Das Erlöschen des im ausländischen (hier: rumänischen) Schiedsspruch titulierten Anspruchs durch die Aufrechnung mit einer rechtskräftig festgestellten Forderung gegen die Antragstellerin kann im Antragsverfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs geltend gemacht werden.
Die Wirksamkeit der Aufrechnung richtet sich nach dem Schuldstatut der Forderung, gegen die aufgerechnet wird (hier: nach rumänischem Recht).
Die ASt. erwirkte einen Schiedsspruch beim Internationalen Handelsschiedsgericht bei der Industrie- und Handelskammer Rumäniens in Bukarest. Mit dem Schiedsurteil Nr. 46 vom 29.3.2000 (Dossier Nr. 265/1998) ist die Schiedsbekl. zur Zahlung von 37 408,62 US-Dollar verurteilt worden.
Die Schiedsbekl. wurde nach Erlass des Schiedsspruchs in die AGg. umgewandelt.
Die ASt. beantragt, das Urteil des Internationalen Handelsschiedsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer Rumäniens hinsichtlich Haupt- und Nebenforderungen für vollstreckbar zu erklären.
Die AGg. beantragt, den Antrag der ASt. auf Vollstreckbarerklärung abzulehnen und festzustellen, dass der Schiedsspruch des Internationalen Handelsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer Rumäniens im Inland nicht anzuerkennen sei. Sie bestreitet nicht, dass der im Streit befindliche Schiedsspruch zu Recht ergangen sei. Sie rechnet jedoch gegenüber der streitgegenständlichen Forderung mit einer Forderung in Höhe von 108 000 US-Dollar auf, zu deren Zahlung die ASt. mit Urteil des Obersten Rumänischen Gerichtshofs – Senat für Handelsrecht, Entscheidung Nr. 6126/2000 vom 7.12.2000 – verurteilt wurde. Die Beteiligten jenes Verfahrens hatten den ihnen gegen die ASt. zustehenden Anspruch auf Erstattung der Gerichtsgebühren zunächst an eine Tochtergesellschaft der AGg. abgetreten, da die ASt. den streitgegenständlichen Anspruch zunächst gegenüber dieser Tochtergesellschaft geltend gemacht habe. Nachforschungen hätten dann aber ergeben, dass der Anspruch gegenüber der jetzigen AGg. als Rechtsnachfolgerin der Schiedsbekl. bestehe. Da die ursprünglich erklärte Aufrechung ins Leere gegangen ist, wurde der Anspruch an die AGg. rückabgetreten.
Die ASt. rechnet nun wiederum ihrerseits mit einer Forderung gegen die AGg. auf, die sie in einem bei dem Obersten Gerichtshof in Rumänien anhängigen Prozess einklagt.
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des rumänischen Schiedsspruchs bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
[1]II. Der Antrag der ASt. ist, nachdem ihr Verfahrenbevollmächtigter nach Anordnung der mündlichen Verhandlung das Mandat niedergelegt hat, gemäß § 1063 IV ZPO unzulässig.
[2]Er ist darüber hinaus auch unbegründet. Die AGg. kann sich gegenüber der streitgegenständlichen Forderung mit Erfolg auf eine Aufrechnung berufen.
[3]1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aus § 1062 II i.V.m. I Nr. 4 ZPO, da die AGg. ihren Sitz in D. hat.
[4]2. Der Schiedsspruch des Internationalen Handelsgerichts bei der Industrie- und Handelskammer Rumäniens vom 29.3.2000 erfüllt die Voraussetzungen des § 1061 I ZPO.
[5]Nach § 1061 I ZPO richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem UNÜ. Voraussetzung für die Vollstreckbarkeitserklärung ist zunächst, dass ein ausländischer Schiedsspruch vorliegt, der nach dem für ihn maßgeblichen Recht verbindlich geworden ist (Art. V Abs. 1 lit. e UNÜ. Die Frage, ob ein Schiedsspruch vorliegt, beurteilt sich nach deutschem Recht (Zöller-Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 1061 Rz. 4). Danach handelt es sich bei einem Schiedsspruch gemäß §§ 1054, 1055 ZPO um die endgültige Entscheidung über den Streitgegenstand im Ganzen oder einen abgrenzbaren Teil durch ein nichtstaatliches Gericht. Dieser Schiedsspruch muss nach § 1054 ZPO schriftlich abgefasst, datiert, durch die Schiedsrichter unterzeichnet und den Parteien übersandt worden sein. Diesen Anforderungen wird der streitgegenständliche Schiedsspruch gerecht. Der Schiedsspruch verhält sich [zu der] Lieferung verschiedener Mengen warmgewalzten Blechs durch die Schiedsklägerin. Die Parteien haben in den Verträgen eine Schiedsklausel vereinbart, wonach Unstimmigkeiten bei der Vertragsdurchführung durch die Schiedskommission der Industrie- und Handelskammer Bukarest entschieden werden sollten ... Auf der Grundlage streitigen Vorbringens hat das Schiedsgericht entschieden, dass der von der Schiedsklägerin geltend gemachte Anspruch begründet sei. Der Schiedsspruch ist von allen Schiedsrichtern unterzeichnet und den Beteiligten zugestellt worden.
[6]Anerkennungsversagungsgründe nach Art. V Abs. 2 UNÜ liegen nicht vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, und hier besteht auch Einigkeit zwischen den Parteien, dass der Schiedsspruch, der einen kaufvertraglichen Anspruch betrifft, nach rumänischem Recht nicht hätte im schiedsrichterlichen Wege geregelt werden dürfen oder aber die Anerkennung des Schiedsspruchs der öffentlichen Ordnung Rumäniens widersprechen würde.
[7]Die AGg. hat sich nicht auf Anerkennungsversagungsgründe berufen. Über die Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs besteht zwischen den Parteien Einigkeit.
[8]Gegen die im Schiedsurteil Nr. 46 vom 19.3.2000 titulierte Forderung hat die AGg. wirksam mit einer Gegenforderung im Anerkennungsverfahren In Höhe von 108 000 US-Dollar aufgerechnet, die ihr nach dem Urteil des Obersten Rumänischen Gerichtshofs – Senat für Handelrecht, Entscheidung Nr. 6126/2000 vom 7.12.2000 – zugesprochen worden sind.
[9]Die AGg. kann sich im vorliegenden Verfahren auf die Einwendungen gegen den dem Schiedsspruch zugrunde liegenden materiellen Anspruch berufen, da über die von ihr zur Aufrechnung gestellte Forderung rechtskräftig entschieden worden ist. Einer Erklärung der Vollstreckbarkeit bedarf es auch nach rumänischen Recht nicht. Soweit sich die Forderungen aufrechenbar gegenüberstehen, ist die titulierte Forderung der ASt. erloschen.
[10]Zu der Frage, ob die Aufrechnung mit einer Gegenforderung im Anerkennungsverfahren möglich ist, werden im Wesentlichen zwei Ansichten vertreten. Das \linebreak BayObLG sieht nach dem Inkrafttreten des neuen Schiedsverfahrensrechts keinen Raum für eine Aufrechnung mit einer bestrittenen Forderung gegen den im Schiedsspruch titulierten Anspruch im Antragsverfahren auf Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs. Nach Ansicht des dortigen Senats gehe dies mit einer nicht hinnehmbaren Verkürzung des Rechtswegs einher. Die OLGe bzw. das BayObLG entschieden im Verfahren nach §§ 1062 ff. ZPO durch Beschluss, gegen den kein zu einer weiteren Tatsacheninstanz führendes Rechtsmittel, sondern nur noch die unter eingeschränkten Voraussetzungen statthafte revisionsrechtlich ausgestaltete Rechtsbeschwerde zum BGH gegeben sei. Die Entscheidung sei einer weiteren tatrichterlichen Entscheidung nicht zugänglich und würde gegenüber der Klage aus § 767 ZPO den Verlust einer Tatsacheninstanz nach sich ziehen. Außerdem sei Ziel und Zweck der Reform des Schiedsverfahrensrechts die grundlegende Vereinfachung und Straffung der gerichtlichen Verfahren sowohl im Interesse der zügigen Beendigung des Schiedsverfahrens als auch zur Entlastung der staatlichen Gerichte. Dieser gesetzgeberische Ansatz werde unterlaufen, wenn die materiell-rechtlichen Einwendungen im Vollstreckungsverfahren zu einer Verkürzung des Rechtsschutzes für den Schiedsbeklagten und zu einer systemwidrigen Ausweitung des neuen Beschlussverfahrens führen würden. Daher blieben bestrittene materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Anspruch selbst der Vollstreckungsabwehrklage vorbehalten (BayObLG, NJW-RR 2001, 1363, 1364).
[11]Demgegenüber hat das OLG Hamm genau die gegenteilige Auffassung vertreten. Bei Schiedssprüchen werde der Vollstreckungstitel nunmehr durch das OLG geschaffen. Der Urteilsspruch, der den Vollstreckungstitel für vollstreckbar erkläre, bilde den Vollstreckungstitel. Die Vollstreckungsabwehrklage sei daher in diesen Fällen ebenfalls an das OLG zu richten, mit der Folge, dass den Parteien keine Tatsacheninstanz verloren gehe. Eine Verkürzung des Rechtsschutzes könne allenfalls noch in der im Verfahren nach §§ 1062 ff. ZPO fakultativen mündlichen Verhandlung gesehen werden. Das dem Gericht im Rahmen des § 1063 I ZPO zustehende Ermessen sei jedoch in den Fällen, in denen der Antragsgegner materielle Einwendung eingebracht habe, dahingehend auszuüben, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Schließlich zeige die Entstehungsgeschichte, dass der Gesetzgeber sich im Hinblick auf die Interessen der Parteien an einer beschleunigten Abwicklung des Verfahrens bewusst für eine Kürzung des Instanzenzugs ausgesprochen habe (OLG Hamm, NJW-RR 2001, 1362, 1363).
[12]Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 2.11.2000 (ZZP 2001, 351 ff.) zu dem vergleichbaren Einwand aus § 826 BGB erkennen lassen, dass er nicht alle materiellrechtlichen Einwände im Interesse der Beschleunigung der Vollstreckbarkeitsverfahren ausschließen möchte. Aus prozessökonomischer Sicht sei es weder sinnvoll, den Gegner zu einer weiteren Klage zu zwingen noch die Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs anzuordnen, aus dem der Antragsteller materiell-rechtlich nicht vollstrecken könne (vgl. Anm. von Voit, ZZP 2001, 355, 359).
[13]Abgesehen davon, dass die Argumentation des BayObLG hinsichtlich der Verkürzung des Rechtsschutzes nach Inkrafttreten der Zivilprozessreform nicht mehr überzeugt, bedarf die Rechtsfrage keiner abschließenden Klärung, da hier ein Fall vorliegt, bei dem die Einwendungen selbst nach der Rechtsprechung des BayObLG zu berücksichtigen sind.
[14]Der Hinweis auf das Fehlen einer zweiten Tatsacheninstanz, ließe man materiellrechtliche Einwendungen auch im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung zu, entbehrt nach Inkrafttreten der ZPO-Reform an Überzeugungskraft. Zwar hat sich die ursprünglich im Gesetzgebungsverfahren vorgesehene strikte Bindung der Berufungsinstanz an die tatsächlichen Feststellungen der ersten Instanz nicht durchgesetzt, übrig geblieben ist allerdings eine deutliche Verschärfung der Präklusionsvorschriften, so dass sich bei strikter Anwendung die Berufungsinstanz in deutlich stärkerem Maße der revisionsrechtlichen Kontrolle nähert als vor der Reform.
[15]Letztlich ist aber auch die Entscheidung des BayObLG nicht so zu verstehen, dass der Aufrechnungseinwand gegenüber Schiedssprüchen insgesamt ausgeschlossen werden soll. Das Gericht hatte einen Sachverhalt zu beurteilen, bei dem die zur Aufrechnung gestellte Forderung streitig war. In diesem Zusammenhang gäbe es insbesondere bei Auslandsbezug eine Vielzahl von Problemen zu klären, z.B. die Frage der internationalen Zuständigkeit des erkennenden Gerichts zur Entscheidung über eine zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung des Beklagten, zu der sich der BGH in seiner Entscheidung vom 12.5.1993 (NJW 1993, 2753, 2755) (IPRspr. 1993 Nr. 139) geäußert hat. Weder das öffentliche Interesse an einem effizienten Einsatz knapper Ressourcen noch Parteiinteressen an einem voll ausgeschöpften Instanzenzug stehen allerdings der Berücksichtigung des Aufrechnungseinwands entgegen, wenn die Gegenforderung unstreitig – oder wie hier – rechtskräftig festgestellt ist. In diesen Fällen fehlt es an einer ‚Entscheidung’ des Vollstreckungsgerichts über die zur Aufrechnung gestellte Forderung (Wagner, JZ 2000, 1171, 1173).
[16]Unter diesem Gesichtspunkt ist der Aufrechungseinwand der AGg. zu berücksichtigen. In dem vorliegenden Verfahren stellt sich für den Senat nicht die Frage, ob die zur Aufrechnung gestellte Forderung überhaupt besteht. Hierzu verhält sich die rechtskräftige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Rumäniens, Senat für Handelsrecht vom 7.12.2000. Die Ausführungen der ASt., das Urteil sei nicht rechtskräftig, ist widersprüchlich und daher unbeachtlich. In ihrem Schreiben an den Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs vom 17.6.2003 geht die ASt. selbst davon aus, dass das Urteil unwiderruflich ist; hieran ändert der von ihr eingelegte außerordentliche Rechtsbehelf der Annulierung nichts.
[17]Die Aufrechnung mit der in dem Urteil vom 29.3.2000 rechtskräftig titulierten Forderung war nach rumänischen Privatrecht ohne weitere Voraussetzungen möglich. Die Frage ist im Anschluss an eine Entscheidung des BGH vom 25.11.1993 (NJW 1994, 1413 ff.) (IPRspr. 1993 Nr. 180) nach rumänischen Recht zu beantworten, da sich die Wirksamkeit der Aufrechnung nach dem Schuldstatut der Forderung richtet, gegen die aufgerechnet wird. Das vom Senat zum rumänischen Privatrecht eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. T. kommt nach eingehender Würdigung der Gesetzeslage und weitreichender Auswertung der Rechtsprechung zu dem schlüssigen Ergebnis, dass entgegen der Auffassung der ASt. die Aufrechnung mit einer rechtkräftig festgestellten Forderung ohne weiteres möglich ist. Es bedarf gerade nicht der Erklärung der Vollstreckbarkeit.
[18]Die Forderung ist wirksam an die AGg. abgetreten worden. Der Sachverständige hat auch hierzu nachvollziehbar ausgeführt, dass sich die rumänische Regelung nicht von derjenigen des § 398 BGB unterscheidet. Die AGg. hat im Verlauf des Verfahrens die Abtretungen durch die Vorlage entsprechender Abtretungserklärungen belegt. Nach dem vorstehenden Urteil stand die zur Aufrechnung gestellte Forderung ursprünglich drei Gesellschaften zu, der T.K. St. AG, der O.W. Handelsgesellschaft mbH und der O.W.A. Inc. Zum Nachweis der Abtretung der Forderung an die T .K. S. hat die AGg. die Abtretungserklärung vom 11.3.2001 vorgelegt und die Vertretungsbefugnisse der für die handelnden Firmen zeichnenden Personen durch Handelsregisterauszüge nachgewiesen. Die Abtretung der Forderung an die AGg. erfolgte am 12.11.2001, und auch hier sind die Vertretungsbefugnisse durch Handelsregisterauszüge nachgewiesen.
[19]Soweit die ASt. ihrerseits nun wiederum mit einer Forderung gegen die T.K. St. AG aufrechnet, die sie in einem bei dem Obersten Gerichtshof in Rumänien anhängigen Prozess einklagt, ist dieses Vorbringen unsubstantiiert und daher unbeachtlich. Die ASt. hat weder dargetan, um welche Forderung es sich handelt, v.a. aber hat sie nicht vorgetragen, dass diese Forderung rechtskräftig festgestellt oder unstreitig ist.
[20]Der Oberste Gerichtshof für Handelssachen in Rumänien hat jedoch in der von dem Sachverständigen in seinem Gutachten zitierten Entscheidung vom 15.4.1997 (Urteil Nr. 1102) in diesem Fall die Voraussetzungen für eine Aufrechnung verneint, weil eine nur anhängig gemachte Forderung der in Art. 1145 rum. ZGB gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmtheit entbehre.