Auf die deliktische Haftung des Herstellers eines in einem anderen Mitgliedstaat typgenehmigten Basisfahrzeugs, das als Wohnmobil vervollständigt in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebracht wird, findet deutsches Sachrecht Anwendung.
Im April 2018 kaufte der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland für ... € ein neues Wohnmobil Fiat Ducato Sunlight A68. Die Beklagte stellte das Basisfahrzeug her. Das Basisfahrzeug ist mit einem nicht von der Beklagten hergestellten Dieselmotor der Baureihe 2,3-l-MultiJet II mit 96 kW (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet. Die Emissionskontrolle erfolgt unter Verwendung eines Thermofensters. Die das Basisfahrzeug betreffende EG-Typgenehmigung wurde von einer Behörde der Italienischen Republik erteilt. Das Fahrzeug des Klägers ist nicht von einem Rückruf betroffen. Das Kraftfahrt-Bundesamt leitete ein Verfahren nach § 26 Abs. 2 Satz 1 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung ein. Die italienische Typgenehmigungsbehörde sah im September 2016 keinen Anlass, Maßnahmen zu ergreifen.
Der Kläger, dessen Klage in beiden Instanzen erfolglos geblieben ist, hat die Beklagte zuletzt auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises abzüglich des Werts gezogener Nutzungen nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs sowie auf Ersatz von Finanzierungs- und außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Anspruch genommen. Außerdem hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten begehrt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter.
[4] Die Revision des Klägers hat Erfolg.
I.
[5] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: ...
II.
[8] Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.
[9] 1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings von der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausgegangen. Mit Rücksicht auf den Ort des Kaufvertragsschlusses über das Wohnmobil in der Bundesrepublik Deutschland als Ort des Schadenseintritts (vgl. dazu etwa EuGH, Urteil vom 9. Juli 2020 - C-343/19, NJW 2020, 2869 Rn. 23 ff. mwN) folgt die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus Art. 7 Nr. 2 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EU L 351 vom 20. Dezember 2012, S. 1; Brüssel-Ia-VO bzw. EuGVVO).
[10] 2. Richtig hat das Berufungsgericht auch deutsches Sachrecht zur Anwendung gebracht. Maßgebend dafür ist Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO). Das gilt sowohl in Bezug auf einen nach den §§ 826, 31 BGB ersatzfähigen Vertragsabschlussschaden als auch für einen gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zu ersetzenden Differenzschaden.
[11] a) Auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung ist, sofern - wie hier - keine vorrangigen Kollisionsnormen eingreifen, nach Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt, unabhängig davon, in welchem Staat das schadensbegründende Ereignis oder indirekte Schadensfolgen eingetreten sind. Dies ist aufgrund des Schadenseintritts durch den Abschluss des Kaufvertrags über das Wohnmobil in der Bundesrepublik Deutschland deutsches Recht.
[12] Aus Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO folgt nichts anderes. Umstände, aus denen sich eine offensichtlich engere Verbindung der unerlaubten Handlung mit einem anderen Staat ergeben könnten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat es ausdrücklich festgehalten, der Kläger habe das Wohnmobil als Neufahrzeug in der Bundesrepublik Deutschland erworben. Damit lag nach den Feststellungen des Berufungsgerichts insbesondere nicht nur der Erfolgsort, sondern auch der Handlungsort in der Bundesrepublik Deutschland. Denn der Handlungsort ist der Ort, an dem das vervollständigte Fahrzeug mit dem Ziel seiner Zulassung erstmals in Verkehr gebracht wird.
[13] b) Die Anwendung deutschen Sachrechts umfasst über die Regelungen des Rechts der unerlaubten Handlung im Bürgerlichen Gesetzbuch hinaus auch die Vorschiften der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV als möglicherweise verletzte Schutzgesetze und die dann für den Verschuldensmaßstab bedeutsame Bestimmung des § 37 Abs. 1 EG-FGV.
[14] Nach Art. 15 lit. a) Rom II-VO ist das Deliktsstatut, dem Prinzip der einheitlichen Anknüpfung folgend (vgl. BeckOGK/J. Schmidt, Stand: 1.9.2023, Rom II-VO Art. 15 Rn. 5 mwN), maßgebend vor allem für den Grund der Haftung. Dazu gehören auch die Schutzgesetze, deren Verletzung die Haftung begründet (vgl. Staudinger/Nitkowski, DAR 2020, 471, 476; Lehmann in: Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen - EuErbVO - HUP 3. Aufl. 2019, Rom II-VO Art. 4 Rn. 117; Göthel in: Göthel, Grenzüberschreitende M&A-Transaktionen, 5. Aufl. 2020, Form und Zustandekommen, Teil I, Kap. 2, § 9 Rn. 102).
[15] Mit dem dem deutschen Sachrecht unterliegenden Schutzgesetz gelten deutsche Sicherheits- und Verhaltensregeln. Aus Art. 17 Rom II-VO folgt schon deshalb nichts anderes, weil der Ort des haftungsbegründenden Ereignisses - das Inverkehrbringen des vervollständigten Fahrzeugs - nicht in der Italienischen Republik, sondern in der Bundesrepublik Deutschland liegt.
3. ...