Wenn das Ehescheidungsverfahren vor einem inländischen Gericht geführt wurde, besteht für eine Güterrechtssache eine internationale (Annex-) Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 5 Abs. 1 EuGüVO. Dabei müssen Güterrechts- und Ehesache nicht im gleichen Verfahren betrieben werden, sondern die Zuständigkeit nach Art. 5 Abs. 1 EuGüVO ist auch dann gegeben, wenn die Güterrechtssache in einem gesonderten Verfahren, unabhängig von der Ehesache, anhängig gemacht wird.
Nach Art. 69 EuGüVO ist getrennt zu prüfen, ob die EuGüVO in Bezug auf die internationale Zuständigkeit anwendbar ist (Art. 69 Abs. 1 EuGüVO) sowie - in einem zweiten Schritt -, ob sie auch hinsichtlich des anwendbaren Rechts gilt (Art. 69 Abs. 3 EuGüVO). [LS von der Redaktion neu gefasst]
Die beiden Beteiligten – die Antragstellerin ist thailändische Staatsangehörige, der Antragsgegner besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit – sind geschiedene Ehegatten. Die Ehe wurde mit dem am 7. Juli 2021 verkündeten Beschluss des Familiengerichts geschieden (Amtsgericht Pankow 23 F 4508/20). Ein Versorgungsausgleich fand nicht statt. Der Scheidungsbeschluss ist seit dem 14. August 2021 rechtskräftig.
Den von der Antragstellerin gegen den Antragsgegner geltend gemachten Anspruch auf güterrechtliche Auskunft und Belegvorlage zum Tag der Eheschließung am 28. Mai 2010, zum Trennungstag am 16. Januar 2020 sowie zum 8. Oktober 2020, dem Tag der Zustellung des Scheidungsantrages im Verfahren Amtsgericht Pankow 23 F 4508/20, hat das Familiengericht mit Teilbeschluss vom 22. September 2021 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin, die in zweiter Instanz ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.
[1]II.
[2]Der Antrag der Antragstellerin, ihr für die Rechtsverfolgung in zweiter Instanz gemäß ihrem Beschwerdeantrag vom 17. März 2022 Verfahrenskostenhilfe zu gewähren, bleibt ohne Erfolg und ist deshalb zurückzuweisen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 119 Abs. 1 Satz 1, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO):
[3]1. Das ergibt sich allerdings noch nicht auf der Zulässigkeitsstufe, weil das Rechtsmittel der Antragstellerin zulässig ist:
[4]a) Die Antragstellerin hat ihre Beschwerde fristgerecht angebracht und ordnungsgemäß begründet (§§ 58 Abs. 1, 63, 64, 113 Abs. 1, 117 FamFG).
[5]b) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die aufgrund der thailändischen Staatsangehörigkeit der Antragstellerin fraglich sein könnte und die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. nur KG, Beschluss vom 26. Juli 2018 –
[6]2. In der Sache selbst bietet die von der Antragstellerin angebrachte Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg, so dass ihr für die Rechtsverfolgung keine Verfahrenskostenhilfe gewährt werden kann:
[7]a) Zwar liegt aufgrund der thailändischen Staatsangehörigkeit der Antragstellerin ein Fall mit Auslandsberührung vor (Art. 3 EGBGB). Gleichwohl hat das Familiengericht im Ergebnis zu Recht deutsches (Sach-) Recht angewandt. Das ergibt sich zwar noch nicht aus Artt. 22 Abs. 1, 26 Abs. 1 EuGüVO, weil die kollisionsrechtlichen Bestimmungen nach dem dritten Kapitel der Europäischen Güterrechts-VO (= Artt. 20ff. EuGüVO) nur für Ehegatten gelten, die am 29. Januar 2019 oder danach die Ehe eingegangen sind, die Beteiligten hier jedoch bereits am 28. Mai 2010 geheiratet haben (vgl. nur Winter, Internationales Familienrecht bei Fällen mit Auslandsbezug [1. Aufl. 2023], Rn. 1023). Vielmehr verbleibt es vorliegend gemäß Art. 229 § 47 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB bei den bis zum 28. Januar 2019 geltenden, autonomen kollisionsrechtlichen Bestimmungen nach Artt. 14, 15, 4 Abs. 2 EGBGB a.F. (vgl. Winter, Internationales Familienrecht bei Fällen mit Auslandsbezug [1. Aufl. 2023], Rn. 1031, 1039ff.). Die danach für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe zulässige Wahl des (Sach-) Rechts des Staates, dem ein Ehegatte angehört (Art. 15 Abs. 2 Nr. 1, 4 Abs. 2 EGBGB a.F.), haben die Beteiligten getroffen: Im notariell beurkundeten Ehevertrag vom 27. Mai 2010 haben sie unter Ziff. II.1, 2. Absatz die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe ausdrücklich dem deutschen Recht unterstellt. Die Rechtswahl ist, wie sich aus Artt. 15 Abs. 3, 14 Abs. 4 EGBGB a.F. ergibt, formgültig, weil sie in einem notariell beurkundeten Ehevertrag getroffen wurde (§ 1410 BGB). Die Rechtswahl gilt, obwohl die Antragstellerin mit ihrem Rechtsmittel die Rechtswirksamkeit des notariell beurkundeten Ehevertrages als sittenwidrig und nichtig angreift, als wirksam getroffen: Das folgt aus Art. 31 Abs. 1 EGBGB a.F., der seinerzeit geltenden Bestimmung zur materiellen Wirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung, die inzwischen im Kerngehalt wortgleich in Art. 24 Abs. 1 EuGüVO und in Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO übernommen wurde: Danach beurteilen sich das Zustandekommen und die Wirksamkeit einer Rechtswahlvereinbarung nach dem Recht, das anzuwenden wäre, wenn der (Ehe-) Vertrag wirksam wäre. Das ist das deutsche materielle Recht und nach diesem bestehen, nachdem der Ehevertrag notariell beurkundet wurde – abgesehen von der von der Antragstellerin gerügten Sittenwidrigkeit des Inhalts der ehevertraglichen Regelungen im Übrigen –, keine Bedenken im Hinblick auf das Zustandekommen oder die Wirksamkeit der Rechtswahlvereinbarung. Die von der Antragstellerin bestrittene Gültigkeit und die Wirksamkeit des Ehevertrages ist damit am Maßstab des deutschen (Sach-) Rechts zu messen.
[8]b) ... (aa) (i) Der von den Beteiligten am 27. Mai 2010 zur Urkunde des Notars … … zu dessen UR-Nr. …/2010 abgeschlossene, notariell beurkundete Ehevertrag entspricht den gesetzlichen Anforderungen an die Form der Vereinbarung (Art. 11 Abs. 1 EGBGB, § 1410 BGB) ...