Eine Ehe kann gemäß Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB "im Inland" nur in der in Deutschland vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Um eine (auch) "im Inland" geschlossene Ehe handelt es sich selbst dann, wenn nur die Verlobten ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe in Deutschland abgeben, während die Stelle, welche aufgrund der Erklärungen das Zustandekommen der Ehe feststellt, sich in einem anderen Staat (hier: Utah, USA) befindet.
Um keine "im Inland" geschlossene Ehe handelt es sich, wenn die Verlobten sich zwar während der Eheschließung in Deutschland aufhalten, die Erklärungen auf Eingehung der Ehe allerdings von Stellvertretern in der Erklärung in einem anderen Staat vor einer dort zuständigen Stelle abgegeben werden, weil dann alle unmittelbar für die Eheschließung erforderlichen Rechtshandlungen im Ausland vorgenommen werden. [LS der Redaktion]
Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige, die beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Sie schlossen am 24.5.2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde im Bundesstaat Utah in den Vereinigten Staaten von Amerika. Während der Eheschließung befanden sich beide Antragsteller in Deutschland und gaben ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton gegenüber der Behörde in Utah ab. Sie erhielten anschließend eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Ihr Antrag auf Anerkennung der Eheschließung in Deutschland wurde abgelehnt. Nunmehr möchten die Antragsteller die Ehe vor dem Standesamt A schließen.
Das Standesamt hat die Anmeldung der Eheschließung nicht entgegengenommen, sondern eine Zweifelsvorlage beim Amtsgericht Köln mit der Frage eingereicht, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung entgegenstehe. Mit Beschluss vom 30.12.2021 hat das Amtsgericht das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller am 24.5.2021 per Videotelefonie die Ehe in B, Bundesstaat Utah, Vereinigte Staaten von Amerika, geschlossen haben. Gegen diesen Beschluss hat die Aufsichtsbehörde Beschwerde eingelegt, um eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Mit Beschluss vom 27.1.2022 hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
[1]II. 1. … 2. In der Sache hat die Beschwerde der Aufsichtsbehörde jedoch keinen Erfolg.
[2]Der Eheschließung der Antragsteller in Deutschland steht nicht die vorangegangene Heirat in den Vereinigten Staaten von Amerika entgegen. Die von den Antragstellern am 24. Mai 2021 von Deutschland aus im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton in B im amerikanischen Bundesstaat Utah geschlossene Ehe ist in Deutschland nicht wirksam.
[3]a) Auf die Form der Eheschließung ist deutsches Sachrecht anwendbar. Eine Ehe kann gemäß Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB "im Inland" nur in der in Deutschland vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Um eine (auch) "im Inland" geschlossene Ehe handelt es sich selbst dann, wenn nur die Verlobten ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe in Deutschland abgeben, während die Stelle, welche aufgrund der Erklärungen das Zustandekommen der Ehe feststellt, sich in einem anderen Staat befindet. Die Abgabe der Erklärungen auf Eingehung der Ehe ist für die Eheschließung derart wesentlich, dass die Eheschließung (auch) am Ort der Abgabe der Erklärungen stattfindet. Sinn und Zweck der einseitigen Kollisionsvorschrift des Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB erfordern eine solche Auslegung, damit die in Deutschland vorgeschriebene Form der Eheschließung nicht ohne Aufwand mithilfe einer Videotelefonie unterlaufen werden kann. Als Spezialregelung geht Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB im Rahmen seines Anwendungsbereichs der allgemeineren Kollisionsvorschrift des Art. 11 EGBGB vor. Um keine "im Inland" geschlossene Ehe handelt es sich dagegen, wenn die Verlobten sich zwar während der Eheschließung in Deutschland aufhalten, die Erklärungen auf Eingehung der Ehe allerdings von Stellvertretern in der Erklärung in einem anderen Staat vor einer dort zuständigen Stelle abgegeben werden (hierzu: BGH, Beschluss vom 29.09.2021 -
[4]Die beiden Antragsteller haben ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe aber persönlich in Deutschland abgegeben, sodass es sich um eine Heirat "im Inland" im Sinne von Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB handelt. Die in Deutschland abgegebenen Erklärungen sind lediglich zeitgleich in Bild und Ton nach Utah übertragen worden. Der Inlandsbezug beschränkt sich nicht darauf, dass in Deutschland bloß eine Beauftragung von Stellvertretern stattgefunden hat, die dann in Utah die Erklärungen zur Eingehung der Ehe abgegeben haben, sondern die Erklärungen zur Eingehung der Ehe selbst sind "im Inland" abgegeben worden. Die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB sind schon deshalb nicht erfüllt, weil keiner der Antragsteller Staatsangehöriger der Vereinigten Staaten von Amerika ist.
[5]b) Nach dem anzuwendenden deutschen Sachrecht ist keine formgültige Ehe zustande gekommen.
[6]III. ...
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