Nach der Kollisionsnorm des Art. 4 II Rom-II-VO ist das Recht des Staats anwendbar, in dem die Unfallbeteiligten zum Zeitpunkt des Schadeneintritts ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten (hier: Deutschland).
Die Sicherheits- und Verhaltensregeln hingegen richten sich in einem solchen Fall gemäß Art. 17 Rom-II-VO nach dem Recht des Staats, in dem das schadenbegründende Ereignis eingetreten ist (hier: Österreich). [LS der Redaktion]
Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird abgesehen (§§ 540 II, 313 a I 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO).
[1]B. I. Die statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung des Kl. hat in der Sache teilweise, nämlich ungefähr zur Hälfte, Erfolg.
[2]1. Der Kl. hat gegen die Bekl. Anspruch auf samtverbindliche Zahlung ...
[3]a) Zur Haftung dem Grunde nach:
[4]Soweit im Ersturteil festgestellt wird, dem Bekl. zu 1) sei, anders als dem Kl., eine Überschreitung der angesichts der Witterungsverhältnisse angemessenen Geschwindigkeit zur Last zu legen, woraus, bei im Übrigen gleichwertigen Haftungsbeiträgen, eine überwiegende Haftung der Bekl. folge, nämlich von 2/3 zu 1/3, ist dies nicht zu beanstanden.
[5]Im Einzelnen:
[6]aa) Gemäß Art. 4 II Rom-II-VO ist, nachdem der Unfallort zwar in Österreich liegt, beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt jedoch in Deutschland hatten (und haben), hier grundsätzlich deutsches Recht anwendbar. Gemäß Art. 17 Rom-II-VO ist jedoch bzgl. der Verkehrsvorschriften die österreichische StVO zu berücksichtigen. Dies hat das Erstgericht auch getan, dabei allerdings die entscheidende Norm nicht genannt, nämlich § 20 I 1 österr. StVO. Diese (§ 3 I 1 und 2 der deutschen StVO stark ähnelnde) Vorschrift hat folgenden Wortlaut: ‚Der Lenker eines Fahrzeuges hat die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen, sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen.’
[7]bb) Dass insbesondere bei vereister Fahrbahn (wie hier) diesem Umstand Rechnung zu tragen ist und dass der Fahrer die Fahrbahn genau beobachten muss, um entsprechend reagieren zu können, entspricht der österreichischen Rechtsprechung zu § 20 I 1 österr. StVO; vgl. z.B. das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 22.7.2004 –13R152/04g, https://www.ris.bka.gv.at. ...
[8]cc) Nicht ganz so präzise sind die Feststellungen im Ersturteil hinsichtlich der Geschwindigkeit des Bekl. zu 1). So hat das Erstgericht zunächst in nicht zu beanstandender und auch von den Bekl. nicht gerügter Weise festgestellt, es stehe aufgrund des erholten Sachverständigengutachtens fest, dass die Differenzgeschwindigkeit zwischen den beiden Fahrzeugen mindestens 30 km/h betrug ... Da zudem das Erstgericht ... von einer Geschwindigkeit des klägerischen Pkw zum Kollisionszeitpunkt von ca. 5 km/h ausgegangen ist, muss die Geschwindigkeit des Bekl.-Pkw zur selben Zeit ca. 35 km/h betragen haben.
[9]dd) Der Bekl. zu 1) hat im Rahmen seiner Anhörung in der Sitzung vom 15.12. 2015 selbst eingeräumt, dass es aufgrund des vom Wald ausgehenden Schattens nachvollziehbar sei, dass die Vereisung zu Beginn der Linkskurve war und dass er dort gleichwohl seine Geschwindigkeit nicht reduziert habe ... Dieses Verhalten begründet, über die bloße Gefährdungshaftung für die im Sinne des StVG hinaus, auch einen Fahrlässigkeitsvorwurf im Sinne des § 823 I BGB.
[10]ee) Entgegen der – in den Grenzen des § 528 ZPO zu berücksichtigenden – Ansicht des Kl. ist das Ersturteil nicht etwa dahingehend zu beanstanden, dass das Erstgericht einen Verursachungs- und Verschuldensbeitrag auch beim Kl. gesehen hat, nämlich einen Verstoß gegen das in §§ 7, 10 I österr. StVO geregelte Rechtsfahrgebot. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht davon ausgegangen ist, dass sowohl der Kl. als auch der Bekl. zu 1), in jeweils gleichwertiger Weise, gegen dieses Gebot verstoßen haben, in dem beide jeweils die in der geometrischen Mitte der Fahrbahn befindliche Spurrille befahren haben, anstatt jeweils weiter rechts, ganz am jeweiligen Fahrbahnrand zu fahren. Diese Sachlage verkennt der Kl., wenn er – noch weitergehend – ... die Behauptung aufstellt, er habe keine Möglichkeit gehabt, den Unfall zu vermeiden.
[11]ff) Es liegt auf der Hand, dass die Betriebsgefahr des mit ca. 35 km/h fahrenden Bekl.-Pkw gegenüber der des nur mit Schrittgeschwindigkeit fahrenden klägerischen Pkw, bei im Übrigen gleichen Verursachungsbeiträgen, erhöht ist, weil die Möglichkeit, bei dem höheren Tempo noch rechtzeitig abzubremsen und/oder aus der Spurrille nach rechts auszuweichen, wesentlich erschwert war. Die vom Erstgericht vorgenommene Haftungsverteilung von 1/3 zu 2/3 zulasten der Bekl. ist nicht zu beanstanden.
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