Schließt das nach Art. 25 EGBGB maßgebliche Erbstatut einen Abkömmling des Erblassers von der gesetzlichen Erbfolge aus, so verstößt dies nur dann gegen den inländischen ordre public, sofern das konkrete Ergebnis der Anwendung ausländischen (hier: ägyptischen) Rechts mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts unvereinbar ist.
Billigt der Erblasser den nach dem maßgeblichen Erbstatut erfolgenden Ausschluss eines seiner Abkömmlinge von der gesetzlichen Erbfolge in einer nach deutschem Recht formwirksam getroffenen letztwilligen Verfügung ausdrücklich, so ist dies im Rahmen von Art. 6 EGBGB zu beachten.
Liegt ein Verstoß gegen den ordre public vor, so kann dieser durch Gewährung des nach deutschem Recht unentziehbaren Pflichtteilsanspruchs oder eines im ausländischen Recht vorgesehenen äquivalenten Ausgleichsanspruchs geheilt werden.
Der Erblasser war ägyptischer Staatsangehöriger muslimischen Glaubens. Am 27.2.1958 erklärte er in einem Vergleich vor dem Stadtbezirksgericht Mitte (DDR), er erkenne die Vaterschaft für den Beteiligten zu 2) an und verpflichte sich, an ihn Unterhalt zu zahlen. Aus der einzigen Ehe des Erblassers ist als einziges Kind die Beteiligte zu 1) hervorgegangen, die muslimischen Glaubens ist. Die Ehefrau ist vorverstorben. Der Beteiligte zu 3) ist nach den übereinstimmenden Angaben der Beteiligten zu 1) und 2) der Bruder des Erblassers.
Der Erblasser errichtete ein in deutscher und arabischer Sprache abgefasstes, eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament, in dem er die Beteiligte zu 1) als seine Alleinerbin einsetzte.
Auf den Antrag des Beteiligten zu 2) hat das AG die Erteilung eines gegenständlich beschränkten Teilerbscheins angekündigt, der den Beteiligten zu 2) für den in Deutschland befindlichen Nachlass als Miterben zu 1/3 ausweist. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) hat das LG mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Das AG hat in der Folge den angekündigten Erbschein erteilt. Die Beteiligte zu 1) hat mitgeteilt, sie verfolge die weitere Beschwerde mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheins weiter.
[1]II. 1. Die weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 27 ff. FGG). Wird der angekündigte Erbschein nach der zum Vorbescheid ergangenen Beschwerdeentscheidung erteilt, kann die weitere Beschwerde mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheins fortgeführt werden (Senat, Rpfleger 2005, 669 ff.; Keidel/Kuntze/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 51). Die Beschwerdeberechtigung der Beteiligten zu 1) nach §§ 20 I, 29 IV FGG ergibt sich schon aus dem Umstand, dass ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist.
[2]2. Die weitere Beschwerde ist begründet. Die Entscheidung des LG beruht auf einem Rechtsfehler (§ 27 I FGG i.V.m. § 546 ZPO). Der erteilte Erbschein ist unrichtig und daher einzuziehen, § 2361 BGB.
[3]a. Rechtlich zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1) zulässig ist. Die Beteiligte zu 1) ist im Sinne von § 20 I FGG beschwerdeberechtigt, da sie das im angekündigten Erbschein bezeugte Erbrecht für sich selbst beansprucht. Aus ihren Schriftsätzen vom 16.2.2005 und 14.7.2006 ergibt sich, dass sie vorrangig geltend macht, testamentarische Alleinerbin zu sein, und sich hinsichtlich der gesetzlichen Erbfolge darauf beruft, der Beteiligte zu 3) sei anstelle des Beteiligten zu 2) Miterbe.
[4]b. Das LG hat auch ohne Rechtsverletzung angenommen, dass sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen hier grundsätzlich nach dem ägyptischem Recht richtet, Art. 25 I EGBGB i.V.m. Art. 17 I ägypt. ZGB (wiedergegeben bei Ferid-Firsching-Dörner-Hausmann-Scholz, Internationales Erbrecht, Ägypten [Stand: Dez 2007]).
[5]Zutreffend hat das LG weiter angenommen, dass sich die Erbfolge im ägyptischen Recht für Muslime – wie hier – zwingend nach dem gesetzlichen (islamischen) Recht richtet und eine gewillkürte Erbeinsetzung nicht stattfindet. Maßgebend ist das ägyptische Gesetz Nr. 77/1943 über die Erbfolge vom 6.8.1943 (JO Nr. 116; im Folgenden ägErbG, abgedr. bei Ferid-Firsching-Dörner-Hausmann-Scholz aaO); die in Art. 7 ägErbG genannten Berufungsgründe sind abschließend (vgl. OLG Hamm, FamRZ 2005, 1705, 1707 (IPRspr 2005-78); Ferid-Firsching-Dörner-Hausmann-Scholz aaO Rz. 21, 34, 79; Pattar, Islamisch inspiriertes Erbrecht und deutscher ordre public, 2007, 251). Als Berufungsgrund kommt danach die Verwandtschaft in Betracht, die nach Art. 7 Satz 3 ägErbG die Erbfolge aufgrund des koranischen Erbanteils (Art. 8 ff.) bzw. aufgrund der agnatischen Abstammung (Art. 16 ff.) begründet.
[6]c. Auch die Annahme des LG, der Beteiligte zu 2) stamme (als nichteheliches Kind) vom Erblasser ab, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Maßgebend ist insoweit das deutsche Recht. Zwar bestimmt das Erbstatut, ob einem außerhalb der Ehe geborenen Kind eine Nachlassbeteiligung zusteht (BayObLGZ 2003, 68, 73 (IPRspr. 2003 Nr. 99); Palandt-Heldrich, BGB, 67. Aufl., Art. 25 EGBGB Rz. 10; Staudinger-Dörner, BGB, Neub. 2007, Art. 25 EGBGB Rz. 165). Die erbrechtliche Vorfrage der (nichtehelichen) Abstammung ist jedoch selbständig anzuknüpfen (BayObLGZ aaO; Palandt-Heldrich aaO Rz. 17; Staudinger-Dörner aaO Rz. 169). Gemäß Art. 19 Satz 1 EGBGB kommt deutsches Recht zur Anwendung, weil der Beteiligte zu 2) seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Die rechtliche Verwandtschaft zwischen dem Erblasser und dem Beteiligten zu 2) folgt aus dem gerichtlichen Vergleich vom 27.2.1958, Art. 224 § 1, 234 § 7 IV EGBGB i.V.m. §§ 8 I des Einführungsgesetzes zum Familiengesetzbuch der DDR vom 20.12.1965 (GBl. 1966 I 19), 55 ff. des Familiengesetzbuches der DDR vom 20.12.1965 (GBl. 1966 I 1) Auf die biologische Verwandtschaft kommt es nicht an.
[7]d. Schließlich hat das LG zutreffend angenommen, dass die Beschränkung der Testierfreiheit nach ägyptischem Recht auch die Enterbung des Beteiligten zu 2) ausschließen würde, wenn er nach dem gesetzlichen Recht als Erbe berufen wäre.
[8]e. Die weiteren Ausführungen des LG halten jedoch der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das LG hat schon keine hinreichenden Feststellungen zur Erbfolge nach dem ägyptischen Recht getroffen. Es hat nicht ausreichend ermittelt, welche Verwandten den Erblasser überlebt haben.
[9](1) Kommen außer den Beteiligten Verwandte nicht in Betracht und war – wovon offenbar auszugehen ist – der Beteiligte zu 3) zum Todeszeitpunkt des Erblassers muslimischen Glaubens, stehen der Beteiligten zu 1) gemäß Art. 12 lit. a ägErbG – als sog. Quoten- oder koranische Erbin – ein Erbanteil von 1/2 und dem Beteiligten zu 3) gemäß Art. 16, 17 Nr. 3 ägErbG – als sog. Rest- oder agnatischer Erbe – ebenfalls ein Erbanteil von 1/2 zu. Die Quotenerbfolge der Beteiligten zu 1) ist nicht gemäß Art. 19 Satz1 Nr. 1 ägErbG und die Resterbfolge des Beteiligten zu 3) nicht gemäß Art. 16, 17 Nr. 1 ägErbG durch den Beteiligten zu 2) ausgeschlossen; es ist keine (rein agnatische) Erbfolge eingetreten, bei der die Beteiligte zu 1) Resterbin zu 1/3 und der Beteiligte zu 2) Resterbe zu 2/3 wären (Art. 17 Nr. 1, 19 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 ägErbG).
[10]Zum einen handelt es sich bei dem Beteiligten zu 2) nicht um einen Sohn des Erblassers im Sinne von Art. 17 Nr. 1 ägErbG. Wie bereits ausgeführt, bestimmt das Erbstatut, ob einem außerhalb der Ehe geborenen Kind eine Nachlassbeteiligung zusteht. Nach ägyptischem Recht werden nichteheliche Kinder eines männlichen Erblassers bei der Erbfolge mangels Verwandtschaftsverhältnis nicht berücksichtigt (vgl. IPG 1987/1988 Nr. 43 (Ägypten), 415; Ferid-Firsching-Dörner-Hausmann-Scholz aaO Rz. 17, 24; Pattar aaO 306 ff., 522), was sich auch aus der Sonderregelung für illegitime Kinder weiblicher Erblasser unter Art. 47 ägErbG ergibt. Das Vaterschaftsanerkenntnis vom 27.2.1958 kann ein Verwandtschaftsverhältnis im Sinne des ägyptischen Erbrechts nicht begründen. Das ist nur für eine ‚legitime’ Vaterschaft der Fall, da das islamische Recht auf den Familienverbund abstellt. Ein Anerkenntnis im Sinne von Art. 41 ägErbG liegt nicht vor. Ein solches kann nicht erfolgen, wenn das Kind aus einer nichtehelichen Beziehung des Anerkennenden stammt (vgl. Pattar aaO 309 f.).
[11]Zum anderen wäre der Beteiligte zu 2) als Miterbe auch gemäß Art. 6 Satz 1 ägErbG ausgeschlossen, nach dem es keine Erbfolge zwischen einem Muslim und einem Nichtmuslim gibt (Ferid-Firsching-Dörner-Hausmann-Scholz aaO Rz. 44; Pattar aaO 324). Es ist anzunehmen, dass der Beteiligte zu 2) zum maßgebenden Zeitpunkt des Erbfalls (vgl. Pattar aaO) nicht muslimischen Glaubens war, da er in seinem Schreiben vom 23.11.2005 angegeben hat, er sei Christ.
[12]Die Erbquoten der Beteiligten zu 1) und 3) von je 1/2 werden durch das Testament vom 20.2.1991 nicht berührt. Dieses stellt eine letztwillige Verfügung im Sinne von Art. 1 des ägyptischen Gesetzes Nr. 71/1946 über das Vermächtnis/Testament vom 24.6.1946 (JO Nr. 16 vom 12.12.1948; im Folgenden ägTestG, abgedr. bei Ferid-Firsching-Dörner-Hausmann-Scholz aaO) dar, die formgültig ist (Art. 2 Satz 1 ägTestG i.V.m. Art. 26 I Nr. 1 EGBGB und §§ 2231 Nr. 2, 2247 I BGB i.V.m. Art. 26 I 1 Nr. 2 EGBGB). Sie ist dahin zu verstehen, dass der Erblasser der Beteiligten zu 1) sein gesamtes Vermögen zuwendet; aus der Bezeichnung als ‚Alleinerbin’ ergibt sich, dass er die Beteiligte zu 1) möglichst umfassend begünstigen wollte. Die Verfügung ist gemäß Art. 37 Satz 1 ägTestG ohne weiteres wirksam, soweit sie sich auf 1/3 des Nachlasses bezieht. Sie ist gemäß Art. 37 Satz 2 ägTestG auch im Übrigen wirksam, allerdings nur auszuführen, wenn die Erben die Zuwendung genehmigen (vgl. Ferid-Firsching-Dörner-Hausmann-Scholz aaO Rz. 34, 94; Pattar aaO 268, 343 f.).
[13]Die testamentarische Zuwendung ist aus den o.g. Gründen als Vermächtnis zu werten (OLG Hamm aaO; IPG 1987/1988 aaO 389; Ferid-Firsching-Dörner-Hausmann-Scholz aaO Rz. 34, 79). Soweit ihm nach ägyptischem Recht dingliche Wirkung zukommt (Vindikationslegat), ist es für in Deutschland belegene Gegenstände wie ein Damnationslegat im Sinne von § 2174 BGB zu behandeln (vgl. BGH, NJW 1995, 58, 59 (IPRspr. 1994 Nr. 125); Ferid-Firsching-Dörner-Hausmann-Scholz aaO Rz. 16; Staudinger-Dörner aaO Rz. 887) und demgemäß im Erbschein nach § 2369 BGB nicht auszuweisen (Staudinger-Dörner aaO).
[14](2) Sind allerdings weitere Verwandte vorhanden, stellt sich die Erbfolge gemäß Art. 8 ff. ägErbG abweichend dar. Das LG ist unter Bezugnahme auf den amtsgerichtlichen Beschluss davon ausgegangen, dass es sich bei dem Beteiligten zu 3) um den einzigen Bruder des Erblassers handelt. Das genügt zur Ermittlung der Erbfolge nach dem ägyptischen Recht jedoch nicht, denn danach kommen weitere – insbesondere auch weibliche – Personen als Erben in Betracht. Mag es angesichts des vom Erblasser erreichten Alters nicht naheliegend sein, dass ihn Aszendenten (vgl. Art. 9 ägErbG) überlebt haben, können jedenfalls auch Halbgeschwister (vgl. Art. 10 ägErbG) und Schwestern (vgl. Art. 13 ägErbG) Erben sein.
[15]Ist z.B. der Erblasser von einer (vollbürtigen) Schwester muslimischen Glaubens überlebt worden und war auch der Beteiligte zu 3) zum Todeszeitpunkt des Erblassers muslimischen Glaubens, steht der Beteiligten zu 1) gemäß Art. 12 lit. a ägErbG als Quotenerbin ein Erbteil von 1/2 zu. Von der weiteren Hälfte entfallen gemäß Art. 17 Nr. 3, 19 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 ägErbG auf die Schwester 1/6 und auf den Beteiligten zu 3) 2/6, jeweils als Resterben.
[16]f. Erst auf der Grundlage der Erbfolge nach ägyptischem Recht kann die nähere Prüfung erfolgen, ob ein Ausschluss des Beteiligten zu 2) von dieser Erbfolge gegen den deutschen ordre public nach Art. 6 EGBGB verstößt und er deshalb Miterbe geworden ist, wobei eine Quote von 1/3 kaum in Betracht käme. Denn wenn – wie das LG annimmt – die gesetzliche Erbfolge für den Beteiligten zu 2) so zu gelten hätte wie für einen legitimen Sohn des Erblassers muslimischen Glaubens, betrüge die Quote entweder 2/3 (Art. 16 Satz 1, 17 Nr. 1, 19 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 ägErbG) oder – soweit Art. 19 Satz 2 ägErbG nach Art. 6 Satz 2 EGBGB i.V.m. Art. 3 II GG nicht zur Anwendung kommt (vgl. OLG Hamm aaO 1711) – jedenfalls 1/2.
[17]Auch zu dem für die Anwendung des Art. 6 EGBGB erforderlichen Inlandsbezug (vgl. OLG Hamm aaO 1708 f.) hat das LG keine Feststellungen getroffen.
[18]g. Hierauf kommt es aber auch nicht an. Denn der auf der nichtehelichen Abstammung und Religionsverschiedenheit des Beteiligten zu 2) beruhende Erbausschluss führt in keinem Fall zu einem Ergebnis, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere den Grundrechten offensichtlich unvereinbar ist. Dafür genügt es nicht, dass die ausländische Regelung der gesetzlichen Erbfolge abstrakt gegen die öffentliche Ordnung verstößt. Entscheidend ist vielmehr, ob das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall zu missbilligen ist (BGHZ 118, 312, 331 (IPRspr. 1992 Nr. 218b); Palandt-Heldrich aaO Art. 6 EGBGB Rz. 5; Staudinger-Blumenwitz aaO Neub. 2003, Art. 6 EGBGB Rz. 105). So liegt es hier nicht. Denn wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts gebieten es nicht, dem Beteiligten zu 2) den beantragten Erbschein zu erteilen.
[19](1) Allerdings führt die Anwendung ägyptischen und deutschen Rechts nicht zu identischen Ergebnissen, was einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung von vornherein ausschlösse. Der Beteiligte zu 2) ist nach ägyptischem Recht von der (gesetzlichen) Erbfolge ausgeschlossen; er wäre zwar auch nach deutschem Recht durch die vom Erblasser getroffene letztwillige Verfügung von der (testamentarischen) Erbfolge ausgeschlossen. Denn im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanzen kann bei der Prüfung der Vereinbarkeit des Ergebnisses der Anwendung des ägyptischen Rechts mit den deutschen Rechtsgrundsätzen im Hinblick auf die durch Art. 14 I 1 GG garantierte Testierfreiheit nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Erblasser dieses Ergebnis in der nach deutschem Recht formwirksam getroffenen letztwilligen Verfügung ausdrücklich gebilligt hat (vgl. OLG Hamm aaO 1709; Lorenz, ZEV 2005, 440). Das muss auch dann gelten, wenn dem Erblasser nicht, wie nach Art. 25 II EGBGB für das im Inland belegene Immobiliarvermögen, die Wahl des deutschen Rechts für die letztwillige Verfügung gestattet ist. Dem Beteiligten zu 2) stünde jedoch nach deutschem Recht eine wirtschaftliche Beteiligung am Nachlass – ein Pflichtteilsanspruch i.H.v. 1/4 des Nachlasswerts, §§ 2303 I, 1924 IV BGB – zu, die das ägyptische Recht nicht vorsieht.
[20]Es bedarf keiner Entscheidung, ob der vollständige Ausschluss des Beteiligten zu 2) auf Teilhabe am Nachlass in untragbarem Widerspruch zu grundlegenden deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen steht. Nach der früheren Rechtsprechung zählt das Bestehen eines familiären Pflichtteils- oder Noterbrechts nicht zum deutschen ordre public (vgl. OLG Hamm aaO 1710 und w.N. bei Palandt-Heldrich aaO Art. 25 Rz. 30; Staudinger-Blumenwitz aaO Rz. 126). Diese Ansicht erscheint durch die Entscheidung des BVerfG vom 19.4.2005 (ZEV 2005, 301 ff.) überholt, nach der eine grundsätzlich unentziehbare und bedarfsunabhängige wirtschaftliche Mindestbeteiligung der Kinder des Erblassers an dessen Nachlass durch die Erbrechtsgarantie des Art. 14 I 1 i.V.m. Art. 6 I GG gewährleistet ist. Das gilt auch für nichteheliche Kinder, Art. 6 V, 3 III GG (vgl. BVerfGE 25, 167, 174). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Beteiligte zu 2) nach ägyptischem Recht nicht nur wegen seiner nichtehelichen Abstammung, sondern auch wegen der Religionsverschiedenheit zwischen ihm und dem Erblasser von einer Teilhabe am Nachlass ausgeschlossen ist. Hierin liegt ein Verstoß gegen das absolute Differenzierungsverbot des Art. 3 III 1 GG (OLG Hamm aaO 1709; Pattar aaO 503; Palandt-Heldrich aaO Art. 6 Rz. 30; Staudinger-Dörner aaO Art. 25 Rz. 729).
[21](2) Der genannte Verstoß gegen die öffentliche Ordnung führt jedenfalls nicht dazu, dass dem Beteiligten zu 2) eine Erbenstellung einzuräumen ist, die ihm weder bei Anwendung des ägyptischen noch des deutschen Rechts zukäme. Greift die Vorbehaltsklausel des Art. 6 EGBGB ein, ist zwar grundsätzlich zunächst eine Lösung im fremden Recht zu suchen; deutsches Recht ist nur hilfsweise als Ersatzrecht anzuwenden (Palandt-Heldrich aaO Art. 25 Rz. 13; Staudinger-Blumenwitz aaO Art. 6 EGBGB Rz. 169, 171). Stellte man den Beteiligten zu 2) – mit dem LG – einem ehelichen Sohn muslimischen Glaubens gleich, würde der Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, der hier im Ergebnis lediglich in der Verwehrung einer Mindestbeteiligung liegt, aber überkompensiert. Die sich aus Art. 6 EGBGB ergebende Lücke ist vielmehr entweder durch eine entsprechende Anwendung der Bestimmungen über das gesetzliche Vermächtnis nach Art. 76 ff. ägTestG zu schließen (vgl. Pattar aaO 506, 524) oder durch Gewährung eines Pflichtteilsanspruchs nach deutschem Recht (vgl. Lorenz aaO 441). In beiden Fällen haben die nur schuldrechtlichen Ansprüche keinen Einfluss auf die im Erbschein allein auszuweisende Erbenstellung.