Hat das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so sind gem. Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO die deutschen Gerichte international zuständig. In diesen Fällen ist nach Art. 5, 15 KSÜ regelmäßig deutsches Recht anzuwenden. [LS der Redaktion]
X.s Mutter ist deutsche Staatsangehörige. Sie ist seit vielen Jahren drogenabhängig. Seit 2011 ist ihr Lebensgefährte Herr S., der ebenfalls drogenabhängig ist. Die Mutter stand ab 2019 unter rechtlicher Betreuung für einige Aufgabenkreise, die Betreuung wurde im Januar 2024 wegen fehlenden Kontakts zur Mutter aufgehoben. Die Wohnorte der Mutter mit Herrn S. haben in der Vergangenheit und bis heute mehrfach im Jahr gewechselt, teilweise lebten beide in einem Obdachlosenheim. Außer X. hat die Mutter noch vier weitere, jüngere Kinder: M. (*2016), N. (*2018), C. (*2020) und L. (*2022). Alle Kinder sind zwischenzeitlich fremduntergebracht, nur M. und X. leben in derselben Einrichtung. Auch M. und N. haben (jeweils andere) vietnamesische Väter, die ihre rechtliche Vaterschaft durch Anerkennung erlangt haben. Der rechtliche Vater ist vietnamesischer Staatsangehöriger und kam 2014 oder 2015 nach Berlin. Der Vater hat ab 2016 in verschiedenen asiatischen Restaurants in Berlin gearbeitet, zunächst in Berlin, Anfang 2022 auch in Leverkusen und seit April 2023 in Mainz.
Gegenüber dem Jugendamt hat die Mutter am 12.4.2022 anlässlich des Gesprächs über den Umgangsantrag des Vaters erstmals erklärt, dass sie und Herr S. im Rahmen ihrer Drogensucht in Kontakt mit einer vietnamesischen „Zigarettenmafia“ gekommen seien. Aus diesem Kreis sei Herrn S. Geld für eine Scheinheirat angeboten worden. Herr S. sei daraufhin eine Scheinehe mit einer vietnamesischen Frau eingegangen und habe hierfür 10.000 EUR erhalten. Da die Mutter mit X. schwanger gewesen sei, seien auch ihr 8.000 EUR für eine Scheinvaterschaft angeboten worden. Bei N. und M. sei es ebenso gewesen, für diese habe sie jeweils 10.000 EUR bekommen. Herr S. sei wegen der Scheinehe strafrechtlich zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Vater aller ihrer Kinder sei Herr S. Bei seiner gerichtlichen Anhörung am 9.6.2022 hat der Vater erklärt, seine Heimatleute hätten ihm gesagt, er solle die Vaterschaftsanerkennung bei einem Notar machen.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 25.03.2022 hat der Vater die gerichtliche Regelung seines Umgangs mit X. geltend gemacht, woraufhin das vorliegende Verfahren eingeleitet worden ist. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 19.07.2023 den Umgang des Vaters mit X. für die Dauer von vier Jahren ausgeschlossen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Vater mit seiner frist- und formgerecht eingelegten Beschwerde, mit der er weiterhin die Anordnung eines begleiten Umgangs mit dem Kind begehrt.
[1]II.
[2]Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde des rechtlichen Vaters ist unbegründet.
[3]Das Amtsgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Umgang des rechtlichen Vaters mit X. bis August 2027 auszuschließen ist.
[4]Die deutschen Gerichte sind gemäß Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (Brüssel IIa-Verordnung) international zuständig, weil das Kind zum Zeitpunkt der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte. Die Brüssel IIa-Verordnung ist vorliegend grundsätzlich noch anwendbar, weil das Verfahren vor dem 1. August 2022 eingeleitet worden ist, Art. 100 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 2019/1111 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (Brüssel IIb-Verordnung).
[5]Gemäß Art. 5, 15 des Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 (KSÜ) richtet sich die Entscheidung nach deutschem Recht, weil das Kind auch im maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat.
[6]1. ...