Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer ausländischen (hier: slowenischen) Entscheidung über den Kindesunterhalt, die Bestandteil eines Scheidungsurteils ist, setzt die vorherige Anerkennung der Scheidung durch die Landesjustizverwaltung (Art. 7 § 1 FamRÄndG) nicht voraus.
Mit Urteil des Kreisgerichts (damalige Bezeichnung: „Grundgericht“) Ljubljana vom 20.6.1990, rechtskräftig seit dem 9.10.1990, wurde die Ehe des Bekl. mit der Mutter der beiden damals noch minderjährigen Kl. geschieden, das Sorgerecht für sie der Mutter zugesprochen und der Bekl. verurteilt, zu Händen der Mutter für die beiden Kl. monatlich je 2 000 Dinar Kindesunterhalt ab 1.6.1990 zu zahlen.
Auf Antrag der Kl. wurde dieses Urteil durch Urteil des AG – FamG – auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit der Maßgabe anerkannt und für vollstreckbar erklärt, dass der Bekl. gemäß Art. 132 des slowenischen Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 26.5.1976 indexierten monatlichen Unterhaltszahlungen in Dinar bzw. ab 1.2.1992 in slowenischen Tolar verpflichtet ist.
Das OLG wies die gegen das Urteil gerichtete Berufung des Bekl. zurück. Hiergegen richtet sich dessen zugelassene Revision.
[1]Die Revision hat keinen Erfolg.
[2]I. 1. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass über den Antrag der Kl. durch Vollstreckungsurteil nach §§ 722 f. ZPO zu entscheiden war. Nach diesen Vorschriften ist ein Urteil eines ausländischen Gerichts ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung für vollstreckbar zu erklären, wenn es nach dem für das ausländische Gericht geltenden Recht Rechtskraft erlangt hat und seine Anerkennung nicht nach § 328 ZPO ausgeschlossen ist.
[3]a) Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend erkannt hat, ist die Anwendung der §§ 722 f. ZPO hier weder durch die EuGVO noch die EuEheVO ausgeschlossen.
[4]Zwar ist Slowenien seit 2004 Mitglied der Europäischen Union, so dass diese Verordnungen im Verhältnis zwischen Slowenien und der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich vorrangig anzuwenden sind. Die EuGVO ist nach ihrem Art. 66 I und II aber nicht auf Titel anzuwenden, die wie hier (1990) vor ihrem Inkrafttreten geschaffen wurden, und die EuEheVO gilt ohnehin nicht für Unterhaltspflichten (Art. 1 III lit. e EuEheVO). Auch deren Vorläuferregelung, das EuGVÜ, kommt hier nicht zur Anwendung, da Slowenien ihm nicht beigetreten war.
[5]b) Auch eine vorrangige Anwendung des Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (BGBl. 1986 II 825) kommt nicht in Betracht, da Slowenien nicht Vertragsstaat ist (vgl. Wendl-Stauriegel-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 7 Rz. 226; Gerhardt/Heintschel-Heinegg/Klein/Rausch, Handbuch des Fachanwalts – Familienrecht, 5. Aufl., Kap. 15 Rz. 95 N. 172; Köhler-Luthin, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl., Rz. 8061).
[6]2. Soweit das Berufungsgericht das Vorliegen von Ausschlussgründen nach § 328 I Nrn. 1–5 ZPO verneint hat, lässt dies Rechtsfehler nicht erkennen; auch die Revision erinnert insoweit nichts.
[7]3. Die erforderliche Prozessführungsbefugnis der Kl. für das vorliegende Verfahren nach §§ 722 f. ZPO (vgl. Göppinger-Wax-Linke, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 3287) ist hier unabhängig von der Frage gegeben, ob die Mutter der Kl. den ursprünglichen Titel nach slowenischem Recht als deren Vertreterin oder im Wege der Prozessstandschaft erstritten hat (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1983, 1268; AG Lahnstein, FamRZ 1986, 289, 290 (IPRspr. 1985 Nr. 182) zum jugoslawischen Recht; a.A. wohl OLG Stuttgart, FamRZ 1999, 312 ff.). Beide Kl. waren nämlich im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung volljährig, Art. 117 I des slowenischen Gesetzes über die Ehe- und Familienbeziehungen vom 26.5.1976 (Ur.l SRS Nr. 15/1976; im Folgenden EheFamG; dt. Übers. in Bergmann-Ferid-Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 143. Lfg., Slowenien S. 58 ff.), und schon deshalb befugt, das vorliegende Verfahren im eigenen Namen zu betreiben (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 26. Aufl., § 722 Rz. 64; Senatsurt. vom 1.6.1983 – IVb ZR 386/81, FamRZ 1983, 806 (IPRspr. 1983 Nr. 95) zur Prozessführungsbefugnis des Kindes für eine Abänderungsklage).
[8]Die Kl. waren zwar nicht Partei des Scheidungsverfahrens, in dem das Ausgangsurteil ergangen ist. Dennoch ist ihr Unterhaltsanspruch – wie es in Art. 78 I slowen. EheFamG und in Art. 421 II des slowenischen Gesetzes über das Streitverfahren vom 15.4.1999 (Ur.l RS Nr. 26/1999; dt. Übers. in Bergmann-Ferid-Henrich aaO S. 80) vorgesehen ist – in diesem Urteil geregelt worden, und zwar nicht nur im Innenverhältnis der Ehegatten untereinander (vgl. Zöller-Geimer aaO § 722 Rz. 64; vgl. auch OLG Hamburg, FamRZ 1983, 1157, 1158 (IPRspr. 1983 Nr. 178) zum finnischen Ehegesetz). Dies folgt nicht nur aus Art. 103 I und 123 slowen. EheFamG, die bestimmen, dass Eltern ihren Kindern unterhaltspflichtig sind, sondern auch aus der Überschrift zu Art. 78 ff. slowen. EheFamG (‚Beziehungen der Eltern zu den Kindern nach der Ehescheidung’) und insbesondere aus Art. 79 Satz 2 slowen. EheFamG, demzufolge auch das Kind eine Anpassung des im Scheidungsurteil festgelegten Unterhaltsbeitrags an veränderte Verhältnisse verlangen kann (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1982, 631, 632 (IPRspr. 1981 Nr. 109) zum bosnisch-herzegowinischen Recht). An der Art des Unterhaltsanspruchs des Kindes ändert sich durch die Trennung oder Scheidung der Eltern nichts (vgl. Povh, FamRZ 1991, 132, 136 zur Rechtslage vor der Unabhängigkeit Sloweniens).
[9]Die Kl. sind daher, auch ohne Titelgläubiger zu sein, für das Verfahren nach § 722 ZPO prozessführungsbefugt (vgl. Stein-Jonas-Münzberg, ZPO, § 722 Rz. 16; MünchKommZPO-Gottwald, 2. Aufl., § 722 Rz. 27; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 722 Rz. 7).
[10]4. Allerdings ist Vollstreckungstitel nicht das Urteil des Grundgerichts Ljubljana allein. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, handelt es sich um einen dynamischen Unterhaltstitel. Die darin festgelegten Unterhaltsbeträge werden nach Art. 132 I slowen. EheFamG der Wandlung der Lebenshaltungskosten und der persönlichen Einkommen in Slowenien angepasst (vgl. Novak, FamRZ 2005, 1637, 1640). Das zuständige Zentrum für Sozialarbeit benachrichtigt schriftlich den Verpflichteten und den Berechtigten über die jeweilige Anpassung und den neuen Unterhaltsbetrag, Art. 132 IV 1 slowen. EheFamG. Diese Benachrichtigung bildet gemäß Art. 132 IV 2 slowen. EheFamG zusammen mit der Gerichtsentscheidung den Vollstreckungstitel (vgl. auch OGH Wien vom 26.3.2003 – 3 Ob 71/03t – ZfRV 2003, 189). Das AG hätte daher das Ausgangsurteil i.V.m. den im Tenor aufgeführten Benachrichtigungen des Zentrums für die Sozialarbeit Kranj für vollstreckbar erklären müssen.
[11]II. Die Revision greift allein die Auffassung des Berufungsgerichts an, die Vollstreckbarkeitserklärung habe nicht der vorherigen Anerkennung des Scheidungsausspruchs nach Art. 7 § 1 FamRÄndG bedurft. Dem hält die Revision entgegen, bei dem slowenischen Urteil habe es sich – nach dem als lex fori maßgeblichen deutschen Verfahrensrecht – um ein Verbundurteil im Sinne des § 623 ZPO gehandelt. Wie sich aus der Begründung des Ausgangsurteils ergebe, habe die Verurteilung des Bekl. zur Unterhaltszahlung auch in engem sachlichem Zusammenhang mit der Entscheidung über das Sorgerecht für die Kinder und folglich auch mit der Ehescheidung selbst gestanden, so dass die Unterhaltspflicht nicht von der Wirksamkeit der Scheidung losgelöst werden könne. Deshalb hätte die Entscheidung zum Unterhalt erst nach Anerkennung des Scheidungsurteils für vollstreckbar erklärt werden können.
[12]Das verhilft der Revision indes nicht zum Erfolg.
[13]Eine Anerkennung des Scheidungsausspruchs war zwar nicht schon nach Art. 7 § 1 I 3 FamRÄndG entbehrlich, da die Ehegatten nicht beide dem Staat angehörten, dessen Gerichte die Scheidung ausgesprochen haben. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Bekl. im Zeitpunkt der Scheidung deutscher Staatsangehöriger.
[14]Für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer in einem ausländischen Scheidungsurteil getroffenen weiteren Nebenentscheidung, z.B. einer Verurteilung zu Unterhaltszahlungen, ist das Verfahren vor der Landesjustizverwaltung nach Art. 7 § 1 FamRÄndG aber nicht erforderlich (vgl. Geimer, NJW 1967, 1398, 1402; zum Gesetzeszweck vgl. auch Senatsbeschl., BGHZ 112, 127, 134 (IPRspr. 1990 Nr. 221)). Nur wenn die weitere Entscheidung auf dem Eheurteil beruht, ohne dieses also keinen Bestand haben kann, darf sie erst nach Anerkennung des Scheidungsausspruchs für vollstreckbar erklärt werden (BGHZ 64, 19, 22 = FamRZ 1975, 273, 274) (IPRspr. 1975 Nr. 98). Das ist hier nicht der Fall.
[15]Der ausgeurteilte Unterhaltsanspruch der Kinder beruht nicht auf dem Scheidungsausspruch, sondern besteht – wie oben unter I. 3 dargelegt – unabhängig hiervon.
[16]Der Senat schließt sich daher der in Rechtsprechung und Literatur h.M. an, dass die Vollstreckbarerklärung des Kindesunterhaltstitels nicht der vorherigen Anerkennung der Scheidung nach Art. 7 § 1 FamRÄndG bedarf (vgl. OLG Karlsruhe, DAVorm 1981, 166 f. (IPRspr. 1980 Nr. 174); OLG München, DAVorm 1982, 490 f. (IPRspr. 1982 Nr. 173); OLG Köln, FamRZ 1979, 718, 719 (IPRspr. 1979 Nr. 197); LG Frankenthal, DAVorm 1977, 62, 64 (IPRspr. 1976 Nr. 86); Wieczorek-Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 722 Rz. 46; Soergel-Kegel, BGB, 12. Aufl., Art. 19 EGBGB Rz. 115; Rahm-Künkel-Breuer, Hdb. des Familiengerichtsverfahrens, Bd. 4, VIII Rz. 180.7; Beitzke, ZfJ 1986, 477, 481; Göppinger-Wax-Linke aaO 3285; a.A. OLG Hamm, FamRZ 1989, 785 (IPRspr. 1989 Nr. 107) m. abl. Anm. Henrich, IPRax 1990, 59 f.). Denn das Anliegen des Art. 7 § 1 FamRÄndG, einander widersprechende Entscheidungen über die Wirksamkeit einer ausländischen Ehescheidung im Inland zu vermeiden (vgl. Senatsurt., BGHZ 112, 127, 134 (IPRspr. 1990 Nr. 221)), wird durch den Ausspruch der Vollstreckbarkeit des Titels über den Kindesunterhalt nicht tangiert.