Bei dem Streit um Ansprüche bzw. eine Haftung aus der Patronatsvereinbarung handelt es sich um eine Arbeitssache iSd. im Kapitel II, Abschnitt 5 der EuGVVO enthaltenen Zuständigkeitsordnung.
Für die Anwendbarkeit von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b (i) und Abs. 2 EuGVVO reicht in bestimmten Fallkonstellationen aus, wenn zwischen der Person, gegen die sich die geltend zu machenden Ansprüche richten, und dem Anspruchsteller zwar kein förmlicher Arbeitsvertrag, aber dennoch ein Unterordnungsverhältnis besteht. Ob diese Voraussetzung vorliegt, muss in jedem Einzelfall von den hierfür zuständigen nationalen Gerichten anhand aller Gesichtspunkte und aller Umstände geprüft werden, die die Beziehungen zwischen den Beteiligten kennzeichnen
Das mangels Rechtswahl auf die Patronatsvereinbarung anzuwendende Recht bestimmt sich in derartigen Fällen nach Art. 8 Rom I-VO. [LS der Redaktion]
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die beklagte kanadische Gesellschaft aufgrund einer Patronatsvereinbarung direkte Zahlungsansprüche wegen nicht erfüllter Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis mit einer insolventen Schweizer Gesellschaft zustehen. Die Beklagte ist eine nach dem Recht des US-Bundesstaats Nevada gegründete und im Immobiliengeschäft tätige Gesellschaft. Der Sitz ihrer Hauptverwaltung befindet sich in Kanada, Provinz Quebec. Der Kläger, der seinen Wohnsitz in Deutschland hat, war seit Ende September 2015 für die Beklagte auf der Grundlage eines „Service Agreements“ (im Folgenden auch Dienstleistungsvereinbarung) als „Deputy Vice President Investors Relations“ tätig und im Wesentlichen damit beschäftigt, private und institutionelle Investoren für Immobiliengeschäfte der Beklagten zu akquirieren. Wegen einer aus ihrer Sicht bestehenden Unsicherheit über den Beschäftigungsstatus des Klägers beschlossen die Parteien, das Vertragsverhältnis auf eine neu zu gründende Schweizer Gesellschaft „zu überführen“. Mitte November 2015 vereinbarten sie die rückwirkende Beendigung der Dienstleistungsvereinbarung. In einem Begleitschreiben des Klägers heißt es, er habe die Vereinbarung unter der Bedingung unterzeichnet, dass eine gleichwertige Vereinbarung in Bezug auf einen Vertrag im Bereich der Geschäftsführung für die zu gründende Schweizer Gesellschaft geschlossen werde. Mit öffentlicher Beurkundung vom 14.1.2016 gründete eine F T AG nach Schweizer Recht die ROI Land Investments Swiss AG (im Folgenden ROI Swiss), die Mitte März 2016 in das Schweizer Handelsregister eingetragen wurde. Bereits am 15. Januar 2016 wurden die Aktienanteile an der ROI Swiss an den „President“ der Beklagten und späteren Präsidenten des Verwaltungsrats der ROI Swiss veräußert, der die Anteile im April 2016 auf die ROI D Canada Inc. - eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Beklagten - übertrug. Am 12.2. 2016 schloss der Kläger mit der ROI Swiss einen schriftlichen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als deren Direktor. Am gleichen Tag traf er mit der Beklagten ein auf den 1.10.2015 rückdatiertes „Loan Agreement“, das die Gewährung eines Darlehens an ihn zum Gegenstand hat. Zweck dieser Vereinbarung sollte sein, die dem Kläger aus der Dienstleistungsvereinbarung für vier Monate zustehende Vergütung in eine an die Beklagte zurückzuzahlende Darlehenssumme umzuwidmen, wobei der entsprechende Betrag dem Kläger in Gestalt der von der ROI Swiss zu leistenden Antrittsprämie unter Anwendung Schweizer Steuer- und Abgabenrechts zufließen sollte. Ebenfalls am 12.2.2016 unterzeichneten die Parteien ein „Patron Agreement“ (künftig, dem Sprachgebrauch der Parteien folgend: Patronatsvereinbarung). Dort heißt es laut beglaubigter Übersetzung ua.: „§ 1 Die ROI hat eine Tochtergesellschaft, die ROI Land Investments Swiss AG für den Vertrieb in Europa gegründet. Der Direktor ist die geschäftsführende Führungskraft dieses Unternehmens. In Übereinstimmung mit dieser Annahme erklärt die ROI folgendes: § 2 Die ROI verfügt über die umfassende Verantwortlichkeit für die Erfüllung der Verpflichtungen in Bezug auf die Verträge der ROI Land Investments Swiss AG aufgrund der Zusammenarbeit von dessen Direktor mit der ROI Land Investments Swiss AG. Am 1.4.2016 schlossen der Kläger und die ROI Swiss einen neuen Arbeitsvertrag, der den vorherigen ablöste und in dem sie sich - bei sonst im Wesentlichen gleichlautenden Vertragsbedingungen - auf die Zahlung einer Antrittsprämie verständigten. Wie der vorherige sollte auch dieser Arbeitsvertrag Schweizer Recht unterliegen. Am 11.7.2016 kündigte die ROI Swiss das Arbeitsverhältnis des Klägers. In einem Vorprozess stellte das Arbeitsgericht Stuttgart durch rechtskräftiges Urteil vom 2.11.2016 die Unwirksamkeit dieser Kündigung fest. Zudem verurteilte es die ROI Swiss, an den Kläger als Antrittsprämie sowie als Vergütung für April bis August 2016 zu zahlen. Dem kam die ROI Swiss nicht nach. Anfang Mai 2017 wurde ein Anfang März 2017 über das Vermögen der ROI Swiss nach Schweizer Recht eröffnetes Konkursverfahren „mangels Aktiven“ eingestellt.
Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger die Beklagte aus der Patronatsvereinbarung auf Zahlung der im Vorprozess gegen die ROI Swiss titulierten Geldforderungen in Anspruch. Darüber hinaus begehrt er Zahlung wegen Nichterfüllung weiterer, ihm aus dem Arbeitsverhältnis mit der ROI Swiss zustehender Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug für die Zeit von September 2016 bis November 2017, zusätzlich Aufwendungsersatz für eine von ihm aufgrund des Rechtsverhältnisses mit der ROI Swiss veranlasste Registereintragung sowie die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten, Schadensersatz für steuerliche Nachteile zu leisten, die ihm bei Nachzahlung von Vergütung entstehen. Der Kläger hat zuletzt sinngemäß u.a. beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Antrittsprämie zu zahlen, an ihn ausstehendes Gehalt zu zahlen, Zinsen zu zahlen und festzustellen, dass die Beklagte gegenüber ihm zur Zahlung von Schadensersatz für die steuerlichen Nachteile aufgrund der Nachzahlung von rückständigem Gehalt aus Annahmeverzug gemäß dem Antrag zu 3. verpflichtet ist. Das Arbeitsgericht hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte verneint und die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Senat hat mit Beschluss vom 24.6.2020 (-
[13] Die zulässige Revision der Beklagten ist überwiegend iSd. Zurückverweisung begründet. Der Klage kann hinsichtlich der Anträge zu 1. bis 4. sowie 6. und 7. nicht mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung stattgegeben werden. Hinsichtlich des Antrags zu 5. ist die Revision zurückzuweisen. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht den geltend gemachten Aufwendungsersatz zugesprochen.
[14] A. Die Klage ist überwiegend zulässig.
[15] I. Der Zulässigkeit der Klage steht eine fehlende internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht entgegen. Diese sind vielmehr nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. b (i), Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (Brüssel Ia-VO, im Folgenden EuGVVO) international zuständig.
[16] 1. Die internationale Zuständigkeit bestimmt sich vorliegend gemäß Art. 66 Abs. 1 EuGVVO nach den Vorschriften dieser Verordnung (vgl. hierzu BAG 24. Juni 2020 -
[17] 2. Die Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Ansprüche gegen die Beklagte, die keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 iVm. Art. 21 Abs. 1 Buchst. b (i), Abs. 2 EuGVVO.
[18] a) Bei dem Streit um Ansprüche bzw. eine Haftung aus der Patronatsvereinbarung handelt es sich um eine Arbeitssache iSd. im Kapitel II, Abschnitt 5 der EuGVVO enthaltenen Zuständigkeitsordnung. Das ergibt die Prüfung der in diesem Rechtsstreit gegebenen Sachverhaltsumstände unter Berücksichtigung der Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aus der Entscheidung vom 20. Oktober 2022 (‑
[19] aa) Der Abschnitt für Arbeitssachen der EuGVVO (Kapitel II, Abschnitt 5) findet Anwendung, wenn ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche hieraus den Gegenstand des Verfahrens bilden. Gemäß Art. 21 Abs. 1 Buchst. b (i) EuGVVO kann ein Arbeitgeber vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem oder von dem aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat.
[20] (1) Die in der Verordnung nicht ausdrücklich definierten Rechtsbegriffe „individueller Arbeitsvertrag“, „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ sind, damit eine einheitliche Anwendung der mit ihr aufgestellten Zuständigkeitsvorschriften in allen Mitgliedstaaten gewährleistet ist, autonom auszulegen (EuGH 20. Oktober 2022 - C-604/20 - [ROI Land Investments] Rn. 28 f.). Ein individueller Arbeitsvertrag iSd. EuGVVO ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs des Europäischen Union eine Vereinbarung, mittels derer sich eine Person - der Arbeitnehmer - verpflichtet, während einer bestimmten Zeit für eine andere Person - den Arbeitgeber - nach deren Weisung Leistungen zu erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH 11. April 2019 - C-603/17 - [Bosworth und Hurley] Rn. 25; 20. September 2007 - C-116/06 - [Kiiski] Rn. 25 mwN; vgl. zum unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff auch ErfK/Preis BGB § 611a Rn. 18 f.).
[21] (2) Zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. b (i) und Abs. 2 EuGVVO hat der Gerichtshof bei der Beantwortung der Vorlagefrage 1 des Senats betont, dass ein Arbeitsverhältnis ein Unterordnungsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Arbeitgeber voraussetze (EuGH 20. Oktober 2022 - C-604/20 - [ROI Land Investments] Rn. 32; vgl. auch 9. Juli 2015 - C-229/14 - [Balkaya] Rn. 37; kritisch zur Entscheidung vom 20. Oktober 2022 Ulrici jurisPR-ArbR 2/2023 Anm. 8 zu C I 2 b). Hieraus hat er abgeleitet, dass es für die Anwendbarkeit von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b (i) und Abs. 2 EuGVVO in bestimmten Fallkonstellationen ausreicht, wenn zwischen der Person, gegen die sich die geltend zu machenden Ansprüche richten, und dem Anspruchsteller zwar kein förmlicher Arbeitsvertrag, aber dennoch ein Unterordnungsverhältnis besteht (EuGH 20. Oktober 2022 - C-604/20 - [ROI Land Investments] Rn. 36). Ob diese Voraussetzung vorliegt, müsse in jedem Einzelfall von den hierfür zuständigen nationalen Gerichten anhand aller Gesichtspunkte und aller Umstände geprüft werden, die die Beziehungen zwischen den Beteiligten kennzeichnen (vgl. auch EuGH 11. April 2019 - C‑603/17 - [Bosworth und Hurley] Rn. 25 mwN).
[22] bb) Unter Berücksichtigung der besonderen Sachverhaltsumstände, die auch der Gerichtshof der Europäischen Union bei der Beantwortung der Vorlagefrage 1 hervorgehoben hat (vgl. EuGH 20. Oktober 2022 - C-604/20 - [ROI Land Investments] Rn. 35), ist Kapitel II Abschnitt 5 („Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge“) der EuGVVO auf die vorliegende Patronatsvereinbarung zu erstrecken. Von dieser hing der Abschluss des Arbeitsvertrags zwischen dem Kläger und der ROI Swiss ab, der wiederum - bei im Wesentlichen gleichbleibender Tätigkeit - die Dienstleistungsvereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten ersetzen sollte.
[23] (1) Im Verhältnis zu der Beklagten lag nach den Umständen, unter denen der Kläger mit ihr die Patronatsvereinbarung geschlossen und am gleichen Tag ein Arbeitsverhältnis mit der ROI Swiss begründet hat, ein Unterordnungsverhältnis vor. Vor dem Abschluss des Arbeitsvertrags mit der ROI Swiss bestand zwischen dem Kläger und der Beklagten eine Dienstleistungsvereinbarung, wobei der Zuschnitt der geschuldeten Tätigkeiten im späteren Arbeitsverhältnis zur ROI Swiss unverändert blieb. Die Parteien der Dienstleistungsvereinbarung wollten dieses Vertragsverhältnis lediglich aus steuer- und abgabenrechtlichen Gründen auf die ROI Swiss „überführen“. Die Beklagte konnte über ihre Organe und andere Gesellschaften Einfluss auf die ROI Swiss ausüben. Zugleich hatte der Kläger die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses mit der neu zu gründenden Gesellschaft vom Abschluss der Patronatsvereinbarung mit der Beklagten abhängig gemacht, die der Garantie seiner Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis diente. Der Arbeitsvertrag mit der ROI Swiss wäre nicht zustande gekommen, wenn sich die Beklagte nicht in der Patronatsvereinbarung verpflichtet hätte.
[24] (2) All diese Umstände, welche die Rechtsbeziehungen der Parteien von üblichen Konzernsachverhalten unterscheiden, sprechen dafür, in einem Fall wie diesem ein Unterordnungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Kläger anzunehmen. Nach der Auslegung von Art. 21 Abs. 1 Buchst. b (i) und Abs. 2 EuGVVO durch den Europäischen Gerichtshof führt dies dazu, dass der Kläger sie nach diesen Vorschriften vor dem Gericht des Ortes verklagen kann, an dem oder von dem aus er zuletzt gewöhnlich seine Arbeit verrichtet hat.
[25] b) Die deutschen Gerichte sind daher nach Art. 21 Abs. 1 Buchst. b (i), Abs. 2 EuGVVO zuständig, weil der Kläger zuletzt gewöhnlich in Stuttgart seine Arbeit verrichtet hat.
[26] II. Während das Landesarbeitsgericht zutreffend von der Zulässigkeit der Leistungsanträge unter Berücksichtigung der Anforderungen des nationalen Rechts ausgegangen ist, hat es dies zu Unrecht auch für den Feststellungsantrag zu 4. angenommen …
[27] 1. ... [28] 2. ... [29] 3. ... [30] B. Hinsichtlich der zulässigen Leistungsanträge konnte der Klage mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung überwiegend nicht stattgegeben werden.
[31] I. Das Landesarbeitsgericht ist zwar im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger auf Grundlage der Patronatsvereinbarung von der Beklagten die Zahlung der im Arbeitsvertrag vom 1. April 2016 mit der ROI Swiss vereinbarten Antrittsprämie iHv. ... US-Dollar verlangen kann. Dennoch kann der Senat mit Blick auf die von der Beklagten geltend gemachten Gegenrechte nicht abschließend über diesen Anspruch entscheiden. Entsprechendes gilt für die auf diesen Anspruch bezogene Zinsforderung, die mit dem Antrag zu 6. geltend gemacht wird.
[32] 1. Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass auf die Patronatsvereinbarung deutsches Recht anzuwenden ist. Dies ergibt sich jedoch nicht aus Art. 6 Abs. 1, sondern aus Art. 8 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (im Folgenden Rom I-VO).
[33] a) Das anzuwendende Recht bestimmt sich nach der Rom I-VO, die nach Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO für alle vertraglichen Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen gilt, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen. Sie findet ausweislich Art. 28 Rom I-VO auf Verträge Anwendung, die nach dem 17. Dezember 2009 geschlossen wurden. Die als Grundlage für die Inanspruchnahme der Beklagten heranzuziehende Patronatsvereinbarung wurde im Jahr 2016 getroffen. Sie weist Verbindungen sowohl zur Bundesrepublik Deutschland als auch zu Kanada auf. Der Kläger und die Beklagte haben ihren jeweiligen Sitz in unterschiedlichen Staaten. Die Rom I-VO ist unabhängig davon anwendbar, ob das berufene Recht dasjenige eines Mitgliedstaats iSd. Art. 1 Abs. 4 Satz 1 Rom I-VO oder eines Drittstaats ist. Sie enthält allseitige Kollisionsnormen (BAG 24. Juni 2020 -
[34] b) Das mangels Rechtswahl (vgl. hierzu BAG 24. Juni 2020 -
[35] c) Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 4 Rom I-VO findet auf die Patronatsvereinbarung deutsches Recht Anwendung.
[36] aa) Da der Kläger überwiegend in Stuttgart tätig geworden ist, ist gemäß Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO deutsches Recht anzuwenden. Nach dieser Vorschrift findet grundsätzlich das Recht des Staates Anwendung, in dem der Arbeitnehmer in Erfüllung des Vertrags gewöhnlich seine Arbeit verrichtet.
[37] bb) Die Anwendung eines anderen Rechts ist nicht wegen einer engeren Verbindung zu einem anderen Staat geboten, Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO.
[38] (1) Ergibt sich aus der Gesamtheit der Umstände, dass der Vertrag eine engere Verbindung zu einem anderen als dem in Art. 8 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO bezeichneten Staat aufweist, ist gemäß Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Für die „Gesamtheit der Umstände“ müssen die Anknüpfungsmomente gewichtet werden. Sollen die Einzelumstände auf engere Verbindungen zu einem anderen Staat verweisen, müssen sie insgesamt das Gewicht der einschlägigen Regelanknüpfung deutlich übersteigen (vgl. BAG 26. April 2022 -
[39] (2) Die Bewertung obliegt in erster Linie den Tatsacheninstanzen. Sie müssen alle Gesichtspunkte berücksichtigen, die das Arbeitsverhältnis kennzeichnen und würdigen, welche ihrer Auffassung nach „am maßgeblichsten“ sind (BAG 26. April 2022 -
[40] (3) Das Landesarbeitsgericht, das für die Patronatsvereinbarung vom Vorliegen eines Verbrauchervertrags iSv. Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO ausgegangen ist (vgl. hierzu aber EuGH 20. Oktober 2022 - C-604/20 - [ROI Land Investments] Rn. 58), hat sich folgerichtig mit Art. 8 Abs. 4 Rom I-VO nicht auseinandergesetzt. Dem Senat ist eine eigene Rechtsanwendung möglich, weil für die Patronatsvereinbarung alle relevanten Tatsachen festgestellt sind. Mit dem Sitz der Beklagten weist nur ein untergeordneter Umstand auf Kanada. Für die Vertragsabwicklung und die Tätigkeit des Klägers spielt ihr Sitz nämlich keine entscheidende Rolle, so dass es bei der Regelanknüpfung verbleibt. Auf den Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der ROI Swiss kommt es für die Prüfung nicht an. Auch wenn auf diesen Vertrag nach der dort getroffenen Rechtswahl Schweizer Recht Anwendung finden sollte, ist die Patronatsvereinbarung, obwohl sie auf die Verträge zwischen dem Kläger und der ROI Swiss bezogen ist, ein eigenständiges Rechtsgeschäft. Sicherungsverträge wie Patronatserklärungen und sogar Bürgschaften, denen eine Akzessorietät stets innewohnt, folgen grundsätzlich ihrem eigenen Recht und nicht notwendig dem der Hauptschuld (BeckOGK/Köhler Stand 1. März 2023 Rom I-VO Art. 4 Rn. 512 ff.; Staudinger/Magnus [2021] Art. 4 Rom I-VO Rn. 408 ff., 413; MüKoBGB/Martiny 8. Aufl. Rom I-VO Art. 4 Rn. 230 zur Bürgschaft).
[41] 2. ... [54] 3. ... [57] 4. ... [63] 5. ... [64] 6. ... [67] ...II. Auch hinsichtlich des Antrags zu 2. (nebst der mit dem Antrag zu 6. geltend gemachten Zinsen), mit dem der Kläger auf Grundlage der Patronatsvereinbarung von der Beklagten „ausstehendes Gehalt“ iHv. ... US-Dollar verlangt, kann der Senat nicht endentscheiden.
[68] 1. ... [69] 2. ... [70] 3. ... [71] III. Auch hinsichtlich der Klageanträge zu 3. (Annahmeverzugslohn vom 1. September 2016 bis zum 31. Juli 2017) und zu 7. (Annahmeverzugslohn vom 1. August 2017 bis zum 30. November 2017) ist die Revision im Sinne der Zurückverweisung begründet. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen die stattgebende Entscheidung nicht. Dies führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
[72] 1. Der Kläger kann die Beklagte aufgrund der Patronatsvereinbarung, auf die deutsches Recht Anwendung findet, unmittelbar auf die streitgegenständliche Vergütung wegen Annahmeverzugs in Anspruch nehmen (vgl. Rn. 35 ff.).
[73] 2. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht von der Anwendbarkeit des Schweizer Obligationenrechts (OR) auf die Ansprüche des Klägers gegen die ROI Swiss auf Annahmeverzugsvergütung aus dem mit ihr bestehenden Arbeitsverhältnis ausgegangen.
[74] a) Auf die Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag vom 1. April 2016 ist gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO iVm. Nr. 12.1 des Arbeitsvertrags grundsätzlich Schweizer Obligationenrecht anzuwenden. Darin ist eine wirksame Rechtswahl iSv. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO getroffen. Die Wahl des Schweizer Rechts war nicht gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO ausgeschlossen.
[75] b) Nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO darf die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das ohne die Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf. Vorliegend darf also dem Kläger durch die Anwendung des Schweizer Rechts nicht der Schutz zwingender Bestimmungen des deutschen Rechts entzogen werden. Dies ist mit Bezug auf die Regelungen zum Annahmeverzug nicht der Fall. § 615 BGB ist keine Vorschrift des zwingenden Rechts (Staudinger/Fischinger [2022] § 615 Rn. 10). Ebenso sind die Vorschriften über den Gläubigerverzug (§§ 293 ff. BGB) - auch im Arbeitsverhältnis - dispositiv und können daher durch Parteivereinbarung modifiziert werden (BeckOGK/Dötterl Stand 1. Oktober 2022 BGB § 293 Rn. 51; MüKoBGB/Ernst 9. Aufl. § 293 Rn. 28).
[76] 3. Das Landesarbeitsgericht hat ausgehend hiervon den Anspruch des Klägers auf Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs nicht abschließend unter Berücksichtigung aller Tatbestandsvoraussetzungen des Schweizer Obligationenrechts geprüft.
[77] a) ... [78] b) ... [79] IV. Hinsichtlich des Antrags zu 5., mit dem der Kläger Aufwendungsersatz für eine von ihm aufgrund des Rechtsverhältnisses mit der ROI Swiss veranlasste Registereintragung verlangt, kann eine abschließende Entscheidung ergehen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Antrag nach dem anzuwendenden Schweizer Recht begründet ist. Der Kläger hat nach Art. 327a Schweizer Obligationenrecht einen Anspruch auf den Ersatz seiner Auslagen iHv. ... Euro, die er für die Löschung seiner Eintragung als Direktor der ROI Swiss im Handelsregister aufwenden musste. Insoweit ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
[80] C. ...