Bietet ein im Ausland ansässiges Glücksspielunternehmen über eine Website virtuelle Glücksspiele an, so kann gem. Art. 17, 18 EuGVVO die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts gegeben sein, wenn der Teilnehmer ein in Deutschland wohnender Verbraucher ist. In diesem Fall findet gem. Art. 6 Rom I‑VO deutsches Recht Anwendung. [LS der Redaktion]
Die Beklagte, die ihren Sitz in Malta hat, bot unter der Domain „...“ Online-Poker sowie Sportwetten in deutscher Sprache an. In dem hier streitgegenständlichen Zeitraum von Juli 2017 bis März 2023 verfügte die Beklagte lediglich über eine maltesische Lizenz zum Angebot von Online-Glücksspiel und Sportwetten, jedoch nicht über eine deutsche Glücksspiellizenz gemäß dem Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) 2012 bzw. 2021. Das Angebot auf ... ist mittlerweile in Deutschland eingestellt. Der Kläger, der seinen Wohnsitz im Bezirk des Landgerichts hat, registrierte sich 2011 bei der Beklagten mit dem Benutzernamen „...“. Die Beklagte richtete dem Kläger sodann ein Spielerkonto ein, über das er seine Spieleinsätze tätigen konnte. Dieser nahm in der Folgezeit vorrangig an Online-Poker, jedoch auch an Online-Sportwetten teil.
Der Kläger beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an ihn ... EUR nebst Zinsen zu zahlen.
[1]Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
[2]I. Das Landgericht Kassel ist für den Rechtsstreit international und örtlich zuständig, Art. 18, 17 Abs. 1 lit. c) EuGVVO. Danach kann die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner vor dem Gericht des Ortes erhoben werden, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, wenn der Vertragspartner in diesem Mitgliedstaat eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Weg auf diesen Mitgliedstaat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Dies ist hier der Fall. Die Beklagte hat ihre gewerbliche Tätigkeit, nämlich die Veranstaltung von Online-Glücksspielen, auf Deutschland ausgerichtet, indem sie mit einer deutschsprachigen Internetdomain (... und auf Deutsch abgefassten Geschäftsbedingungen die Veranstaltung von Glücksspielen in Deutschland angeboten hat. An der Verbrauchereigenschaft des Klägers besteht kein Zweifel. Die verfolgten deliktischen Ansprüche unterfallen ebenfalls dem o.g. Verbrauchergerichtsstand, weil dieser nicht-vertragliche Anspruchsgrundlagen miterfasst, soweit sich die Klage allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine so enge Verbindung zu diesem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 05.10.2010 –
[3]II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung bzw. Ersatz des Differenzbetrages zwischen den von ihm vorgenommenen Einzahlungen und den erhaltenen Auszahlungen in Höhe von insgesamt ... EUR aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, § 823 Abs. 2 i.V.m. § 4 GlüStV oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 284 StGB.
[4]1. Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 ROM I-VO. Danach ist bei Verträgen mit Verbrauchern – wie hier – das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Auch für Bereicherungsansprüche, die auf die Nichtigkeit eines Vertrags gestützt werden, wie hier der Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB, ist gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. e) Rom I-VO das Vertragsstatut maßgeblich. Über die Nichtigkeit des Vertrags entscheidet gem. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO ebenfalls das Vertragsstatut.
[5]Schließlich ist ebenso deutsches Deliktsrecht anwendbar. Gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Der Schaden ist vorliegend bei dem Kläger und damit in Deutschland eingetreten. Etwas Anderes folgt auch nicht aus Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO, da aufgrund des zugrundeliegenden Vertrages eine enge Verbindung zu Deutschland besteht.
[6]2. ...
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