Transliteration, der in Wirklichkeit dazu dient, auf Antrag des Passinhabers eine unerwünschte sprachliche Abwandlung der weiblichen Namensform für den Rechtskreis außerhalb des Heimatlands zu beseitigen, während die Namensführung für den griechischen Rechtskreis mit der sprachlichen Abwandlung der weiblichen Namensform ausdrücklich aufrechterhalten bleibt. Die Annahme einer Bindungswirkung an die Wiedergabe des Namens in dem Reisepass würde damit im Ergebnis zu einer hinkenden Namensführung der betreffenden Person innerhalb und außerhalb Griechenlands führen. Ein solches Ergebnis ist mit Art. 10 I EGBGB nicht in Einklang zu bringen, der eine einheitliche Namensführung des Namensträgers gewährleisten will. Gerade in der einheitlichen Angabe von Familien- und Vornamen einer Person in den Personenstandsregistern der einzelnen Staaten besteht ausweislich seiner Präambel der maßgebliche Zweck des NamÜbK (BGH, NJW-RR 1994, 578, 579; Senat, OLGZ 1982, 34, 40). Die Feststellung der aus dem maßgeblichen griechischen Recht mit der Abwandlung der weiblichen Namensform durch Transliteration abgeleiteten Namensführung ‚P’ führt deshalb entgegen der Auffassung des LG keineswegs zu einer Diskriminierung der Beteiligten zu 1). Die Schwierigkeiten, die der Beteiligten zu 1) durch eine von dem inhaltlich korrekten Geburtseintrag abweichende faktische Namensführung entstehen, können nicht dazu führen, die strengen Voraussetzungen für die Berichtigung einer Eintragung im Geburtenbuch aufzuweichen. Im Übrigen kann davon ausgegangen werden, dass die Beteiligte zu 1) ohne weiteres die Ausstellung eines Nationalpasses mit der Wiedergabe ihres Familiennamens in lateinischen Buchstaben unter Berücksichtigung der Abwandlung der weiblichen Namensform erreichen kann, wenn die anderweitige Wiedergabe ihres Familiennamens in ihrem bisherigen Ausweispapier auf ihren Antrag als Inhaberin des Passes erfolgt ist.

Fundstellen

LS und Gründe

FamRZ, 2005, 1672
StAZ, 2005, 262

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2005-195

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