PDF-Version

Verfahrensgang

OLG Nürnberg, Beschl. vom 05.04.2017 – 15 W 299/17, IPRspr 2017-189

Rechtsgebiete

Erbrecht → Erbrecht gesamt bis 2019

Leitsatz

Das deutsche Erbrecht unterliegt dem Grundsatz der Universalsukzession und lässt die Angabe einzelner Nachlassgegenstände (hier: eines in Tschechien belegenen Grundstücks) im Europäischen Nachlasszeugnis daher – auch in lediglich informatorischer Weise – nicht zu.

Rechtsnormen

BGB § 1922; BGB § 2048
EuErbVO 650/2012 Art. 21; EuErbVO 650/2012 Art. 63; EuErbVO 650/2012 Art. 68; EuErbVO 650/2012 Art. 72
FamFG § 58; FamFG § 63

Sachverhalt

Mit Beschluss vom 3.11.2016 hat das AG Fürth den Antrag des Alleinerben auf Ergänzung des Europäischen Nachlasszeugnisses zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Bet. zu 1) vom 28.11.2016. Das AG hat mit Beschluss vom 9.2.2017 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Senat vorgelegt.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II. Die Beschwerde des Bet. zu 1) ist zulässig (Art. 72 I EuErbVO; §§ 58, 63 FamFG), hat jedoch in der Sache keinen Erfolg ...

[2]Die mit der Beschwerdebegründung vorgebrachten Umstände rechtfertigen keine andere Bewertung. Ergänzend ist hierzu lediglich auszuführen:

[3]Nach deutschem Erbrecht ist die Angabe eines vollständigen Nachlassinventars oder auch nur die konkrete Bezeichnung einzelner, in den Nachlass fallender Vermögensbestandteile gemäß Art. 68 lit. I EuErbVO ausgeschlossen (Herberger-Martinek-Rüßmann-Kleinschmidt, jurisPK-BGB, 8. Aufl. [2017], Art. 69 EuErbVO Rz. 9, Art. 68 Rz. 25).

[4]Nach Art. 68 lit I i.V.m. Art. 63 II lit b EuErbVO kommt die Angabe einzelner Nachlassgegenstände, die einem bestimmten Erben zustehen, nur in Betracht, wenn die Gegenstände dem Erben mit dinglicher Wirkung (‚unmittelbar’) zugewiesen sind, wie dies – anders als in § 2048 BGB – etwa bei einer in manchen Rechtsordnungen bekannten dinglich wirkenden Teilungsanordnung (Herberger-Martinek-Rüßmann-Kleinschmidt aaO Art. 63 Rz. 33; MünchKomm-Dutta, 6. Auf. [2015], EuErbVO Art. 63 Rz. 16; Simon/Buschbaum, NJW 2012, 2393) der Fall ist.

[5]Das vorliegend zur Anwendung kommende deutsche Erbrecht (Art. 21 I EuErbVO) unterliegt dem Grundsatz der Universalsukzession (§ 1922 BGB), d.h. nicht einzelne Gegenstände – hier das in T gelegene Grundstück – werden vererbt, sondern das Vermögen des Erblassers als Ganzes. Dementsprechend lässt das deutsche Erbrecht die Angabe einzelner Nachlassgegenstände nicht zu (Dutta-Weber-Fornasier, Int. Erbrecht, 2016, EuErbVO Art. 63 Rz. 37).

[6]Die nur unverbindliche informatorische Aufnahme des Grundstücks in das Nachlasszeugnis ist nicht zulässig. Denn eine solche Information, der nicht die Vermutungswirkung und der Vertrauensschutz der EuErbVO zukommen könnte, liefe dem Bestreben, mit dem Europäischen Nachlasszeugnis ein Instrument mit einem formalisierten Inhalt zu schaffen, das in jedem Mitgliedstaat unproblematisch verwendet werden kann, zuwider (vgl. Vorlagebeschluss KG, FGPrax 2017, 33 (IPRspr 2016-195)). In den amtlichen Erwgr. zur EuErbVO ist in Nr. 18 daher vorgesehen, dass das nach dieser Verordnung erstellte Europäische Nachlasszeugnis im Hinblick auf die Eintragung des Nachlassvermögens in ein Register eines anderen Mitgliedstaats ein gültiges Schriftstück darstellen sollte – unabhängig von ggf. erforderlichen, weiteren Nachweisen.

Fundstellen

Bericht

Burandt, FuR, 2017, 580, mit Anm.
NJW-Spezial, 2017, 552

LS und Gründe

Rpfleger, 2017, 545
ZEV, 2017, 579, m. Anm. Weinbeck
IPRax, 2019, 327

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2017-189

Lizenz

Copyright (c) 2024 Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht
Creative-Commons-Lizenz Dieses Werk steht unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
<% if Mpi.live? %> <% end %>