Die Anwendung des erbrechtlich zu qualifizierenden § 1931 IV BGB bei ausländischem Güterrechtsstatut setzt voraus, dass die ausländische Gütertrennung bei abstrakter Betrachtungsweise derjenigen des BGB entspricht beziehungsweise mit dieser vergleichbar ist.
Sieht das ausländische Recht während der Ehe oder beim Tod eines Ehegatten grundsätzlich einen Ausgleich für die Mitarbeit vor (so die Errungenschaftsgemeinschaft rumänischen Rechts, bei der sämtliche während der Ehe erworbene Güter vermutetes gemeinsames Vermögen – Gesamtgut – werden), so ist die notwendige Ähnlichkeit mit dem deutschen Recht nicht gegeben und bleibt für die Anwendung des § 1931 IV BGB kein Raum.
Der Erblasser, ein deutscher Staatsangehöriger, war in dritter Ehe mit der Beteiligten zu 2) verheiratet, die rumänische Staatsangehörige ist. Die Ehe ist kinderlos geblieben. Der Beteiligte zu 1) ist der Sohn des Erblassers aus dessen zweiter Ehe mit L. H., die am 25.1.1998 verstorben ist. Die erste, kinderlos gebliebene Ehe des Erblassers mit A. M. H. ist durch Urteil des AG München I vom 18.5.1971 rechtskräftig geschieden worden. Der Erblasser hat eine letztwillige Verfügung nicht hinterlassen. Der Beteiligte zu 1) hat mit Erbscheinsantrag vom 23.11.2006 die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins dahin beantragt, dass der Erblasser von ihm zu 3/4 und von der Beteiligten zu 2) zu 1/4 beerbt worden ist.
Der Amtsrichter hat mit Vorbescheid vom 20.6.2008 angekündigt, dem Beteiligten zu 1) aufgrund seines Antrags vom 23.11.2006 einen Erbschein dahin zu erteilen, dass er den Verstorbenen zu 3/4 und die Beteiligte zu 2) diesen zu 1/4 beerbt hat. Hiergegen hat die Beteiligte zu 2) Beschwerde eingelegt. Der Amtsrichter hat ihr nicht abgeholfen und die Sache dem LG vorgelegt, das das Rechtsmittel mit Beschluss vom 24.11.2008 zurückgewiesen hat. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), welcher der Beteiligte zu 1) entgegentritt.
[1]II. 1. Die gemäß §§ 20, 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist nicht begründet. Denn die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 27 FGG, 546 ZPO) ...
[2]3. ... aa) Die Rechtsnachfolge von Todes wegen unterliegt dem Recht des Staats, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte (Art. 25 I EGBGB).
[3]Nach Art. 15 I EGBGB unterliegen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblichen Recht, d.h., bei nicht getroffener Rechtswahl (Art. 15 II EGBGB), dem Recht des Staats, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehörten, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört (Art. 14 I Nr. 1 EGBGB), sonst dem Recht des Staats, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 14 I Nr. 2 EGBGB).
[4]bb) Somit gilt – nach den rechtlich einwandfreien Feststellungen der Vorinstanzen – deutsches Erbrecht, weil der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes Deutscher war, und unterliegen die Rechtswirkungen der Ehe des Erblassers mit der Beteiligten zu 2) rumänischem Recht, weil der Erblasser ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besessen, die Eheleute eine Rechtswahl nicht vorgenommen haben und der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung Rumänien war.
[5]b) Die Beteiligte zu 2) ist neben dem Beteiligten zu 1) zu 1/4 (§ 1931 I 1 BGB) Erbin geworden; die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Erbteils der Beteiligten zu 2) auf 1/2 (§§ 1931 I 1 oder IV, 1371 I BGB) sind nicht gegeben.
[6]aa) Die in § 1371 I BGB angeordnete Erhöhung des gesetzlichen Erbteils gilt nur dann, wenn die Eheleute im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, denn § 1371 I BGB regelt die Beendigung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 I BGB) durch den Tod eines Ehegatten (Palandt-Brudermüller, BGB, 68. Aufl., § 1371 Rz. 1), und zwar dahin, dass der Zugewinn des überlebenden Ehegatten erbrechtlich pauschal ausgeglichen wird, indem seine Grundquote von 1/4 um ein weiteres Viertel auf 1/2 erhöht wird (§ 1931 I BGB).
[7]Hier aber galt – unstreitig – die ‚Errungenschaftsgemeinschaft’ rumänischen Rechts.
[8]bb) Auch § 1931 IV BGB greift vorliegend nicht ein. Danach erben, sofern beim Erbfall Gütertrennung bestand und als gesetzliche Erben neben dem überlebenden Ehegatten ein oder zwei Kinder des Erblassers berufen sind, der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen.
[9](a) § 1931 IV BGB ist erbrechtlich zu qualifizieren (Palandt-Thorn aaO § Art. 15 EGBGB Rz. 28; Staudinger-Mankowski, BGB [2004], Art. 15 EGBGB Rz. 370; Staudinger-Dörner aaO [2007] Art. 25 EGBGB Rz. 154; Erman-Hohloch, BGB, 12. Aufl., Art. 15 EGBGB Rz. 38; Jayme in FS Ferid, 1978, 221 ff. [227, 229, 232]).Die Anwendung des § 1931 IV BGB bei ausländischem Güterrechtsstatut setzt voraus, dass die ausländische Gütertrennung derjenigen des BGB entspricht (Palandt-Thorn aaO Rz. 28 f.; Jayme aaO 230, 232) bzw. mit dieser vergleichbar ist. Die Gütertrennung nach ausländischem Recht muss funktionell jener des deutschen Rechts entsprechen (Staudinger-Mankowski aaO Rz. 375).
[10]Sieht das ausländische Recht einen Ausgleich für die Mitarbeit auf andere Weise vor, so bleibt für die Anwendung des § 1931 IV BGB kein Raum. Die Vorschrift des § 1931 IV BGB greift nämlich in das Erbrecht der Kinder ein. Sieht das ausländische Recht eine Ausgleichung in anderer Weise vor, so ist die doppelte Schmälerung des den Kindern zufallenden Vermögens nicht gerechtfertigt (Jayme aaO 230).
[11](b) Allerdings kann es, wie die Vorinstanzen – entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) – rechtlich einwandfrei angenommen haben, nicht auf die konkrete Vermögenssituation im Einzelfall ankommen.
[12]So wie § 1931 IV BGB von der Frage abstrahiert, ob der überlebende Ehegatte in der konkreten Ehe mitgearbeitet hat, so muss auch bei ausländischen Rechten nur geprüft werden, ob die dort vorgesehene Gütertrennung abstrakt der deutschen entspricht (Jayme aaO 230).
[13]Sieht das ausländische Recht demnach während der Ehe oder beim Tode eines Ehegatten grundsätzlich einen Ausgleich für die Mitarbeit vor, so ist die notwendige Ähnlichkeit mit dem deutschen Recht nicht gegeben. Eine Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten findet in solchen Fällen nicht statt. Denn der Gesetzgeber wollte die unentgeltliche Mitarbeit des Ehegatten zum Vermögenserwerb des Erblassers honorieren und einen Ausgleich dafür schaffen, dass nach § 2057a BGB nur den Abkömmlingen ein Ausgleichsanspruch bei besonderen Leistungen zusteht (Prütting-Wegen-Weinreich-Tschichoflos, BGB, 3. Aufl., § 1931 Rz. 23).
[14]Während bei der Zugewinngemeinschaft das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau nicht gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten werden, was auch für Vermögen gilt, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt (§ 1363 II 1 BGB), und der Zugewinn, den die Ehegatten in der Ehe erzielen, ausgeglichen wird, wenn die Zugewinngemeinschaft endet, § 1363 II 2 BGB, sind bei der Errungenschaftsgemeinschaft bereits sämtliche während der Ehe erworbenen Güter vermutetes gemeinsames Vermögen (Gesamtgut; Art. 30 I und III des rumänischen Familiengesetzbuchs i.d.F. des Gesetzes Nr. 288 vom 29.10.2007 [M. Of. Nr. 749/2007]). Das Gesamtgut ist vor dem Zugriff der persönlichen Gläubiger eines Ehegatten geschützt (Art. 33 I rum. FGB). Die Ehegatten verwalten und nutzen das Gesamtgut gemeinschaftlich und verfügen auch gemeinsam darüber. Bei der Auflösung der Ehe durch Tod eines der Ehegatten (Art. 37 I rum. FGB) wird das Gesamtgut zwischen den Ehegatten entsprechend ihrer Vereinbarung, notfalls durch das Gericht, geteilt, Art. 36 I rum. FGB (Zum rumänischen FGB siehe Bergmann-Ferid-Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Rumänien [Stand: 31.5.2008]).
[15]Bei der Errungenschaftsgemeinschaft ist demnach bereits a priori ein Ausgleich für die Mitarbeit der Ehepartner während der Ehe in Gestalt der gemeinsamen Teilhabe am Gesamtgut vorgesehen, was eine Vergleichbarkeit mit dem Güterstande der Gütertrennung – und damit eine Erhöhung des Erbteils des überlebenden Ehegatten nach § 1931 IV BGB – ausschließt.