Ist die Identität der ausländischen (hier: weißrussischen oder ukrainischen) Mutter eines in Deutschland geborenen Kindes aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls (hier: Status als Asylbewerberin) nicht durch eine Personenstandsurkunde oder andere öffentliche Urkunden nachgewiesen, so können in den Geburtseintrag die Namen der Mutter und des Kindes aus der Geburtsanzeige mit einem klarstellenden Zusatz des Inhalts übernommen werden, dass die Vor- und Familiennamen der Mutter und des Kindes ebenso wie die ausländische Staatsangehörigkeit der Mutter nicht festgestellt werden konnten.
Die Eintragung eines nach dem Heimatrecht des Kindes möglichen fiktiven Vatersnamens kommt nicht in Betracht, wenn es schon an der nach dem ausländischen (hier: ukrainischen) Recht erforderlichen Weisung der Mutter fehlt.
Die Beteiligte zu 1) hat am 10.6.2001 ein Mädchen A und am 25.2.2003 einen Jungen B geboren. Sie hat angegeben, weißrussische Staatsangehörige zu sein und 1999 mit dem Beteiligten zu 2) in Minsk die Ehe geschlossen zu haben. In der Geburtsanzeige haben die Beteiligten zu 1) und 2) ihre Personalien wie in dem erfolglosen Asylverfahren und in der vom Ausländeramt ausgestellten Duldung angegeben. Heirats- und Geburtsurkunden oder Ausweispapiere haben sie nicht vorgelegt. Die weißrussischen Behörden haben auf Anfrage des Ausländeramts mitgeteilt, die angegebenen Personalien seien nicht bekannt, die Identität der Beteiligten zu 1) und 2) sowie ihre weißrussische Staatsbürgerschaft könnten deshalb nicht festgestellt werden.
Das Standesamt hat die Beurkundung der Geburten zurückgestellt und die Akten dem AG gemäß § 45 II PStG zur Entscheidung darüber vorgelegt, wie die Eintragung der Geburt zu erfolgen habe. Mit Beschluss vom 29.7.2003 hat das AG entschieden, dass die Geburtsbeurkundung von A, geboren am 10.6.2001, und B, geboren am 25.2.2003, in der Weise erfolgen könne, dass die Beteiligte zu 1) als Mutter mit dem Zusatz „unter dem Namen …“ eingetragen werde; die Eintragung eines Familiennamens der Kinder und des Beteiligten zu 1) als Vater könne nicht erfolgen.
Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 3), die Standesamtsaufsicht, mit dem Ziel der Aufhebung sofortige Beschwerde ein. Sie wies insbesondere darauf hin, dass der entsprechend den Vorgaben des AG zu erstellende Geburtseintrag „unbrauchbar“ sei, da das Kind keinen Geburtsnamen erhalte. Es sei vorzuziehen, bei der Erstellung des Geburtseintrags die Identität der Eltern zugrunde zu legen, unter der sie in Deutschland bei den Behörden bekannt seien und die sich aus der Duldung ergäben.
Am 20.1.2004 hat das ukrainische Konsulat für die Beteiligten zu 1) und 2) Heimreisepapiere ausgestellt, die beide als ukrainische Staatsangehörige mit unterschiedlichen Familiennamen ausweisen; Familienname, Geburtstag und Geburtsort weichen jeweils von den Eigenangaben der Beteiligen zu 1) und 2) gegenüber den deutschen Behörden ab. In dem für die Beteiligte zu 2) ausgestellten Heimreisedokument sind die Kinder aufgenommen. Eine Vaterschaftsanerkennung durch den Beteiligten zu 2) ist entgegen seiner Ankündigung vor der Ausreise am 29.1.2004 nicht erfolgt.
Die Beteiligte zu 3) hat die Beschwerde aufrechterhalten, um zu klären, wie die Geburtsbeurkundung nach Vorlage der ukrainischen Ausreisepapiere erfolgen müsse. Das LG hat mit Beschluss vom 14.7.2004 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 3) mit der sofortigen weiteren Beschwerde. Das Rechtsmittel führt unter Abänderung der Vorentscheidungen zur Anweisung des Standesbeamten, die Geburt der Kinder A und B jeweils im Geburtenbuch in der Weise zu beurkunden, dass nur die Mutter und das Kind in den Geburtseintrag aufgenommen werden, und dabei die aus den Heimreisepapieren ersichtlichen Vor- und Familiennamen der Mutter zugrunde zu legen. Die Eintragung des Beteiligten zu 2) als Vater habe zu unterbleiben.
[1]1. ... 3. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung (§§ 45 I, 49 II, 48 I PStG, 27 I FGG, 546 ZPO) nicht in vollem Umfang stand. Die Vorinstanzen gehen im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Eintragung des Beteiligten zu 2) als Vater im Geburtenbuch – sei es im Geburtseintrag oder in einem Randvermerk – nicht vorgenommen werden kann. Unzutreffend ist jedoch die ohne nähere Begründung durch den landgerichtlichen Beschluss bestätigte Auffassung des AG, es sei kein Familienname in den Geburtseintrag aufzunehmen. Ferner hat das LG bei der Entscheidung nicht berücksichtigt, dass zwischenzeitlich vom Konsulat der Ukraine Heimreisepapiere für die Beteiligten zu 1) und 2) ausgestellt worden sind, die als beweiskräftige Dokumente für die Personalien der Beteiligten zu 1) und 2) anzusehen und deshalb dem Geburtseintrag zu Grunde zu legen sind.
[2]a) Das LG hat zutreffend seine internationale Zuständigkeit zur Entscheidung des vorliegenden Falles angenommen. Sie ist schon deshalb gegeben, weil eine Eintragung im deutschen Geburtenbuch beantragt ist; die internationale Zuständigkeit folgt aus der örtlichen Zuständigkeit (vgl. § 50 I PStG; BayObLGZ 1995, 238, 240 (IPRspr. 1995 Nr. 112)). Aus der internationalen Zuständigkeit ergibt sich die Anwendung des deutschen Verfahrensrechts (lex fori, vgl. BGH, NJW 1993, 130 (IPRspr. 1992 Nr. 202); BayObLGZ aaO). Nach deutschem Personenstandsrecht ist somit die Frage zu beurteilen, ob und in welcher Weise die Geburt der Kinder im deutschen Geburtenbuch vorzunehmen ist.
[3]b) Nach § 21 I Nr. 1 PStG sind Vor- und Familiennamen der Eltern in das Geburtenbuch einzutragen...
[4]c) § 20 PStG verpflichtet den Standesbeamten zur Nachprüfung, wenn er an der Richtigkeit von Angaben zweifelt ... Insoweit ist er befugt, über die bloße Geburtsanzeige hinausgehende Auskünfte der Beteiligten zu verlangen oder durch Rückfrage bei anderen Behörden – etwa der Ausländerbehörde – die fehlenden Angaben zu beschaffen (Hepting-Gaaz, PStG, 38. Lfg., § 20 Rz. 11). Ein von der Ausländerbehörde ausgestellter Ausweisersatz, der lediglich auf den eigenen Angaben des Inhabers vor der Ausländerbehörde beruht, entfaltet allerdings keine Beweiskraft für den Namen, den Geburtsort und die Staatsangehörigkeit seines Inhabers, da er die inhaltliche Richtigkeit dieser Angaben gerade nicht bezeugt.
[5]d) Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Beurkundung der Geburt nicht auf unbegrenzte Zeit zurückgestellt werden kann, wenn über die Personalien der Eltern keine beweiskräftigen Unterlagen vorliegen und voraussichtlich in absehbarer Zeit auch nicht erlangt werden. Die Zurückstellung von Eintragungen kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn einer Klärung ein vorübergehendes und voraussichtlich alsbald behebbares Hindernis entgegensteht; andernfalls ist die Eintragung vorzunehmen und ggf. später zu berichtigen (vgl. HeptingGaaz § 20 Rz. 15) ...
[6]\pagebreak e) Hinsichtlich der Eintragung des Vaters ist zu differenzieren: Steht die Vaterschaft fest – etwa durch ein wirksames Anerkenntnis –, kann der Vater unter den von ihm verwendeten, bei der Ausländerbehörde registrierten Personalien im Geburtenbuch eingetragen werden, wobei ein klarstellender Zusatz anzufügen ist, dass deren Richtigkeit nicht überprüft werden konnte (vgl. BayObLGZ 2004, 326 (IPRspr 2004-214)).
[7]Anders liegt der Fall jedoch, wenn bereits nicht feststeht, dass derjenige, der als Vater des Kindes eingetragen werden will, auch tatsächlich diesen Status besitzt. Das kann – wie hier – etwa dann der Fall sein, wenn die Vaterschaft sich aus der angeblichen Ehe mit der Mutter des Kindes ergibt, für die Eheschließung jedoch keine beweiskräftigen Unterlagen vorliegen ... Hier kann nur die Mutter in den Geburtseintrag aufgenommen werden, da der Status des Beteiligten zu 2) als Vater der Kinder nicht feststeht: Die angebliche Eheschließung in Minsk ist nicht nachgewiesen. Ein Vaterschaftsanerkenntnis ist ebenfalls nicht erfolgt.
[8]Der Familienname der Kinder ist deshalb aus dem Namen der Mutter abzuleiten. Ein im slawischen Rechtskreis üblicher und auch in den deutschen Personenstandsbüchern einzutragender Vatersname (vgl. Hepting-Gaaz, § 2 [Stand 1993] Rz. 13e, § 21 [Stand 2001] Rz. 148) kann derzeit nicht eingetragen werden, da der Vater nicht feststeht. Die Frage, ob ein nach dem Heimatrecht des Kindes möglicher fiktiver Vatersname einzutragen ist, ist hier nicht zu entscheiden, da es insoweit schon an der nach ukrainischem Recht erforderlichen Weisung der Mutter fehlt (vgl. Art. 63 Satz 1, 55 II Ehe- und Familienkodex vom 20.6.1969 i.d.F. vom 11.1.2000, abgedr. bei Bergmann-Ferid-Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 143. Lfg., Ukraine S. 17).
[9]4. Nach Vorliegen der vom Konsulat der Ukraine für die Beteiligten zu 1) und 2) ausgestellten Heimreisepapiere besteht allerdings kein Anlass mehr, die nicht überprüfbaren und nicht belegten Angaben zu den Personalien aus der Geburtsanzeige in das Geburtenbuch zu übernehmen. Bei den Heimreisepapieren handelt es sich um ausländische öffentliche Urkunden; Anhaltspunkte dafür, dass sie nicht echt sein könnten, liegen nicht vor. Sie stellen deshalb eine beweiskräftige Bescheinigung über die in ihnen enthaltenen Angaben über die Personalien der Beteiligten zu 1) dar, so dass auf dieser Grundlage der Geburtseintrag vorzunehmen ist. Dementsprechend waren die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern.