Die organschaftliche Vertretungsmacht für eine als Gesellschaft englischen Rechts gegründete Private Limited Company, die Komplementärin einer deutschen Kommanditgesellschaft ist, bestimmt sich nach englischem Gesellschaftsrecht.
Zum Nachweis der organschaftlichen Vertretungsmacht für die Eintragung in das deutsche Handelsregister reicht die Vorlage eines „certificate of incorporation“ des Registrar of Companies nicht aus. Dieses erbringt im englischen Rechtskreis nur den Beweis dafür, dass die Gesellschaft als juristische Person entstanden ist, nicht aber, ob diese juristische Person noch zu einem späteren Zeitpunkt existent ist oder wer sie wirksam vertreten kann.
Sofern aus den Articles of Association nur hervorgeht, dass die Gesellschaft durch einen einzelnen „director“ vertreten werden kann, ohne dass dort die Bestellung des „director“ selbst enthalten ist, liegt auch hierin kein ausreichender Nachweis der organschaftlichen Vertretungsmacht.
In der Zusammenschau können die Articles of Association und ein Beschluss des „general meeting“ die einem „director“ eingeräumte Vertretungsbefugnis belegen. Dafür ist jedoch erforderlich, dass der vorgelegte Beschluss auch im Zeitpunkt der Anmeldung noch zum Nachweis der aktuellen Vertretungsverhältnisse geeignet ist.
Die Beschwf. begehren die Eintragung der E. Ltd. & Co. KG in das Handelsregister des AG Chemnitz.
Am 12.4.2006 haben die Beschwf. die E. Ltd. & Co. KG zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet. Persönlich haftender Gesellschafter soll die Beschwf. zu 1), Kommanditistin die Beschwf. zu 2) werden. Die Beschwf. zu 1) wurde durch Herrn Dr. M. als „director“, die Beschwf. zu 2) durch Herrn M. als Geschäftsführer vertreten. Der Anmeldung wurde eine Secretary-Bescheinigung, unterzeichnet von Herrn R., und die beglaubigte Fotokopie eines Handelsregisterauszugs des AG Charlottenburg beigefügt. Die Unterschriften wurden durch die Notarin R. aus Dresden beglaubigt.
Das AG Chemnitz – Registergericht – hat die Anmeldung mangels Nachweises der Organvertretungsmacht für die Beschwf. zu 1) zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wurde Erinnerung eingelegt. Nach Nichtabhilfe durch das AG Chemnitz – Registergericht – hat das LG Chemnitz die Erinnerung gegenüber der E. Ltd. & Co. KG zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wurde weitere Beschwerde eingelegt und beantragt, dem Eintragungsantrag unter Berücksichtigung der eingereichten Unterlagen stattzugeben.
[1]B. Die zulässige weitere Beschwerde ist unbegründet.
[2]I. Die weitere Beschwerde ist als im eigenen Namen der Gesellschafterinnen und damit der Beschwf. zu 1) und 2) eingelegtes Rechtsmittel auszulegen und als solche gemäß § 27 I 1 FGG zulässig ...
[3]II. Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf keinem Rechtsfehler, §§ 27 I 2 FGG, 546, 547 ZPO.
[4]1. Insbesondere beruht sie auf keinem Verfahrensfehler.
[5]a) Ob sich die Entscheidung des LG als verfahrensfehlerhaft erweist, weil das LG die Beschwf. vor seiner Entscheidung nicht darauf hingewiesen hat, dass es – in Abweichung zur Auffassung des Registergerichts – eine Secretary-Bescheinigung zum Nachweis der Organvertretung als geeignet ansieht, die vorgelegte Bescheinigung aber inhaltlich unzureichend ist, kann dahinstehen.
[6]Die Entscheidung würde jedenfalls nicht auf einer solchen Gehörsverletzung beruhen. Die Beschwf. hätten die vom LG angeführten inhaltlichen Mängel der Secretary-Bescheinigung auch auf entsprechenden Hinweis nicht behoben. Dies folgt aus der Begründung der weiteren Beschwerde, in der sie zum Ausdruck bringen, die vorgelegte Bescheinigung für ausreichend zu halten und keine neue Bescheinigung vorlegen zu wollen. Auch haben sie bereits im Schreiben vom 3.7.2006 gegenüber dem Registergericht angekündigt, keine weiteren Nachweise mehr vorzulegen zu wollen.
[7]Eine Zurückverweisung der Sache würde daher keine andere Tatsachengrundlage herbeiführen. Der Senat hat seiner Entscheidung somit nur die in der angefochtenen Entscheidung festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen.
[8]b) Das LG ist in seiner Entscheidung auch nicht verfahrensfehlerhaft über den erstinstanzlich gestellten Antrag der Beschwf. hinausgegangen.
[9]Zwar weisen die Beschwf. zutreffend darauf hin, dass der Verfahrensgegenstand im Antragsverfahren durch den Antrag bestimmt wird (vgl. Keidel-Kuntze-Winkler-Kahl, FGG, 14. Aufl., § 23 Rz. 2, § 25 Rz. 3 m.w.N.). Hiergegen hat das LG jedoch nicht verstoßen.
[10]Es hat die als Erstbeschwerde auszulegende Erinnerung gerade nicht mit der Begründung zurückgewiesen, ein auf die Eintragung der Organvertretung der Beschwf. zu 1) gerichteter Eintragungsantrag fehle. Vielmehr hat es sich – allerdings insoweit mit nicht gebotener Schwerpunktbildung – nur dazu geäußert, dass der Nachweis der Organvertretung für das Eintragungsverfahren von erheblicher Bedeutung ist, weil diese Tatsache seiner Ansicht nach sogar eintragungspflichtig sei. Ob die Organvertretung der Komplementär-Limited aus Gründen der Rechtssicherheit als eintragungspflichtige Tatsache anzusehen ist (so BayObLG, Beschl. vom 21.3.1986 – 3 Z 148/85, GmbHR 1986, 305, 309 (IPRspr. 1986 Nr. 20); Wachter, GmbHR 2006, 79, 82 f.; Werner, GmbHR 2005, 228, 292; Süß, GmbHR 2005, 673 f.), bedurfte im Rahmen der Erstbeschwerde keiner Entscheidung. In der Sache hat das LG daher letztlich auch nur über den Antrag auf Eintragung der E. Ltd. & Co. KG vom 11.4.2006 entschieden und die Entscheidung des Registergerichts, wonach die Organvertretung hinsichtlich der Beschwf. zu 1) nicht nachgewiesen wurde, bestätigt.
[11]2. Die Entscheidung erweist sich auch im Übrigen als richtig. Die Zurückweisung der Erstbeschwerde ist schon deshalb zu Recht erfolgt, weil die Anmeldung wegen des fehlenden Nachweises der Vertretungsbefugnis des directors der Beschwf. zu 1) als unzulässig zurückzuweisen war.
[12]a) Ob die Zurückweisung bereits mangels ausreichenden Nachweises der Existenz der Beschwf. zu 1) möglich gewesen wäre, muss daher vorliegend nicht entschieden werden.
[13]b) Die Vertretungsbefugnis des für die Beschwf. handelnden Herrn Dr. M. wurde nicht ausreichend nachgewiesen.
[14]Die Frage der Vertretungsbefugnis der eine Anmeldung als gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person vornehmenden Person ist als Verfahrensvoraussetzung durch das Gericht, auch das der weiteren Beschwerde, von Amts wegen zu prüfen (vgl. zur Vertretungsbefugnis: KG Berlin, Beschl. vom 18.11.2003 – 1 W 444/02 (IPRspr. 2003 Nr. 215) m.w.N.).
[15]Hierbei gebietet die lex fori die Anwendung deutschen Registerverfahrensrechts (vgl. OLG Hamm, Beschl. vom 21.7.2006 – 15 W 27/06 (IPRspr 2006-254), GmbHR 2006, 1198 ff. m.w.N.; LG Berlin, Beschl. vom 22.6.2004 – 102 T 48/04 (IPRspr 2004-227), ZIP 2004, 2380 m.w.N.; Mankowski, EWiR 2004, 185 f.). Bei der Anmeldung sind daher auch die §§ 12 i.V.m. 161 II, 108 I HGB zu beachten. Danach ist die Anmeldung der Eintragung einer Kommanditgesellschaft von allen Gesellschaftern zu bewirken.
[16]Ausweislich der Anmeldung vom 14.4.2006 handelten vorliegend die Beschwf. zu 2) mit Sitz in Berlin und die Beschwf. zu 1) mit Sitz in London. Das Registergericht hatte insoweit zu prüfen, ob die Antragsteller rechts- und damit beteiligtenfähig sind und ob sie ordnungsgemäß vertreten werden (vgl. LG Berlin aaO).
[17]Dies ist zutreffend nur hinsichtlich der Beschwf. zu 2) angenommen worden.
[18]Hinsichtlich der Beschwf. zu 1) war zu prüfen, ob diese durch Dr. M. als director wirksam vertreten werden konnte und ob diese Vertretungmacht ausreichend nachgewiesen wurde.
[19]aa) Ob die vom Registergericht geforderten Nachweise – eine sog. expert opinion oder ein certificate of good standing – zur Nachweisführung geeignet wären, muss vorliegend nicht entschieden werden, weil diese von den Beschwf. nicht vorgelegt wurden.
[20]bb) Nach den vorgelegten Unterlagen kann nicht von einer Organvertretungsmacht des Dr. M. als alleinigem director der Beschwf. zu 1) im Zeitpunkt der Antragstellung ausgegangen werden.
[21]Die organschaftliche Vertretungsmacht beurteilt sich nach dem Gesellschaftsstatut. Bei einer als Gesellschaft englischen Rechts gegründeten Private Limited Company gilt ausschließlich englisches Gesellschaftsrecht. Die abstrakte Vertretungsbefugnis des directors ergibt sich regelmäßig aus den Articles of Association. Diese regeln auch, ob mehrere directors einzeln oder gemeinschaftlich zur Vertretung berechtigt sind (vgl. Wachter, GmbHR 2006, 79, 83 m.w.N.). Die Bestellung einer konkreten Person zum director erfolgt regelmäßig nicht in den Articles of Association, sondern durch gesonderten Beschluss der Gesellschafterversammlung.
[22](1) Aus dem vorgelegten certificate of incorporation des Registrar of Companies kann nicht auf die Vertretungsbefugnis geschlossen werden (vgl. hierzu Süß, DNotZ 2005, 180 ff.).
[23]Es erbringt im englischen Rechtskreis zwar den Beweis dafür, dass die Gesellschaft als juristische Person entstanden ist (vgl. BayObLG aaO), d.h., dass sie zu dem darin ausgewiesenen Datum Rechtsfähigkeit erlangt hat. Es trifft jedoch weder eine Aussage dazu, ob diese juristische Person noch zu einem späteren Zeitpunkt existent ist noch dazu, wer sie wirksam vertreten kann (vgl. LG Berlin aaO; Heckschen, NotBZ 2005, 24, 25; Ries, ZIP 2004, 2382).
[24](2) Die Vertretungsbefugnis ergibt sich auch nicht aus den von den Beschwf. vorgelegten Articles of Association. Diesen ist zwar zu entnehmen, dass die Gesellschaft durch ihre directors gemeinschaftlich vertreten wird und im Falle der Bestellung eines einzelnen directors dieser alleinvertretungsbefugt ist. Sie enthält aber nicht die Bestellung des directors selbst.
[25](3) Auch reicht der vorgelegte Beschluss des general meeting vom 18.7.2005 allein noch nicht aus. Zwar ist aus ihm ersichtlich, dass Herr Dr. M. von der Gesellschafterversammlung zum director gewählt wurde. Ob die abstimmenden Gesellschafter – hier Herr Dr. M. – jedoch stimmbefugt waren, d.h., ob er stimmberechtigter Gesellschafter war, lässt sich dem Beschluss – isoliert betrachtet – nicht entnehmen (vgl. KG Berlin aaO).
[26](4) Zusammen wären die Articles of Association und der Beschluss des general meeting vom 18.7.2005 zwar geeignet, eine Herrn Dr. M. eingeräumte Vertretungsbefugnis zu belegen. Der vorgelegte Beschluss war aber im Zeitpunkt der Anmeldung bereits neun Monate alt, so dass er zum Nachweis der aktuellen Vertretungsverhältnisse nicht mehr geeignet ist.
[27](a) Nach den Articles of Association war Herr Dr. M. im Zeitpunkt der Gründung der Beschwf. zu 1) deren Alleingesellschafter. Als solcher hat er die Gesellschafterversammlung vom 18.7.2005 abgehalten und sich selbst zum director bestellt. Anhaltspunkte für Fehler bei der Wahl sind nicht ersichtlich. Mangels der Bestellung weiterer directors wäre er aufgrund der Articles of Association alleinvertretungsbefugt.
[28](b) Grundsätzlich ist auch davon auszugehen, dass die Vorlage der Articles of Association und des betreffenden Beschlusses geeignet ist, einen Vertretungsnachweis zu führen (vgl. auch KG Berlin aaO; Mankowski, EWiR 2004, 185 f.; Werner, GmbHR 2005, 228, 290).
[29](c) Weil die Vertretungsbefugnis jedoch zweifelsfrei nachgewiesen werden muss, kann dies aber nur dann gelten, wenn die Anmeldung zeitnah zur Beschlussfassung erfolgt. Anderenfalls ist zusätzlich der Nachweis zu führen, dass der Beschluss nach wie vor Gültigkeit besitzt (Werner, GmbHR 2005, 228, 229). Dies kann z.B. durch ergänzende Vorlage des vollständigen minute book, durch Bestätigung des company secretary oder eine entsprechende expert opinion erfolgen.
[30]Hiervon legen die Beschwf. nur die Bestätigung des company secretary vom 16.6. 2006 vor. Diese ist vorliegend jedoch unzureichend.
[31](aa) Zwar kann ihr nicht entgegengehalten werden, ihr sei kein Auszug aus dem minute book beigefügt worden. Der angeheftete Gesellschafterbeschluss vom 18.7. 2005 stammt letztlich aus diesem und stellt somit einen Auszug dar.
[32](bb) Zutreffend wies das LG jedoch darauf hin, dass die hier registerrechtlich relevante Tatsache, dass sich an den Vertretungsverhältnissen seither nichts geändert hat, gerade nicht bestätigt wird. Darüber schweigt sich die Bescheinigung aus. Dies macht sie zum Nachweis der aktuellen Vertretungsverhältnisse der Beschwf. zu 1) ungeeignet.
[33](cc) Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Legitimation des Herrn R., als company secretary zu zeichnen, bisher ebenfalls nicht nachgewiesen wurde. Die Aussagekraft der Bescheinigung steht und fällt mit dem Nachweis, dass der Bescheinigende – hier Herr R. – auch aktuell der secretary der Gesellschaft ist. Dies ist den vorgelegten Urkunden nicht zu entnehmen.
[34]Ob das LG gemäß § 12 FGG auf diesen Mangel hätte hinweisen müssen, kann dahinstehen, weil sich die Entscheidung bereits aus dem vorgenannten Grund als richtig erwiesen hat, § 27 I 2 FGG i.V.m. § 561 ZPO.
[35](5) Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass der Vertretungsnachweis vorliegend auch nicht allein mit der Bescheinigung des company secretary vom 16.6.2006 geführt werden konnte. Ob eine solche im deutschen Registerverfahrensrecht ohne Vorlage weiterer Urkunden wie den Articles of Association und dem vollständigen minute book überhaupt geeignet wäre, den Vertretungsnachweis zu führen, muss hier daher nicht entschieden werden.
[36]cc) Daher kann letztlich auch dahinstehen, ob die vorgelegten Urkunden aufgrund ihrer lediglich inländischen Beglaubigung der gemäß § 12 I HGB erforderlichen Form entsprachen und somit den (förmlichen) Nachweis für die dokumentierten Tatsachen hätten erbringen können.