Auch Ansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten sowie (konkurrierende) nicht vertragliche Anspruchsgrundlagen, insbesondere deliktischer und bereicherungsrechtlicher Natur, können Art. 15 LugÜ II unterfallen. Ein Anspruch nach § 826 BGB kann als Anspruch aus einem Vertrag im Sinne von Art. 15 I LugÜ II anzusehen sein.
Auf Rechte an einer Sache ist nach Art. 43 I EGBGB das Recht des Staats anwendbar, in dem sich die Sache befindet (hier: Brasilien). Die Verweisung schließt auch das internationale Privatrecht ein (Art. 4 I 1 EGBGB). Das brasilianische Recht nimmt die Verweisung an; nach Art. 8 des Gesetzes zur Einführung in die Vorschriften des brasilianischen Rechts findet ebenfalls das Recht des Staats Anwendung, in dem sich die Güter befinden.
Das brasilianische Recht kennt kein dem deutschen Recht vergleichbares Trennungs- und Abstraktionsprinzip. [LS der Redaktion]
[1]II.
[2]Die Berufung des Klägers ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, wobei sie sich gegen den Beklagten zu 2) als zulässig, aber unbegründet erweist …
[3]A. ... B.
[4]1. Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1) im Ergebnis zu Recht für zulässig, aber unbegründet erachtet.
[5]a) Die von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. nur BGH, Urteil v. 28.02.2012
[6]aa) Eine Anwendung der Art. 15 Nr. 1 lit. c), Art. 16 Abs. 1 Alt. 2 LugÜ ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Rahmenvertrag in Ziffer 24 Streitigkeiten einzig der ordentlichen Gerichtsbarkeit am schweizerischen Sitz der Beklagten zu 1) unterstellt. Von den Vorschriften über die Zuständigkeit bei Verbrauchersachen kann gemäß Art. 17 LugÜ II im Wege der Vereinbarung nur dann abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird, dem Verbraucher lediglich zusätzliche Klagemöglichkeiten eröffnet oder die Gerichte des Staats für zuständig erklärt, in dem beide Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Keine der genannten Alternativen ist hier gegeben. Insbesondere hatte der Kläger im Zeitpunkt des Vertragsschlusses seinen Wohnsitz und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland.
[7]bb) Die Voraussetzungen der Art. 15 Abs. 1 lit. c), Art. 16 Abs. 1 Alt. 2 LugÜ II sind hier erfüllt. Danach kann ein Verbraucher eine Klage vor den Gerichten des Vertragsstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat, wenn der andere Vertragspartner im Wohnsitzstaat des Verbrauchers eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Der Kläger hat die Vereinbarung zum Erwerb der Bäume in Brasilien mit der Beklagten zu 1) als Verbraucher im Sinne von Art. 15 Abs. 1 LugÜ II abgeschlossen. Unter einem Verbraucher ist eine Person zu verstehen, die zu einem Zweck tätig wird, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Der Vertrag diente der Anlage und Verwaltung des privaten Vermögens des Klägers und kann deshalb nicht seiner gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden (vgl. BGH, Versäumnisurteil v. 20.12.2011
[8]cc) Von der hiernach gegebenen Zuständigkeit in Verbrauchersachen werden nicht nur vertragliche Ansprüche im engen Sinne erfasst. Auch Ansprüche wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten sowie (konkurrierende) nicht vertragliche Anspruchsgrundlagen, insbesondere deliktischer und bereicherungsrechtlicher Natur können Art. 15 [LugÜ II] unterfallen (Geimer, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, Art. 17 EUGVVO/Art. 15 LugÜ Rn. 17 m.w.N.; Gottwald, in: MünchKomm ZPO, 5. Aufl. 2017, Brüssel Ia-VO Art. 17 Rn. 5 f.). Insofern genügt es, dass sich die Klage allgemein auf einen Vertrag bezieht und eine so enge Verbindung zu diesem Vertrag aufweist, dass sie von ihm nicht getrennt werden kann (BGH, a.a.O., Rn. 22).
[9]Ausgehend von diesen Grundsätzen ist insbesondere auch der klägerseits geltend gemachte Anspruch nach § 826 BGB als Anspruch aus einem Vertrag im Sinne von Art. 15 Abs. 1 LugÜ II anzusehen. Der Kläger stützt sich darauf, dass die Beklagte zu 1) ihn mit falschen Versprechen zum Abschluss der Vereinbarung über den Erwerb von Bäumen in Brasilien veranlasst und hierdurch geschädigt habe. Insbesondere habe sie ihn darüber getäuscht, dass er mit dem Vertragsabschluss und der Übersendung der sein persönliches Eigentum bescheinigenden Baumurkunde tatsächlich Eigentum an den gekauften Bäumen erwirbt. Sein Begehren ist mithin untrennbar mit dem Erwerbsvertrag verbunden.
[10]b) Die mithin zulässige Klage gegen die Beklagte zu 1) erweist sich jedoch als unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten zu 1) keine Rückzahlung des Kaufpreises von ... € verlangen.
[11]aa) Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Beklagte zu 1) dem Kläger nicht fälschlich vorgespiegelt hat, aufgrund der getroffenen Vereinbarung Eigentum an den 265 Teakbäumen in Brasilien zu erwerben. In Ermangelung einer vorsätzlichen Täuschung scheiden daher sowohl vorvertragliche als auch deliktische Schadensersatzansprüche aus. Aus demselben Grund kommt auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch nach erklärter Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung nicht in Betracht.
[12](1) Da die klägerseits geltend gemachte Täuschung nicht gegeben ist und folglich hierauf gestützte Ansprüche von vornherein nicht bestehen, kann vorliegend dahinstehen, ob die in Ziffer 24 des Rahmenvertrags enthaltene Rechtswahl nach Art. 3 Abs. 1 der Rom I-VO (Verordnung (EG) Nr. 593/2008) wirksam ist und deshalb auf den Vertrag schweizerisches Recht zur Anwendung kommt oder ob auf deutsche Rechtsnormen abzustellen ist. Ebenso kann offenbleiben, ob sich der konkurrierende deliktische Anspruch gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO (Verordnung (EG) Nr. 864/2007) nach deutschem Recht richtet oder ob wegen der engen Verbindung mit dem Vertragsverhältnis der Parteien und der in Ziffer 24 des Rahmenvertrags vorgesehenen Rechtswahl nach Art. 4 Abs. 3 Satz 2 Rom II-VO Schweizer Recht anzuwenden ist.
[13](2) Der Kläger hat infolge der vertraglichen Vereinbarung mit der Beklagten zu 1) Eigentum an den 265 Teakbäumen in Brasilien erworben. Der Eigentumserwerb ist nach brasilianischem Recht vollzogen worden. Dies folgt aus den überzeugenden und auch von den Parteien nicht angegriffenen Feststellungen in dem vom Landgericht eingeholten Gutachten ... vom 13.02.2019 (nachfolgend: SV-Gutachten; Bl. 159 ff. d.A.).
[14](a) Auf Rechte an einer Sache ist nach Art. 43 Abs. 1 EGBGB das Recht des Staats anwendbar, in dem sich die Sache befindet. Die Verweisung schließt auch das internationale Privatrecht ein (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Das brasilianische Recht nimmt die Verweisung an; nach Art. 8 des Gesetzes zur Einführung in die Vorschriften des brasilianischen Rechts findet ebenfalls das Recht des Staats Anwendung, in dem sich die Güter befinden (vgl. SV-Gutachten, S. 2, Bl. 160 d.A.).
[15](b) Die ausweislich der vertraglichen Vereinbarung der Parteien zur Abholzung und anschließendem Verkauf bestimmten Bäume unterfallen nach brasilianischem Recht der Kategorie der sog. antizipierten Mobiliargüter und sind rechtlich wie Mobiliargüter gemäß Art. 82 des brasilianischen Código Civil (im Folgenden: CC) und nicht wie Immobilien zu behandeln.
[16]Antizipierte Mobiliargüter sind nach brasilianischem Recht Güter, die natürlicherweise oder künstlich mit dem Grund und Boden verbunden sind und daher gemäß Art. 79 CC grundsätzlich unbeweglich wären, aber zur Trennung von Grund und Boden bestimmt sind. Entscheidend ist hierbei der subjektive Zweck der Veräußerung (vgl. SV-Gutachten S. 4 ff., Bl. 162 ff. d.A.). In der brasilianischen Rechtsprechung und Kommentarliteratur werden zu den antizipierten Mobiliargütern insbesondere Bäume gezählt, die - wie hier - zur Rodung bestimmt sind (vgl. SV-Gutachten, S. 5, Bl. 163 d.A.).
[17](c) Demnach sind auf die Frage der Eigentumsübertragung der 265 Teakbäume die Vorschriften über die Übereignung von Mobiliargütern anzuwenden. Das brasilianische Recht kennt kein dem deutschen Recht vergleichbares Trennungs- und Abstraktionsprinzip (vgl. SV-Gutachten S. 7, Bl. 165 d.A.). Zur Übertragung des Eigentums an beweglichen Gütern bedarf es nach Art. 1267 CC einer (nicht notariell zu beurkundenden) vertraglichen Vereinbarung und einer Übergabe der Sache oder eines Übergabesurrogats (vgl. SV-Gutachten S. 7, Bl. 165 d.A.). Als Übergabesurrogat kommt insbesondere die Vereinbarung eines Besitzkonstituts in Betracht, bei dem der Verkäufer, beispielsweise als Mieter oder Pächter, im Besitz der Sache verbleibt (vgl. SV-Gutachtens S. 8 f., Bl. 166 f. d.A.). Die Eintragung in ein öffentliches Register ist entgegen der erstinstanzlich vertretenen Auffassung des Klägers keine Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Eigentumsübergang. Zwar können gemäß Art. 129 Nr. 5 des Lei de Registros Publicos Kaufverträge in das Urkunden- und Dokumentenregister eingetragen werden. Dies hat aber nur Bedeutung für eine Wirkung des Vertrags gegenüber Dritten, nicht für die Wirksamkeit der Vereinbarung inter partes. Gleiches gilt, soweit nach einem Teil der brasilianischen Doktrin darüber hinaus eine Beischreibung im Immobilienregister diskutiert wird. Dies betrifft ebenfalls nur die Wirkung gegenüber Dritten; die Wirksamkeit der Eigentumsübertragung an sich wird nicht in Frage gestellt (vgl. SV-Gutachten S. 9 ff., Bl. 167 ff. d.A.).
[18](d) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Eigentum an den Bäumen von der Beklagten zu 1) auf den Kläger übertragen worden.
[19](aa) ... (dd) Die weiteren Einwände des Klägers gegen einen Eigentumserwerb seinerseits greifen nicht durch ...
[20](3) Es fehlt darüber hinaus an einem Täuschungsvorsatz der Beklagten zu 1) …
[21](4) Nach den vorstehenden Erwägungen geht auch die Rücktrittserklärung des Klägers ins Leere ...
[22]bb) Entgegen der Auffassung des Klägers hat er den Baumkaufvertrag mit Schreiben vom 21.03.2017 nicht wirksam widerrufen. Nach der unwidersprochen gebliebenen Erklärung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 20.08.2020 (insoweit nicht protokolliert) ist nach Schweizer Recht kein Widerrufsrecht gegeben. Ein etwaiges Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB (in der ab dem 11.08.2011 geltenden Fassung) war im Zeitpunkt der Widerrufserklärung, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, jedenfalls erloschen. Es kann daher auch hier offenbleiben, ob eine wirksame Rechtswahl Schweizer Rechts nach Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO erfolgt ist und bejahendenfalls nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 der Rom I-VO gleichwohl die Verbraucherschutzvorschriften des deutschen Fernabsatzrechts Anwendung finden oder insoweit - wie die Klägerin meint - eine Bereichsausnahme nach Art. 6 Abs. 4 der Rom I-VO eingreift …
[23]2. Die Klage gegen den Beklagten zu 2) ist zulässig, aber aus den vorstehenden Gründen ebenfalls unbegründet.
[24]a) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegen den Beklagten zu 2) ergibt sich zwar nicht aus Art. 15 Nr. 1 lit. c), Art. 16 Abs. 1 Alt. 2 LugÜ II, denn der Beklagte zu 2) ist nicht Vertragspartner des Klägers. Die hierfür erforderliche enge Verbindung der Klage zu einem Vertrag liegt in Fällen, in denen gegen ein Organ der Vertragspartnerin Ansprüche aus unerlaubter Handlung geltend gemacht werden, nicht vor (vgl. BGH, Urteil v. 24.06.2014
[25]aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 5 Nr. 3 EuGVVO beruht die besondere Zuständigkeit am Ort der unerlaubten Handlung darauf, dass zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als denen des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt. Dabei ist der Begriff „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“ in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO so zu verstehen, dass er sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort) als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) meint. Beide Orte können demnach unter dem Aspekt der gerichtlichen Zuständigkeit eine signifikante Verknüpfung begründen, da jeder von beiden je nach Lage des Falles für die Beweiserhebung und für die Gestaltung des Prozesses einen besonders sachgerechten Anhaltspunkt liefern kann (vgl. nur EuGH, Urteile v. 16.07.2009
[26]bb) Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob der Handlungsort in Deutschland liegt, da jedenfalls der Erfolgsort in Deutschland belegen ist.
[27]Erfolgsort ist der Ort, an dem aus einem Ereignis, das für die Auslösung einer Schadensersatzpflicht wegen unerlaubter Handlung oder wegen einer gleichgestellten Handlung in Betracht kommt, ein Schaden entstanden ist. Gemeint ist damit der Ort, an dem das auslösende Ereignis seine schädigende Wirkung entfaltet, d.h. der Ort, an dem sich der durch das Ereignis verursachte Schaden konkret zeigt (BGH, a.a.O., Rn. 31). Bei reinen Vermögensdelikten ist der Ort des ersten unmittelbar verletzten Interesses maßgeblich. Ist schon die Herbeiführung oder Anbahnung eines Rechtsgeschäfts rechtswidrig, so stellt der Ort den Erfolgsort dar, an dem dieses Fehlverhalten des Schädigers die erste Wirkung entfaltet hat (sog. "Handlungswirkungsort", BGH, a.a.O., Rn. 36).
[28]Ausgehend vom Klägervorbringen liegt dieser Ort in Deutschland. Der Beklagte zu 2) soll den Tatbestand einer unerlaubten Handlung verwirklicht haben, weil er als Verwaltungsratsmitglied und Geschäftsführer der Beklagten zu 1) wider besseres Wissen die Täuschung des Klägers über die Möglichkeit eines Eigentumserwerbs an den Bäumen in Brasilien veranlasst und ihn so zur Eingehung des Baumkaufvertrags und Zahlung des Kaufpreises bewegt habe. Die Unterzeichnung des Vertrags ist durch den Kläger in Deutschland erfolgt. Zudem hat er den Kaufpreis in Deutschland entrichtet. Dieser ist von ihm auf ein Konto der Beklagten zu 1) bei der ...[B] überwiesen worden. Mithin liegen sowohl der Ort der Entscheidung zum Vertragsschluss als auch der des Eintritts des Erstvermögensschadens in Deutschland.
[29]b) Hinsichtlich der fehlenden Begründetheit kann auf die Ausführungen unter 1.b) verwiesen werden.
[30]3. ...