Die Scheidung einer nach ausländischem (hier: niederländischem) Recht geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe richtet sich nach Art. 17b EGBGB analog. [LS der Redaktion]
Der ASt. ist niederl. Staatsangehöriger, der AGg. ist ital. Staatsangehöriger. Die Parteien haben nach niederl. Recht die Ehe geschlossen. Der letzte gemeinsame Aufenthalt der Parteien befand sich in Deutschland. Die Parteien haben sich im Februar 2008 getrennt. Der ASt. lebt nunmehr in den Niederlanden, der AGg. weiterhin in Deutschland. Der ASt. begehrt die Scheidung der Ehe mit der Begründung, die Parteien lebten seit dem 21.2.2008 getrennt.
Der ASt. beantragt, die am 20.10.2003 geschlossene Ehe zu scheiden. Der AGg. widerspricht dem Scheidungsantrag.
[1]Der Antrag des ASt. ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit des Gerichts folgt aus § 606a I oder § 661 i.V.m. § 606a I ZPO, die auf das vorliegende Verfahren, das vor dem 1.9.2009 eingeleitet wurde, Anwendung finden, Art. 111 FGG-RG. Zwar entspricht die von den Parteien eingegangene Verbindung nicht dem Ehebegriff des deutschen Rechts, das diese Rechtsform ausschl. heterosexuellen Partnerschaften vorbehält. Jedenfalls für die Bejahung der internationalen Zuständigkeit kann dies jedoch dahinstehen, da auch dann, wenn die Vorschriften über die registrierte Partnerschaft Anwendung finden müssten, die internationale Zuständigkeit gegeben wäre. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus dem Wohnsitz des AGg.
[2]Der Antrag ist auch begründet nach niederl. Recht. Dieses war vorliegend analog Art. 17 I EGBGB anzuwenden. Zwar ist Art. 17b als eine Sonderanknüpfung für rechtlich institutionalisierte Lebensformen als ein Aliud zur Ehe konzipiert worden (MünchKomm-Coester, 5. Aufl., Art. 17b EGBGB Rz. 14).Würde man seine auch nur analoge Anwendung für gleichgeschlechtliche Ehen, wie sie in den Niederlanden neben registrierten Partnerschaften möglich sind, ablehnen (so MünchKomm-Coester aaO) und stattdessen Art. 13 EGBGB als Kollisionsnorm auch für Ehestrukturen, die über den Ehebegriff des deutschen Sachrechts hinausgehen (MünchKomm-Coester aaO Art. 13 EGBGB Rz. 4 f.), heranziehen, hätte dies im vorliegenden Fall die Unwirksamkeit der Eheschließung zur Folge, da das Heimatrecht des italienischen AGg. eine Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare nicht zulässt (vgl. Henrich, Kollisionsrechtliche Fragen der eingetragenen Lebenspartnerschaft: FamRZ, 2002, 137 [138]). Dies würde den Parteien jeglichen Rechtsschutz versagen, die ohne Zweifel eine rechtsverbindliche Beziehung eingehen wollten. Dies wäre keine angemessene Reaktion eines Mitgliedstaats der EU auf familienrechtliche Regeln in einem anderen Mitgliedstaat, da die Institutionalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe zwar nach deutschem Recht mit Art. 6 GG nicht vereinbar ist, aber als mittlerweile in mehreren Mitgliedstaaten anerkanntes Rechtsinstitut keineswegs gegen den ordre public verstößt. Wenn wie vorliegend die unterschiedliche Staatsangehörigkeit der Parteien bei Anwendung des Art. 13 EGBGB dazu führen würde, dass eine Lebensgemeinschaft nur schuldvertraglich zu qualifizieren wäre, obwohl eine Rechtsordnung das Institut der Ehe grundsätzlich auch für gleichgeschlechtliche Partner vorsieht und die Parteien dieses Institut bewusst gewählt haben, können das Ordnungsziel der ausländischen Rechtsordnung und der Wille der Parteien zur rechtlich verbindlichen Gemeinschaft nur durch eine analoge Anwendung des Art. 17b EGBGB gewährleistet werden.
[3]Nach dem somit anzuwendenden niederl. Recht war die Ehe der Parteien zu scheiden, da sie zerrüttet ist, Art. 1:151 BW.
[4]Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest aufgrund der Erklärungen der Parteien in der mündlichen Verhandlung. Sie haben übereinstimmend und glaubhaft erklärt, sie lebten seit dem 21.2.2008 getrennt. Sie haben ferner übereinstimmend erklärt, dass sie die Ehe für gescheitert hielten. Der AGg. hat zwar dem Scheidungsantrag widersprochen, aber gleichzeitig erklärt, dass er auf keinen Fall glaube, dass die eheliche Lebensgemeinschaft wieder zustande käme. Auf den von ihm geäußerten Wunsch nach Klärung finanzieller Dinge vor Scheidung ist er trotz Fristsetzung nicht zurückgekommen. Eine Entscheidung über finanzielle Angelegenheiten, insbes. den Versorgungausgleich, von Amts wegen sieht das niederl. Recht nicht vor.