Gehen die Parteien eines Haftungsprozesses übereinstimmend von der Anwendung deutschen Schadensersatzrechts aus, ist insoweit eine stillschweigende Einigung über die Wahl der maßgeblichen Rechtsordnung anzunehmen, wenn ein auf das Vertragsverhältnis anwendbarer völkerrechtlicher Vertrag (hier: Warschauer Abkommen vom 12.10.1929) die Haftungsgrundlagen regelt und nur Teilbereiche des Haftungsumfangs dem jeweiligen nationalen Recht überlässt.
Die Kl. nimmt die beklagte Luftfrachtführerin aus abgetretenem Recht wegen Beschädigung von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch. Die Parteien streiten hauptsächlich darüber, ob ein am Transportgut festgestellter Nässeschaden während der Luftbeförderung entstanden ist.
Die M. China ließ die streitgegenständliche Sendung (Ladegeräte für Handys), die aus 864 auf Paletten verpackten Kartons bestand, im Juli 1996 per Lkw von T./China zu ihrer Schwesterfirma nach Peking transportieren. Dort veranlasste die S. P. AIR als Absenderin des Luftfrachtbriefs vom 29.7.1996 die Luftbeförderung der Fracht durch die Bekl. zur Empfängerin MS. in Hamburg. Die Bekl. beförderte das Gut am 30.7.1996 per Flugzeug von Peking nach Paris. Von dort wurde die Sendung am 3.8.1996 auf dem Landweg nach H. transportiert, wo sie von der S. GmbH als Empfangsspediteurin angenommen wurde. Am 5.8.1996 erfolgte über die MS. die Auslieferung des Gutes an die M. GmbH in F.
Bei Abnahme der Sendung zeigte sich nach einer ersten Sichtung, dass 144 von den insgesamt 864 Kartons sowohl äußerlich als auch inwendig erhebliche Wasserschäden aufwiesen, die bis in das Innere der Geräte reichten. Bei einer zusätzlichen stichprobenartigen Untersuchung der restlichen Kartons am 10.9.1996 wurden auch an weiteren Geräten Wasserschäden festgestellt. Die M. GmbH ließ daraufhin alle Geräte vernichten.
Die Empfängerin MS. hat ihre möglicherweise gegen die Bekl. bestehenden Schadensersatzansprüche an die Kl. abgetreten. Das LG hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Bekl. ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Kl. beantragt, verfolgt die Bekl. ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter – mit Erfolg.
[1]I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Bekl. habe als Luftfrachtführerin gemäß Art. 18 WA Ersatz für die streitgegenständlichen Nässeschäden zu leisten ...
[2]Angesichts einer fehlenden genauen Regelung in Art. 18 WA finde in Bezug auf die Höhe des zu ersetzenden Schadens nationales Recht Anwendung. Ersatzfähig seien danach alle Schäden im Sinne der §§ 249 ff. BGB.
[3]II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Annahme des Berufungsgerichts, von einem der Kl. zurechenbaren schadensursächlichen Mitverschulden der Versenderin wegen unsachgemäßer Verpackung der Ware könne nicht ausgegangen werden, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand ...
[4]5. Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Schadensberechnung.
[5]a) Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass Art. 18 WA keine Regelungen zum Umfang des zu ersetzenden Schadens enthält. Demnach ist ergänzend das jeweils anwendbare nationale Recht heranzuziehen (vgl. Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 18 WA 1955 Rz. 22; Fremuth/Thume/Müller-Rostin, Kommentar zum Transportrecht, 2000, Art. 18 WA Rz. 27).
[6]b) Die Revision wendet sich vergeblich dagegen, dass das Berufungsgericht den Umfang des zu ersetzenden Schadens auf der Grundlage des deutschen Rechts festgestellt hat. Es trifft zwar zu, dass Art. 18 WA anders als Art. 21 WA nicht auf das materielle Recht am Ort des angerufenen Gerichts verweist. Die anwendbare Rechtsordnung kann jedoch grundsätzlich von den Parteien gemäß Art. 27 I EGBGB frei gewählt werden. Allerdings genügt hierfür im Allgemeinen nicht allein eine rügelose Einlassung des Beklagten. Eine stillschweigende Einigung über die Wahl der Rechtsordnung des heimischen Rechts des Geschädigten ist aber dann anzunehmen, wenn der völkerrechtliche Vertrag wie hier das WA die Haftungsgrundlagen regelt und nur Teilbereiche des Haftungsumfangs dem jeweiligen nationalen Recht überlässt. Die Parteien sind in den Vorinstanzen übereinstimmend von der Anwendung deutschen Schadensersatzrechts ausgegangen. Daraus ergibt sich mit hinreichender Sicherheit (Art. 27 I 2 EGBGB) die Wahl dieser Rechtsordnung für die Berechnung des zu ersetzenden Schadens (vgl. BGH, Urt. vom 19.1.2000 – VIII ZR 275/98, NJW-RR 2000, 1002, 1004 (IPRspr. 2000 Nr. 20)).