Eine ausländische Gesellschaft (hier: eine auf der Isle of Man registrierte Company Limited by Shares) ist weder partei- noch prozessfähig, wenn ihr im Prozess der Nachweis misslingt, nach ihrem Gesellschaftsstatut wirksam gegründet worden und bei dem Gesellschaftsregister (Companies Registry) weiterhin eingetragen zu sein.
Die bei der Eintragung vom Registrierungsbeamten auszustellende Gründungsbescheinigung (Certificate of Incorporation) begründet eine unwiderlegliche Vermutung für die Erfüllung der gesetzlichen Gründungsvoraussetzungen nach dem Recht der Isle of Man und erbringt somit den vollen Beweis für das Entstehen der Gesellschaft als juristische Person. Der Fortbestand der Gesellschaft kann durch einen aktuellen Auszug aus dem Gesellschaftsregister nachgewiesen werden.
Die Kl. macht gegen den Bekl. im Wege der Stufenklage Ansprüche auf Auskunft über in seinem Besitz befindliche Geschäftsunterlagen betreffend das von ihr betriebene Gewinnspiel „Kapital-Umverteilungs-Konzept T...-P...“, auf Rechnungslegung über von ihm für sie und ihre Kunden bzw. Mitspieler verwaltete Gelder sowie auf Herausgabe der sich aus der Auskunft ergebenden Geschäftsunterlagen und auf Auszahlung der sich aus der Rechnungslegung ergebenden Beträge geltend.
Bei der Kl. handelt es sich um eine auf der Isle of Man registrierte und mit ihrer Firmenzentrale ansässige Company Limited By Shares nach dem Recht der Isle of Man, die aktuell durch G.N.C. und M.P.W. vertreten werde und dazu folgende Urkundskopien beifügt: Gesellschaftssatzung (Memorandum and Articles of Association) der „L.C. Ltd. (formally H.C. Ltd.)“, Gründungsbescheinigung (Certificate of Incorporation) der „L.C. Ltd.“, ausgestellt durch das „General Registry Isle of Man“, vom 8.1.1993, Übersetzungen der in der mündlichen Verhandlung überreichten Faxkopie einer Vollmacht vom 15.5.2003 an Herrn B. und einer Bescheinigung über die Namensänderung (Certificate of Change of Name) von „H.C. Ltd.“ in „L.C. Ltd.“, ausgestellt durch das „General Registry Isle of Man“, vom 25.11.1994.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich die Kl. mit ihrer Berufung ohne Erfolg.
[1]Die Berufung ist an sich statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Ihrer Zulässigkeit stehen die im angefochtenen Urteil dargelegten Zweifel an der Partei- und Prozessfähigkeit der Kl. nicht entgegen. Denn das Rechtsmittel einer Partei, die sich dagegen wendet, dass sie in der Vorinstanz zu Unrecht als partei- oder prozessunfähig behandelt worden ist, ist ohne Rücksicht darauf zulässig, ob die erforderlichen Voraussetzungen ihrer Partei-und Prozessfähigkeit festgestellt werden können (vgl. BGHZ 143, 122; Zöller-Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 50 Rz. 8; § 56 Rz. 2, jeweils m.w.N.).
[2]Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das LG hat die Kl. mit Recht als partei- und prozessunfähig angesehen. Im Hinblick auf den gesetzlichen Vorrang des Vorliegens der Prozessvoraussetzungen stellt sich das angefochtene Urteil somit als Prozessurteil dar, während die zugleich ausgesprochene Sachabweisung nicht an der Rechtskraft des Urteils teilnimmt (vgl. Zöller-Greger aaO Vor § 253 Rz. 10 m.w.N.). Die Berufung ist daher mit der – klarstellenden – Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
[3]I. 1. Die Parteifähigkeit gehört – ebenso wie die Prozessfähigkeit und die Legitimation der gesetzlichen Vertreter einer Partei – zu den Prozessvoraussetzungen, deren Vorliegen gemäß § 56 I ZPO in jeder Lage des Verfahrens und in jedem Rechtszug von Amts wegen zu prüfen ist, wobei auch neues Tatsachenvorbringen zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, NJW 2004, 2523 (IPRspr 2004-143); Zöller-Vollkommer aaO § 56 Rz. 2, jeweils m.w.N.). Der Grundsatz der Amtsprüfung bedeutet aber nicht, dass das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen ermittelt und aufklärt. Es verbleibt vielmehr bei dem Beibringungsgrundsatz. Das Gericht hat regelmäßig nur auf Bedenken aufmerksam zu machen und die Parteien aufzufordern, die erforderlichen Nachweise zu beschaffen. Bei deren Prüfung ist das Gericht an die allgemeinen Beweisvorschriften, insbesondere an Beweisanträge, nicht gebunden und überzeugt sich im Wege des Freibeweises (vgl. zu Vorstehendem BGHZ 143, 122, 124; Zöller-Vollkommer Rz. 4, 8; MünchKomm-Kindler, 3.Aufl., IntGesR Rz. 328, jeweils m.w.N.).
[4]2. Die Kl. behauptet, als Company Limited By Shares nach dem Recht der Isle of Man gegründet, in das dortige Gesellschaftsregister eingetragen und dort mit ihrer Firmenzentrale ansässig zu sein.
[5]a) Nach der bisher st. Rspr. des BGH zum internationalen Gesellschaftsrecht beurteilt sich die Rechtsfähigkeit und – daraus folgend – die Parteifähigkeit einer Gesellschaft nach dem Recht des Staats, in dem sich ihr tatsächlicher Verwaltungssitz befindet. Eine Einschränkung der sog. Sitztheorie gilt etwa dann, wenn die gegenseitige Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit von Gesellschaften durch Staatsvertrag geregelt ist und dieser an das jeweilige Gründungsrecht der Gesellschaften anknüpft (vgl. BGH, MDR 2003, 647 (IPRspr. 2003 Nr. 10) zum deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 29.10.1954). Ferner gebietet die in Art. 43 und 48 EG gewährleistete Niederlassungsfreiheit die Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft, die nach den Rechtsvorschriften eines EU-Mitgliedstaats gegründet worden ist und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der EG hat (Art. 48 I EG), nach dem Recht ihres Gründungsstaats, wenn sie ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegt oder dort eine Zweigniederlassung errichtet (vgl. EuGH, ZIP 1999, 438 [Centros]; DB 2002, 2425 [Überseering BV/NCC]; ZIP 2003, 1885 [Inspire Art]; BGH, GmbHR 2003, 527 [Überseering BV] (IPRspr. 2003 Nr. 13); KG, DB 2003, 2695/2696 (IPRspr. 2003 Nr. 215) m.w.N.).
[6]b) Die Isle of Man gehört als unmittelbar mit der britischen Krone verbundenes Gebiet nicht zum Hoheitsbereich des Vereinigten Königreichs, wenngleich [dieses] ihre auswärtigen Beziehungen wahrnimmt. Gemäß Art. 299 VI lit. c EG gilt der Vertrag für die Isle of Man nur eingeschränkt nach Maßgabe der Beitrittsakte von 1972. Für ihre Staatsangehörigen gelten insbesondere nicht die Gemeinschaftsbestimmungen über die Freizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr (vgl. Lenz-Borchardt-Booß, EU- und EG-Vertrag, 3.Aufl., Art. 299 Rz. 8; Streinz-Kokott, EUV/EGV, 2003, Art. 299 Rz. 27 und Müller-Graff aaO Art. 43 Rz. 26, 29 m.w.N.). Auch nach dem Recht der Isle of Man gegründete Gesellschaften können sich demnach nicht auf die durch Art. 43, 48 EG gewährte Niederlassungsfreiheit berufen.
[7]Vorliegend kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Rechts- und Parteifähigkeit nach dem Recht der Isle of Man gegründeter und dort registrierter Gesellschaften nur dann nach dem Recht der Isle of Man zu beurteilen ist, wenn sie dort auch ihren tatsächlichen Verwaltungssitz haben. Denn die Kl. hat schon – wie nachstehend ausgeführt wird – ihre Gründung und – fortbestehende – Eintragung bei dem Gesellschaftsregister (Companies Registry) der Isle of Man nicht hinreichend nachgewiesen.
[8]c) Die Isle of Man verfügt über eine eigene gesetzliche Regelung des Gesellschaftsrechts, die sich eng an das britische Recht anlehnt (vgl. Behrens, Die GmbH im internationalen und europäischen Recht, 2.Aufl., VIII. GB/NI/El 2). Danach bedarf es zur Gründung einer Private Company Limited By Shares zunächst der Errichtung einer Gründungsurkunde und einer Gesellschaftssatzung (Memorandum and Articles of Association). Zur Entstehung der Gesellschaft, insbesondere zur Erlangung ihrer Rechtsfähigkeit und zum Eintritt der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen, ist die Eintragung (registration) in das Gesellschaftsregister (Companies Registry) erforderlich. Bei Vornahme der Eintragung hat der Registrierungsbeamte eine Gründungsbescheinigung (Certificate of Incorporation) auszustellen. Diese Urkunde begründet eine unwiderlegliche Vermutung für die Erfüllung der gesetzlichen Gründungsvoraussetzungen und daher den vollen Beweis dafür, dass die Gesellschaft als juristische Person entstanden ist (vgl. zu Vorstehendem Cain, A Guide to Isle of Man Companies, Trusts and other Forms of Businesses, 2002, Section 1: Companies, 8.f.; Behrens aaO GB/NI/El 16, 19).
[9]Die Gesellschaft ist ferner verpflichtet, Jahresberichte (annual returns) zum Gesellschaftsregister einzureichen, durch die die wichtigsten Angaben über sie, insbesondere Änderungen ihres Satzungssitzes, ihre Direktoren und Anteilseigner, ihre Auflösung und Abwicklung, aktualisiert werden sollen; diese beim Gesellschaftsregister aufbewahrten Unterlagen sind öffentlich einsehbar (vgl. Cain aaO 10 f.; Behrens aaO GB/NI/El 50).
[10]Hat eine Gesellschaft ihre Tätigkeit eingestellt, kann sie in einem förmlichen Verfahren auch dadurch beendet werden, dass sie von Amts wegen im Gesellschaftsregister gelöscht wird (vgl. Cain aaO 15 f.; Behrens aaO GB/NI/El 54; BGH, NJW 1993, 2744 (IPRspr. 1993 Nr. 27)).
[11]3. Die von der Kl. vorgelegten Urkunden reichen zum Beweis ihrer Behauptung, als Private Company Limited By Shares nach dem Recht der Isle of Man gegründet und auch gegenwärtig noch in das dortige Gesellschaftsregister eingetragen zu sein, nicht aus.
[12]a) Das von der Kl. vorgelegte ‚Memorandum and Articles of Association’, bei dem es sich um die Orginalurkunde handeln soll, ist zum Nachweis ihrer Gründung als Private Company Limited By Shares für sich allein nicht geeignet, weil die Gesellschaft als solche erst mit der Eintragung in das Gesellschaftsregister entsteht. Erst die Vorlage der Gründungsbescheinigung (Certificate of Incorporation) vom 8.1.1993 könnte daher den vollen Beweis für die Gründung und die Rechtsfähigkeit der Kl. – bezogen auf den Zeitpunkt der Ausstellung der Urkunde – erbringen.
[13]Die Kl. hat jedoch sowohl die Gründungsbescheinigung (Certificate of Incorporation) vom 8.1.1993 als auch die Bescheinigung über die Namensänderung (Certificate of Change of Name) vom 25.11.1994, die beide durch das ‚General Registry Isle of Man’ ausgestellt worden sein sollen, lediglich als Kopien vorgelegt, denen als solche keine Urkundenqualität zukommt.
[14]Die Beweiskraft öffentlicher Urkunden gemäß § 438 ZPO kann jedoch nur den vom Gesellschaftsregister ausgestellten Originalurkunden oder öffentlich beglaubigten Kopien dieser Urkunden zukommen. Ferner ist zu berücksichtigten, dass die EuGVO auf die Isle of Man gemäß Art. 299 VI lit. c EG keine Anwendung findet (vgl. Geimer-Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., A. 1. Einl. Rz. 217 f.). Ihre öffentlichen Urkunden bedürften daher zusätzlich der Apostille zum Beweis ihrer Echtheit gemäß § 438 II ZPO, da die Isle of Man Vertragsstaat des Haager Abkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 5.10.1961 (BGBl. 1965 II 875) ist.
[15]Schon die wirksame Gründung der Kl. ist nach alledem nicht bewiesen.
[16]b) Darüber hinaus hat die Kl. auch keinen aktuellen Auszug aus dem Gesellschaftsregister der Isle of Man vorgelegt, obwohl ihr dies mit Beschluss vom 5.3.2004 aufgegeben worden ist. Die Vorlage einer solchen aktuellen Bescheinigung ist erforderlich, um sicherzustellen, dass die Kl. gegenwärtig noch im Gesellschaftsregister eingetragen und nicht zwischenzeitlich gelöscht worden ist.
[17]Der Prozessbevollmächtigte der Kl. ist insoweit in der mündlichen Verhandlung vom 11.2.2005 darauf hingewiesen worden, dass aus der Internetseite des Isle of Man Government (Financial Supervision Commission – Companies Registry) ersichtlich ist, dass bei dem Gesellschaftsregister die dort vorliegenden Dokumente praktisch täglich eingesehen und aktuelle Auskünfte über die bei ihm registrierten Gesellschaften per Post, Telefon, Telefax und E-Mail eingeholt werden können. Eine Erklärung, weshalb sich die Kl. gleichwohl nicht zur Vorlage einer aktuellen Bescheinigung des Gesellschaftsregisters betreffend ihre gegenwärtige Eintragung und ihre Rechtsverhältnisse in der Lage sehe, ist ausgeblieben.
[18]Nach alledem kann auch die gegenwärtige Existenz der Kl. nicht angenommen werden.
[19]II. Auf die Frage des Nachweises der Prozessfähigkeit der Kl. kommt es nach alledem nicht mehr an. Insoweit wird jedoch ergänzend darauf hingewiesen, dass auch die Bestellung der im Rubrum als gegenwärtige Direktoren der Kl. benannten Personen nicht durch eine aktuelle Bescheinigung des Gesellschaftsregisters oder eine sonstige öffentliche Urkunde, wie etwa eine aufgrund Einsichtnahme in das Gesellschaftsregister erteilte Vertretungsbescheinigung eines Notars (vgl. Schaub, NZG 2000, 953, 959), nachgewiesen worden ist. Die vorgelegten notariellen Beglaubigungen vom 16.5.2003 und 7.2.2005 beziehen sich allein auf die Abgabe der Erklärungen des Herrn M.P.W. und sind daher als Vertretungsnachweis nicht geeignet.
[20]III. Schließlich ist auch die wirksame Bevollmächtigung des im Rubrum genannten Herrn B. mit der Vertretung der Kl. im vorliegenden Rechtsstreit nicht hinreichend nachgewiesen. Die vorgelegte Vollmachtsurkunde vom 15.5.2003 galt zeitlich begrenzt nur bis zum 14.5.2004. Inhaltlich stand die Vollmacht zur Vertretung vor Gericht unter der Bedingung vorheriger Information der Gesellschaft und Vertretung ihrer Interessen. Die Vollmacht zur Beauftragung von Vertretern vor Gericht stand zusätzlich unter der Bedingung vorheriger Zustimmung der Direktoren. Der Eintritt dieser Bedingungen ist nicht nachgewiesen. Auch die weitere Vollmachtsurkunde vom 1.2.2005 ist zeitlich befristet und enthält ebenfalls die erwähnten Beschränkungen.
[21]Dem Schreiben vom 11.5.2004, wonach die gegenwärtigen Direktoren rückwirkend die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten genehmigten, kann ein Beweiswert nicht zukommen, da es sich um eine bloße Privaturkunde handelt und Zweifel an ihrer Echtheit im Hinblick darauf bestehen, dass in dem Schreiben jegliche Bezugnahme auf die Vollmacht vom 15.5.2003 und deren unmittelbar bevorstehenden Ablauf fehlt.