Eine Gerichtsstandsvereinbarung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der deutschen Klägerin genügt dann nicht den Formerfordernissen des Art. 23 lit. a EuGVO, wenn weder die Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst noch der Hinweis auf diese in der Vertragssprache (hier: Französisch) verfasst sind.
Art. 5 Nr. 1 lit. b Halbs. 1 EuGVO bestimmt den Erfüllungsort autonom und einheitlich für alle Ansprüche aus einem Kaufvertrag am Lieferort der Ware (hier: dem Sitz der Beklagten in Frankreich).
Die Kl. mit Sitz in Deutschland begehrt von der Bekl., die ihren Sitz in Frankreich hat, die Zahlung des Kaufpreises. Der zwischen den Parteien bestehende Kaufvertrag wurde in französischer Sprache abgefasst. Die Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Kl. enthalten in § 9 folgende Bestimmung: „Sofern der Käufer Vollkaufmann ist, ist unser Geschäftssitz Gerichtsstand ...“ Dieselbe Klausel bestimmt außerdem den Geschäftssitz der Kl. als Erfüllungsort.
Das LG hat die Klage aufgrund der fehlenden internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte als unzulässig abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Kl. ohne Erfolg.
[1]II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das LG die Klage als unzulässig abgewiesen, da das LG Münster international nicht zuständig ist.
[2]Das zuständige Gericht für die Klage des Kl. gegen die Bekl. richtet sich nach der EuGVO. Die Vorschriften der EuGVO sind gemäß Art. 66 EuGVO anzuwenden, da die Klage nach ihrem Inkrafttreten am 1.3.2002, Art. 76 EuGVO, erhoben worden ist. Es handelt sich um eine Zivilsache im Sinne des Art. 2 EuGVO. Der erforderliche grenzüberschreitende Bezug ist bei der Klage des Kl. mit Amtssitz in Deutschland gegen die Bekl. mit Sitz in Frankreich ebenfalls gegeben.
[3]Gemäß Art. 2 I EuGVO ist die Bekl., die ihren Sitz in G./Frankreich hat, vor einem Gericht ihres Staats, also vor einem französischen Gericht zu verklagen. Denn die internationale Zuständigkeit des LG Münster ist weder durch eine Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 23 EuGVO noch als besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts gemäß Art. 5 EuGVO begründet.
[4]1. Eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen der Schuldnerin und der Bekl. könnte sich nur aus § 9 I der TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Schuldnerin (Stand 12.2001), in dem es heißt: ‚Sofern der Käufer Vollkaufmann ist, ist unser Geschäftssitz Gerichtsstand ...’. Für den Abschluss einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung mangelt es aber an der Erfüllung eines in Art. 23 EuGVO vorgesehenen Formtatbestands.
[5]a) Eine schriftliche Vereinbarung gemäß Art. 23 I 3 lit. a Alt. 1 EuGVO oder eine mündliche Vereinbarung mit schriftlicher Bestätigung gemäß Art. 23 I 3 Alt. 2 EuGVO liegt unzweifelhaft nicht vor.
[6]Dass jemals ein Schriftstück erstellt worden ist, in dem die Geltung der TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen vereinbart worden wäre, oder dass aus Anlass des den streitgegenständlichen Lieferungen zugrunde liegenden jeweiligen Vertragsschlusses Schriftstücke übersendet worden wären wie z.B. Angebote oder Auftragsbestätigungen, in denen die Geltung der Verkaufsbedingungen geregelt worden wäre, trägt der Kl. selbst nicht vor.
[7]Die Übersendung von AGB im Zusammenhang mit Rechnungen reicht keinesfalls aus. Insoweit fehlt es an einer bewussten Einbeziehung der AGB in den Vertragsschluss. Dies gilt erst recht, wenn – wie hier – weder die AGB selbst noch der Hinweis auf diese in der Vertragssprache abgefasst sind. Allerdings hat der Senat in einem Urteil vom 28.6.1994 – 19 U 179/93, EWiR 1994, 1189 (IPRspr. 1994 Nr. 140) entschieden, dass eine in AGB enthaltene Gerichtsstandsklausel auch dann eine Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne des Art. 17 I 2 Alt. 1 EuGVÜ begründen kann, wenn die Gegenpartei des Verwenders eine Annahmeerklärung unterschreibt, in der auf die rückseitig abgedruckten AGB hingewiesen wird, obwohl diese in einer Sprache abgefasst sind, welche die Gegenpartei nicht versteht (so fortgeführt mit Urteil des Senats vom 20.9.2005 – 19 U 40/05 (IPRspr 2005-117)). Dieses Senatsurteil basiert aber auf der Rechtsprechung des BGH, der zufolge eine Sprachunkenntnis des Gegners der Einbeziehung von AGB nur dann nicht entgegensteht, wenn der Hinweis auf die AGB in der Verhandlungssprache erfolgt ist (BGH, IPRax 1991, 326 (IPRspr. 1989 Nr. 197); OLG Hamm, IPRax 1991, 324, 325).
[8]Vertragssprache ist eindeutig Französisch gewesen. Zwar ist ein den jeweiligen Vertragsschluss dokumentierender Schriftwechsel nicht vorhanden. Sämtliche Rechnungen der Schuldnerin sind indessen in französischer Sprache abgefasst worden. Der Hinweis auf der Vorderseite der einzelnen Rechnungen: ‚Es gelten nur die Ihnen bekannten Geschäfts- und Lieferbedingungen’ ist hingegen in deutscher und englischer Sprache, nicht aber in französischer Sprache abgefasst worden.
[9]b) Es ist auch keine Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 23 I 3 lit. b EuGVO in einer Form gegeben, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Geschäftspartnern entstanden ist. Eine Gepflogenheit auf Einbeziehung von AGB kann entstanden sein, wenn eine laufende Geschäftsbeziehung aufgrund der AGB stattfindet. Die Geltung der AGB muss jedoch in der Anfangsphase mindestens einmal ausdrücklich vereinbart worden sein und die Parteien müssen sich in der Praxis nach ihnen gerichtet haben. Nicht ausreichend ist auch dabei, dass der Verwender von AGB Rechnungen mit dem Hinweis auf seine rückseitig abgedruckten AGB versendet (BGH, BB 2004, 853 (IPRspr. 2004 Nr. 94); Thomas-Putzo- Hußtege, ZPO, 26. Aufl., Art. 23 EuGVVO Rz. 10). Vielmehr muss feststehen, dass die Gerichtsstandsvereinbarung im Rahmen der laufenden Geschäftsbeziehung der Parteien Gegenstand einer Willensübereinstimmung geworden ist.
[10]Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt bereits nach dem eigenen Vortrag des Kl. eine Gerichtsstandvereinbarung gemäß Art. 23 I 3 lit. b EuGVO nicht vor.
[11]Der Kl. hat behauptet, die TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen seien auf der Rückseite sämtlicher Schriftstücke der Schuldnerin, insbesondere sämtlicher Rechnungen und Gutschriften, abgedruckt gewesen. Die Bekl. habe sich mit deren Geltung einverstanden erklärt. Es fehlt damit jeder konkrete Vortrag dazu, dass in der Anfangsphase der Geschäftsbeziehung zwischen der Schuldnerin und der Bekl. die TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen einmal ausdrücklich vereinbart worden sind, ferner dass sich die Vertragspartner in der Praxis nach ihnen gerichtet haben. Allein die Tatsache, dass die Schuldnerin bei Abwicklung der ersten Lieferung eine Rechnung mit dem Hinweis: ‚Es gelten nur die Ihnen bekannten Liefer- und Geschäftsbedingungen’ übersendet hat und die Bekl. der Geltung von AGB nicht widersprochen hat, genügt für die Feststellung der erforderlichen Willensübereinstimmung nicht.
[12]Unabhängig davon, dass sich der o.g. Hinweis auf den Rechnungen noch nicht einmal eindeutig auf die TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen bezieht, da auf ‚die Ihnen bekannten Liefer- und Geschäftsbedingungen’, nicht aber etwa auf ‚die umseitig abgedruckten TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen’ hingewiesen wird, reicht der Hinweis auf der Vorderseite der Rechnungen – wie oben bereits dargestellt – schon deshalb nicht aus, da er nur in deutscher und englischer Sprache, nicht aber in der Verhandlungssprache Französisch abgefasst worden ist.
[13]Eines Hinweises des LG zur Unsubstantiiertheit des klägerischen Vortrags hat es – entgegen der Ansicht des Kl. – nicht bedurft. Die Frage der internationalen Zuständigkeit des LG Münster aufgrund des Art. 23 EuGVO ist das zentrale Thema des erstinstanzlichen Vortrags gewesen. Selbst wenn ein Hinweis hätte erwartet werden dürfen, wird in der Berufungsbegründung auch nicht konkret zu der maßgeblichen Einbeziehung der AGB in das jeweilige Vertragsverhältnis vorgetragen, so dass nach wie vor keine ausreichenden Tatsachen für eine Gerichtsstandsvereinbarung behauptet werden.
[14]c) Schließlich liegt keine Gerichtsstandvereinbarung durch einen Handelsbrauch gemäß Art. 23 I 3 lit. c EuGVO vor. Dass ein Handelsbrauch existiert, wonach bei Kaufverträgen über Kfz-Gebrauchtteile ein Gerichtsstand am Geschäftssitz des Verkäufers als vereinbart gilt, trägt der Kl. nicht vor und ist auch nicht ersichtlich.
[15]2. Das LG Münster ist auch nicht als besonderer Gerichtsstand des Erfüllungsorts gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVO international zuständig. D. ist weder zwischen der Schuldnerin und der Bekl. als vertraglicher Erfüllungsort wirksam vereinbart worden, noch der Ort, an dem nach den zwischen der Schuldnerin und der Bekl. geschlossenen Verträgen die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.
[16]a) Bei den Verträgen zwischen der Schuldnerin und der Bekl. handelt es sich um Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen im Sinne der Spezialregelung des Art. 5 Nr. 1 lit. b Halbs. 1 EuGVO.
[17]Die Verträge sind gerichtet auf die Übereignung von Waren gegen Zahlung von Geld. Bei der in den Verträgen enthaltenen ‚Pfandvereinbarung’ handelt es sich um die schlichte Abrede, dass der Bekl. ihrerseits das Recht zum Verkauf eines nicht bearbeiteten Auto-Altteils an die Schuldnerin zu einem bestimmten Preis zusteht. Macht die Bekl. von diesem Recht Gebrauch, übereignet sie der Schuldnerin das Altteil und wird ihr im Gegenzug der vereinbarte Preis gutgeschrieben bzw. ausgezahlt. Ein ‚Pfand’ wird auf das von der Schuldnerin bearbeitete Altteil gar nicht erhoben. Dies würde begrifflich voraussetzen, dass ein Bestandteil des von der Schuldnerin veräußerten Altteils selbst an die Schuldnerin zurückgegeben wird, was nicht der Fall ist.
[18]b) Die Schuldnerin und die Bekl. haben D. als Erfüllungsort nicht wirksam vereinbart, so dass eine anderweitige Bestimmung im Sinne des Art. 5 Nr. 1 lit. b Halbs. 1 EuGVO nicht gegeben ist.
[19]aa) Eine ausdrückliche Vereinbarung dahingehend, dass der Geschäftssitz der Schuldnerin Erfüllungsort hat sein sollen, trägt der Kl. nicht vor und ergibt sich aus den vorliegenden Rechnungen nicht. Selbst wenn mit dem Begriff ‚FRANCO’, der in den Rechnungen der Schuldnerin unter der Bemerkung ‚Condition de livraison’ vermerkt ist, der Terminus ‚ab Warenhaus’ gemeint gewesen ist, was der Kl. behauptet, besagt dies nicht, dass das Warenhaus der Schuldnerin in D. als Erfüllungsort vereinbart worden ist. ‚Ab Warenhaus’ stellt lediglich eine Transportkostenklausel für den Versendungskauf dar.
[20]bb) Allerdings bestimmt § 9 II der TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen den Geschäftssitz der Schuldnerin, damit D., zum Erfüllungsort. Die TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen sind aber wiederum – nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht – nicht wirksam in die jeweiligen Kaufverträge zwischen der Schuldnerin und der Bekl. einbezogen werden, da die Schuldnerin auf deren Geltung nicht in der Verhandlungssprache Französisch hingewiesen hat. Sowohl nach dem Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9.12.1976 (BGBl. I 3317), als auch nach den §§ 305 ff. BGB n.F. ist für die Einbeziehung ein ausdrücklicher und für die ausländische Partei verständlicher Hinweis auf die AGB des Verwenders erforderlich (OLG Hamm, NJW 1983, 524 (IPRspr. 1982 Nr. 19); Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 305 Rz. 59). Werden die Verhandlungen in ausländischer Sprache geführt, muss auf die AGB in dieser Sprache hingewiesen werden (Palandt-Heinrichs aaO Rz. 42).
[21]c) Nach der Spezialregelung des Art. 5 Nr. 1 lit. b Halbs. 1 EuGVO ist der Erfüllungsort – im Gegensatz zum früheren EuGVÜ – prozessrechtlich autonom, d.h. anhand der Zielsetzung und der Systematik der EuGVO zu ermitteln (vgl. Thomas-Putzo-Hüßtege aaO Vorbem Art. 1 Rz. 14). Er ist nicht mehr isoliert für die jeweils in Rede stehende Verpflichtung nach dem internationalen Recht des Gerichtsstaats zu bestimmen, sondern nach rein faktischen oder pragmatischen Kriterien (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Art. 5 Rz. 38). Maßgeblich für alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis, insbesondere auch für den Zahlungs- bzw. Vergütungsanspruch, ist der Ort, an dem die bewegliche Sache nach dem Vertrag geliefert worden ist oder zu liefern wäre bzw. die Dienste geleistet worden sind bzw. zu leisten wären. Forum contractus ist damit einheitlich der Ort der ‚vertragscharakteristischen Leistung’ (Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 63. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rz. 7; Zöller-Geimer, ZPO, 25. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rz. 4; Kropholler aaO; Hager/Bentele, IPRax 2004, 73).
[22]Bei einem Vertrag über den Verkauf beweglicher Sachen macht die Bestimmung des Orts, an dem die Sache nach dem Vertrag zu liefern wäre, insbesondere bei einem Versendungskauf, Schwierigkeiten. Dies könnte der Ort der Vornahme der Leistungshandlung des Verkäufers oder der des Eintritts des Leistungserfolgs beim Käufer sein. Ausgehend von der pragmatischen Auslegung des Begriffs des Erfüllungsorts wird jedoch in der Literatur zunehmend die Auffassung vertreten, der sich der Senat anschließt, dass derjenige Ort als Erfüllungsort anzusehen ist, an dem der Käufer die Ware entgegennimmt oder hätte entgegennehmen müssen (Hager/Bentele aaO mit eingehender Begründung; Thomas-Putzo-Hüßtege aaO Art. 5 Rz. 7). Dieser Ort ist der Sitz der Bekl. in G./Frankreich.
[23]d) Danach kann auch dahinstehen, ob das CISG anwendbar ist bzw. die Anwendung des CISG durch die TTV Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Schuldnerin wirksam ausgeschlossen worden ist, worüber die Parteien streiten. Denn aus Art. 57 I lit. a CISG, der als Zahlungsort des Käufers den Ort der Niederlassung des Verkäufers bestimmt, kann für die Kaufpreisklage des Verkäufers ein Gerichtsstand am Zahlungsort nicht hergeleitet werden.
[24]Ob mit der Regelung des Art. 57 I lit. a CISG ein Gerichtsstand am Zahlungsort begründet worden ist, ist seit jeher in Rechtsprechung und Literatur umstritten gewesen (Schach, IPRax 1986, 82, 84; Schwenzer, IPRax 1989, 274). Praktische Bedeutung hatte die Verknüpfung von Zahlungsort und Zuständigkeit aber v.a. für Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ, der am Erfüllungsort einen Gerichtsstand normierte. Bei der Bestimmung des Erfüllungsorts nach der lex causae des UN-Kaufrechts ergab sich damit nach Art. 57 I lit. a CISG ein Gerichtsstand beim Verkäufer. Mit dem Inkrafttreten des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVO ist aber eine Neuregelung des Erfüllungsorts für den Verkauf beweglicher Sachen geschaffen worden, demzufolge der Erfüllungsort – wie oben ausgeführt – autonom bestimmt wird: Maßgebend ist auch für den Anspruch des Verkäufers auf den Kaufpreis der Lieferort.