Für Unterlassungsklagen wegen einer Eigentumsbeeinträchtigung gemäß § 1004 BGB (hier: Eigentumsberühmung), die ein im EU-Ausland wohnender Beklagter im Inland begangen hat und deren Wiederholung droht, sind die deutschen Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 3 EuGVO international zuständig.
Der Kl., der im Besitz einer bedeutenden Kunstsammlung ist, erwarb im Jahr 1983 das von O. S. im Jahr 1931 gemalte Bild „Rote Mitte“ von einer deutschen Galerie, die das Werk im Jahr 1959 im Rahmen einer Auktion in den Vereinigten Staaten ersteigert hatte. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass der Kl. – zumindest durch Ersitzung nach § 937 BGB – Eigentümer des Bildes ist, selbst wenn das Werk dem Künstler während der Zeit des Nationalsozialismus widerrechtlich entzogen worden sein sollte.
Die Mutter des Bekl. gehört zusammen mit der Streithelferin des Kl. zur Erbengemeinschaft des O. S. Der Bekl., der in Belangen der Erbschaft die Interessen seiner Mutter vertritt, hat in einem als „vertraulich“ gekennzeichneten, an einen Kunstverlag gerichteten Schreiben, das den Briefkopf „O. S. Sekretariat und Archiv ...“ trägt, geäußert, der „Familiennachlass O. S.“ sei Eigentümer des Bildes „Rote Mitte“. Der hiervon durch den Kunstverlag unterrichtete Kl. verlangt von dem Bekl., diese Behauptung zu unterlassen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG hat ihr stattgegeben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Bekl. ohne Erfolg.
[1]Die Revision ist nicht begründet.
[2]1. Vergeblich rügt die Revision im Hinblick auf den Wohnsitz des Bekl. in Italien die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Die Zuständigkeit für den Unterlassungsanspruch des Kl. folgt aus Art. 5 Nr. 3 EuGVO, die seit dem 1.3.2002 in Kraft ist und daher auf die im August 2002 erhobene Klage Anwendung findet.
[3]a) Der EuGH legt den Begriff der ‚unerlaubten Handlung’ und der ‚Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist’, autonom und sehr weit aus. In diesem Gerichtsstand sind alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVO anknüpft (EuGH, Urt. vom 1.10.2002 – Rs C-167/00, NJW 2002, 3617, 3618, Tz. 36 m.w.N.). Abzugrenzen ist die unerlaubte Handlung ebenso wie die ihr gleichgestellte Handlung von einem Vertrag, d.h. von einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung. Hierunter fallen daher neben quasi-negatorischen Ansprüchen im Wettbewerbs- und im Immaterialgüterrecht gerade auch Ansprüche aus § 1004 BGB, die eine Schadensentstehung durch Eigentumsbeeinträchtigungen verhindern bzw. zu deren Beseitigung dienen sollen (Rauscher-Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I-VO Rz. 79, 80 m.w.N.).
[4]b) Durch die Formulierung ‚einzutreten droht’ am Ende von Art. 5 Nr. 3 EuGVO wird klargestellt, dass die Anwendung der Norm nicht von dem Vorliegen eines Schadens abhängt und daher auch eine vorbeugende Unterlassungsklage unter die Norm fällt (Zöller-Geimer, ZPO, 25. Aufl., Anh. I Art. 5 EuGVO Rz. 25 m.w.N.). Der EuGH (aaO Tz. 48, 49) hat bereits die Vorgängernorm (Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ) dahin ausgelegt, dass deren Anwendbarkeit nicht von dem tatsächlichen Vorliegen eines Schadens abhängig sei, obwohl im Text des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ein erst drohender Schadenseintritt nicht aufgeführt war. Der EuGH hat dabei zur Begründung seiner Entscheidung auf den nunmehr geltenden Art. 5 Nr. 3 EuGVO verwiesen (aaO Tz. 49).
[5]c) Der Senat ist nicht zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH gemäß Art. 234 III EG verpflichtet.
[6]Der Vorlage bedarf es dann nicht, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage für den betreffenden Streitfall kein Raum bleibt, wobei das innerstaatliche Gericht einen Fall der Offenkundigkeit nur annehmen darf, wenn es überzeugt ist, dass auch für Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit besteht (EuGH, Urt. vom 6.10.1982 – Rs C-283/81, NJW 1983, 1257, 1258). So liegt es hier. Angesichts der Begründung der Entscheidung des EuGH vom 1.10.2002 (aaO) ist die erforderliche Offenkundigkeit der Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Unterlassungsklage gegeben.
[7]2. Das Berufungsgericht hat zu Recht in dem Schreiben des Bekl. an den Kunstverlag W. GmbH ... eine den Kl. beeinträchtigende Eigentumsanmaßung gesehen, der dieser mit einer gegen den Bekl. als Störer gerichteten Unterlassungsklage gemäß § 1004 I 2 BGB begegnen kann.