Der Anwendungsbereich der EuGVVO ist bereits dann eröffnet, wenn die Gerichte eines Mitgliedsstaates angerufen werden, irrelevant ist, ob der Kläger seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat hat.
Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft sind keine Arbeitnehmer i.S.d. Art. 20 ff. EuGVVO, sodass bei Streitigkeiten um die Wirksamkeit eines Abberufungsbeschlusses eines Vorstandsmitgliedes die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte sich nach Art. 24 Nr. 2 EuGVVO bestimmt. [LS der Redaktion]
Die Parteien streiten um Feststellung der Unwirksamkeit eines Beschlusses zur Abberufung des Klägers mit Wohnsitz in den USA als Vorstandsmitglied der Beklagten, um Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung des Vorstandsdienstvertrages des Klägers und um Zahlung von Annahmeverzugslohn.
[1]B.
[2]Die Berufung der Beklagten hat nur in Höhe von ... € mit dem erstmals in der Berufung erhobenen Einwand Erfolg, sie habe ... € im April 2021 an die Versorgungskasse abgeführt. Zu berücksichtigen war darüber hinaus der durch den Kläger auf Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufs der Organstellung angepasste Klageantrag. Im Einzelnen:
[3]I.
[4]Die Berufung ist form- und fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig. Zur Entscheidung des Rechtsstreits sind die deutschen Gerichte international zuständig. Die in jeder Instanz zu prüfende internationale Zuständigkeit richtet sich für die vor deutschen Gerichten erhobene Klage nach der Verordnung 1215/2012/VO (EuGVVO). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger in dem Zeitpunkt, zu dem der mit der Klage angegriffene Abberufungsbeschluss und die mit der Klage angegriffene Kündigung ergangen sind, seinen Wohnsitz in den USA und damit in einem Drittstaat hatte und seine Dienste von dort aus erbracht hat. Der Anwendungsbereich der EuGVVO ist bereits dann eröffnet, wenn die Gerichte eines Mitgliedsstaates angerufen werden (Nordmeier in Thomas/Putzo, vor Art. 1 EuGVVO Rn. 21; zur Anwendbarkeit der Verordnung bei Sitz des Beklagten in einem Mitgliedstaat und Sitz des Klägers in einem Drittstaat EUGH, Urteil v. 16.06.2016, Rs. C-511/14, juris Rn. 20).
[5]Die deutschen Gerichte sind daher für die auf Feststellung der Unwirksamkeit des Abberufungsbeschlusses gerichtete Klage nach Art. 24 Nr. 2 EuGVVO und für die weiteren Klageanträge nach Art. 4, 63 EuGVVO international zuständig. Die Beklagte ist eine nach deutschem Recht gegründete Kapitalgesellschaft mit Satzungs- und Verwaltungssitz in Deutschland. Die Art. 20 bis 23 der EuGVVO sind nicht anwendbar, da es sich bei Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft wegen der ihnen zustehenden Leitungsautonomie auch unter Berücksichtigung der vom EuGH zur Abgrenzung herangezogenen Kriterien (EuGH, Urteil vom 10.09.2015, Rs. C-47/14, juris Rn. 49) nicht um Arbeitnehmer handelt (BeckOGKAktG/Fleischer, § 84 Rn. 27; Thole in Stein/Jonas, 23. Aufl. 2022, EuGVVO Art. 20 Rn. 15. In der Sache ebenso, aber ohne Bezug zur EuGVVO, BGH, Urt. 11.07.1953 - II ZR 126/52, NJW 1953, 1465).
[6]II. ...