Errichtet eine Gesellschaft mit Sitz im Ausland (hier: eine englische Private Limited Company) eine inländische Zweigniederlassung, ist die Eintragung einer Befreiung des alleinigen Direktors vom Verbot des Selbstkontrahierens mit der Anmeldung der Zweigniederlassung zulässig und aus Gründen des Gläubigerschutzes auch interessengerecht, obwohl das ausländische (hier: englische) Gesellschaftstatut ein solches Verbot nicht kennt.
Die ASt., eine Private Limited Company englischen Rechts, begehrt die Eintragung der Befreiung des Direktors von den Beschränkungen nach § 181 BGB. Sie wurde am 2.10.2003 gegründet und am gleichen Tag in das Handelsregister in Cardiff eingetragen. Am 29.11.2003 hat die ASt. die Befreiung ihres (alleinigen) Direktors von den Beschränkungen des § 181 BGB beschlossen.
Die ASt. hat in S./Baden eine Zweigniederlassung gegründet und diese zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet. Das Registergericht hat durch die angefochtene Entscheidung die Eintragung der Zweigniederlassung verfügt, jedoch den Eintrag der Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens abgelehnt und – nach Einlegung der Beschwerde der ASt. – die Ablehnung durch den Nichtabhilfebeschluss vom 25.5.2004 bekräftigt.
[1]Die … Beschwerde hat Erfolg. Die Kammer vermag der Argumentation des AG nicht zu folgen:
[2]Dass eine im EG-Ausland formgültig gegründete Gesellschaft inländische Zweigniederlassungen gründen kann, ist inzwischen anerkannten Rechts (EuGH, NJW 2002, 3614 ff.; BGH, NJW 2003,1461 ( IPRspr. 2003 Nr. 13); Kögel, Rpfleger 2004, 325 ff.; Ulmer, NJW 2004, 1201 ff., Wachter, MDR 2004, 611; v. Bernstorff, RIW 2004, 498 ff.).
[3]Nach der hierfür maßgeblichen Bestimmung des § 13e HGB sind gemäß II Nr. 3 u.a. die Vertretungsverhältnisse in das Handelsregister am Sitz der Zweigniederlassung einzutragen, wobei allerdings hervorzuheben ist, dass die Registereintragung der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft nicht konstitutiv wirkt, sondern nur eine – auf den Errichtungsvorgang im Ausland hinweisende – deklaratorische Bedeutung hat (OLG Düsseldorf, Rpfleger, 1999, 101; KG, FGPrax 2004, 45 (IPRspr. 2003 Nr. 215); Bandasch-Ensthaler-Achilles, GK-HGB, 6. Aufl., § 13d Rz. 5).
[4]Zu den eintragungspflichtigen Angaben über die Vertretungsverhältnisse gehört nach der grundlegenden Entscheidung des BGH in BGHZ 87, 59 ff., 63 auch die Gestattung der Insichgeschäfte.
[5]Die Vertretungsverhältnisse einer ausländischen Gesellschaft bestimmen sich – auch hinsichtlich der inländischen Niederlassung – nach deren Personalstatut. Das Personalstatut regelt, welche Organe die ausländische juristische Person hat und welche Befugnisse diesen nach innen und außen zukommen (BayObLGZ 1985, 272, 277 (IPRspr. 1985 Nr. 214); Bandasch-Ensthaler-Achilles Rz. 6). Es gilt insoweit der alte germanische Rechtsgrundsatz leges ossibus inhaerent (‚die Gesetze haften in den Knochen’), der letztlich besagt, dass sich die Personenrechte, vornehmlich die Rechte der natürlichen Personen (bedeutsam vor allem im Familien- und Erbrecht), aber auch – wie vorliegend – die Rechte juristischer Personen nach ihrem Geburtsrecht bzw. Gründungsrecht richten.
[6]Zum – vom inländischen Registergericht zu beachtenden – Personalstatut der ASt. gehört auch das für diese insoweit maßgebliche englische Recht, das eine Selbstkontrahierung nicht verbietet, mit der Folge, dass dem alleinigen Geschäftsführer einer Limited, auch ohne eine entsprechende Satzungsbestimmung, das Selbstkontrahieren erlaubt ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetz selbst, so dass es nach Auffassung der Kammer dafür einer Bestimmung der Gesellschaft gar nicht bedarf.
[7]Der gegen die Zulässigkeit der begehrten Eintragung erhobene Einwand des Registergerichts, eine Eintragung der Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot ins inländische Handelsregister würde etwas verlautbaren, was im Register der Hauptniederlassung nicht aufgeführt worden sei, greift nicht durch. Dass eine solche Befreiung im Register der Hauptniederlassung nicht eingetragen ist, folgt daraus, dass es nach dem maßgeblichen Recht des Personalstatuts der ASt. kein Verbot der Selbstkontrahierung gibt und demgemäß auch kein Raum ist für die Eintragung einer Befreiung von einem solchen Verbot in das Register der Hauptniederlassung. Daraus lässt sich aber nicht folgern, dass der begehrte Eintrag im inländischen Handelsregister unzulässig ist, im Gegenteil. Wenn das inländische Handelsregister die Vertretungsverhältnisse auszuweisen hat, zu denen – wie bereits oben dargelegt – die Frage der Zulässigkeit der Selbstkontrahierung gehört, so gehört der Hinweis auf die Zulässigkeit der Selbstkontrahierung zum notwendigen Inhalt des inländischen Handelsregisters. Dieses weist damit nichts aus, was über das hinausgeht, was nach dem maßgeblichen Personalstatut der ASt. auch ohne Eintragung ins Register der Hauptniederlassung ohnehin Geltung hat. Ein solcher Eintrag hat daher der Sache nach keine konstitutive Wirkung, sondern ist nur ein deklaratorischer Hinweis auf die gegebene Rechtslage.
[8]Soweit ersichtlich, ist die Frage der Zulässigkeit der hier streitigen Eintragung bislang nirgendwo erörtert worden. Wachter geht in seinem umfangreichen Aufsatz über die ‚Handelsregisteranmeldung der inländischen Zweigniederlassung einer englischen Private Limited Company’ (MDR 2004, 611, 613) ersichtlich mit Selbstverständlichkeit davon aus, dass für die inländische Handelsregisteranmeldung auch ‚die Befreiung von § 181 BGB oder einer vergleichbaren Vorschrift des ausländischen Rechts’ anzugeben ist. Und in der Rechtswirklichkeit wird – wie eine über das Internet vorgenommene stichprobenweise Prüfung von neueren Einträgen über Zweigniederlassungen von Limiteds in deutschen Handelsregistern ergeben hat – ersichtlich ohne weiteres von der Zulässigkeit solcher Eintragungen ausgegangen.
[9]Dies ist auch interessengerecht. Das nach deutschem Recht in § 181 BGB formulierte Verbot der Selbstkontrahierung schützt nicht nur die Interessen der Gesellschaft, sondern auch den Rechtsverkehr und damit zugleich die Gläubiger der Gesellschaft. Die Eintragung der Befreiung vom Verbot der Selbstkontrahierung im Handelsregister hat demgemäß auch eine Warnfunktion für den Rechtsverkehr. Sie soll auf die Gefahr hinweisen, dass Vermögen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter verlagert und die rechtliche Zuordnung bewusst unklar gehalten werden kann (BGHZ 87, 58, 62).
[10]Dass der Eintrag im inländischen Handelsregister in der Form der Befreiung vom Verbot des § 181 BGB gefasst ist, entbehrt zwar nicht einer gewissen Unlogik, weil mangels eines Verbots eine Befreiung von diesem an sich nicht möglich ist, ist aber sachgerecht, weil es für den vom inländischen Rechtsverständnis geprägten Rechtsverkehr die rechtliche Situation mit den üblichen Worten am besten umschreibt.
[11]Nach allem konnte die angefochtene Entscheidung daher keinen Bestand haben.