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Verfahrensgang

OLG Karlsruhe, Beschl. vom 20.11.2024 – 16 UFH 2/24, IPRspr 2024-244

Rechtsgebiete

Zuständigkeit → Zuständigkeit in Ehe- und Kindschaftssachen
Kindschaftsrecht → Sorgerecht, Vormundschaft
Allgemeine Lehren → Gewöhnlicher Aufenthalt

Leitsatz

Ist das Kind deutscher Staatsangehöriger und hat es seinen (gewöhnlichen) Aufenthalt im Ausland, so kann sich außerhalb des Anwendungsbereichs völkerrechtlicher Vereinbarungen und der Art. 7 ff. Brüssel IIb-VO die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus § 99 Abs. 1 Nr. 1 FamFG i.V.m. Art. 14 Brüssel IIb-VO ergeben.

Ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden im Sinne von § 49 Abs. 1 FamFG liegt vor, wenn ein Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht ohne Eintritt erheblicher Nachteile möglich wäre, das heißt die zu schützenden Interessen nicht gewahrt würden. Entscheidend ist eine Gefährdung der zu schützenden Interessen. Bei einem Verfahren auf Übertragung der elterlichen Sorge im Verfahren der einstweiligen Anordnung ist das Kindeswohl das maßgebliche Kriterium.

Bei einer eigenmächtigen Veränderung des Aufenthaltsorts des Kindes durch einen Elternteil ins Ausland (hier: Indien) kann sich ein dringendes Regelungsbedürfnis i.S.d. § 49 Abs. 1 FamFG aus der Zielsetzung ergeben, den unrechtmäßigen Zustand zu beenden, bevor eine Verfestigung der Lebensverhältnisse des Kindes eintritt, die dann eine Rückkehr zu den vorherigen Verhältnissen erschwert oder gar unmöglich macht. Die Unmöglichkeit bzw. Erschwerung der Rückkehr zu diesen Verhältnissen ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Umzug eines dreijährigen Kindes beinahe ein Jahr zurückliegt.

Der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes ist nicht automatisch von demjenigen seiner Eltern abzuleiten, sondern eigenständig zu bestimmen, auch wenn Kinder in der Regel den gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils teilen werden. Ein Kind hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei dem Elternteil, in dessen Obhut es sich befindet. Dagegen ist der gewöhnliche Aufenthalt nicht davon abhängig, ob beide sorgeberechtigten Eltern dem Aufenthaltswechsel zugestimmt haben. Auch eine Kindesentführung im Sinne des HKÜ steht der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts nach den allgemeinen Kriterien nicht entgegen. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

EuEheVO 2019/1111 Art. 7 ff.; EuEheVO 2019/1111 Art. 9; EuEheVO 2019/1111 Art. 11; EuEheVO 2019/1111 Art. 14
FamFG § 49; FamFG §§ 49 ff.; FamFG § 50; FamFG § 97; FamFG § 99

Sachverhalt

Die Beteiligten sind die verheirateten, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern des Kindes L. H. L., geb. am ... Sie leben getrennt. Die Antragsgegnerin ist gemeinsam mit L. im Januar 2023 aus der Ehewohnung ausgezogen und in eine eigene Wohnung in W. umgezogen. Ebenfalls im Einverständnis mit dem Antragsteller reiste die Antragsgegnerin am 17.12.2023 mit L. nach I.; zwischen den Beteiligten abgesprochen war ein zweiwöchiger Aufenthalt bis zum 31.12.2023. Am 29.12.2023 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie derzeit nicht nach Deutschland zurück reisen werde. Seitdem halten sich Mutter und Tochter in I. auf. Die Familien beider Eltern leben in I. Die Mutter ist indische Staatsangehörige, der Vater und das betroffene Kind sind deutsche Staatsangehörige.

Der Antragsteller beantragte zunächst beim Amtsgericht - Familiengericht - W., ihm im Wege der einstweiligen Anordnung das alleinige Sorgerecht für L. zu übertragen (Az. 3 F 7/24). Diesen Antrag hat das Amtsgericht W. nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 15.03.2024 zurückgewiesen. Er beantragte sodann im Hauptsacheverfahren (3 F 86/24), festzustellen, dass die Antragsgegnerin das gemeinsame Kind der Beteiligten ohne Zustimmung des Antragstellers, ins Ausland verbracht hat und dadurch das Sorgerecht des Antragstellers verletzt hat, festzustellen, dass die Antragsgegnerin eine Entscheidung über eine dauerhafte Ausreise mit dem minderjährigen Kind nur mit Zustimmung des Antragstellers treffen kann und dem Antragsteller die elterliche Sorge für das minderjährige Kind zur Alleinausübung zu übertragen. Diese Anträge hat das Amtsgericht W. mit Beschluss vom 05.09.2024 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde im Verfahren 16 UF 155/24.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II.

[2]Der von dem Antragsteller gestellte Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge im Wege der einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber nicht begründet.

[3]1. a) ...b) Der Antrag ist zulässig, insbesondere besteht eine Zuständigkeit des Senats zur Entscheidung.

[4]aa) Die internationale Zuständigkeit ergibt sich aus § 99 Abs. 1 Nr. 1 FamFG. Das gemeinsame Kind der miteinander verheirateten Eltern besitzt unstreitig die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Regelung des § 99 FamFG nach § 97 Abs. 1 FamFG vorgehende völkerrechtliche Vereinbarungen bestehen im vorliegenden Fall nicht. I. ist weder Vertragsstaat des Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19.10.1996 (KSÜ) noch des Übereinkommens über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 05.10.1961 (MSA).

[5]Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich mangels eines (gewöhnlichen) Aufenthalts des Kindes in Deutschland (hierzu unten unter 2.b) weder aus Art. 7 Abs. 1 noch aus Art. 11 der Verordnung (EU) 2019/1111 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (Brüssel-​IIb-​Verordnung). Da I. nicht der Europäischen Union angehört, fehlt es auch an einem von Artikel 9 ungeschrieben vorausgesetzten „Mitgliedstaat“, in den das Kind aus Deutschland verbracht wurde (EuGH Urteil vom 24.03.2021 – C-​603/20 PPU, BeckRS 2021, 5171 Rn. 63, 64, beck-​online; MüKoBGB/Heiderhoff, 9. Aufl. 2024, Brüssel IIb-​VO Art. 9 Rn. 5). Über die in Art. 14 Brüssel-​IIb-​VO geregelte „Restzuständigkeit“ bestimmt sich die Zuständigkeit deutscher Gerichte daher nach dem deutschen Recht und somit nach § 99 FamFG. Dass das Kind keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, ist für die Anwendbarkeit des § 99 FamFG unerheblich. Denn die Regelungen in Nr. 1 und 2 des § 99 Abs. 1 FamFG stehen in einem fakultativen Verhältnis.

[6]bb) ... cc) ... 2.

[7]Die Voraussetzungen für eine sorgerechtliche Maßnahme im Wege der einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

[8]a) Die §§ 49 ff. FamFG enthalten allgemeine Regelungen über einstweilige Anordnungen. Sie gelten für einstweilige Anordnungen aller Art, soweit das FamFG keine Sonderregelungen enthält (Dürbeck in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl. 2023, § 49 Einstweilige Anordnung, Rn. 1). Sie gelten damit auch für Anordnungen, die in zweiter Instanz durch das Beschwerdegericht nach § 50 Abs. 1 Satz 2 FamFG erlassen werden.

[9]Nach § 49 Abs. 1 FamFG kann im Wege der einstweiligen Anordnung eine vorläufige Maßnahme erlassen werden, soweit dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt ist und ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht. Es bedarf damit sowohl eines Anordnungsgrundes im Sinne der besonderen Dringlichkeit (hierzu unter b) als auch eines materiell-​rechtlichen Anordnungsanspruchs (hierzu unter c).

[10]b) Die vom Antragsteller vorgetragenen Schwierigkeiten rechtfertigen nicht die Annahme eines dringenden Regelungsbedürfnisses.

[11]Ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden im Sinne von § 49 Abs. 1 FamFG liegt vor, wenn ein Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache nicht ohne Eintritt erheblicher Nachteile möglich wäre, das heißt die zu schützenden Interessen nicht gewahrt würden (vgl. Musielak/Borth/ Frank/Borth, 7. Aufl. 2022, FamFG § 49 Rn. 3). Nicht ausreichend ist, dass die gerichtliche Entscheidung dem erstrebten Ziel am besten entsprechen würde. Erforderlich ist vielmehr eine Gefährdung der zu schützenden Interessen. Bei einem Verfahren auf Übertragung der elterlichen Sorge im Verfahren der einstweiligen Anordnung ist auch für die Frage der Dringlichkeit das Kindeswohl das maßgebliche Kriterium (OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.09.2010 - 11 WF 972/10).

[12]aa) Bei einer eigenmächtigen Veränderung des Aufenthaltsorts des Kindes durch einen Elternteil, gerade wenn diese mit einem Umzug ins Ausland verbunden ist, kann sich ein dringendes Regelungsbedürfnis aus der Zielsetzung ergeben, den unrechtmäßigen Zustand zu beenden, bevor eine Verfestigung der Lebensverhältnisse des Kindes eintritt, die dann eine Rückkehr zu den vorherigen Verhältnissen erschwert oder gar unmöglich macht. So liegt der Fall jedoch hier nicht, jedenfalls nicht mehr zum jetzigen Zeitpunkt. Der Umzug der Antragsgegnerin mit L. liegt fast ein Jahr zurück; L. hat damit einen erheblichen Anteil ihres noch nicht dreijährigen Lebens mit der Mutter in I. verbracht. Eine schnelle Umkehr der von der Mutter eigenmächtig hergestellten Verhältnisse ist heute nicht mehr möglich, so dass sich auch ein dringendes Regelungsbedürfnis aus diesem Umstand nicht mehr herleiten lässt.

[13]bb) Der Antragsteller meint, ein Bedürfnis nach einer sofortigen Sorgerechtsübertragung durch ein deutsches Gericht bestünde deswegen, weil rechtliche Möglichkeiten im Aufenthaltsstaat des Kindes, I., davon abhingen. Er könne ein Sorgerechtsverfahren dort nicht einleiten, denn es sei „das Gericht zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich die Minderjährige ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe, d.h. das Amtsgericht W., Familiengericht, und nicht irgendein indisches Gericht, da L. L. keine indische Staatsangehörige ist“ (Stellungnahme der indischen Anwältin des Antragstellers vom 04.10.2024). Der Antragsteller habe daher in I. nur verfassungsrechtliche Rechtsmittel ergreifen können. Eine Rückkehr werde durch den Obersten Gerichtshof von I. nur dann angeordnet, wenn das deutsche Gericht seinerseits die Rückkehr des Kindes nach Deutschland anordne. Im Beschwerdeschriftsatz des Verfahrens 16 UF 155/24 vom 13.09.2024 gibt der Antragsteller an, das Verfassungsgericht wolle zeitnah über den verfassungsrechtlichen Herausgabeantrag entscheiden und habe den Antragsteller ausdrücklich angewiesen, einen Beschluss eines deutschen Gerichts über die Widerrechtlichkeit vorzulegen. In der Stellungnahme seiner indischen Anwältin vom 04.10.2024 wird angeführt, dass der Antragsteller „gegen den Entlassungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs von K. in B. innerhalb von 90 Tagen nach dem Beschluss Berufung beim Obersten Gerichtshof von I. einlegen“ müsse.

[14]Diese Darstellungen lassen einen Schluss auf eine verfahrene rechtliche Situation in I., die der Antragsteller nur noch durch sofortige Zuhilfenahme eines deutschen Gerichts lösen kann, nicht zu. Soweit der Antragsteller vorträgt, es sei eine gerichtliche Entscheidung ergangen, die er nun mithilfe eines Rechtsmittels angreifen müsse, so bleibt es unverständlich, dass der Antragsteller diese Entscheidung nicht vorlegt, sondern stattdessen nur auf das Zeugnis seiner Rechtsanwältin verweist. Eine „ausdrückliche Anweisung“ durch das Verfassungsgericht ist so nicht hinreichend glaubhaft gemacht.

[15]Soweit der Antragsteller weiter vorträgt, familienrechtliche Rechtsbehelfe seien mangels Zuständigkeit der indischen Gerichte nicht gegeben, fehlt auch dieser Darstellung eine ausreichende Plausibilität. Der Antragsteller lässt hier in einem Atemzug auf die - unbestritten deutsche - Staatsangehörigkeit des betroffenen Kindes verweisen, gleichzeitig auch auf dessen gewöhnlichen Aufenthalt. Dass ein gewöhnlicher Aufenthalt zwischenzeitlich in I. nicht begründet worden sein soll, jedenfalls nicht nach indischem Rechtsverständnis, ist nicht dargetan.

[16]Zumindest nach deutschem Rechtsverständnis liegt auch der gewöhnliche Aufenthalt des betroffenen Kindes inzwischen in I. Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person ist dort, wo der Schwerpunkt ihrer Bindungen und damit ihr Daseinsmittelpunkt besteht. Der gewöhnliche Aufenthalt an einem Ort wird mit der Auflösung der Wohnung am bisherigen Ort begründet oder wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Aufenthalt an dem neuen Ort auf eine längere Zeit angelegt ist und dieser anstelle des bisherigen der Lebensmittelpunkt sein soll. Es ist weder ein Ablauf einer gewissen Zeit des Verbleibens am neuen Ort noch ein rechtsgeschäftlicher Begründungswille erforderlich („faktischer Wohnsitz“). Der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes ist nicht automatisch von demjenigen seiner Eltern abzuleiten, sondern eigenständig zu bestimmen, auch wenn Kinder in der Regel den gewöhnlichen Aufenthalt eines Elternteils teilen werden. Ein Kind hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt bei dem Elternteil, in dessen Obhut es sich befindet (Sternal/Sternal, 21. Aufl. 2023, FamFG § 3 Rn. 9). Dagegen ist der gewöhnliche Aufenthalt nicht davon abhängig, ob beide sorgeberechtigten Eltern dem Aufenthaltswechsel zugestimmt haben. Auch eine Kindesentführung im Sinne des HKÜ steht der Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts nach den allgemeinen Kriterien nicht entgegen (EuGH Urteil vom 24.03.2021 - C-​603/20 PPU, BeckRS 2021, 5171 Rn. 63, 64, beck-​online; MüKoBGB/Heiderhoff, 9. Aufl. 2024, Brüssel IIb-​VO Art. 9 Rn. 5 und Art. 7 Rn. 31).

[17]Vorliegend hält sich L. bereits seit fast einem Jahr mit der Mutter in I. auf. Die Eltern waren sich bereits davor einig, dass der Lebensmittelpunkt im Haushalt der Mutter liegt; diese ist die Hauptbetreuungsperson. Soweit ersichtlich, hat die Mutter nicht nur einen Urlaubsaufenthalt in I. eigenmächtig um einige Zeit verlängert, sondern beabsichtigt offenbar, dort dauerhaft zu bleiben. Damit ist der dortige Aufenthalt zum Lebensmittelpunkt für Mutter und Tochter geworden. Es ist davon auszugehen, dass die wesentlichen Bindungen des Kindes nun dort liegen; dies ist allem voraus die Beziehung zur betreuenden Mutter, aber auch zu sonstigen Familienangehörigen vor Ort. Dagegen kann die frühere Einbindung am Wohnort in W., insbesondere der Besuch einer Kindertagesstätte und die Kontakte zum Vater, die Aufrechterhaltung dieses früheren Lebensmittelpunktes als gewöhnlichen Aufenthalt zum heutigen Zeitpunkt nicht mehr rechtfertigen.

[18]Vor dem rechtlichen Gesichtspunkt des gewöhnlichen Aufenthalts erscheint daher die behauptete generelle Unzuständigkeit der indischen Gerichte als unplausibel. Allein das Zeugnis der den Antragsteller vertretenden Rechtsanwältin ist hier als Glaubhaftmachung nicht genügend.

[19]Hinzu kommt, dass das indische Recht für die Frage der Zuständigkeit möglicherweise nicht auf den gewöhnlichen Aufenthalt, sondern auf das „domicile“ nach angelsächsischem Vorbild abstellt, jedenfalls aber nicht auf die Staatsangehörigkeit. Soweit im Rahmen des vorliegenden Verfahrens Recherchen über das indische Recht möglich waren, ergibt sich daraus: Sorgerechtsangelegenheiten, welche die Person des Minderjährigen betreffen, sind vor indische Gerichte zu bringen, wenn sich der Minderjährige dort aufhält oder dort domiziliert ist. Mit der Geburt wird zunächst ein Ursprungsdomizil erworben, maßgeblich ist also insbesondere das Domizil der Eltern und gegebenenfalls sonstigen nächsten Verwandten. Ohne Bedeutung ist hingegen, wo das Kind geboren wurde und ob es im Geltungsbereich seines Domizils jemals gelebt hat. Bei ehelichen Kindern ist das Domizil des Vaters maßgeblich (Nelle in Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht von Dieter Henrich, Anatol Dutta, Hans-​Georg Ebert [ehem. Alexander Bergmann, Murad Ferid, Dieter Henrich], Länderbericht Indien, Stand: 01.10.2022). Aus den Schriftsätzen des Antragstellers im indischen (außergerichtlichen) Scheidungsverfahren wird deutlich, dass der Antragsteller für sich selbst weiterhin von einem Domizil in I. ausgeht, auch wenn - nach hiesigem Verständnis - sein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland liegt. Damit läge aber auch das Ursprungsdomizil der Tochter der Beteiligten in I., unabhängig von der Staatsangehörigkeit ...

[20]Insgesamt ist daher kein Anhaltspunkt ersichtlich, der ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden im Sinne von § 49 Abs. 1 FamFG ohne Zuwarten bis zur Entscheidung in der Hauptsache begründen könnte.

[21]c) ...



Fundstellen

Volltext

Link, Landesrecht Baden-Württemberg

LS und Gründe

FamRZ, 2025, 598
FF, 2025, 119

Bericht

Erb-Klünemann, NZFam, 2025, 620

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2024-244

Lizenz

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