Zwar ist für ein nach dem 01.01.2021 neu eingeleitetes Verfahren gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in Großbritannien die EuGVVO grundsätzlich nicht (mehr) anwendbar, da das Vereinigte Königreich infolge seines Austritts aus der Europäischen Union nach Ablauf des in Art. 126 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft vorgesehenen Übergangszeitraums zum 31.12.2020 kein Mitgliedstaat mehr, sondern ein Drittstaat ist.
Eine Ausnahme gilt jedoch, soweit die EuGVVO die internationale Zuständigkeit auch im Verhältnis zu nicht der EU angehörigen Staaten regelt (Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1, 21 Abs. 2, 24 und 25 EuGVVO).
Das ist beim Verbrauchergerichtsstand des Art. 18 Abs. 1 EuGVVO der Fall. [LS der Redaktion]
Der Kläger nimmt die Beklagte, eine englische Limited, auf Rückzahlung einer Genussrechtsbeteiligung nach außerordentlicher Kündigung, hilfsweise auf Schadensersatz in Anspruch.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Die Beklagte kündigt an zu beantragen, das am 02.12.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Neuruppin, Az. 5 O 55/21, abzuändern und die Klage abzuweisen.
[1]II.
[2]Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht gem. §§ 517 ff. ZPO eingelegte Berufung ist nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Die Rechtssache weist auch weder grundsätzliche Bedeutung auf, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist auch nicht aus sonstigen Gründen geboten. Es ist daher die Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss beabsichtigt.
[3]Das Landgericht hat der Klage zu Recht in dem ausgeurteilten Umfang stattgegeben. Das Urteil des Landgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
[4]1.
[5]Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Neuruppin, die entgegen dem Wortlaut des § 513 Abs. 2 ZPO auch in der Berufungsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist, gegeben. Sie folgt aus Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO.
[6]Zwar ist für ein nach dem 01.01.2021 neu eingeleitetes Verfahren gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in Großbritannien die EuGVVO grundsätzlich nicht (mehr) anwendbar, da das Vereinigte Königreich infolge seines Austritts aus der Europäischen Union nach Ablauf des in Art. 126 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft (Austrittsabkommen) vorgesehenen Übergangszeitraums zum 31.12.2020 kein Mitgliedstaat mehr, sondern ein Drittstaat ist (vgl. BGH ZIP 2021, 1514 Rn. 42). Eine Ausnahme gilt jedoch, soweit die EuGVVO die internationale Zuständigkeit auch im Verhältnis zu nicht der EU angehörigen Staaten regelt (Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1, 21 Abs. 2, 24 und 25 EuGVVO). Im Streitfall ist der Verbrauchergerichtsstand des Art. 18 Abs. 1 EuGVVO gegeben, da der Kläger die zugrunde liegende Genussrechtsbeteiligung als Verbraucher i.S. des Art. 17 Abs. 1 c) EuGVVO zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, und die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch in Deutschland ausgeübt hat. Die entsprechenden zutreffenden Ausführungen des Landgerichts werden von der Beklagten mit der Berufung nicht in Frage gestellt. Der Verbrauchergerichtsstand des Art. 18 Abs. 1 EuGVVO greift „ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners“ ein, so dass es ohne Bedeutung ist, wo sich der Sitz des anderen Vertragspartners befindet ...
[7]2.
[8]Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch jedenfalls i.H.v. 6.596,50 € nebst Zinsen und Rechtsanwaltskosten aus § 1295 öABGB.
[9]a) Entgegen der Auffassung des Klägers findet im Streitfall gemäß der in § 13 Nr. 1 der Genussrechtsbedingungen getroffenen Rechtswahl das Recht der Republik Österreich Anwendung. Der die Zulässigkeit der Rechtswahl bei Verbraucherverträgen regelnde Art. 6 Rom-I VO ist nicht anwendbar, da der zugrunde liegende Vertrag am 17.04.2007 und damit vor Inkrafttreten der Rom-I VO zum 17.12.2009 geschlossen worden ist (vgl. Art. 28 Rom-I VO). Für vor dem 17.12.2009 geschlossene Verträge gilt demgegenüber das EVÜ bzw. dessen Inkorporation durch die Art. 27 ff. EGBGB a.F. weiter (vgl. Hanseatisches OLG Bremen, Urteil vom 01.07.2021 - 3 U 39/20, juris Rn. 37; KG, Urteil vom 29.03.2022 - 14 U 87/21, vorgelegt als Anlage K 29 S. 7; OLG Stuttgart, Urteil vom 31.03.2021 – 20 U 24/20, juris Rn. 51).
[10]b) Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz nach § 1295 öABGB liegen vor.
[11]aa) ...
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