Sind für die Abstammung eines Kindes nach Art. 19 I 1 und 2 EGBGB zwei Rechtsordnungen alternativ maßgeblich, ist davon auszugehen, dass diejenige die günstigste Auswirkung bietet, die dem Kind zuerst zu einem Vater verhilft.
Wird das Kind im Zeitpunkt seiner Geburt von alternativ maßgeblichen Abstammungsstatuten zwei unterschiedlichen Vätern zugeordnet, ist derjenigen Rechtsordnung der Vorrang einzuräumen, die zum wirklichen und nicht lediglich zum gesetzlich vermuteten Vater führt.
Wird die Vaterschaft erst nach der Geburt des Kindes anerkannt, so erlaubt das in Art. 19 I EGBGB statuierte Günstigkeitsprinzip nicht, der Rechtsordnung den Vorrang einzuräumen, die zum wirklichen Vater führt, sondern führt zum gesetzlich vermuteten Vater.
Das beteiligte Kind B wurde am 27.2.2007 in C geboren und soll den Familiennamen nach seiner Mutter erhalten. Ein Geburtseintrag in das Geburtenbuch ist bislang nicht erfolgt. Mutter des Kindes ist die Beteiligte zu 1), die lettische Staatsangehörige ist und mit dem Beteiligten zu 3) verheiratet war. Die Ehe wurde am 24.10.2006 rechtskräftig geschieden.
Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind sich einig, dass der Beteiligte zu 2) der biologische Vater des Kindes ist. Der Beteiligte zu 2) ist britischer Soldat. Er hat durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten mit Zustimmung der Beteiligten zu 1) die Vaterschaft anerkannt. Der Beteiligte zu 3) hat während des Erstbeschwerdeverfahrens mitgeteilt, nicht der leibliche Vater des Kindes zu sein, und der Vaterschaftsanerkennung des Beteiligten zu 2) formlos zugestimmt.
Durch Beschluss hat das AG den Standesbeamten angewiesen, im Geburtenbuch für das betroffene Kind den Beteiligten zu 2) als Vater zu beurkunden.
Hiergegen hat die Standesamtsaufsicht rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie eine weitere rechtliche Klärung im Interesse einer einheitlichen und geordneten Amtsführung im Standesamtswesen begehrt. Das LG hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Standesamtsaufsicht.
[1]II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 II, 49 I 1, II PStG, 27 I, 29 FGG). Als Aufsichtsbehörde des Standesbeamten kann die Beteiligte zu 4) Rechtsmittel ohne Rücksicht darauf einlegen, ob sie beschwert ist (§ 49 II PStG).
[2]In der Sache ist das Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht, § 27 I 1 FGG.
[3]Das LG hat zutreffend seine internationale Zuständigkeit zur Entscheidung des vorliegenden Falls angenommen. Diese ist gegeben, weil eine Eintragung im deutschen Geburtenbuch betroffen ist; die internationale Zuständigkeit folgt aus der örtlichen Zuständigkeit (vgl. § 50 I PStG; BayObLGZ 2002, 4 = StAZ 2002, 143 (IPRspr. 2002 Nr. 90)). Aus der internationalen Zuständigkeit ergibt sich die Anwendung des deutschen Verfahrensrechts (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 130 (IPRspr. 1992 Nr. 202); BayObLGZ aaO).
[4]1. Da Mutter und Kind sowie der Beteiligte zu 3) lettische Staatsangehörige sind, ist es notwendig, die für die Abstammung des Kindes maßgebliche Rechtsordnung zu bestimmen (Art. 3 I 1 EGBGB). Nach der die Abstammung eines Kindes regelnden Kollisionsnorm des Art. 19 I 1 und 2 EGBGB kommen hierfür im vorliegenden Fall alternativ das deutsche Recht in Betracht, weil das Kind in Deutschland geboren ist und in C bei seiner Mutter lebt, und das lettische Recht, weil die Beteiligten zu 1) und 3) die lettische Staatsangehörigkeit besitzen. Die Anknüpfungsmöglichkeit nach dem Ehewirkungsstatut gemäß Art. 19 I 3 EGBGB bleibt außer Betracht, weil die Beteiligte zu 1) im Zeitpunkt der Geburt geschieden war. Sowohl die Anwendung des Kindesaufenthaltsrechts nach Satz 1 als auch die des Elternheimatrechts nach Satz 2 sind wandelbar, wenn sich der Lebensmittelpunkt des Kindes bzw. die Staatsangehörigkeit der Eltern gewandelt hat (MünchKomm-Klinkhardt, 4. Aufl., Art. 19 EGBGB Rz. 18; Staudinger-Henrich, BGB [2002], Art. 19 Rz. 13 und 15; Palandt-Heldrich, BGB, 67. Aufl., Art. 19 EGBGB Rz. 4). Da hier weder ein Aufenthaltswandel des Kindes noch ein Wandel der Staatsangehörigkeit der Beteiligten zu 1) und 3) stattgefunden hat, kommt es vorliegend auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Geburt des Kindes an.
[5]a) Im Hinblick auf die Person des als Vater in Betracht kommenden Beteiligten zu 3) wäre gemäß Art. 19 I 2 EGBGB lettisches Recht anzuwenden. Dieses enthält eine ähnliche Regelung, wie sie § 1593 BGB a.F. bis zum 30.6.1998 vorgesehen hatte: Gemäß Art. 146 des lettischen ZGB i.d.F. vom 25.5.1993 hat ein Kind, das innerhalb von 306 Tagen nach Auflösung der Ehe geboren wird, den Ehemann zum Vater. Danach stünde der Beteiligte zu 3) als Vater mit der Geburt des Kindes fest. Diese Vaterschaft kann nach Art. 149 lett. ZGB nur durch Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes beseitigt werden. Ergänzend ist allerdings die Möglichkeit einer Rückverweisung durch das lettische IPR auf das deutsche Recht zu berücksichtigen. Der Senat kann jedenfalls ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht ausschließen, dass sich im Wege der Auslegung aus den Vorschriften des lettischen Rechts, die zwar eine ausdrückliche Regelung des Abstimmungsstatuts nicht enthalten, jedoch sowohl im Bereich des Personalstatuts (Art. 8 lett. ZGB) als auch etwa in Art. 15 lett. ZGB im Hinblick auf die persönlichen und Vermögensbeziehungen zwischen Eltern und Kindern am Wohnsitzprinzip ausgerichtet sind, eine Rückverweisung hier auf deutsches Recht ableiten ließe. Eine solche Rückverweisung auf das deutsche Recht ist jedoch gemäß Art. 4 I 1 Halbs. 2 EGBGB nur zu beachten, sofern dies nicht dem Sinn der Verweisung (hier also in Art. 19 I 2 EGBGB auf das lettische Recht) widerspricht. Alternative Anknüpfungen wie diejenigen in Art. 19 I EGBGB sollen das Spektrum der anwendbaren Rechtsordnungen erweitern. Dem Sinn der alternativen Anknüpfung in Art. 19 I EGBGB würde deshalb die Beachtung einer Rückverweisung entgegenwirken, die die anwendbaren Rechtsordnungen beschränken und so zu einem Ergebnis führen würde, das entgegen dem Günstigkeitsprinzip bei der alternativen Anwendung mehrerer Rechtsordnungen ausschließlich deutsches Recht zur Anwendung berufen würde (OLG Nürnberg, FamRZ 2005, 1697 (IPRspr 2005-73); OLG Stuttgart, FamRZ 2001, 246 (IPRspr. 2000 Nr. 78); MünchKomm-Klinkhardt aaO Rz. 23; Palandt-Heldrich aaO Art. 4 Rz. 7). Aus denselben Gründen, die hier im Ergebnis zur Anwendbarkeit lettischen Rechts führen (siehe dazu nachstehend), ist deshalb die Beachtung einer aus dem lettischen Recht abzuleitenden Rückverweisung auf das deutsche Recht ausgeschlossen.
[6]Nach der Person des als Vater in Betracht kommenden Beteiligten zu 2) wäre ebenfalls gemäß Art. 19 I 2 EGBGB britisches Recht anzuwenden. Dabei geht der Senat davon aus, dass auf der Grundlage des das Personalstatut nach britischem Recht prägenden Domizilprinzips der Beteiligte zu 2) als britischer Soldat sein Domizil weiterhin in H hat. Sowohl das Familienrecht von England und Wales als auch dasjenige Schottlands sehen indessen eine – wenn auch widerlegliche – Vermutung der Vaterschaft des Ehemanns der Mutter vor, die auch dann gilt, wenn das Kind innerhalb der Empfängniszeit nach Scheidung der Ehe geboren wird, die mit Wirkung gegenüber jedermann nur durch Feststellung beseitigt werden kann, dass der (geschiedene) Ehemann nicht der Vater des Kindes ist (vgl. Bergmann-Ferid-Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Großbritannien [170. Lfg.] S. 63 f., Schottland [121. Lfg.] S. 7 f.).
[7]b) Das Statut des Kindesaufenthalts (Art. 19 I 1 EGBGB) begründet die Anwendbarkeit deutschen Rechts. Da die Beteiligten zu 1) und 3) im Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht mehr verheiratet waren, greift die Vaterschaftsvermutung nach § 1592 BGB n.F. nicht mehr ein; die Abstammung des Kindes kann nur durch ein Anerkenntnis oder eine gerichtliche Entscheidung festgestellt werden. Da das Anerkenntnis des Beteiligten zu 2) erst nach der Geburt des Kindes abgegeben wurde, obwohl es vorher wirksam hätte erklärt werden können (§ 1594 IV BGB), stand im Zeitpunkt der Geburt des Kindes dessen Abstammung noch nicht fest.
[8]Der Wirksamkeit der Anerkennung des Beteiligten zu 2) kann hier allerdings die Vorschrift des § 1594 II BGB entgegenstehen. Danach ist eine Anerkennung der Vaterschaft nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. Diese Vorschrift greift auch dann ein, wenn die Vaterschaft nach einer anwendbaren ausländischen Rechtsordnung gegeben ist (BayObLG aaO; Hepting, StAZ 2000, 33, 39; Gaaz, StAZ 1998, 248, 250; Looschelders, IPRax 1999, 420, 422). Unter diesem Gesichtspunkt ist die vermutete Vaterschaft des Beteiligten zu 3) nach lettischem Recht [siehe hierzu a)] zu beachten. Im Rahmen der Anwendung deutschen Rechts kommt allerdings eine Überwindung der Anerkennungssperre durch analoge Anwendung des § 1599 II BGB in Betracht. Diese Vorschrift sieht in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich vor, dass die Anerkennungsperre des § 1594 II BGB nicht anzuwenden ist, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsausspruchs die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter, des Kindes und des Ehemanns anerkennt. Im vorliegenden Fall ist allerdings das betroffene Kind nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe der Beteiligten zu 1) und 3) geboren worden. Jedoch liegt es mit einer verbreiteten Auffassung nahe, die Rechtsfolgen des § 1599 II BGB analog auf die Fallgestaltung anzuwenden, dass eine im Rahmen der Anerkennungssperre des § 1594 II BGB zu beachtende ausländische Rechtsordnung die Vaterschaftsvermutung des Ehemanns auf die Geburt eine Kindes innerhalb einer Frist (hier von 306 Tagen) nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung erstreckt, wie sie bis zum 30.6.1998 in § 1593 BGB a.F. auch im deutschen Recht vorgesehen war (BayObLG aaO). Einer abschließenden Entscheidung des Senats bedarf es dazu nicht, weil es auf diese Frage aus den folgenden Gründen für die hier zu treffende Entscheidung im Ergebnis nicht ankommt:
[9]Eine analoge Anwendung des § 1599 II BGB müsste sich nämlich auf die Anwendung der Anerkennungssperre (§ 1594 II BGB) innerhalb des deutschen Rechtskreises beschränken, kann jedoch nicht etwa auch im Rahmen des alternativ zur Anwendung berufenen lettischen Rechts erfolgen. Sofern die Befürwortung einer analogen Anwendung des § 1599 II BGB (i. d. Lit.: Gaaz aaO; Looschelders aaO; andeutungsw. auch BayObLG aaO [obiter dictum]) im letztgenannten Sinn zu verstehen sein sollte, könnte sich der Senat dieser Auffassung nicht anschließen. Nach der bereits herangezogenen Vorschrift des Art. 146 ZGB gilt der Beteiligte zu 3) als Vater des Kindes. Diese Vaterschaft kann gemäß Art. 149 ZGB nur im Wege der Anfechtung beseitigt werden. Eine dem § 1599 II BGB vergleichbare Vorschrift kennt das lettische Recht insgesamt nicht. Es erscheint deshalb ausgeschlossen, den Rechtsgedanken der deutschen Vorschrift des § 1599 II BGB in das lettische Recht zu übertragen. Welche der beiden alternativ zur Anwendung berufenen Rechtsordnungen im Ergebnis zur Anwendung gelangt, muss nach den dafür entwickelten Grundsätzen entschieden werden (siehe dazu nachstehend). Bedenklich erscheint demgegenüber eine Rechtsanwendung, die Elemente beider Rechtsordnungen miteinander kombiniert, ohne dass die jeweilige Rechtsordnung für sich betrachtet dafür eine ausreichende Grundlage enthält. Aus der Sicht des Senats hat in diesem Zusammenhang Klinkhardt (aaO Rz. 17) überzeugend darauf hingewiesen, dass es nur dann zulässig wäre, mit einer materiellen deutschen Vorschrift in das zur Anwendung berufene ausländische Recht einzugreifen, wenn die den Anlass gebende deutsche Norm (hier: § 1592 Nr. 1 BGB) zum ordre public (Art. 6 EGBGB) gehörte. Das ist jedoch nicht der Fall. Es ist nämlich nicht untragbar, wenn auch heute noch ausländische Vorschriften angewandt werden, die inhaltlich denen entsprechen, die bis zum 1.7.1998 auch in Deutschland gegolten haben (§ 1593 BGB a.F.).
[10]2. Die Anknüpfungsmöglichkeiten nach Art. 19 I 1 EGBGB (deutsches Recht) und Art. 19 I 2 EGBGB (lettisches Recht) stehen nach h.M. im Verhältnis gleichrangiger Alternativität (vgl. BayObLG aaO m.N.). An welche Alternative anzuknüpfen ist, bestimmt sich nach dem Günstigkeitsprinzip, das sich aus dem Nebeneinander der konkurrierenden Anknüpfungen ergibt, d.h. es kommt das Recht zur Anwendung, das für das Wohl des Kindes günstiger ist (BayObLG aaO; Senat, FamRZ 1991, 221 (IPRspr. 1990 Nr. 139); MünchKomm-Klinkhardt aaO Rz. 15).
[11]Die Frage, welche Lösung dem Wohl des Kindes am besten entspricht, wird unterschiedlich beantwortet.
[12]Nach der einen Auffassung ist maßgebend diejenige Rechtsordnung, die dem Kind zum frühstmöglichen Zeitpunkt, am besten mit der Geburt, einen Vater zuordnet (MünchKomm-Klinkhardt aaO Rz. 14 und 17; Palandt-Heldrich aaO Rz. 6; Erman-Hohloch, BGB [12. Aufl.] Art. 19 EGBGB Rz. 17; ebenso BayObLG aaO). Im vorliegenden Fall hätte hiernach das Heimatrecht des Beteiligten zu 3) den Vorrang.
[13]Nach a.A., der das LG im Ergebnis gefolgt ist, ist die für das Kindeswohl günstigste Lösung diejenige, die ihm ohne Umwege möglichst schnell und ohne unnötige Kosten zu seinem wirklichen Vater verhilft (Henrich, FamRZ 1998, 1401; ders., StAZ 1998, 1; Staudinger-Henrich aaO Rz. 14). Nach dieser Auffassung wäre vorliegend das deutsche Recht maßgeblich, sofern dem LG folgend nicht nur von der analogen Anwendbarkeit des § 1599 II BGB ausgegangen, sondern darüber hinaus angenommen wird, dass die Zustimmungserklärung des Beteiligten zu 3) auch noch nach Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung wirksam erklärt werden konnte. Der Gesichtspunkt, dass diese Erklärungen erst nach der Geburt des Kindes abgegeben worden sind, stünde verfahrensrechtlich ihrer Berücksichtigung bei der Beurkundung der Geburt nicht entgegen. Denn nach § 265 IV 6 DA sind, wenn die Vaterschaft zu einem Kind nach seiner Geburt, aber noch vor der Beurkundung der Geburt wirksam anerkannt wird, die Angaben über den Vater bereits bei der Eintragung in das Geburtenbuch zu berücksichtigen.
[14]Der Senat folgt der Rechtsprechung des BayObLG (aaO), das mit überzeugender Begründung differenziert: Danach ist, wenn für die Abstammung eines Kindes zwei Rechtsordnungen alternativ maßgeblich sind, davon auszugehen, dass diejenige die günstigste Auswirkung bietet, die dem Kind zuerst zu einem Vater verhilft, weil die rechtliche Zuordnung zu einem Vater nach dem einen Recht schon im Hinblick auf die unterhalts- und erbrechtlichen Konsequenzen günstiger ist als die völlige Vaterlosigkeit nach dem anderen Recht. Nur dann, wenn das Kind im Zeitpunkt seiner Geburt von alternativ maßgeblichen Abstammungsstatuten zwei unterschiedlichen Vätern zugeordnet wird, ist derjenigen Rechtsordnung der Vorrang einzuräumen, die zum wirklichen und nicht lediglich zum gesetzlich vermuteten Vater führt (Prinzip der Abstammungswahrheit). In diesem Zusammenhang ist nicht auf die verfahrensrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit abgegebener Erklärungen im Zusammenhang mit der Beurkundung, sondern ausschließlich auf die nach den konkurrierenden Rechtsordnungen eingetretenen materiell-rechtlichen Rechtsfolgen abzustellen. Denn aus der Sicht der objektiven Interessen des Kindes an der Feststellung einer Vaterschaft bezogen auf den hier maßgebenden Zeitpunkt seiner Geburt kann nicht verlässlich vorhergesagt werden, ob zu einem späteren Zeitpunkt Erklärungen zustande kommen, die zu einer anderweitigen Vaterschaftsfeststellung führen können. Ein Konkurrenzfall in dem beschriebenen Sinn liegt deshalb nur vor, wenn die gesetzliche Vaterschaftsvermutung nach dem einen Recht mit Geburt eintritt und nach dem anderen Recht ein vorgeburtliches, wirksames Vaterschaftsanerkenntnis vorliegt. Nur in diesem Fall führt das Günstigkeitsprinzip zu der Rechtsordnung, die die Feststellung des wirklichen Vaters ermöglicht. Das in Art. 19 I EGBGB statuierte Günstigkeitsprinzip erlaubt es dagegen aus den genannten Gründen nicht, ebenso zu verfahren, wenn die Vaterschaft erst nach der Geburt des Kindes anerkannt wird (so auch Hepting aaO 40 f.). Da hierbei ein objektiver Maßstab anzulegen ist, besteht in keinem Fall ein Wahlrecht der Mutter (BayObLG aaO m.w.N.).
[15]Vorliegend besteht nur aufgrund der Vaterschaftsvermutung des lettischen Rechts eine Vaterschaft für den Zeitpunkt der Geburt des Kindes. Da somit das lettische Recht zuerst zur Bestimmung einer Abstammung geführt hat, ist dieses das verbindlich gewordene Abstammungsstatut.
[16]Die Entscheidungen der Vorinstanzen können daher keinen Bestand haben und sind daher aufzuheben.
[17]Da eine weitere Sachaufklärung nicht erforderlich ist, kann der Senat selbst eine Sachentscheidung treffen. Diese ergeht dahin, dass der Standesbeamte anzuweisen ist, den Beteiligten zu 3) als Vater des Kindes einzutragen. Ohne Bindungswirkung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass seiner Auffassung nach mangels eines Aufenthaltswechsels des Kindes das lettische Recht für die Beurteilung seiner väterlichen Abstammung maßgeblich bleibt, sodass ohne eine Anfechtung der nach diesem Recht zu vermutenden Vaterschaft des Beteiligten zu 3) die Vaterschaft des Beteiligten zu 2) auch im Wege eines Randvermerks dem Geburtseintrag des Kindes nicht beigeschrieben werden kann.
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