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Verfahrensgang

BAG, Urt. vom 21.08.2007 – 3 AZR 269/06 , IPRspr 2007-49

Rechtsgebiete

Arbeitsrecht → Arbeitsrecht gesamt bis 2019

Leitsatz

Das Betriebsverfassungsgesetz, welches dem Territorialitätsprinzip zufolge für alle in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Betriebe unabhängig vom Vertragsstatut gilt, erfasst im Ausland tätige Mitarbeiter deutscher Betriebe nur, sofern es sich bei deren Tätigkeit um eine „Ausstrahlung“ des Inlandsbetriebs handelt. Die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, die ausschließlich für Auslandsbaustellen eingestellt sind, unterfallen daher nicht dem Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes und damit auch nicht der Regelungskompetenz des Betriebsrats bzw. Gesamtbetriebsrats.

Sofern eine betriebliche Versorgungsordnung auf einer allgemeinen Betriebsvereinbarung beruht, die nur für Mitarbeiter des Unternehmens im Inland gilt, kann hinsichtlich des persönlichen und räumlich-territorialen Anwendungsbereichs der Versorgungsordnung selbst nichts anderes gelten.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist durch unterschiedliche Versorgungsleistungen für in- und ausländische Mitarbeiter jedenfalls dann nicht verletzt, wenn die ausgeschlossene ausländische Arbeitnehmergruppe durchschnittlich eine erheblich höhere Vergütung als die begünstigte Arbeitnehmergruppe erhält.

Rechtsnormen

BetrAVG § 1b
GG Art. 3

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob die Bekl. dem Kl. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren hat.

Der am 9.2.1943 geborene Kl. war seit dem 9.6.1978 bei der Bekl. ausschließlich auf ausländischen Baustellen als (Abschnitts-)Bauleiter beschäftigt. Es waren jeweils befristete „Auslandsdienstverträge“ abgeschlossen worden.

Bei der Bekl. bestand seit 1976 eine Versorgungsordnung für Arbeitnehmer, auf deren Arbeitsverhältnis das deutsche Tarifrecht Anwendung findet.

Der Kl. hat die Auffassung vertreten, die Bekl. sei verpflichtet, an ihn bei Eintritt in den Ruhestand Versorgungsleistungen gemäß der seit 1.1.1995 bei der Bekl. geltenden Versorgungsordnung (VersO 95) zu erbringen. Jedenfalls folge sein Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Ausschluss der Auslandsmitarbeiter von den Versorgungsleistungen sei nicht gerechtfertigt. Die Auslandstätigkeit und die Höhe seiner Vergütung seien keine sachlichen Gründe für eine Differenzierung zwischen den Auslandsmitarbeitern und den im Inland tätigen Mitarbeitern. Zudem müsse sich der Differenzierungsgrund aus der VersO 95 selbst ergeben. Warum die im Ausland beschäftigten Mitarbeiter von der betrieblichen Altersversorgung ausgenommen seien, sei aus der VersO 95 nicht erkennbar.

Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kl. sein Klageziel weiter.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]Die Revision des Kl. ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kl. steht der geltend gemachte Versorgungsanspruch nicht zu.

[2]A. Die Klage ist zulässig ...

[3]B. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kl. kann von der Bekl. nicht verlangen, dass sie ihm bei Eintritt des Versorgungsfalls eine Versorgung entsprechend der VersO 95 gewährt. Er kann seinen Anspruch nicht auf die VersO 95 selbst stützen. Wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, ergibt sich für den Kl., der eine einzelvertragliche Versorgungszusage nicht erhalten hat, auch kein Anspruch aus dem hier allein noch in Betracht kommenden Gleichbehandlungsgrundsatz.

[4]I. Der Kl. hat gegenüber der Bekl. keinen Versorgungsanspruch aus der VersO 95. Er fällt als Auslandsmitarbeiter nicht unter deren persönlichen Anwendungsbereich.

[5]1. Entgegen der Rechtsauffassung des Kl. gilt die VersO 95 nur für Mitarbeiter des Unternehmens im Inland.

[6]Zwar ist in der VersO 95 eine derartige Einschränkung nicht ausdrücklich geregelt. Dass nur Mitarbeiter des Unternehmens im Inland vom persönlichen Geltungsbereich dieser Versorgungsordnung erfasst sind, ergibt jedoch eine Auslegung der VersO in Anwendung systematischer und teleologischer Kriterien.

[7]Aus dem normativen Charakter der VersO als Gesamtbetriebsvereinbarung folgt, dass ihre Auslegung – ähnlich wie beim Tarifvertrag – den Regeln über die Auslegung von Gesetzen folgt. Dabei ist vom Wortlaut der Regelungen auszugehen, wobei es nicht auf den buchstäblichen Wortsinn ankommt. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille im Hinblick auf Sinn und Zweck der Regelungen zu berücksichtigen, sofern dieser erkennbar zum Ausdruck gekommen ist. Zu beachten ist dabei der Gesamtzusammenhang der Regelung, weil er auf den wirklichen Willen und damit auf den Zweck der Regelung schließen lassen kann (BAG, 15.2.2005 – 3 AZR 237/04, AP Nr. 194 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie = EzA Nr. 131 zu § 4 TVG Metallindustrie m.w.N.).

[8]Nr. 2 Abs. 2 VersO 95 nimmt die Allgemeine Betriebsvereinbarung nicht nur in Bezug, sondern erklärt sie zur Grundlage der VersO selbst und bringt damit zum Ausdruck, dass der Geltungsbereich der VersO keinesfalls weiter reicht als der der Allgemeinen Betriebsvereinbarung. Für Letztere ergibt sich aus § 1 Nr. 1 ausdrücklich, dass sie nur für alle Mitarbeiter des Unternehmens im Inland gilt. Dasselbe ergibt sich aus dem Vorwort zur ‚Allgemeinen Betriebsvereinbarung und Versorgungsordnung’. Die ‚bisher geltenden kollektiven Vereinbarungen’, die die VersO 95 ersetzt, hatten allesamt nur die Unterstützung von Betriebsangehörigen, mit denen ein Arbeitsverhältnis begründet wurde, auf welches das deutsche Tarifrecht (bzw. das Tarifrecht für Westberlin) Anwendung findet, und damit nicht die Unterstützung von Auslandsmitarbeitern zum Ziel. Dies ist auch bei der VersO 95 der Fall. Nach Nr. 5 VersO 95 richtet sich die Höhe der Versorgungsleistungen u.a. nach der maßgeblichen Versorgungsgruppe und diese wiederum nach der Eingruppierung der Mitarbeiter in eine bestimmte Tarif- bzw. Lohngruppe der Bautarifverträge. Die VersO 95 setzt also die Anwendbarkeit des deutschen Tarifrechts voraus. Hiergegen spricht auch nicht, dass der höchsten Versorgungsgruppe auch Angestellte mit ‚jeweils freier Vereinbarung’ zugeordnet sind. Die VersO 95 geht vom Regelfall der tariflichen Eingruppierung aus. Damit sind nicht die zahlreichen auf Auslandsbaustellen beschäftigten Arbeitnehmer gemeint.

[9]Letztlich ist zu berücksichtigen, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, die ausschließlich für Auslandsbaustellen eingestellt sind, nicht dem persönlichen Geltungsbereich des BetrVG und damit auch nicht der Regelungskompetenz des Betriebsrats bzw. Gesamtbetriebsrats unterfallen. Nach st. Rspr. des BAG richtet sich der räumliche Anwendungsbereich des BetrVG nach dem Territorialitätsprinzip. Das BetrVG gilt für alle in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Betriebe unabhängig vom Vertragsstatut der in ihnen beschäftigten Arbeitnehmer. Ob es auch im Ausland tätige Arbeitnehmer deutscher Betriebe erfasst, ist eine Frage des persönlichen Anwendungsbereichs dieses Gesetzes (vgl. BAG, 20.2.2001 – 1 ABR 30/00, AP Nr. 23 zu § 101 BetrVG 1972 = EzA Nr. 7 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung (IPRspr. 2001 Nr. 48); 22.3.2000 – 7 ABR 34/98, BAGE 94, 144 (IPRspr. 2000 Nr. 37); 7.12.1989 – 2 AZR 228/89, AP Nr. 27 zu Internat. Privatrecht : Arbeitsrecht = EzA Nr. 74 zu § 102 BetrVG 1972 (IPRspr. 1989 Nr. 74)). Erfasst werden nur solche Mitarbeiter, bei deren Tätigkeit es sich um eine ‚Ausstrahlung’ des Inlandsbetriebs handelt. Erforderlich ist eine Beziehung zum Inlandsbetrieb, die es rechtfertigt, die Auslandstätigkeit der im Inland entfalteten Betriebstätigkeit zuzurechnen (BAG, 20.2.2001 – 1 ABR 30/00 aaO; zu den Voraussetzungen einer Ausstrahlungswirkung vgl. BAG, 7.12.1989 – 2 AZR 228/89 aaO). Dies ist bei den Mitarbeitern, die ausschließlich für eine ausländische Baustelle eingestellt wurden, nicht der Fall.

[10]2. Der Kl. ist nicht Mitarbeiter der Bekl. im Inland, sondern Auslandsmitarbeiter im o.g. Sinne. Er wurde seit dem 9.6.1978 bei der Bekl. ohne Unterbrechung ausschließlich auf ausländischen Baustellen beschäftigt, so dass sich seine Auslandstätigkeit auch nicht als ‚Ausstrahlung’ des Inlandsbetriebs darstellt. Eine materielle Beziehung zu einem Inlandsbetrieb ist nicht im Ansatz festzustellen.

[11]II. Der Kl. hat gegenüber der Bekl. auch keinen Anspruch auf die begehrte Versorgung aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.

[12]1. Der Anwendung des arbeitsrechtlichenGleichbehandlungsgrundsatzes steht nicht entgegen, dass die betriebliche Altersversorgung der Bekl. durch eine Gesamtbetriebsvereinbarung geregelt ist und die Regelungsmacht des Gesamtbetriebsrats auf inländische Betriebe beschränkt ist. Diese Beschränkung ändert nämlich nichts an der Verpflichtung des Arbeitgebers, bei einer von ihm ausgehenden privatautonomen Regelsetzung die Grundsätze der Verteilungsgerechtigkeit zu wahren und die Regeln so aufzustellen und anzuwenden, dass nicht Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen ohne sachlichen Grund von Begünstigungen ausgenommen werden. Nur bei anderweitig aufgestellten Regeln, die der Arbeitgeber anzuwenden hat, findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz keine Anwendung (BAG, 15.6.2004 – 3 AZR 414/03, ZTR 2005, 95). Der Regelungsgegenstand ‚Altersversorgung’ ist jedoch nur teilmitbestimmt. Die Bekl. als Arbeitgeber bestimmt eigenverantwortlich, ob sie eine betriebliche Altersversorgung schaffen und welchen Personenkreis sie begünstigen will (vgl. BAG, 26.4.1988 – 3 AZR 168/86, BAGE 58, 156). Damit geht die VersO letztlich auf sie zurück, so dass sie an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden ist.

[13]2. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes, Art. 3 I GG. Gemäß § 1b I 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage als auch eine sachfremde Gruppenbildung (st. Rspr., vgl. u.a. BAG, 13.2.2002 – 5 AZR 713/00, AP Nr. 184 zu § 242 BGB Gleichbehandlung = EzA Nr. 87 zu § 242 BGB Gleichbehandlung m.w.N.). Die Differenzierungsgründe, d.h. die Gründe für die Ungleichbehandlung, müssen auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen verfassungsrechtliche oder sonstige übergeordnete Wertentscheidungen verstoßen (BAG, 18.9.2001 – 3 AZR 656/00, BAGE 99, 53).

[14]3. In Anwendung dieser Grundsätze kann die Bekl. sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Auslandsdienstverträge seien jeweils projektbezogen und befristet, deshalb bestehe zu Auslandsmitarbeitern eine weniger enge Bindung als zu den Inlandsmitarbeitern, was auch gewollt sei. Dieser Differenzierungsgrund trägt den Ausschluss des Kl. von den betrieblichen Versorgungsleistungen nicht. Aus diesem Grunde konnte offen bleiben, ob sich die Bekl. noch in der Revisionsinstanz auf diesen Differenzierungsgrund berufen konnte.

[15]Zwar ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, dass der besondere Wert der Betriebszugehörigkeit einer bestimmten Arbeitnehmergruppe ein zulässiger Differenzierungsgrund sein kann. Der Arbeitgeber darf aus seiner Sicht besonders wichtige Arbeitnehmer durch die Zusage von Versorgungsleistungen enger an sein Unternehmen binden. Seine Einschätzung muss allerdings nachvollziehbar sein. Die Abgrenzung der Versorgungsberechtigten muss auf die Bedeutung der ausgeübten Tätigkeiten für das Unternehmen zugeschnitten sein (BAG, 18.1.2003 – 3 AZR 655/02). Dies hat die Bekl. nicht plausibel dargelegt.

[16]Nachvollziehbar ist zwar ohne weiteres, dass sie kein Interesse daran hat, die jeweils vor Ort im Ausland für ein zeitlich befristetes spezielles Projekt angeworbenen und beschäftigten Ortskräfte enger an das Unternehmen zu binden. Ob der von der Bekl. angegebene Differenzierungsgrund einen Ausschluss der ausländischen Ortskräfte von den Versorgungsleistungen rechtfertigt, brauchte der Senat indes nicht zu entscheiden. Jedenfalls rechtfertigt der von der Bekl. angegebene Grund nicht eine Differenzierung zwischen Inlandsmitarbeitern und deutschen Auslandsmitarbeitern, die in vergleichbaren Positionen tätig sind wie der Kl., nämlich Leitungsaufgaben wahrzunehmen haben. Die Bekl. beschäftigt im Ausland nicht nur Ortskräfte, sondern zu 1/3, und damit zu einem nicht unerheblichen Anteil, deutsche Arbeitnehmer. Gerade diese sind, da sie nicht erst vor Ort angelernt werden müssen, für eine erfolgreiche Arbeit der Bekl. im Ausland, d.h. vor Ort, von maßgeblicher Bedeutung. Insbesondere Mitarbeiter, die – wie der Kl. – an ganz unterschiedlichen Orten und in ganz unterschiedlichen Projekten in Leitungsfunktionen tätig sind, gehören zu dem für ein international tätiges Bauunternehmen wichtigen Personal. Zu berücksichtigen ist, dass eine Einarbeitung und Anleitung von Personal im Ausland stets mit größeren Schwierigkeiten verbunden ist und es deshalb im wohlverstandenen Interesse der Bekl. liegt, hierfür auf bekannte und bewährte Mitarbeiter zurückzugreifen und sich deren Erfahrung zunutze machen zu können. Dies schließt es aus, dass die Bekl. an der Betriebszugehörigkeit der Gruppe der deutschen Auslandsmitarbeiter, die in mit dem Kl. vergleichbarer oder höherer Position tätig sind, ein geringeres Interesse hat als an der Betriebszugehörigkeit von im Inland tätigen Mitarbeitern, die einfache Tätigkeiten ausüben und deshalb ohne weiteres ersetzbar sind.

[17]4. Ebenso wenig gehört werden kann die Bekl. auch allein mit der Begründung, der (zusätzliche) Versorgungsbedarf der Auslandsmitarbeiter lasse sich nicht vorhersagen, da sich die Gruppe der Auslandsmitarbeiter zu 2/3 aus Angehörigen der verschiedensten Nationen zusammensetze, deren Versorgung jeweils unterschiedlichen staatlichen Versorgungssystemen, soweit solche existierten, oder gesetzlichen Regelungen unterliege, sich für die wenigsten Auslandsmitarbeiter der Versorgungsbedarf nach den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland richte und es auch für deutsche Auslandsmitarbeiter keinesfalls selbstverständlich sei, dass diese ihren Ruhestand in der Bundesrepublik Deutschland verbrächten. Auch diese Gründe vermögen die von der Bekl. vorgenommene Differenzierung zwischen Inlands- und Auslandsmitarbeitern nicht zu rechtfertigen.

[18]Nach der VersO 95 steht die Höhe der Versorgung in keinerlei Zusammenhang mit etwaigen Ansprüchen der Mitarbeiter aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Es handelt sich nicht um ein Gesamtversorgungssystem. Vielmehr errechnet sich die Höhe der Versorgungsleistungen allein nach der ‚versorgungswirksamen Betriebszugehörigkeit’, der maßgeblichen Versorgungsgruppe, dem entsprechenden Steigerungssatz, dem Teilzeitfaktor und der Art und dem Zeitpunkt des Leistungsfalls. Eine Anrechnung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung findet nicht statt.

[19]5. Die Bekl. konnte den Kl. als Auslandsmitarbeiter jedoch aus einem anderen Grunde wirksam von Versorgungsleistungen ausschließen. Auslandsmitarbeiter wie der Kl. werden nach einem Vergütungssystem vergütet, das sich grundsätzlich von dem der Inlandsmitarbeiter unterscheidet. Unterschiedliche Vergütungssysteme können den Ausschluss von Versorgungsleistungen rechtfertigen, wenn die ausgeschlossene Arbeitnehmergruppe durchschnittlich eine erheblich höhere Vergütung als die begünstigte Arbeitnehmergruppe erhält. Das ist hier der Fall.

[20]a) ... b) Entgegen der Rechtsauffassung des Kl. muss sich der geltend gemachte Differenzierungsgrund nicht aus der VersO selbst ergeben ... Die Antwort auf die Frage, ob der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt ist, hängt nicht davon ab, ob die Gründe für eine Differenzierung in einer Versorgungsordnung genannt sind, sondern davon, ob die Ungleichbehandlung in der Sache gerechtfertigt ist. Das ist hier der Fall.

[21]c) Der Kl. hatte seine Vergütung jeweils selbst ausgehandelt und wusste, dass er nicht nach Tarif, sondern deutlich darüber vergütet wurde. Er wusste auch, dass weitere als die in § 15 des Auslandsdienstvertrags insgesamt aufgeführten sozialen Leistungen – hier war auch die Altersversorgung genannt – durch die Bekl. nicht gezahlt wurden. Dies ergab sich aus § 16 des Auslandsdienstvertrags. Nach alledem war ihm das andere Vergütungssystem der Auslandsmitarbeiter, mithin der Grund der Bekl. für den Ausschluss der Auslandsmitarbeiter von Versorgungsleistungen, ohne weiteres erkennbar.

Fundstellen

LS und Gründe

AP, Nr. 40 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung
DB, 2008, 711
MDR, 2008, 32
RIW, 2008, 245

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2007-49

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