Bei der erstmaligen Eintragung des Nichtbestehens einer Ehe ausländischer (hier: iranischer) Ehegatten in ein Personenstandsbuch hat der Standesbeamte ein materielles Prüfungsrecht bezüglich der Wirksamkeit der Ehe. Dabei ist für die Frage, ob die fehlende Registrierung der Ehe eine Formvorschrift darstellt, mit der Folge, dass Art. 13 III EGBGB Anwendung findet, oder ob es sich um eine materiell-rechtliche Vorschrift im Sinne des Art. 13 I EGBGB handelt, auf das deutsche Recht als der lex fori abzustellen.
Hat allerdings bereits ein Gericht rechtskräftig festgestellt, dass die Ehe zwischen den iranischen Ehegatten unwirksam ist, liegen die Voraussetzungen für die Eintragung des Nichtbestehens der Ehe vor.
Es geht um die erstmalige Eintragung des Nichtbestehens einer Ehe iran. Ehegatten in das Familienbuch. Zuvor hatte das FamG die Unwirksamkeit der Ehe rechtskräftig festgestellt.
Sowohl AG als auch LG bejahten die Voraussetzungen der Eintragung in das Familienbuch. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde ohne Erfolg.
[1]Die gemäß §§ 48 I, 49 I 2 PStG, 27 I, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3) hat in der Sache keinen Erfolg.
[2]Ohne Erfolg wendet sich die Beschwf. dagegen, dass AG und LG die Voraussetzungen für die Eintragung der beantragten Änderung in das Familienbuch bejaht haben.
[3]1. Nach § 15b II PStG ist eine Änderung in das Familienbuch einzutragen, wenn der Standesbeamte die entsprechende Tatsache für erwiesen erachtet. Eingetragen werden soll hier die Tatsache der Feststellung des Nichtbestehens der Ehe durch das seit dem 12.11.2004 rechtskräftige Urteil des AG T.-K. So hat das AG den Antrag der Beteiligten zu 1) zutreffend ausgelegt.
[4]2. Geht es darum, als Tatsachen bestimmte Rechtsverhältnisse, wie etwa eine Adoption, aus den primären Eintragungen in einem anderen Personenstandsbuch in das Familienbuch zu übernehmen, so soll dem Standesbeamten aufgrund des sekundären Charakters des Familienbuchs kein eigenes materielles Prüfungsrecht zustehen (Hepting-Gaaz, Personenstandsrecht, Bd. 1 [36. Lfg.], § 15b Rz. 50, § 13 Rz. 6, 7). Um einen solchen Fall geht es hier jedoch nicht, sondern um die erstmalige Eintragung in ein Personenstandsbuch. Das Urteil des FamG ist keine Personenstandsurkunde, es hat nicht die Bedeutung der Eintragung in einem Personenstandsbuch. Nach § 15b II PStG hat der Standesbeamte daher auch eine eigene Prüfungspflicht, vgl. BGH, FamRZ 1991, 300 f. (IPRspr. 1990 Nr. 73) In dem vom BGH zu entscheidenden Fall ging es um die Wirksamkeit einer einzutragenden Eheschließung. Der BGH hat ausgeführt, der Standesbeamte habe auch die materiellen Voraussetzungen einer rechtswirksamen Eheschließung zu prüfen. Der BGH weist darauf hin, dass das Familienbuch an der Beweiskraft des § 60 PStG beteiligt ist und die Allgemeinheit ein Interesse an objektiver Richtigkeit der Personenstandsregister hat. Dem Einwand des OLG Schleswig (StAZ 1967, 96) (IPRspr. 1966–1967 Nr. 260), ein materielles Prüfungsrecht des Standesbeamten führe dazu, dass das AG über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zu entscheiden habe, obwohl hierfür nach § 606 ZPO a.F. ausschließlich die Zuständigkeit des LG begründet gewesen sei, hat der BGH entgegengehalten, das AG greife nicht in die Zuständigkeit des nach § 606 ZPO berufenen Gerichts ein, ‚da es nicht mit Wirkung gegen jedermann über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe urteilt, sondern nur darüber entscheidet, ob die Eheschließung in ein Familienbuch einzutragen ist’. Den beteiligten Eheschließenden werde nicht die Möglichkeit genommen, ein Verfahren nach § 638 ZPO a.F. durchzuführen. Der Standesbeamte und die Vorinstanzen hätten daher die materiellen Voraussetzungen einer Eheschließung zu Recht geprüft (BGH aaO).
[5]3. Im vorliegenden Fall ist zweifelhaft, ob die zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) am 19.8.1993 geschlossene Ehe, wie das AG T.-K. – FamG – in seinem Urteil vom 10.8.2004 (176 F 3620/04) entschieden hat, unwirksam war. Das FamG ist zu der Auffassung gelangt, die Ehe sei nicht wirksam geschlossen, weil die fehlende Registrierung der Eheschließungsstelle beim Generalkonsulat ‚nach iranischer Vorstellung ... keine Formvorschrift, sondern die unmittelbare Anwendung von Gottes Wort aus dem Koran’ betreffe. Dies führe dazu, dass die Frage der Wirksamkeit der Eheschließung nicht nach Art. 13 III EGBGB, der auf die Formvorschriften des deutschen Ortsrechts abstellt, sondern gemäß Art. 13 I EGBGB nach dem Personalstatut der Eheschließenden, hier also nach iranischem Recht zu beurteilen sei. Dabei hat das AG die Qualifikation nach iranischem Recht vorgenommen, was durchgreifenden Bedenken begegnet.
[6]Die deutschen Kollisionsnormen umschreiben ihren jeweiligen Anwendungsbereich mit Begriffen, die dem deutschen materiellen Recht entlehnt sind, z.B. Form von Rechtsgeschäften, Güterstand, Scheidung usw. Die Auslegung dieser Begriffe entscheidet über Reichweite und Abgrenzung der verschiedenen Kollisionsnormen. Dabei ist von derjenigen Rechtsordnung auszugehen, welche die jeweilige Kollisionsnorm aufgestellt hat; für die Qualifikation maßgebend ist daher grundsätzlich die lex fori (Palandt-Heldrich, BGB, 65. Aufl., Einl vor Art. 3 EGBGB Rz. 27 m.w.N.). Die Frage, ob eine Vorschrift des fremden Rechts nach ihrem Zweck- und Sinngehalt als Formvorschrift oder als sachlichrechtliche Bestimmung aufzufassen ist, hat der deutsche Richter daher grundsätzlich nach deutschem Recht zu entscheiden (BGHZ 29, 137, 139 (IPRspr. 1958–1959 Nr. 112) für die sog. Handschuh-Ehe). Für die Frage, ob die fehlende Registrierung der Ehe der Beteiligten zu 1) und 2) eine Formvorschrift darstellt, mit der Folge, dass Art. 13 III EGBGB Anwendung findet, oder ob es sich um eine materiell-rechtliche Vorschrift im Sinne des Art. 13 I EGBGB handelt, ist also gerade nicht auf das iranische, sondern auf das deutsche Rechtsverständnis abzustellen. Hierzu hat der Senat schon früher entschieden, dass die Registrierung einer von iranischen Staatsbürgern in Deutschland geschlossenen Ehe bei der ständigen iranischen Auslandsvertretung eine Formvorschrift darstellt, deren Nichtbeachtung lediglich zu einer sog. hinkenden Ehe führt (Sentat, IPRax 1960/61 Nr. 91, 318, 323 f.). Das bedeutet, dass die Ehe gemäß Art. 13 III EGBGB im Inland wirksam ist, auch wenn der Heimatstaat die Ehe mangels Beachtung der dortigen Formvorschriften nicht anerkennt (vgl. BGHZ 19, 266 f. (IPRspr. 1954–1955 Nr. 213); BGHZ 73, 370, 372 (IPRspr. 1979 Nr. 3b); Senat, OLGZ 1976, 149 ff. (IPRspr. 1975 Nr. 36) für das ehemalige Jugoslawien).
[7]4. Gleichwohl ist hier die durch rechtskräftiges Urteil des AG T.-K. vom10.8.2004 getroffene Feststellung des Nichtbestehens der Ehe zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) in das Familienbuch einzutragen. Nach der erwähnten Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1991, 300) (IPRspr. 1990 Nr. 73) ist die vom Gericht zu treffende Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe von der Entscheidung darüber zu unterscheiden, ob die Eheschließung in ein Familienbuch einzutragen ist. Für den Fall des Nichtbestehens der Ehe bestimmt § 14 I Nr. 3 PStG jedoch, dass ‚die Feststellung des Nichtbestehens der Ehe’ in das Familienbuch einzutragen ist. Diese Vorschrift versteht unter Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe ‚nur die im Verfahren nach §§ 606 f. ZPO getroffene allgemein bindende Feststellung’ (Hepting-Gaaz aaO § 14 Rz. 40). Zwar ist die Vorschrift des § 638 II ZPO a.F., wonach das Urteil über das Bestehen oder Nichtbestehen der Ehe materielle Rechtskraft für und gegen jedermann entfaltet, ersatzlos gestrichen worden, weshalb im Schrifttum ganz überwiegend die Auffassung vertreten wird, dass die Rechtskraft nur noch zwischen den Parteien des Rechtsstreits wirkt (MünchKommZPO-Bernreuther, 2. Aufl., § 632 Rz. 3; Musielak-Borth, ZPO, 4. Aufl., § 632 Rz. 5; Zöller-Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 632 Rz. 10; Habscheid/Habscheid, FamRZ 1999, 480, 482). Da die zuständige Verwaltungsbehörde nicht gemäß §§ 632 II, 631 IV 2 ZPO an dem Verfahren vor dem AG T.-K. beteiligt war – offenbar weil die gebotene Unterrichtung unterblieben ist –, kann das Urteil des AG T.-K. gegenüber der Beschwf. nicht die auf die Verfahrensbeteiligten beschränkte Rechtskraft entfalten. Andererseits steht aufgrund des rechtskräftigen Urteils des AG T.-K. zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) das Nichtbestehen der am 19.8.1993 geschlossenen Ehe fest. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von demjenigen Sachverhalt, über den der BGH in der zitierten Entscheidung (aaO) zu entscheiden hatte. Im dortigen Fall lag kein rechtskräftiges Urteil eines FamG vor, in dem die Wirksamkeit der Eheschließung festgestellt wurde, während hier die Rechtsunwirksamkeit der Ehe in dem allein dafür vorgesehenen gerichtlichen Verfahren nach § 632 ZPO rechtskräftig festgestellt ist. Dementsprechend stellt das PStG, anders als bei Eintragung der Eheschließung, bezüglich des Nichtbestehens einer Ehe auf dessen Feststellung und damit auf das vorangegangene gerichtliche Verfahren ab. Die in diesem Verfahren getroffene Feststellung ist einzutragen (vgl. LG Bochum, StAZ 1983, 31 f.). Das rechtskräftige Urteil hat für die Eintragung nach § 14 I Nr. 3 PStG demnach eine Tatbestandswirkung, die die Überprüfung auf seine materielle Richtigkeit nicht zulässt. Der Standesbeamte würde – anders als im Fall des BGH bei Anlegung des Familienbuches aufgrund einer vorgelegten Heiratsurkunde – in die Entscheidungskompetenz des FamG eingreifen, wenn er die Eintragung der Feststellung des Nichtbestehens der Ehe nach eigener Prüfung der Rechtslage verweigern dürfte. Denn die Rechtskraft des Urteils hindert die Parteien daran, eine erneute Entscheidung des FamG herbeizuführen.
[8]Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Rechtskraft des Urteils über das Bestehen oder Nichtbestehen der Ehe nach Aufhebung des § 638 ZPO Dritte, die am Verfahren nicht beteiligt waren, nicht hindere, das Gegenteil des Festgestellten geltend zu machen (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 632 Rz. 6), während die Eintragung im Personenstandsbuch nach § 60 PStG Beweiskraft für und gegen alle habe. Zum einen ist nach § 60 II der Nachweis der Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen zulässig. Zum anderen ist als ‚Tatsache’ nur das Vorliegen des rechtskräftigen Urteils beurkundet, in dem die Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Ehe getroffen wurde. Die Beweiskraft der Eintragung geht mithin nicht weiter als die Rechtskraft des Urteils.
[9]Nach alledem rechtfertigt die fehlende Erstreckung der Rechtskraft auf Dritte es nicht, die Eintragung der gerichtlichen Feststellung von einer materiell-rechtlichen Überprüfung abhängig zu machen.
[10]5. Soweit die Beschwf. der Sache nach geltend macht, das Urteil des AG T.-K. sei nicht der Rechtskraft fähig, weil es grundlegend gegen geltendes deutsches Recht verstoße, kann dem nicht gefolgt werden. Grundsätzlich sind alle Zivilurteile der Rechtskraft fähig, soweit sie wie hier das Urteil des AG T.-K. vom 10.8.2004 eine Rechtslage feststellen (Zöller-Vollkommer aaO Vor § 322 Rz. 8). Auch der Hinweis der Beschwf., dass sie vom AG T.-K. entgegen § 632 III, 631 IV ZPO nicht über den Antrag, das Nichtbestehen der Ehe zwischen den Beteiligten zu 1) und 2) festzustellen, unterrichtet wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach der Regelung des § 638 Satz 2 ZPO a.F. hatte die fehlende Beteiligung der Behörde keine Auswirkung auf den Umfang der Rechtskraft oder die Wirksamkeit des Urteils (MünchKommZPO-Bernreuther Rz. 13 m.w.N. auch zur Gegenansicht). Anhaltspunkte dafür, dass sich durch die Neuregelung des Gesetzes hieran etwas geändert haben könnte, sind nicht ersichtlich. Die Beschwf. hatte im Übrigen die Möglichkeit, das Urteil des AG T.-K. mit der Berufung anzugreifen. Sie hat ihr fehlerhaft eingelegtes Rechtsmittel auf einen entsprechenden Hinweis des Berufungsgerichts zurückgenommen. Auf die Rechtskraft des Urteils und damit dessen Eintragungsfähigkeit im Familienbuch hat dies alles keinen Einfluss.