Für die wirksame Vereinbarung einer Gerichtsstandsvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen genügt es, dass die Gegenpartei des Verwenders diese unterzeichnet, insbesondere kommt es nicht darauf an, dass die Vereinbarung in einer für die Gegenpartei verständlichen Sprache abgefasst ist.
Entgegen dem Wortlaut des Art. 23 I EuGVO ist das sogenannte forum prorogatum auch im Falle eines Wahlrechts des Klägers zwischen mehreren zuständigen Gerichten hinreichend bestimmt.
Die Parteien hatten einen Werklieferungsvertrag über die Herstellung und Lieferung von Garnen abgeschlossen. Der Vertrag enthält in den AGB sowohl eine Gerichtsstands- als auch eine Rechtswahlklausel zugunsten deutscher Gerichte und deutschem Recht. Die Lieferantin soll aufgrund der Gerichtsstandsvereinbarung die Wahl zwischen dem LG Düsseldorf und dem LG Münster haben.
Der Kl. begehrt die Zahlung des von ihm gelieferten Garns. Er hat dazu Klage vor dem LG Münster erhoben. Dieses hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Bekl. ohne Erfolg.
[1]II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
[2]1. Die Klage ist zulässig.
[3]Das LG Münster ist international zuständig, weil die Parteien dessen Zuständigkeit wirksam vereinbart haben.
[4]Das zuständige Gericht für die Klage der Kl. gegen die Bekl. richtet sich nach der EuGVO. Die Vorschriften der EuGVO sind gemäß Art. 66 EuGVO auf Klagen anzuwenden, die nach ihrem Inkrafttreten am 1.3.2002, Art. 76 EuGVO, erhoben werden. Bei der Klage handelt es sich um eine Zivilsache im Sinne des Art. 2 EuGVO. Der erforderliche grenzüberschreitende Bezug (vgl. Thomas-Putzo-Hüßtege, ZPO, 26. Aufl., Vorbem EuGVVO Rz. 11) ist bei einer Klage der Kl. mit Sitz in Deutschland gegen die Bekl. mit Sitz in Portugal gegeben. Grundsätzlich wäre gemäß Art. 2 I EuGVO eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen. Gemäß Art. 60 I EuGVO hat eine juristische Person ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Niederlassung befindet. Danach wäre die Bekl. vor einem portugiesischen Gericht zu verklagen, da ihr Sitz in R./Portugal ist. Dies gilt aber nur ‚vorbehaltlich der Vorschriften’ der EuGVO. Gemäß Art. 23 EuGVO haben die Parteien indessen die internationale Zuständigkeit des LG Münster wirksam vereinbart. Die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien ergibt sich aus Nr. 5 der AGB der Kl., in der es heißt: ‚Legal domicil is only the district court of Düsseldorf or Münster / Federal Republic of Germany’, übersetzt: ‚Gerichtsstand ist nur das LG Düsseldorf oder Münster / Bundesrepublik Deutschland’. Diese Regelung in den AGB der Kl. ist ausschließlich an Art. 23 EuGVO zu messen, der innerhalb seines Anwendungsbereichs das nationale Recht vollkommen verdrängt, so dass auch eine Inhaltskontrolle der Gerichtsstandsvereinbarung nach §§ 305 ff. BGB nicht zulässig ist (Zöller- Geimer, ZPO, 25. Aufl., Anh I EuGVVO Art. 23 Rz. 32; BGH, NJW 80, 2022 (IPRspr. 1980 Nr. 183)).
[5]a. Die Parteien haben einen Vertrag über die Herstellung und Lieferung von Garn geschlossen, dem die AGB der Kl. zugrunde liegen. Die Einbeziehung der Gerichtsstandsklausel in Nr. 5 dieser AGB entspricht der Formvorschrift des Art. 23 I 3 lit. a EuGVO. Es liegt ein entsprechender Schriftwechsel der Parteien vor. Die Kl. hat die der ‚Order Confirmation’ beigefügten AGB unterzeichnet, die der Bekl. zugegangen sind. Ein Exemplar hat auch die Bekl. mit ihrem Firmenstempel versehen und unterzeichnet, welches nach Rücksendung an die Kl. dieser zugegangen ist.
[6]Der Vortrag der Bekl. in der Berufungsbegründung, die Bekl. sei der englischen Sprache nicht hinreichend mächtig, ist der Entscheidung des Senats nicht zugrunde zu legen, da dessen Berücksichtigung nicht zulässig ist. Es handelt sich um ein neues Verteidigungsmittel im Sinne des § 531 ZPO, für dessen Zulassung keine der in § 531 II ZPO genannten Voraussetzungen vorliegen. Entgegen § 520 III Nr. 4 ZPO mangelt es insoweit schon an der Bezeichnung der Tatsachen, aufgrund derer das neue Verteidigungsmittel zuzulassen wäre.
[7]Der Vortrag wäre auch nicht erheblich. Zum einen ist die Vertragssprache Englisch. Zum anderen begründet eine in AGB enthaltene Gerichtsstandsklausel auch dann eine schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung, wenn die Gegenpartei des Verwenders diese unterzeichnet, obwohl sie in einer Sprache abgefasst sind, welche sie nicht versteht. Mit ihrer Unterschrift gibt die Gegenpartei nämlich zu erkennen, dass sie mit dem Inhalt der AGB einverstanden ist. Ansonsten hätte sie nicht unterschreiben dürfen (Senat, Urt. vom 28.6.1994 – 19 U 179/93, EwiR 1994, 1189 (IPRspr. 1994 Nr. 140)).
[8]b. Da die Voraussetzungen des Art. 23 I 3 EuGVO erfüllt sind, wird die erforderliche Willenseinigung der Parteien vermutet (Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 63. Aufl., EuGVVO Art. 23 Rz. 15). Die Vereinbarung bezieht sich auch auf künftige aus dem Vertragsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeiten.
[9]c. Auch wenn nach Nr. 5 der AGB das LG Düsseldorf oder Münster nach der Wahl der Kl. zuständig sein soll, ist das sog. forum prorogatum hinreichend bestimmt. Zwar können die Parteien nach dem Wortlaut des Art. 23 EuGVO nur die Zuständigkeit eines Gerichts oder der Gerichte eines Mitgliedstaats vereinbaren. Nach einhelliger Auffassung in der Literatur, der sich der Senat anschließt, kann sich aber entgegen dem Wortlaut des Art. 23 I EuGVO eine Gerichtsstandsvereinbarung auch auf zwei oder mehrere Gerichte zur Wahl des Klägers beziehen (Thomas-Putzo-Hüßtege aaO Art. 23 Rz. 6; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Art. 23 Rz. 71). Unwirksam ist lediglich eine Vereinbarung, die selbst keine Kriterien für das Gericht oder die Gerichte enthält, die international zuständig sein sollen, und nur festlegt, dass eine Partei einseitig und beliebig das zuständige Gericht bestimmen kann (Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann aaO Rz. 18; MünchKomm-Gottwald, ZPO, 2. Aufl., EuGVÜ, Art. 17 Rz. 50; Zöller-Geimer aaO Rz. 37; Kropholler aaO). Dies entspricht dem in Art. 23 EuGVO verankerten Grundsatz der Prorogationsfreiheit, dessen Schranken sich nur aus dem Verbot von pauschalen und nicht auf das konkrete Rechtsverhältnis bezogene Zuständigkeitsvereinbarungen sowie aus dem Verbot der Derogation der in Art. 22 EuGVO bestimmten ausschließlichen internationalen Zuständigkeiten ergeben.
[10]d. Da das LG Münster schon aufgrund der Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien international zuständig ist, kann es dahinstehen, ob es auch als Gerichtsstand des vertraglichen Erfüllungsorts aus Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVO international zuständig wäre.
[11]2. Die Klage ist in allen Anträgen begründet.
[12]a. Die Kl. hat einen Anspruch gegen die Bekl. auf Zahlung von 106 204,80 Euro Zug-um-Zug gegen Lieferung des in der Urteilsformel des angefochtenen Urteils näher bezeichneten Garnes aus §§ 651 Satz 1, 433 II BGB.
[13]aa. Die Parteien haben unter Nr. 5 der AGB der Kl. die Anwendung der zum Zeitpunkt des Kontraktabschlusses gültigen Gesetze der Bundesrepublik Deutschland vereinbart. Bei dieser Nr. handelt es sich nicht – was die Bekl. im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 1132 (IPRspr. 1994 Nr. 23) ausgeführt hat – um eine überraschende Klausel, da sie nach den Gesamtumständen nicht so ungewöhnlich ist, dass die Bekl. mit ihr nicht hat zu rechnen brauchen. Die Klausel ist nicht mit der Rechtswahlklausel gleichzustellen, deren Wirksamkeit das OLG Düsseldorf zu überprüfen hatte. Die dortige Klausel sah für einen in Deutschland vermittelten Vertrag über die vom englischen Vertragspartner in L. zu tätigenden Börsentermingeschäfte die Anwendbarkeit des weniger strengen englischen Rechts vor.
[14]bb. Jedenfalls mit der Übersendung der von der Kl. unterzeichneten ‚Order Confirmation’ und der Rücksendung eines gegengezeichneten Exemplars durch die Bekl. ist ein Werklieferungsvertrag im Sinne des § 651 I BGB über die Herstellung und Lieferung des im einzelnen bezeichneten Garns – einer unvertretbaren Sache – geschlossen worden.
[15]Ein Kauf auf Probe im Sinne des § 454 BGB liegt entgegen der Ansicht der Bekl. nicht vor.