Das schädigende Ereignis i.S.v. Art. 5 Nr. 3 LugÜ II ist eingetreten oder droht an dem Ort einzutreten, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen hat. Bei einer juristischen Person, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, muss der Mittelpunkt der Interessen den Ort widerspiegeln, an dem ihr geschäftliches Ansehen am gefestigsten ist. Er ist daher anhand des Ortes zu bestimmen, an dem sie den wesentlichen Teil ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ausübt.
Wurde der Rechtsstreit bereits in der Tatsacheninstanz ausschließlich auf der Grundlage des deutschen Rechts geführt, so kann eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts auch noch in der Revisionsinstanz erfolgen. [LS der Redaktion]
Die Beklagte betreibt ein Reiseportal im Internet. Nutzer des Portals können unter anderem Hotels buchen und, wenn sie mit einer E-Mail-Adresse bei der Beklagten registriert sind, Hotels anhand eines Notenschemas mit bis zu sechs Sonnensymbolen in verschiedenen Kategorien (Hotel, Zimmer, Service, Lage, Gastronomie, Sport & Unterhaltung) und im Rahmen von Freitexten bewerten. Die Bewertungen werden unter dem vom Nutzer angegebenen Namen veröffentlicht und können Angaben enthalten zur Altersgruppe des Nutzers, zum Reisezeitraum, zur Reisedauer und dazu, ob die Reise allein, als Paar, mit Freunden oder als Familie und mit wie vielen Kindern durchgeführt wurde. Für bis zu zehn veröffentlichte deutschsprachige Hotelbewertungen pro Monat erhalten die Nutzer Flugmeilen als Prämie. Die Nutzungsrichtlinien der Beklagten sehen vor, dass eine Leistung nur bewertet werden darf, wenn sie auch in Anspruch genommen wurde. Die Klägerin betreibt einen Ferienpark. Sie wendet sich gegen mehrere negative, teils mit Fotos versehene Bewertungen im Portal der Beklagten mit der Behauptung, die Bewertenden seien keine Gäste ihrer Freizeiteinrichtung gewesen.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten, es zu unterlassen, Bewertungen der Nutzer mit den Namen...zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen, wie auf der Internetseite der Beklagten geschehen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, die angegriffenen Bewertungen - mit Ausnahme der Bewertung der Nutzerin "Elisabeth" - zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
II.
[6] Die zulässige Revision der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
[7] 1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO von Amts wegen in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 14. Januar 2020 -
[8] a) Nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates hat, in einem anderen durch dieses Übereinkommen gebundenen Staat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Zuständig ist dann das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Nach Art. 60 Abs. 1 LugÜ haben Gesellschaften und juristische Personen für die Anwendung dieses Übereinkommens ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet.
[9] b) Die Wendung "eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist" in Art. 5 Nr. 3 LugÜ bezieht sich auf jede Klage, mit der eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht werden soll und die nicht an einen "Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" im Sinne von Art. 5 Nr. 1 LugÜ anknüpft (vgl. EuGH, Urteil vom 21. April 2016 - C-572/14, Tz. 32 mwN zum wortgleichen Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. 2001 Nr. L 12, S. 1 - Brüssel I-Verordnung; zur Auslegung des LugÜ vgl. EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 - C-467/16, Tz. 46 ff.). Dazu gehört die Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Veröffentlichungen unabhängig davon, ob sie von einer natürlichen oder einer juristischen Person geltend gemacht wird (vgl. EuGH, Urteile vom 17. Oktober 2017 - C-194/16, Tz. 38 f.; vom 25. Oktober 2011 - C-509/09 und C-161/10, Tz. 42 ff.). Art. 5 Nr. 3 LugÜ setzt nach seinem Wortlaut nicht voraus, dass der Schaden gegenwärtig vorliegt. Daher fällt eine Klage, mit der verhindert werden soll, dass sich ein als rechtswidrig angesehenes Verhalten wiederholt, unter diese Bestimmung (vgl. EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 - C-509/09 und C-161/10, Tz. 35; Senatsurteil vom 14. Januar 2020 -
[10] c) Das schädigende Ereignis ist eingetreten oder droht an dem Ort einzutreten, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen hat (vgl. EuGH, Urteil vom 17. Oktober 2017 - C-194/16;Tz. 22 ff.). Bei einer juristischen Person, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, muss der Mittelpunkt der Interessen den Ort widerspiegeln, an dem ihr geschäftliches Ansehen am gefestigsten ist. Er ist daher anhand des Ortes zu bestimmen, an dem sie den wesentlichen Teil ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ausübt (vgl. EuGH, Urteile vom 17. Oktober 2017 - C-194/16, Tz. 41; vom 21. Dezember 2021 - C-251/20, Tz. 30 ff.; Senatsurteil vom 14. Januar 2020 -
[11] d) Die Beklagte hat ihren Sitz in der Schweiz, einem Vertragsstaat des Übereinkommens. Die Klägerin hat ihren Sitz in Deutschland, wo sie einen Freizeitpark mit 4.000 Betten betreibt. Dort wirken sich die angegriffenen negativen Bewertungen auf ihre wirtschaftliche Tätigkeit aus.
[12] 2. ... [13] 3. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG bejaht.
[14] a) Auf den Streitfall ist deutsches Recht anwendbar.
[15] aa) Die richtige Anwendung des deutschen Internationalen Privatrechts ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (Senatsurteile vom 14. Januar 2020 -
[16] bb) Es kann offenbleiben, ob die Anwendbarkeit des deutschen Rechts aus Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-Verordnung, ABl. 2007 Nr. L 199, S. 40, ber. 2012 Nr. L 310 S. 52) oder aus Art. 42 EGBGB folgt. Beide Kollisionsnormen führen zur Anwendbarkeit deutschen Rechts.
[17] (1) Der Anwendungsbereich der Rom II-Verordnung ist im Streitfall nach deren Art. 1 Abs. 1 Satz 1 grundsätzlich eröffnet, da die Beklagte ihren Sitz in der Schweiz hat und die Sache deshalb eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten, die nicht sämtlich Mitgliedstaaten der Europäischen Union sein müssen (vgl. Art. 3 Rom II-Verordnung; siehe auch Knöfel in Hüßtege/Mansel, BGB, 3. Aufl., Art. 1 Rom II-Verordnung Rn. 9), aufweist.
[18] Vom Anwendungsbereich der Rom II-Verordnung wäre allerdings der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch aufgrund der Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts ausgenommen, wenn außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte im Sinne von Art. 1 Abs. 2 Buchst. g Rom II-Verordnung auch die Beeinträchtigung des Ansehens juristischer Personen umfassten (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 2020 -
[19] (2) Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz eine ausdrückliche Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts getroffen. Nach Art. 42 Satz 1 EGBGB können die Parteien - ebenso gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a Rom II-Verordnung - nach Eintritt des Ereignisses, durch das ein außervertragliches Schuldverhältnis entstanden ist, das Recht wählen, dem es unterliegen soll. Ein letztmöglicher Zeitpunkt der Rechtwahl ergibt sich weder aus dem Wortlaut des Art. 42 EGBGB - auch nicht aus dem des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a Rom II-Verordnung - noch aus Sinn und Zweck der Normen. Eine einvernehmliche Rechtswahl ist jedenfalls bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz möglich (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1980 -
[20] So verhält es sich im Streitfall. Da der gesamte Rechtstreit - einschließlich der Revisionsinstanz - von beiden Parteien auf der Grundlage deutschen Rechts geführt wurde, verursacht die Rechtswahl keine Mehrarbeit und es sind auch keine schützenswerten Belange der Parteien erkennbar, die gegen die Berücksichtigung dieser neuen, unstreitigen Tatsache im Revisionsverfahren sprächen. Da die Rechtswahl alle anderen Anknüpfungen des Art. 4 Rom II-Verordnung bzw. des Art. 40 Abs. 1 EGBGB verdrängt, kommt es auf diese Regelungen nicht an.
[21] b) ...
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