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Verfahrensgang

LG Düsseldorf, Hinweisbeschl. vom 13.02.2017 – 22 S 307/16, IPRspr 2017-232

Rechtsgebiete

Zuständigkeit → Gerichtsbarkeit
Vertragliche Schuldverhältnisse → Allgemeines Vertragsrecht

Leitsatz

Wird von einem Reiseveranstalter wegen Kündigung eines (isolierten) Beförderungsvertrags ein Ausgleichsanspruch nach der Fluggastrechteverordnung [VO (EG) Nr. 261/2004] gegen das Luftverkehrsunternehmen geltend gemacht, ist Erfüllungsort im Sinne des § 29 ZPO sowohl der Ort des vertragsgemäßen Abflugs als auch der Ort der vertragsgemäßen Ankunft des Flugzeugs. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

BGB § 269; BGB § 649
ZPO § 29; ZPO § 513

Sachverhalt

Die Kl. hatte als Reiseveranstalterin ein Kreuzfahrtprogramm ausgeschrieben, das eine Anreise von Deutschland nach Dubai und zurück beinhaltete. Diese Reise verkaufte sie an ihre Kunden B. und buchte für diese bei der Bekl. Flüge für zwei Personen Hin- und Rückflug bzw. 29.1.2016 zum Preis von insges. 1109,24 €. Die Kl. bezahlte den Betrag. AGB wurden nicht in den Vertrag einbezogen. Da das vorgesehene Kreuzfahrtschiff verspätet fertiggestellt wurde, musste die Kl. die Reise insgesamt absagen und stornierte auch die o.g. Flüge im August 2015. Die Kl. macht die Differenz zw. bezahltem und erstatteten (Teil-)Betrag geltend.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]I. ... 1. Die internationale und örtliche Zuständigkeit – welche auch in der Berufungsinstanz trotz § 513 II ZPO jederzeit von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH, NJW 2004, 1456 (IPRspr. 2003 Nr. 149)) – folgt im vorliegenden Fall aus dem Gerichtsstand des Erfüllungsorts gemäß § 29 I ZPO.

[2]Erfüllungsort i.S.v. § 269 BGB ist bei isolierten Flugbeförderungsverträgen nach h.M. nach Wahl des Fluggasts entweder der Abgangsort oder der Bestimmungsort der Flugreise (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Aufl. [2016], § 29 ZPO Rz. 25 ...; Musielak-Voit-Heinrich, ZPO, 13. Aufl. [2016], § 29 Rz. 32; Staudinger, JR 2012, 47, 49 f.; Lehmann, NJW 2007, 1500, 1502; AG Bremen, NJW-RR 2012, 378;). Hierzu wird überwiegend auf die Entscheidung des BGH, Urt. vom 18.1.2011 – X ZR 71/10 (IPRspr. 2011 Nr. 182), NJW 2011, 2056 zum Gerichtsstand nach § 29 ZPO bei Ansprüchen nach der Fluggastrechte-VO Bezug genommen. Eine Übertragung dieser Rspr. des BGH auf Ansprüche gemäß § 649 Satz 2 BGB wegen Kündigung eines (isolierten) Beförderungsvertrags erscheint sachgerecht, um eine ‚gespaltene’ Auslegung des § 29 ZPO zu verhindern. Zudem erbringt die Fluggesellschaft sowohl am Abflug- als auch am Bestimmungsort jeweils organisatorische und logistische Leistungen (Abgangsort: Einchecken, Gepäckaufgabe, Begleitung der Fluggäste an Bord der Maschine etc.; Bestimmungsort: Verbringen der Fluggäste vom Rollfeld in das Flughafengebäude, Gepäckrückgabe etc.), so dass es auch aus diesem Grund gerechtfertigt erscheint, an diesen beiden Orten einen Erfüllungsort anzunehmen.

[3]Abflugort des Hinflugs und Bestimmungsort des Rückflugs war hier Düsseldorf, so dass hier ein internationaler und zugleich örtlicher Gerichtsstand gemäß § 29 I ZPO besteht.

[4]2. Der Kl. steht gegen die Bekl. ein vertraglicher Rückzahlungsanspruch i.H.v. nur 913,46 € zu.

Fundstellen

LS und Gründe

RRa, 2017, 186

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2017-232

Lizenz

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