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Verfahrensgang

AG München, Beschl. vom 27.12.2023 – 721 III 1/23, IPRspr 2023-318

Rechtsgebiete

Natürliche Personen → Namensrecht
Freiwillige Gerichtsbarkeit → Registersachen

Leitsatz

Eine ausländische Rechtsordnung, die die Namensbestimmung für ein Kind in die freie Wahl der sorgeberechtigten Eltern stellt und auch die Erteilung eines sog. Phantasienamens zulässt, kann nicht nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB als das auf den Familiennamen anwendbare Recht gewählt werden. Hierzu zählt auch das kameruanische Recht, welches weder das Recht noch die Pflicht kennt, einen bestimmten Namen zu führen. Eine von einem Familiennamen völlig losgelöste andere Namensgebung ist zulässig und nicht unüblich.

Ein Kind kann sich in Bezug auf eine unwirksame Namenswahl nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn es den Namen gerade einmal 2,5 Jahre lang führt. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

BGB § 1617
EGBGB Art. 10

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]Der zulässige Berichtigungsantrag der Standesamtaufsicht München ist begründet.

[2]Im Rahmen der Geburtsbeurkundung haben die Eltern des Kindes gemäß Art. 10 Abs. Satz 1 Nr. 1, Satz 2 EGBGB für die Namensführung ihres Kindes kamerunisches Namensrecht gewählt und den Namen „K.“ zum Geburtsnamen bestimmt.

[3]Die Standesamtsaufsicht München beantragt nun, den Geburtsnamen des Kindes in „K. N.“ entsprechend dem Familiennamen des Vaters zu ändern ...

[4]Nach kamerunischem Recht gibt es weder das Recht noch die Pflicht, einen bestimmten Namen zu führen. Auch wenn die Erteilung eines Namens mit familiärem Bezug den Regelfall darstellen wird, ist eine völlig andere Namensgebung zulässig und nicht unüblich. So wurden auch bei den älteren Kindern, die in den Jahren 2011 und 2013 geboren sind, Phantasienamen ohne Bezug auf die Familiennamen der Eltern gewählt. Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 09.05.2018, Az. XII ZB 47/17 (IPRspr 2018-10b), entschieden, dass eine ausländische Rechtsordnung, die die Namensbestimmung für ein minderjähriges Kind in die freie Wahl der sorgeberechtigten Eltern stellt und auch die Erteilung eines sog. Phantasienamens zulässt, nicht nach Art. 10 Abs. 3 EGBGB als das auf den Familiennamen anwendbare Recht gewählt werden kann. Aus dem Bezug der Rechtswahl auf den autonom auszulegenden Begriff des Familiennamens folgt nach Auffassung des BGH, dass nur Rechtsordnungen gewählt werden können, die eine den familiären Bezug erkennbar machende Namenserteilung vorsehen. Kann der Name des Kindes dagegen nach dem gewählten Recht frei bestimmt werden und ist dabei die Erteilung eines sog. Phantasienamens erlaubt, handelt es sich hiernach nicht mehr um einen Familiennamen i.S.d. Art. 10 Abs. 3 EGBGB, so dass die Wahl dieser Rechtsordnung dann nicht eröffnet ist. Nach deutschem Namensrecht wäre damit der Geburtsname des Kindes der von den Eltern gewählte Familienname des Vaters gewesen, § 1617 Abs. 1 Satz 1 BGB.

[5]Dem Einwand, dass der Familienname des Vaters nur „K.“ laute, es sich bei „N.“ lediglich um einen Namensbestandteil handele, der nicht Teil des Familiennamens sei, kann nicht gefolgt werden. Die Geburtsurkunde des Vaters weist den Namen lediglich als Eigennamen auf. Eine Klassifizierung in Vor- und Nachnamen bzw. Namenszusatz ist nicht erkennbar. Der aktuelle Reisepass der Republik Kamerun, ausgestellt am 10.11.2015, klassifiziert den Namen in einen Vornamen „A…“ und die Nachnamen (Surname) „K. N.“. Allein auf diese Schreibweise und Klassifizierung in diesem Ausweisdokument kommt es jedoch an (siehe Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 8.2.2023, XII ZB 402/22 (IPRspr 2023-223)). Die bloße schriftliche Erklärung der Eltern, lediglich der Namensbestandteil „K.“ sei als Familienname anzusehen, entkräftet nicht das offizielle Ausweisdokument der Republik Kamerun.

[6]Letztlich können sich die Betroffenen auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Die Beurkundung der Geburt fand am 3.4.2019 statt. Bereits mit Schreiben vom 15.11.2022 wurden die Eltern des Kindes vom Standesamt München angeschrieben und darauf hingewiesen, dass eine Namensberichtigung erforderlich sei. Das Kind führte den Namen „K.“ damit gerade einmal 2,5 Jahre lang. Eine Berufung auf Vertrauensschutz scheidet angesichts des nur kurzen Zeitraums der Namensführung aus.

[7]...

Fundstellen

LS und Gründe

StAZ, 2024, 179

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2023-318

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