Der Schiedsspruch eines ausländischen Schiedsgerichts ist im Inland nicht für vollstreckbar zu erklären, wenn die Schiedsvereinbarung nicht im Sinne von Art. II Abs. 2 UNÜ formwirksam zustande gekommen ist. Die wirksame Schiedsvereinbarung ist zwar grundsätzlich im ausländischen Schiedsverfahren zu rügen. Dies gilt jedoch nicht für die Schriftform.
Der Schriftform ist nicht genügt, wenn die Antragsgegnerin zwar auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweist, diese aber keine Schiedsvereinbarung enthalten und die Auftragsbestätigung der Antragstellerin mit ihren eine Schiedsklausel enthaltenden Lieferbedingungen von der Antragsgegnerin nicht mittels Brief, Telegramm oder Postfax angenommen wird.
Selbst bei Zugrundelegung des an die Formwirksamkeit geringere Anforderungen knüpfenden § 1031 ZPO ist die Schiedsvereinbarung nicht formwirksam, weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin durch das Wort „ausschließlich“ eine Abwehrklausel nicht nur gegen widersprechende, sondern auch ergänzende Klauseln der Antragstellerin enthalten.
Die ASt. begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs, mit dem die AGg. zur Zahlung des Kaufpreises für gelieferte Ware verurteilt wurde.
Im Juni 2004 vereinbarten die Parteien, dass die ASt. für die AGg. verschiedene Drucksachen für Verpackungen von CDs herstellen und liefern sollte. Nach einem vorangegangenen Telefonat, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, übersandte die AGg. per Fax am 17.6.2004 zwei schriftliche Bestellungen unter Hinweis auf die ausschließliche Geltung ihrer Einkaufsbedingungen an die ASt. Die ASt. bestätigte die Auftragserteilung per Fax noch am gleichen Tag. In den beiden Auftragsbestätigungen wird darauf hingewiesen, dass der Auftrag den Bestimmungen der Graphischen Industrie unterliege, die in Art. 21 eine Schiedsabrede beinhalten.
Da die AGg. die Vergütung nicht zahlte, leitete die ASt. ein Schiedsverfahren ein. Das Schiedsgericht verurteilte die AGg. mit Schiedsspruch vom 20.4.2005 zur Zahlung von 32 761,76 Euro nebst Zinsen und Kosten.
Die AGg. ist der Auffassung, mangels wirksamer Einbeziehung der Geschäftsbedingungen der ASt. sei keine Schiedsabrede zwischen den Parteien zustande gekommen, so dass eine Vollstreckbarerklärung schon deshalb nicht in Betracht komme.
[1]II. Der Antrag, den Schiedsspruch vom 20.4.2005 für vollstreckbar zu erklären, ist zulässig (§§ 1025 IV, 1061 I 1, 1064 I 1 ZPO, Art. VII Abs. 1 UNÜ). Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus §§ 1025 IV, 1062 I Nr. 4, II ZPO; die AGg. hat ihren Sitz in Hessen.
[2]Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Dem Schiedsspruch ist die Anerkennung im Inland schon deshalb zu versagen (§ 1061 II ZPO), weil die schiedsrichterliche Entscheidung nicht durch eine ‚schriftliche Vereinbarung’ im Sinne von Art. II Abs. 2 UNÜ legitimiert ist (Art. III Satz 1; V Abs. 1 lit. a UNÜ). Zwar muss das Fehlen einer wirksamen Schiedsvereinbarung grundsätzlich im ausländischen Schiedsverfahren gerügt werden; geschieht dies nicht, kann dieser Einwand im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht mehr erhoben werden.
[3]Die Präklusion gilt jedoch nicht, soweit es um die Schriftform nach Art. II UNÜ geht (vgl. BayObLG, RIW 2003, 383 (IPRspr. 2002 Nr. 225); Schwab-Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 57 Rz. 2). An dieser Schriftform fehlt es im vorliegenden Fall. Nach Art. II Abs. 2 UNÜ ist unter einer ‚schriftlichen Vereinbarung. im Sinne des Art. II Abs. 1 UNÜ eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, die von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben. Den entsprechenden Nachweis hat die die Vollstreckbarerklärung beantragende Partei zu erbringen (vgl. Musielak-Voit, ZPO, 4. Aufl., § 1061 Rz. 14; BayObLG aaO). Schon unter Zugrundelegung des Vertrags der ASt. kann eine formgerechte Schiedsvereinbarung der Parteien nicht festgestellt werden.
[4]Die behauptete mündliche Vereinbarung würde den Schiedsspruch nicht legitimieren, da sie nicht den formellen Anforderungen des Art. II Abs. 2 UNÜ genügt.
[5]Einen von beiden Parteien unterzeichneten Vertrag, der eine Schiedsklausel enthält, bzw. eine unterschriebene separate Schiedsabrede hat die ASt. nicht vorgelegt. Eine entsprechende Vereinbarung ist auch nicht in dem Schriftverkehr der Parteien enthalten. Art. II Abs. 2 Alt. 2 UNÜ verlangt einen gegenseitigen Schriftwechsel; entscheidendes Kriterium ist die Wechselseitigkeit, so dass die einseitige Zusendung eines Vertragstexts grundsätzlich ebenso wenig ausreicht, wie eine einseitige schriftliche Bestätigung einer mündlichen Abrede. Weder eine mündliche noch eine stillschweigende Annahme eines Vertragsangebots genügen zur Begründung einer nach Art. II Abs. 2 Alt. 2 UNÜ wirksamen Schiedsvereinbarung (vgl. BayObLG aaO, MünchKommZPO-Gottwald, 2. Aufl., Bd. 3, Art. II UNÜ Rz. 11; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 63. Aufl., Art. II UNÜ Rz. 2; Musielak-Voit aaO § 1031 Rz. 18; Schwab-Walter aaO Kap. 47 Rz. 7).
[6]Vor diesem rechtlichen Hintergrund lässt sich vorliegend ein den Erfordernissen des Art. II Abs. 2 Alt. 2 UNÜ genügender Schriftwechsel der Parteien nicht feststellen. Die AGg. hatte in ihren Bestellungen auf die Geltung ihrer AGB hingewiesen, die offensichtlich keine Schiedsklausel beinhalten. Auf die Auftragsbestätigungen der ASt., denen ihre Lieferbedingungen beigefügt gewesen sein sollen, hat die AGg. nicht mehr mittels Brief-, Telegramm- oder Faxpost bestätigend geantwortet.
[7]Auf das Erfordernis einer beidseits unterzeichneten Schiedsabrede oder eines gegenseitigen Schriftwechsels kann auch nicht in Ansehung der Meistbegünstigungsklausel gemäß Art. VII Abs. 1 UNÜ, § 1061 I 2 ZPO verzichtet werden. Insbesondere kann sich die ASt. nicht auf die in § 1031 II und III ZPO normierten geringeren Anforderungen an das Zustandekommen einer wirksamen Schiedsvereinbarung berufen. Es ist bereits fraglich, ob für Verfahren mit ausländischem Schiedsort, bei denen das deutsche Recht in § 1061 ZPO gerade auf das UNÜ verweist, ein Rückgriff auf § 1031 ZPO überhaupt zulässig ist (verneinend: ZöIIer-Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 1031 Rz. 25; Musielak-Voit aaO m.w.N.; bejahend: Stein-Jonas-Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anh zu § 1061 Rz. 159, Schwab-Walter aaO Kap. 44 Rz. 12; ausdrücklich offengelassen in BGH, NJW 2005, 3499 (IPRspr 2005-187)). Selbst wenn man aber in diesem Zusammenhang ein anerkennungsfreundlicheres Verständnis des Meistbegünstigungsgrundsatzes zugrunde legt, ist nicht von einer wirksamen Schiedsvereinbarung auszugehen. Gemäß § 1031 II und III ZPO kann im kaufmännischen Rechtsverkehr eine Schiedsvereinbarung zwar auch durch Bezugnahme auf AGB einer Partei, etwa in einem Bestätigungsschreiben, zustande kommen, ohne dass die AGB beigefügt waren. Im vorliegenden Fall sind die AGB der ASt. gleichwohl nicht Vertragsbestandteil geworden. Beide Parteien haben jeweils auf die Geltung ihrer AGB hingewiesen, wobei die AGg. durch die Verwendung des Begriffes ‚ausschließlich’ deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die Bedingungen des Vertragspartners nicht akzeptieren würde. Eine solche Abwehrklausel schließt nicht nur widersprechende, sondern auch ergänzende Klauseln des anderen Teils aus (vgl. BGH, NJW-RR 2001, 484 zum deutschen Recht); dies gilt auch für die dem CISG unterliegenden Verträge (BGH, NJW 2002, 1651; vgl. auch Schlechtriem-Schwenzer, Internationales UN-Kaufrecht, 4. Aufl., Art. 19 Rz. 20). Der insoweit vorliegende Dissens hindert aber nach dem Rechtsgedanken des § 306 BGB die Wirksamkeit des Vertrags nicht, sofern die Parteien den Vertrag wie hier einverständlich durchgeführt haben (vgl. BGH aaO; Schlechtriem-Schwenzer aaO; siehe auch Palandt-Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 305 Rz. 55 m.w.N.).
[8]Die Geltung der AGB der ASt. lässt sich auch nicht aus Art. 19 II CISG herleiten, da es sich bei Regelungen zur Beilegung von Streitigkeiten um wesentliche Änderungen handelt (Art. 19 III CISG), so dass das Schweigen der AGg. auf die Auftragsbestätigung der ASt. nicht als Einverständnis mit den dort in Bezug genommenen AGB der ASt. zu werten ist. Dass der vorliegende Vertrag den Regeln des CISG unterliegt, ergibt sich aus Art. 1 I, 3 I CISG; Art. 28 I, II EGBGB; sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Niederlande sind dem UN-Übereinkommen vom 11.4.1980 beigetreten.
[9]Die ASt. hat auch nicht dargetan, dass nach niederländischem Recht die alleinige Geltung ihrer AGB anzunehmen wäre. Im Übrigen dürfte niederländisches Recht zur Beantwortung dieser Frage auch nicht heranzuziehen sein, da bei der Prüfung der Voraussetzungen einer wirksamen Einbeziehung von Bedingungen in einen den Regeln des CISG unterfallenden Vertrag ein Rückgriff auf nationales Recht regelmäßig ausscheidet (vgl. Schlechtriem-Schwenzer aaO, Art. 8 Rz. 52).
[10]Eine Heilung des Formmangels hat nach dem unstreitigen Sachverhalt auch nicht im Rahmen des schiedsrichterlichen Verfahrens stattgefunden. Als Möglichkeit der Heilung kommen in Betracht eine ausdrückliche Unterwerfungserklärung zu Protokoll des Schiedsgerichts, der in einem Schriftwechsel bei Bestellung des Schiedsgerichts beiderseits zum Ausdruck gebrachte Wille, das Schiedsgericht über die aufgetretene Streitfrage entscheiden zu lassen oder zumindest eine rügelose Einlassung zur Sache vor dem Schiedsgericht (vgl. Musielak-Voit aaO; MünchKommZPO-Gottwald Rz. 16; OLG Hamburg, NJW-RR 1999, 1738 (IPRspr. 1998 Nr. 211)). Keine dieser Voraussetzungen ist hier gegeben, insbesondere kann die Tatsache, dass die AGg. gegenüber dem Schiedsgericht keine Stellungnahme abgegeben hat, nicht einer rügelosen Einlassung gleichgesetzt werden. Der Einwand einer unwirksamen Schiedsvereinbarung kann nicht ausgeschlossen sein, wenn sich die Partei vor dem Schiedsgericht überhaupt nicht zur Sache geäußert hat (vgl. BayObLG aaO).