Die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen (hier: tschechischen) Schiedsspruchs setzt nicht voraus, dass der durch den Schiedsspruch zuerkannte Anspruch fällig ist.
Die ASt. begehrt die Vollstreckbarerklärung eines zu ihren Gunsten ergangenen Schiedsspruchs, den das Schiedsgericht bei der Wirtschaftskammer der Tschechischen Republik und der Agrarkammer der Tschechischen Republik am 4.4.2007 in Prag erlassen hat. Der AGg. stellte am 11.10.2005 an Order der ASt. einen Wechsel aus, fällig am 15.12.2005. Am 17.10.2005 schlossen die Parteien eine Schiedsvereinbarung, in der das Schiedsgericht bei der tschechischen Wirtschaftskammer und der Agrarkammer als zuständiges Schiedsgericht bestimmt wurde. Nachdem der Bekl. nur einen Teilbetrag gezahlt hatte, rief die ASt. wegen der offenen Restforderung das Schiedsgericht an, das den Anträgen stattgab.
Unter Vorlage des Schiedsspruchs im Original nebst deutscher Übersetzung hat die ASt. mit Schriftsatz vom 6.11.2008 dessen Vollstreckbarerklärung beantragt.
Der AGg. beantragt, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung abzulehnen.
[1]II. 1. Für den Antrag, den im Ausland ergangenen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, ist das OLG München zuständig (§§ 1025 IV, 1062 II und V ZPO i.V.m. § 8 Gerichtliche ZuständigkeitsVO Justiz vom 16.11.2004 (BayGVBl. 471), weil der AGg. seinen Wohnsitz in Bayern hat.
[2]2. Maßgeblich für die Anerkennung des in der Tschechischen Republik ergangenen Schiedsspruchs ist in erster Linie das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (BGBl. 1964 II 425; im Folgenden: Europäisches Übereinkommen), das für die Tschechische Republik seit 1.1.1993 in Kraft ist (BGBl 1994 II 978). Jenes Übereinkommen ändert das UNÜ teilweise ab (siehe Art. IX Abs. 2) und geht diesem vor (vgl. § 1061 I 2 ZPO). Es gilt jedoch, auch im Verhältnis zum innerstaatlichen Recht, das Meistbegünstigungsprinzip, wonach auf das anerkennungsfreundlichere Regelwerk zurückzugreifen ist (BGH, NJW-RR 2004, 1504 (IPRspr. 2003 Nr. 203); BayObLGZ 2000, 233 (IPRspr. 2000 Nr. 186); Thomas-Putzo-Reichold, ZPO, 29. Aufl., § 1061 Rz. 7).
[3]3. Der Antrag ist zulässig (§§ 1025 IV 1061 I, 1064 I 1 und III ZPO). Formelle Erfordernisse für die Vollstreckbarerklärung in einem anderen Vertragsstaat enthält das Europäische Übereinkommen nicht. Soweit Art. IV UNÜ über § 1064 I und III ZPO hinausgehende Anforderungen an die Vorlage von Urkunden, Übersetzungen und deren Qualität stellt, gilt nach Art. VII Abs. 1 UNÜ ebenfalls das Günstigkeitsprinzip (BGH aaO). Das anerkennungsfreundlichere nationale Recht verlangt zwingend auch für ausländische Schiedssprüche jedoch nur die Vorlage des Schiedsspruchs im Original oder in anwaltlich beglaubigter Abschrift. Um die Anerkennungsvoraussetzungen sachgerecht zu prüfen, kann das nationale Gericht allerdings die Beibringung von Übersetzungen anordnen (vgl. § 142 III ZPO).
[4]Die ASt. hat diesen Voraussetzungen genügt, indem sie den Schiedsspruch vom 4.4.2007 im Original sowie eine deutsche Übersetzung vorgelegt hat.
[5]Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung fehlt nicht das erforderliche Rechtsschutzinteresse wegen des vom AGg. behaupteten Ratenzahlungsvertrags. Seine Existenz unterstellt, beseitigt er das Rechtsschutzbedürfnis der ASt. auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nicht. Zum einen kann nur die Vollstreckbarerklärung den Schiedsspruch vor der Geltendmachung von Aufhebungsgründen umfassend schützen (BGH, WM 2006, 1121) und zum anderen hat die ASt., selbst wenn man das Bestehen einer Ratenzahlungsvereinbarung unterstellt, regelmäßig einen Anspruch auf einen vollstreckungsfähigen Titel als wirksames Druckmittel gegen den AGg. Sie kann im Allgemeinen – auch bei signalisierter Erfüllungsbereitschaft – nicht darauf verwiesen werden abzuwarten, ob der AGg. bereit ist, freiwillig zu zahlen (OLG München vom 8.3.2007 – 34 Sch 028/06 = SchiedsVZ 2007, 164; OLG Frankfurt vom 18.5.2006 – 26 Sch 26/05). Dies ist vorliegend angesichts der Höhe der Forderung einerseits, der Höhe der Teilleistungen andererseits, augenscheinlich.
[6]Der Antrag erweist sich auch nicht deswegen als unzulässig, weil zwischen den Parteien ein Stillhalteabkommen bestünde (vgl. BGH, NJW-RR 1989, 1048 f.). Die ASt. hat substanziiert bestritten, dass ein derartiges Abkommen zustande gekommen ist. Die vom AGg. zu Untermauerung seines Vorbringens vorgelegten Schriftstücke sind nicht geeignet, eine notwendigerweise beidseitige vertragliche Abrede zu begründen.
[7]4. Der endgültige und mit Rechtskraftklausel versehene Schiedsspruch ist gemäß § 1061 I ZPO für vollstreckbar zu erklären, weil Versagungsgründe weder dargetan noch ersichtlich sind.
[8]Insbesondere hindert die vom AGg. behauptete Ratenzahlungsvereinbarung selbst dann die Vollstreckbarerklärung nicht, wenn sie ein Hinausschieben der Fälligkeit enthalten sollte, da die Fälligkeit der durch den Schiedsspruch zuerkannten Ansprüche nicht Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung ist (Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Rz. 2459). Auch eine damit möglicherweise erklärte Erfüllungsbereitschaft stünde einer Vollstreckbarerklärung nicht entgegen (OLG Frankfurt aaO).
[9]5. Für vollstreckbar zu erklären ist der tatsächliche Leistungsausspruch in seiner konkreten Form, wie ihn das ausländische Schiedsgericht getroffen hat. Deshalb findet die Umrechnung von im Schiedsspruch verlautbarten ausländischen Währungen in Euro nicht statt (OLG München vom 28.11.2005 – 34 Sch 019/05 (IPRspr 2005-190) m.w.N.).
[10]6. Im Rahmen der Vollstreckbarerklärung zu berücksichtigen sind allerdings die unstreitig erfolgten Teilzahlungen. Eine Verrechnungsabrede wurde nicht getroffen. Es gilt daher die gesetzliche Tilgungsreihenfolge für das Verhältnis von Hauptsache, Zinsen und Kosten, die sich hier nach dem von den Parteien vereinbarten materiellen Recht der Tschechischen Republik richtet (vgl. Art. 27 EGBGB). Verfahrensrechtlich geht der Senat hinsichtlich der bis März erbrachten Teilbeträge davon aus, dass der Antrag wegen der bis zu dessen Zustellung am 14.11.2008 geleisteten Raten zurückgenommen und wegen der im Laufe dieses Verfahrens erfolgten Zahlungen für erledigt erklärt wurde.