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Verfahrensgang

OLG München, Beschl. vom 30.05.2016 – 34 Sch 3/15, IPRspr 2016-310

Rechtsgebiete

Schiedsgerichtsbarkeit
Zuständigkeit → Besonderer Vertragsgerichtsstand

Leitsatz

Hat die Antragstellerin (hier: eine in der Volksrepublik China ansässige Gesellschaft in der Rechtsform der Limited) keine ausreichend legalisierte Urschrift beziehungsweise beglaubigte Abschrift des ausländischen (hier: chinesischen) Schiedsspruchs vorgelegt, muss dem Antrag auf dessen Vollstreckbarerklärung der Erfolg versagt bleiben, wenn die Echtheit des Schiedsspruchs bestritten wird.

Für den von der Antragstellerin zu erbringenden Beweis der Authentizität des Schiedsspruchs ist die Vorlage entsprechender legalisierter Unterlagen gemäß Art. IV Abs. 1 lit. a UNÜ erforderlich. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

GZVJu-Bay § 7
KonsG § 13
UNÜ Art. IV; UNÜ Art. VII
ZPO § 1025; ZPO § 1061; ZPO § 1062; ZPO § 1064

Sachverhalt

Die ASt. ist eine in der Volksrepublik China ansässige Ltd., die Solarmodule herstellt und vertreibt. Die AGg. zu 1) ist eine österr. GmbH, der AGg. zu 2) deren Geschäftsführer mit Wohnsitz in Deutschland. Die ASt. schloss mit der AGg. zu 1) im Jahr 2012 einen Kaufvertrag über die Lieferung von Solarzellen-Komponenten. Als Schiedsgericht wurde die China International Economic and Trade Arbitration Commission, Shanghai, bestimmt. Die in englischer Sprache abgefasste Kaufvertragsurkunde enthält textabschließend für den Käufer den Firmenstempel der AGg. zu 1), dazu die Unterschrift ihres Geschäftsführers und unter dieser den Klammerzusatz „Guarantor“. Die AGg. zu 1) erbrachte 2012 die vertraglich vorgesehene Vorauszahlung, den Restkaufpreis zahlte sie trotz Lieferung nicht. Die ASt. behauptet, sie habe daraufhin das Schiedsgericht bei der China International Economic and Trade Arbitration angerufen, das am 18.11.2013 in Abwesenheit der AGg. nach den CIETAC-Schiedsregeln einen Schiedsspruch zulasten der AGg. erlassen habe. Ein entspr. Dokument ist den AGg. im November 2013 zugegangen. Im Januar 2015 hat die ASt. unter Vorlage der bezeichneten Entscheidung in beglaubigter Kopie des Originals sowie einer dt. Übersetzung beantragt, den Schiedsspruch [2013] CIETAC (Shanghai) Nr. 079 vom 18.11.2013 i.H. eines Teilbetrags von 2 Mio. € für vollstreckbar zu erklären. Dazu vorgelegt hat sie zunächst ein Dokument in von einem Notariat der Stadt Maanshan (VR China) im Januar 2014 beglaubigter Kopie, die ihrerseits im September 2014 vom Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland legalisiert war. Gleichermaßen beglaubigt und legalisiert ist der Kaufvertrag aus 2012 samt deutscher Übersetzung. Die AGg. halten das OLG München teilweise für unzuständig und bestreiten die Echtheit des vorgelegten Schiedsspruchs.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung der ausländischen Entscheidung bleibt erfolglos.

[2]1. Für den Antrag gegen den AGg. zu 2), einen im Ausland ergangenen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, ist das OLG München zuständig [§§ 1025 IV, 1062 I Nr. 4, II und V ZPO i.V.m. § 7 GZVJu vom 11.6.2012 (BayGVBl. 295)], weil der AGg. zu 2) seinen Wohnsitz in Bayern hat. Hinsichtlich der AGg. zu 1) ist das OLG München für die Vollstreckbarerklärung international wie national (örtlich) zuständig, weil sich inländisches Vermögen in dessen Zuständigkeitsbereich befindet (§ 1062 I Nr. 4, II und V ZPO i.V.m. § 7 GZVJu). Dies ergibt sich aus dem von der ASt. vorgelegten Jahresabschluss der AGg. zu 1), wonach diese an Unternehmen in Bayern beteiligt ist. Eine genauere Bewertung des Vermögens im Hinblick auf die Vollstreckungsaussichten ist nicht erforderlich (BGH, NJW 1997, 325 (IPRspr. 1996 Nr. 159); OLG München, BeckRS 2015, 100156; MünchKommZPO-Münch, 4. Aufl., § 1062 Rz. 19).

[3]2. Dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung muss der Erfolg versagt bleiben, da die ASt. keine ausreichend legalisierte Urschrift bzw. beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs vorgelegt hat.

[4]a) Zwar genügt grundsätzlich nach dem in Art. VII Abs. 1 UNÜ verankerten Günstigkeitsprinzip gemäß §§ 1064 I 2, II, 1061 I 1 ZPO; Art. IV Abs. 1 lit. a UNÜ die Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Schiedsspruchs, da es leere Förmelei wäre, wenn die unstreitige Existenz und Authentizität eines Schiedsspruchs mittels der in Art. IV Abs. 1 lit. a UNÜ genannten Urkunden nachgewiesen werden müsste (BGH, NJW 2000, 3650) (IPRspr. 2000 Nr. 187). Insoweit handelt es sich bei Art. IV Abs. 1 lit. a UNÜ lediglich um eine bloße Beweismittelregelung (BGH aaO; Stein-Jonas-Schlosser, ZPO, 23. Aufl., Anh. zu § 1061 Rz. 134 so wohl auch MünchKommZPO- Adolphsen aaO Art. IV UNÜ Rz. 7).

[5]Da aber die Echtheit des Schiedsspruchs durch die AGg. bestritten wird und seine Authentizität auch nicht aus anderen Gründen – insbes. nicht durch die vorgelegte unbeglaubigte Kopie eines Beschlusses des Bezirksgerichts Mattighofen vom 7.4.2016 – offenkundig ist, ist die Vorlage entspr. legalisierter Urkunden (Art. IV Abs. 1 lit. a UNÜ) erforderlich (vgl. OLG Karlsruhe, BeckRS 2015, 12582) ... Die ASt. muss daher den Nachweis, dass der Schiedsspruch tatsächlich so erlassen wurde, erbringen.

[6]b) Dies hat sie nicht getan ...

[7]aa) ... Für den Nachweis der Echtheit wäre eine amtliche Bestätigung der Authentizität der Unterschriften der Schiedsrichter durch einen deutschen Notar, einen deutschen konsularischen Vertreter (§ 13 KonsG), oder – soweit zwischenstaatliche Abkommen über die wechselseitige Anerkennung von Beurkundungsakten existieren – einen ausländischen Notar oder sonstige anerkannte Beurkundungsperson erforderlich.

[8]bb) Auch die mit Schriftsatz vom 18.5.2016 vorgelegten Unterlagen genügen den Anforderungen des Art. IV UNÜ nicht. Es kann dabei dahinstehen, ob bei Vorlage der Originalurkunden oder beglaubigter Abschriften ein ausreichender Nachweis der Authentizität erbracht wäre. Völlig ungenügend ist jedoch die Vorlage unbeglaubigter Kopien. So ist es für den Senat bereits nicht zweifelsfrei nachvollziehbar, dass sich die Unterschriftsbeglaubigungen auf die Textseiten des als Schiedsspruch vorgelegten Dokuments beziehen. Die Beglaubigung der Unterschriften muss aber zweifelsfrei im Zusammenhang mit dem Schiedsspruch erfolgen. Der Nachweis, dass es sich bei dem vorgelegten Spruch tatsächlich um einen Schiedsspruch der CIETAC handelt, ist daher nicht erbracht.

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2016-310

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