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Verfahrensgang

AG Bonn, Beschl. vom 14.04.2024 – 34 VI 136/23, IPRspr 2024-118

Rechtsgebiete

Zuständigkeit → Zuständigkeit in Erbsachen
Erbrecht → Nachlassabwicklung
Erbrecht → Gewillkürte Erbfolge

Leitsatz

Gemäß Art. 10 Abs. 2 EuErbVO sind die Gerichte des Mitgliedsstaates, in dem sich Nachlassvermögen befindet, zuständig für Entscheidungen über dieses Nachlassvermögen. Die inländische Gerichtsbarkeit ist eröffnet für die Erteilung eines auf den Nachlass im Inland beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses.

Gemäß Art. 21 EuErbVO unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Dabei ist unerheblich, ob dieser Ort ein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist.

Regelt eine letztwillige Verfügung den gesamten Nachlass und ist die Einsetzung des "Executor" nicht auf bestimmtes Nachlassvermögen beschränkt, so erstreckt sich dessen Tätigkeit auch auf das im Inland befindliche Vermögen. Die Aufgaben eines "Executor" sind denjenigen eines Testamentsvollstreckers vergleichbar, sodass das Testamentsvollstreckerzeugnis, beschränkt auf das im Inland befindliche Nachlassvermögen, zu erteilen ist. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

7/1953 WillsA (Südafrika) s. 2
EuErbVO 650/2012 Art. 10; EuErbVO 650/2012 Art. 20; EuErbVO 650/2012 Art. 21; EuErbVO 650/2012 Art. 22

Sachverhalt

Die am ##.#.#### in S K, T verstorbene Erblasserin war deutsche Staatsangehörige. Sie hatte zuletzt ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in T. Sie errichtete letztwillige Verfügungen. Unter Ziff. 2 setzte sie den Beteiligten C als "Executor" ein.

Der Beteiligte C beantragt die Erteilung eines auf den Nachlass in der Bundesrepublik Deutschland beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses des Inhaltes.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II.)

[2]Die zur Erteilung des beantragten Testamentsvollstreckerzeugnisses erforderlichen Tatsachen waren als festgestellt zu erachten.

[3]1.)

[4]Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist gegeben. Gemäß Art. 10 Abs. 2 EuErbVO. Danach sind die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in dem sich Nachlassvermögen befindet, für Entscheidungen über dieses Nachlassvermögen., sofern ansonsten kein Gericht in einem Mitgliedstaat zuständig ist nach Art. 10 Abs. 1 EuErbVO.

[5]Da sich im Inland Nachlassvermögen befindet, ist die deutsche Gerichtsbarkeit eröffnet auch für die Erteilung eines auf den Nachlass im Inland beschränkten Testamentsvollstreckerzeugnisses ...

[6]2.

[7]Der Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses ist auch begründet. Die Erblasserin hat den Beteiligten C wirksam zum Executor und damit einem Testamentsvollstrecker vergleichbar in ihrem Testament vom 31.8.2011 eingesetzt.

[8]Zunächst ist darauf zu verweisen, dass für die Erbfolge der Erblasserin das Recht des Staates T anzuwenden ist. Gemäß Art. 21 EuErbVO unterliegt die gesamte Rechtsnachfolge grundsätzlich dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Der letzte gewöhnliche Aufenthalt der Verstorbenen war in T so dass sich die Erbfolge nach dem T Erbrecht richtet, nicht nach deutschem Erbrecht. Der Umstand, dass T kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, ist dabei unerheblich. Nach Art. 20 EuErbVO ist das nach dieser Verordnung bezeichnete Recht auch dann anzuwenden, wenn es nicht das Recht eines Mitgliedsstaates ist.

[9]Ohne Erfolg machen die Beteiligten C und K geltend, dass die Erblasserin deutsches Erbrecht gewählt habe. Eine Rechtswahl wurde gerade nicht erklärt. Diese ergibt sich auch nicht allein aus der Erwähnung der Staatsangehörigkeit des Testierenden in dem Testament aus dem Jahr 2006. Gemäß Art. 22 Abs. 2 EuErbVO muss die Rechtswahl ausdrücklich in einer Verfügung von Todes wegen erfolgen. Dies ist vorliegend nicht geschehen.

[10]Das Testament vom 31.8.2011 ist formal wirksam.

[11]Ein Testament ist gemäß Sec. 2 Wills Act 1953 der Form nach wirksam, wenn es folgende Voraussetzungen erfüllt.

[12]Das Testament muss am Ende unterschrieben werden vom Testator oder einer anderen Person in seiner Gegenwart und auf seine Anweisung.

[13]Eine solche Unterschrift muss vom Testator geleistet werden oder von einer anderen Person oder vom Testator anerkannt, wenn von einer solchen anderen Person geleistet, in gleichzeitiger Anwesenheit von zwei oder mehr Zeugen.

[14]Solche Zeugen unterschreiben das Testament bei gleichzeitiger Anwesenheit und in Anwesenheit des Testierenden und, wenn das Testament durch eine andere Person unterschrieben wird, in Anwesenheit der anderen Person.

[15]Wenn das Testament aus mehreren Seiten besteht, muss der Erblasser oder die andere Person auf jeder Seite irgendwo unterschreiben.

[16]Alle v.g. Voraussetzungen sind erfüllt ...

[17]Auch allein aus dem Umstand, dass die Erblasserin im Jahr 2006 ein auf das Vermögen in Deutschland beschränkte Testament errichtet hat, lässt im Umkehrschluss nicht die Annahme zu, dass sie in dem späteren Testament nur Regelungen zu ihrem in T befindlichen Vermögen treffen wollte und getroffen habe. Denn anders als im ersten Testament befindet sich - wie an früherer Stelle ausgeführt - in dem letzten Testament gerade keine Beschränkung auf das in einem bestimmten Land gelegene Nachlassvermögen. Der Wortlaut ist vielmehr eindeutig.

[18]Da die letztwillige Verfügung aus dem Jahr 2011 nach dem maßgeblich anzuwenden T Erbrecht formwirksam war, konnte durch sie auch das frühere Testament widerrufen werden.

[19]Da das Testament vom 31.8.2011 den gesamten Nachlass regelt und die Einsetzung des "Executors" nicht auf bestimmtes Nachlassvermögen beschränkt ist, erstreckt sich dessen Tätigkeit auch auf das in der Bundesrepublik Deutschland befindliche Vermögen.

[20]Die Aufgaben eines Executors sind denjenigen eines Testamentsvollstrecker vergleichbar, so dass das Testamentsvollstreckerzeugnis, beschränkt auf das im Inland befindliche Nachlassvermögen, zu erteilen ist.

[21]...

Fundstellen

LS und Gründe

Juris-Permalink, https://www.juris.de/perma?d=NJRE001575323

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2024-118

Lizenz

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