Der deutsche Schuldner aus einem Schiedsspruch eines ausländischen Schiedsgerichts ist im Vollsteckbarerklärungsverfahren mit den Anerkennungsverweigerungsgründen ausgeschlossen, die im Herkunftsland des Schiedsspruchs Gegenstand einer Anrufung des ordentlichen Gerichts hätten sein können, dort jedoch verfristet sind.
Die Gl. erstrebt die Vollstreckbarerklärung des Spruchs des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Handels- und Industriekammer der Ukraine vom 28.1.2005, in dem die Schuldnerin zur Zahlung von insgesamt 28 820,19 Euro verurteilt ist.
Der Schiedsspruch ist der Schuldnerin am 1.3.2005 durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt worden. Eine Fotokopie des Schiedsspruchs samt deutscher Übersetzung ist der Schuldnerin mit einem Anwaltsschreiben vom 23.6.2005, das eine letzte Zahlungsauforderung enthalten hat, zugegangen. Gleichwohl hat die Schuldnerin nicht binnen drei Monaten die Aufhebung des Schiedsspruchs beim Stadtgericht Kiew beantragt, wie dies die Verfahrensordnung des ukrainischen Internationalen Handelsschiedsgerichts vorsieht.
[1]II. Der zulässige Antrag der Gl. auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist begründet. Denn der Schiedsspruch ist nach § 1061 ZPO i.V.m. dem UNÜ für vollstreckbar zu erklären. Anerkennungsweigerungsgründe können nicht mehr geltend gemacht werden und lägen im Übrigen auch gar nicht vor.
[2]1. Die Schuldnerin ist mit ihrer Berufung auf Anerkennungsverweigerungsgründe präkludiert, weil sie ihre fristgemäße Geltendmachung im ukrainischen Aufhebungsverfahren versäumt hat. Nach st. Rspr. können Anerkennungsverweigerungsgründe im Vollstreckbarerklärungsverfahren nur berücksichtigt werden, wenn eine zulässige und inhaltlich einschlägige Aufhebungsklage im Herkunftsstaat des Schiedsspruchs nicht verfristet ist (wohl zuletzt BGH, NJW-RR 2001, 1059 f. (IPRspr. 2001 Nr. 202)). Zwar ist unter Geltung des neuen § 1061 ZPO die Fortgeltung dieser Rechtsprechung bestritten (Zöller-Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 1061 Rz. 29; BayObLG, NJW-RR 2001, 431 (IPRspr. 2000 Nr. 183); OLG Schleswig, RIW 2000, 706 (IPRspr. 2000 Nr. 185)), weil Art. V UNÜ keine Regelung eines Rügeverlusts enthalte. Eine restriktive Handhabung von Anerkennungsversagungsgründen verwehrt den deutschen Gerichten aber weder die völkervertragliche Geltung des UNÜ noch seine Geltung als einfaches Recht aufgrund des Verweises in § 1061 ZPO. Das UNÜ verhindert keine anerkennungsfreundlichere Praxis nationalen Rechts (dazu Art. VII Abs. 1 UNÜ). Die teleologische Reduktion nationalen Rechts steht den Gerichten aber nach wie vor frei, so dass alle Gründe auch unter der neuen Regelung fortbestehen, die eine Präklusion unter altem Recht gerechtfertigt haben (so insb. MünchKommZPO-Münch, 2. Aufl., § 1061 Rz. 7; Thomas-Putzo-Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 1061 Rz. 6; Musielak-Voigt, ZPO, 4. Aufl., § 1061 Rz. 20). Bei deutschen Schiedssprüchen geht die Neuregelung eindeutig von einer Präklusion bei versäumtem Aufhebungsverfahren aus (§ 1059 II 3 ZPO), ausländischen Präklusionsregelungen sollte deshalb in gleicher Weise Geltung verschafft werden, um dem Gedanken der Rechtssicherheit durch Schiedssprüche möglichst Rechnung zu tragen. Im Streitfall hat die Schuldnerin die Anerkennungsverweigerungsgründe erstmals im Schriftsatz vom 7.10.2005, bei Gericht eingegangen am 10.10.2005, vorgetragen. Nach Art. 9.2 (1) Spiegelstrich 2 und Art. 9.2 (2) Spiegelstrich 2 der Verfahrensordnung des ukrainischen Internationalen Handelsschiedsgerichts führen Verstöße gegen das rechtliche Gehör oder den ordre public, wozu ohne weiteres die Willkürlichkeit einer Entscheidung gehört, zur Aufhebung durch das staatliche Gericht, das aber binnen drei Monaten ‚nach dem Eingang des Schiedsspruchs’ angerufen sein muss (Art. 9.3 Verfahrensordnung). Der Senat trägt trotz des Bestreitens der Schuldnerin keine Bedenken anzunehmen, dass der Schiedsspruch der Schuldnerin am 1.3.2005 zugegangen ist, auch wenn hierüber nur die internationale Reklamationsbestätigung der deutschen Post und nicht der unterschriebene Rückschein vorgelegt werden konnte, der offenbar verloren gegangen ist. Im Übrigen ist unwidersprochen vorgetragen, dass der deutsche Anwalt der Gl. mit dem Schreiben vom 23.6.2005 den Schiedsspruch mit deutscher Übersetzung übersandt hat, so dass spätestens Ende Juni 2005 der Schiedsspruch ‚eingegangen’ war. Am 10.10.2005 war die Dreimonatsfrist deshalb auf jeden Fall abgelaufen – mit der Folge der Präklusion der Schuldnerin.
[3]2. Im Übrigen sind Anerkennungsverweigerungsgründe auch gar nicht gegeben.
[4]a) Das rechtliche Gehör der Schuldnerin ist nicht verletzt worden (Art. V Abs. 1 lit. b UNÜ). Das Schiedsgericht musste seinen Verhandlungstermin nicht wegen geschäftlicher Belastung der Schuldnerin verlegen, die einen geeigneten Vertreter hätte entsenden können. Zudem war nach den Ausführungen des Schiedsgerichts auf Wunsch der Schuldnerin schon einmal verlegt worden, so dass weitere Rücksichtnahme das Rechtsschutzinteresse der Gl. missachtet hätte.
[5]b) Der Vorwurf der Willkür und damit des Ordre-public-Verstoßes (Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ) ist nicht haltbar. Er ist nur gegeben, wenn die Entscheidungsfindung nicht mehr nachvollziehbar erscheint, weil bei strengeren Maßstäben eine inhaltliche sachliche Kontrolle stattfände, die gerade nicht erlaubt sein soll. Der Schiedsspruch, der nach Aktenlage erging, erscheint im Gegenteil sorgfältig begründet, sowohl was die Berechnung der Vertragsstrafen, als auch was die Feststellung des entgangenen Gewinns angeht. Dass die Äußerung der Gl. vom Februar 2004 als Verzicht zu deuten sei, wie dies die Schuldnerin ursprünglich behauptet hat, ist von der Gl. als Missverständnis unwidersprochen klargestellt worden. Zur Begründung willkürlichen Schiedsspruchs ist auch dieser Vortrag nicht geeignet.
[6]3. Nachdem die Schuldnerin mit ihren Anerkennungsverweigerungsgründen präkludiert war und ihr Vortrag im Übrigen erforderlicher Substantiierung entbehrte, war eine mündliche Verhandlung (§ 1063 II ZPO) nicht unabdingbar (dazu BGHZ 142, 204, 207 (IPRspr. 1999 Nr. 180)).
[7]Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 1064 II und III ZPO.