War bei einer Vaterschaftsanerkennung die Vaterschaft am 1.7.1998, das heißt bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz – KindRG) vom 16.12.1997 (BGBl. I 2942), noch nicht geklärt, findet nach der Übergangsvorschrift des Art. 224 § 1 I EGBGB das neue Recht und mithin Art. 19 EGBGB Anwendung.
Haben die Kinder, für welche die Vaterschaft anerkannt werden soll, ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland (hier: in Kolumbien), so beurteilt sich die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung nach dem Recht des Aufenthaltsstaats.
Nach kolumbianischem Recht ist es für die Wirksamkeit einer Vaterschaftsanerkennung ohne Bedeutung, ob die Anerkennung unrichtig oder gar bewusst falsch ist. Gleiches gilt auch hinsichtlich einer durch die Heirat mit der Kindesmutter nach Art. 238 des kolumbianischen Código civil ipso iure erfolgten Legitimation der nichtehelichen Kinder. Es besteht jeweils nur eine Anfechtungsmöglichkeit.
Die Anfechtung einer nach ausländischem Recht erfolgten Vaterschaftsanerkennung richtet sich nach dem Recht, aus dem sich auch die Voraussetzungen der Abstammung ergeben (hier also nach kolumbianischem Recht).
Der Kl. ficht mit seiner Klage die in Kolumbien durch notarielle Urkunde erfolgte Anerkennung der Vaterschaft zu den Bekl. an.
Der Kl. hat die Bekl., zwei nichteheliche Töchter ungeklärter Abstammung, zusammen mit deren Mutter, einer kolumbianischen Staatsangehörigen, nach Deutschland geholt, um dort mit ihnen als Familie zusammenzuleben. Am 10.12.2001 hat der Kl. in Kolumbien eine notarielle Urkunde unterzeichnet, wonach er die Vaterschaft zu den Bekl. anerkennt. Am 14.3.2003 haben er und die Kindesmutter in Kolumbien geheiratet. Mitte Februar 2004 kehrte sie mit den Kindern zurück und zog beim Kl. ein, der sich inzwischen zu diesem Zweck eine größere Wohnung genommen hatte. Etwa zwei Wochen später zog sie mit den Bekl. wieder aus. Nunmehr stand für den Kl. fest, dass seine Ehefrau sich ihm nur zugewendet hatte, um für sich und ihre Kinder eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland zu erhalten. Die Ehe ist zwischenzeitlich rechtskräftig geschieden. Vorliegend ficht der Kl. die Anerkennung zu den Bekl. an. Das AG hat die Klagen abgewiesen.
Mit seiner jeweiligen Berufung verfolgt der Kl. sein Ziel weiter.
[1]II. Die Berufungen sind unbegründet.
[2]1. Die vom Kl. am 10.12.2001 in Kolumbien erklärte Vaterschaftsanerkennung ist wirksam.
[3]a) Die Wirksamkeit beurteilt sich nach kolumbianischem Recht.
[4]Weil die Vaterschaft zu den Bekl. am 1.7.1998, d.h. bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Kindschaftsrechts (Kindschaftsrechtsreformgesetz – KindRG) vom 16.12.1997 (BGBl. I 2942) noch nicht geklärt war, ist nach der Übergangsvorschrift des Art. 224 § 1 I EGBGB das neue Recht anzuwenden, mithin Art. 19 EGBGB (vgl. Wax in Familienrechtsreformkommentar, 1998; Palandt-Diederichsen, BGB, 66. Aufl.; Staudinger-Rauscher, BGB, 2003, jeweils Rz. 2 zu Art. 224 § 1 EGBGB). Nach der Grundsatzanknüpfung des Art. 19 I 1 EGBGB unterliegt die Abstammung der Bekl. dem Recht des Staats, in dem sie im Zeitpunkt der Anerkennung ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Würde man noch das alte Recht, d.h. Art. 20 I 1 EGBGB a.F., anwenden, ergäbe sich hier das gleiche Ergebnis. Denn dann unterläge die Abstammung dem Recht des Staats, dem die Mutter der Bekl. bei der Geburt angehörte.
[5]Die Zusatzanknüpfung des Art. 19 I 2 EGBGB, nach der die Abstammung im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dessen Heimatrecht bestimmt werden kann, käme vorliegend nur in Betracht, wenn die Anerkennung der Vaterschaft nach Maßgabe des kolumbianischen Rechts unwirksam wäre (vgl. Palandt-Heldrich aaO Art. 19 EGBGBRz. 6 m.w.N.). Das ist indessen nicht der Fall.
[6]b) Nach Art. 2 Satz 1 des kolumbianischen Gesetz Nr. 45 über Änderungen des Bürgerlichen Rechts (natürliche Kindschaft) vom 5.3.1936 i.d.F. des Gesetzes Nr. 75/68 vom 4.12.1968 (abgedr. bei Bergmann-Ferid-Henrich, Internationales Ehe und Kindschaftsrecht, Kolumbien S. 41 [57. Lfg.]) ist die Anerkennung als nichteheliches, d.h. als sog. natürliches Kind, unwiderruflich und kann erfolgen: 1) in der Geburtsurkunde, indem sie der Anerkennende unterzeichnet; 2) durch öffentliche Urkunde; 3) in einem Testament; 4) durch Erklärung vor einem Richter.
[7]Die erstinstanzlich eingeholte Rechtsauskunft des Prof. Dr. H. vom 15.7.2005 legt (nur) die erste Fallgestaltung zugrunde. Tatsächlich hat der Kl. jedoch die seine Vaterschaft dokumentierenden Geburtsurkunden vom 13.12.2001, deren in spanischer Sprache abgefassten Originale erst in der Berufungsinstanz vorgelegt worden sind, nicht unterzeichnet. Dort ist lediglich jeweils auf die seine Anerkennung der Vaterschaft zu den Bekl. ausweisende notarielle Urkunde vom 10.12.2001 hingewiesen. Darauf kommt es aber im Ergebnis nicht an. Denn der Kl. hat die Vaterschaft gemäß Art. 2 Satz 1 Nr. 2 kolumb. Gesetz Nr. 45 durch die vorbezeichnete öffentliche Urkunde anerkannt.
[8]c) Der Wortlaut dieser Urkunde ist hinsichtlich der Erklärung des Kl., die Vaterschaft zu den Bekl. anerkennen zu wollen, eindeutig und einer Auslegung nicht zugänglich. Dem entsprechend ist der Kl. selber von einer wirksamen Anerkennung ausgegangen. So hat er bei seiner Anhörung im Ehescheidungsverfahren am 29.9.2005 zu Protokoll erklärt, er habe ‚im Dezember 2001 die Kinder als eheliche Kinder anerkannt’. In den mit der Berufungserwiderung der Bekl. zu 2) vorgelegten Schreiben an die Ausländerbehörde H. hat der Kl. um Genehmigung der ‚Familienzusammenführung’ nachgesucht und auf seine Versuche, ‚meine beiden Töchter’ in H. zur Schule anzumelden, hingewiesen. Dementsprechend hat er in der weiteren in Kolumbien errichteten öffentlichen Urkunde vom 18.3.2003 unter Hinweis auf seine Vaterschaft die Kindesmutter bevollmächtigt, die behördlichen Voraussetzungen für die Ausreise der Bekl. herbeizuführen.
[9]Danach kann keine Rede davon sein, dass sich der Kl., wie behauptet, aufgrund von Sprachschwierigkeiten der Bedeutung seiner am 10.12.2001 beurkundeten Erklärung nicht bewusst war. Deshalb kann dahinstehen, ob es darauf für die Wirksamkeit der Anerkennung ankäme.
[10]d) Die Mutter der Bekl. hat in der öffentlichen Urkunde vom 10.12.2001 die dort beurkundete Anerkennung ausdrücklich genehmigt, wie sich aus dem Text der von ihr mit unterzeichneten Urkunde ohne vernünftigen Zweifel ergibt (‚Que acepta el reconocimiento ...’).
[11]Deshalb kann dahinstehen, ob nach kolumbianischem Recht die Genehmigung der Mutter erforderlich ist, wie dies gemäß § 1595 I BGB der Fall ist. Die Regelungen des kolumb. Gesetzes Nr. 45 liefern keinen Anhaltspunkt für ein solches Erfordernis.
[12]e) Danach kommt es wie nach § 1598 I BGB auch nach kolumbianischem Recht für die Wirksamkeit der Vaterschaftsanerkennung nur darauf an, ob ihre sachlichen Voraussetzungen nach Inhalt und Form der Erklärung vorliegen. Das ist der Fall. Ob die Anerkennung unrichtig oder wie hier gar bewusst falsch ist, hat auf ihre Wirksamkeit keinen Einfluss. Dem Kl. verblieb darum allein die Möglichkeit, innerhalb der dafür vorgesehenen Frist die von ihm erklärte Anerkennung wegen objektiver Unrichtigkeit anzufechten.
[13]2. Die Anfechtungsfrist ist vorliegend nicht eingehalten.
[14]a) Die Anfechtung der Anerkennung durch den Kl. richtet sich nach kolumbianischem Recht.
[15]Das ergibt sich aus den gemäß Art. 224 § 1 II EGBGB anzuwendenden Vorschriften des Art. 20 EGBGB. Nach der Grundsatzanknüpfung des Art. 20 Satz 1 EGBGB kann die Abstammung nur nach demjenigen Recht angefochten werden, aus dem sich ihre Voraussetzungen ergeben. Das ist hier das kolumbianische Recht, wie oben unter 1. dargelegt. Die Zusatzsatzanknüpfung des Art. 20 Satz 2 EGBGB, wonach das am Aufenthaltsort des Kindes geltende Recht maßgeblich ist, gilt nur für eine Anfechtung durch das Kind und kommt vorliegend nicht in Betracht.
[16]b) Die Bekl. sind nach Art. 238 kolumb. Cc (ebenfalls abgedr. bei Bergmann-Ferid-Henrich aaO S. 31 [118. Lfg.]) durch die am 14.3.2003 erfolgte Eheschließung ipso iure, d.h. ohne dass es eines weiteren Rechtsaktes bedurfte, legitimiert worden, also zu ehelichen Kindern des Kl. und der Kindesmutter geworden. Gemäß Art. 248 Satz 1 Nr. 1 kolumb. Cc konnte der Kl. die Legitimation, mithin die Ehelichkeit mit der Begründung anfechten, er könne nicht (biologischer) Vater der Bekl. sein. Nach Art. 248 Satz 2 kolumb. Cc war dafür eine Frist von 300 Tagen ab dem Tag einzuhalten, an dem das Interesse des Kl. an der Anfechtung erwachsen ist und er sein Anfechtungsrecht geltend machen konnte.
[17]Diese für die Anfechtung der Ehelichkeit geltende Regelung ist nach Art. 5 des kolumbianischen Gesetzes Nr. 75/68 vom 4.12.1968 auch hinsichtlich der Anfechtung einer Anerkennung als natürliches Kind anzuwenden.
[18]Das Interesse des Kl. an einer Anfechtung ist objektiv nicht erst entstanden, als er den Eindruck gewonnen hat, die Kindesmutter wolle mit ihm nicht in einer Familie zusammenleben, sondern habe für sich und die Bekl. lediglich eine Aufenthaltsgenehmigung in Deutschland erhalten wollen. Deshalb ist in Übereinstimmung mit der ergänzenden Rechtsauskunft des Prof. Dr. H. vom 28.3.2006 davon auszugehen, dass die Anfechtungsfrist bereits mit der Vaterschaftsanerkennung am 10.12. 2001 begonnen hat. Selbst wenn man stattdessen auf den Eintritt der Legitimation, d.h. den Tag der Eheschließung am 14.3.2003 abstellt, war die Frist von 300 Tagen bei Eingang der Anfechtungsklage am 17.5.2004 bereits abgelaufen.
[19]Gleiches würde bei Anwendung deutschen Rechts hinsichtlich der insoweit vorgeschriebenen zweijährigen Anfechtungsfrist des § 1600b I 1 BGB gelten, die gemäß § 1600b I 2 BGB am Tag der Anerkennung, mithin am 10.12.2001, begonnen hätte.
[20]3. Nach alledem bedurfte es der mit der Berufung beantragten Einholung einer erneuten bzw. weiteren Rechtsauskunft nicht mehr.
[21]III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.
[22]Das Urteil ist gemäß § 704 II ZPO nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären.