Die Begründung eines Verwaltungssitzes in England und die dortige Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirken sich auf einen bereits entstandenen Anspruch nicht mehr aus.
Ein Anspruch, der unter Art. 3 Abs. 1 EuInsVO aF fällt, steht nicht in engem Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren, wenn er nach Abtretung vom Zessionar verfolgt wird
Bei der Prüfung, ob eine offensichtlich engere Verbindung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO besteht, verfügt das Gericht über einen Beurteilungsspielraum. [LS der Redaktion]
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[2]Der geltend gemachte Anspruch unterliegt nicht dem Insolvenzrecht des Eröffnungsstaates. Fragen zur Auslegung von Art. 4 Abs. 1 der hier anzuwendenden Verordnung(EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl. L 160 S. 1, ber. 2014 L 350 S. 15, im Folgenden: EuInsVO aF) stellen sich insoweit nicht. Die Begründung eines Verwaltungssitzes in England und die dortige Eröffnung des Insolvenzverfahrens wirken sich auf einen bereits entstandenen Anspruch nicht mehr aus (vgl. EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2008 - C-353/06, ECLI:EU:C:2008:559 Rn. 21 ff. - Grunkin und Paul; BGH, Beschluss vom 16. Oktober 1974 -
[3]Ob für eine Klage, mit der ein Anspruch wegen Existenzvernichtung nach § 826 BGB verfolgt wird, die internationale Zuständigkeit nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO aF eröffnet ist, ist im Streitfall ebenfalls nicht klärungsbedürftig. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kann ein Anspruch, der unter Art. 3 Abs. 1 EuInsVO aF fällt, als nicht in engem Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren stehend angesehen werden, wenn er nach Abtretung vom Zessionar verfolgt wird (EuGH, Urteil vom 19. April 2012 - C-213/10, ECLI:EU:C:2012:215 Rn. 41 ff. - F-Tex). Das Berufungsgericht hat seine Zuständigkeit danach zu Recht angenommen.
[4]Es besteht auch keine Veranlassung, dem Europäischen Gerichtshof Fragen vorzulegen, die das auf die Abtretung anwendbare Sachrecht betreffen. Die Abtretung des Anspruchs der Schuldnerin unterliegt nicht nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. c) EuInsVO aF dem Insolvenzstatut. Diese Regelung betrifft die Befugnisse des Verwalters (BGH, Beschluss vom 3. Februar 2011 -
[5]Die Auslegung von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ("Rom I", ABl. EU L 177 S. 6, ber. 2009 L 309 S. 87) ist ebenfalls nicht zweifelhaft. Zwar obliegt es dem Europäischen Gerichtshof, die Maßstäbe für die Anwendung der Ausweichklausel zu konkretisieren (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 2009 - C-133/08, ECLI:EU:C:2012:215 Rn. 53 ff. - Intercontainer Interfrigo SC; Staudinger/Magnus, BGB, Neubearb. 2021, Art. 4 Rom-I-VO Rn. 139; BeckOGK Rom-I-VO/Köhler, Stand 1.9.2022, Art. 4 Rn. 173). Die Beschwerde zeigt aber nicht auf, dass es einer Konkretisierung dieser Maßstäbe im Streitfall bedarf. Bei der Prüfung, ob eine offensichtlich engere Verbindung besteht, verfügt das Gericht über einen Beurteilungsspielraum (vgl. EuGH, Urteil vom 10. März 2022 - C-498/20, ECLI:EU:C:2022:173 Rn. 65- BMA Nederland [zu Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht, "Rom II", ABl. L 199 S. 40, ber. 2012 L 310 S. 52]).
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