PDF-Version

Verfahrensgang

BGH, Beschl. vom 13.12.2018 – V ZB 175/15 , IPRspr 2018-314

Rechtsgebiete

Anerkennung und Vollstreckung → Verfahren

Leitsatz

Art. 38 EuGVO (alter Fassung) steht der Anwendung einer mitgliedstaatlichen Regelung, die für die Vollziehung eines Arrestbefehls eine Frist (hier: Monatsfrist nach § 929 II ZPO) vorsieht, nicht entgegen, wenn es sich um einen Arrestbefehl handelt, der in einem anderen Mitgliedstaat erlassen (hier: italienische Sicherstellungsbeschlagnahme) und dem in Deutschland Vollstreckbarkeit beigelegt worden ist. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

AVAG § 10
EuGVVO 1215/2012 Art. 66
EUGVVO 44/2001 Art. 38
ZPO § 929; ZPO § 932

Sachverhalt

[Die EuGH-Vorlage des BGH vom 11.5.2017 – V ZB 175/15 – wurde bereits im Band IPRspr. 2017 unter der Nr. 279 abgedruckt. Der Gerichtshof entschied am 4.10.2018 (C-379/15).]


Die ASt. ist eine società a responsibilità limitata. Sie erwirkte am 19.11.2013 vor dem italienischen Tribunale di Gorizia eine Sicherstellungsbeschlagnahme (sequestro conservativo) gegen den Schuldner G. H. bis zu einem Betrag von 1 Mio. C auf bewegliche und unbewegliche, materielle und immaterielle Werte sowie Forderungen des Schuldners.

Mit Beschluss vom 22.8.2014 erklärte das LG die Entscheidung in Deutschland für vollstreckbar. Am 23.4.2015 hat die ASt. beantragt, eine Sicherungshypothek an dem in Deutschland belegenen Grundbesitz des Schuldners einzutragen. Das AG – GBA – hat den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Das OLG hat die dagegen gerichtete Beschwerde der ASt. zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will die ASt. weiterhin die Eintragung der Sicherungshypothek erreichen. Den o.g. Vorlagebeschluss des OLG vom 11.5.2017 hat der EuGH mit Urteil vom 4.10.2018 (Societ


{a} Immobiliare Al Bosco S.r.l., C-379/17, EU:C:2018:806) beantwortet.

Aus den Entscheidungsgründen:

III. ... [8] 1. Die italienische Entscheidung vom 19.11.2013 ist nach der EuGVO a.F. in Deutschland für vollstreckbar erklärt worden; diese Verordnung ist auch weiterhin anzuwenden, weil die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung vor dem 10.1.2015 ergangen ist (Art. 66 II EuGVO; vgl. EuGH, Urt. vom 4.10.2018 aaO Rz. 22). Grundlage der Zwangsvollstreckung in Deutschland ist die inländische Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung (vgl. BGH, Beschl. vom 4.3.1993 – IX ZB 55/92 (IPRspr. 1993 Nr. 171), BGHZ 122, 16, 18 m.w.N.). Wird – wie hier – die Eintragung einer Sicherungshypothek beantragt, hat das GBA die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung selbständig zu prüfen (vgl. Senat, Beschl. vom 4.7.2013 – V ZB 151/12, ZfIR 2013, 779 Rz. 7 m.w.N.).

[9] 2. Rechtsfehlerfrei und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet ordnet das BeschwG die italienische Sicherstellungsbeschlagnahme funktional wie einen Arrestbefehl nach deutschem Recht ein. Infolgedessen richtet sich die Zwangsvollstreckung aus der inländischen Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung nach den deutschen Vorschriften über die Vollziehung des Arrestbefehls.

[10] a) Zu den maßgeblichen Verfahrensvorschriften gehört auch § 929 II ZPO. Die dort geregelte Monatsfrist erfasst auch die Vollziehung eines Arrestbefehls, der in einem anderen Mitgliedstaat erlassen und in Deutschland für vollstreckbar erklärt worden ist. Nach der auf Vorlage des Senats ergangenen Entscheidung des EuGH steht Art. 38 der EuGVO a.F. der Anwendung einer solchen, im Recht des Vollstreckungsstaats vorgesehenen Frist nicht entgegen (EuGH, Urt. vom 4.10.2018 aaO Rz. 51). An diese Auslegung des Unionsrechts sind die nationalen Gerichte gebunden (vgl. nur BGH, Urt. vom 28.10.2015 – VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rz. 33).

[11] b) Danach ist der Arrestbefehl nicht mehr vollziehbar. Der Lauf der Monatsfrist des § 929 II ZPO wird im Anwendungsbereich von Art. 38 I der EuGVO a.F. durch den Zugang (vgl. § 10 III AVAG) der Vollstreckbarerklärung an den Gläubiger in Gang gesetzt (vgl. EuGH, Urt. vom 4.10.2018 aaO Rz. 50). Nach den Feststellungen des BeschwG war mehr als ein Monat seit dem Zugang der Vollstreckbarerklärung an die Gl. verstrichen, als die Eintragung der Sicherungshypothek beantragt wurde. Da gemäß § 932 III ZPO der Eintragungsantrag maßgeblich ist, ist die Vollziehungsfrist nicht eingehalten.

Fundstellen

nur Leitsatz

FamRZ, 2019, 626

LS und Gründe

IHR, 2019, 128
RdTW, 2019, 414
TranspR, 2019, 411
WM, 2019, 270

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2018-314

Lizenz

Copyright (c) 2024 Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht
Creative-Commons-Lizenz Dieses Werk steht unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.