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Verfahrensgang

AG Stuttgart, Beschl. vom 04.04.2023 – 22 F 2069/20
OLG Stuttgart, Beschl. vom 22.08.2023 – 17 UF 96/23
BGH, Beschl. vom 23.10.2024 – XII ZB 411/23
OLG Stuttgart, Beschl. vom 06.06.2025 – 17 UF 96/23, IPRspr 2025-120

Rechtsgebiete

Ehe und andere familienrechtliche Lebens- und Risikogemeinschaften → Eingehung, Wirksamkeit
Ehe und andere familienrechtliche Lebens- und Risikogemeinschaften → Scheidung, Trennung
Rechtsgeschäft und Verjährung → Form
Zuständigkeit → Zuständigkeit in Ehe- und Kindschaftssachen

Leitsatz

Nimmt der seitens der griechisch-​orthodoxen Kirche ordnungsgemäß ermächtigte Geistliche wesentliche Teile der Trauungszeremonie nach griechisch-​orthodoxem Ritus in Deutschland nicht in eigener Person vor, sondern überlässt die wesentlichen Schritte der Zeremonie einem anderen nicht ermächtigten Priester der griechisch-​orthodoxen Kirche, liegt gleichwohl eine rechtsgültig geschlossene Ehe vor.

Ausgehend von dem jeweiligen Wortlaut des § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB und Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB, aber auch aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften genügt es, wenn der Standesbeamte bzw. die ermächtigte Person anwesend und bereit sind (“vor“), die entsprechenden Erklärungen der zukünftigen Ehegatten entgegenzunehmen.

Rechtsnormen

2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1350; 2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1351; 2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1352; 2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1354; 2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1356; 2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1357; 2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1360; 2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1367; 2250/1940 ZGB (Griechenland) Art. 1372
344/1976 StandesamtlEintrgG (Griechenland) Art. 16
BGB §§ 1310 ff.
EGBGB Art. 13
EheG 1946 § 15a
EuEheVO 2019/1111 Art. 100
EuEheVO 2201/2003 Art. 3
FamFG §§ 58 ff.; FamFG § 117; FamFG § 146
Rom III-VO 1259/2010 Art. 1

Sachverhalt

Die Beteiligten, beide griechische Staatsangehörige, streiten um die Wirksamkeit einer 2007 nach dem Ritus der griechisch-​orthodoxen Kirche in der Kirchengemeinde T. in Stuttgart durch den Erzpriester D… V… geschlossenen Ehe der Beteiligten, die am 2007 durch den griechischen Konsul in das Standesregister eingetragen worden ist. Der verstorbene Erzpriester D… V… war aufgrund einer Verbalnote der griechischen Regierung berechtigt, in Deutschland Eheschließungen nach dem Ritus der griechisch-​orthodoxen Kirche vorzunehmen. Aus der Ehe sind die Kinder N., C., und E, hervorgegangen. Unstreitig leben die Ehegatten seit Ende Oktober 2018 getrennt.

Die Antragstellerin hat Ende Dezember 2020 beantragt, die am 2007 geschlossene Ehe zu scheiden und den Versorgungsausgleich durchzuführen. Weiterhin hat sie im September 2021 die Folgesache nachehelicher Unterhalt anhängig gemacht und Anfang Januar 2022 einen bezifferten Antrag in Höhe eines monatlich zu zahlenden Unterhalts ab Rechtskraft der Scheidung in Höhe von ... € gestellt. Der Antragsgegner, der Anfang Februar 2021 zunächst gleichfalls die Ehescheidung beantragt hatte, beantragte am 10.12.2021 die Feststellung der Nichtigkeit der am 05.05.2007 geschlossenen Ehe. Mit Beschluss vom 04.04.2023 hat das Amtsgericht auf den Antrag des Antragsgegners hin die Nichtigkeit der 2007 geschlossenen Ehe festgestellt und den Scheidungsantrag der Antragstellerin und die Folgeanträge zurückgewiesen. Mit ihrer am 27.04.2023 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde gegen die ihr am 18.04.2023 zugestellte Entscheidung begehrt die Antragstellerin weiterhin die Scheidung der Ehe. Der Senat hatte mit Beschluss vom 22.08.2023 den Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist zurückgewiesen und die Beschwerde als unzulässig verworfen. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 23.10.2024 (Az. XII ZB 411/23) den Senatsbeschluss aufgehoben, der Antragstellerin wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. Die Antragstellerin beantragt, unter Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Stuttgart - Familiengericht - vom 04.04.2023 - Az. 22 F 2069/20 - den Beschluss vom 04.04.2023 aufzuheben und 1. festzustellem, dass die am xx.2007 nach dem Ritus der griechisch-​orthodoxen Kirche durch Pfarrer D… V… in der Kirchengemeinde T. in Stuttgart geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten wirksam geschlossen wurde, 2. die 2007 nach dem Ritus der griechisch-​orthodoxen Kirche durch Pfarrer D… V… in der Kirchengemeinde T. in Stuttgart geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten zu scheiden, 3. den Antragsgegner zu verpflichten, an sie ab Rechtskraft der Scheidung Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich ... € zu zahlen.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II.

[2]Die nach §§ 117 Abs. 1, 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin führt zur Abweisung des Feststellungsantrags und hinsichtlich der Scheidung und den Folgesachen gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 FamFG zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht.

[3]Deutsche Gerichte sind gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. a, erster Spiegelstrich der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 international zuständig, nachdem das Verfahren vor dem 01.08.2022 eingeleitet worden ist (Art. 100 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2019/1111 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (Neufassung), zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003). Die internationale Zuständigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (BGH NJW 2022, 2403 Rn. 12 (IPRspr 2022-148)).

[4]1.

[5]Der Antrag des Antragsgegners auf Feststellung der Nichtigkeit der Ehe ist nicht begründet. Die 2007 nach dem Ritus der griechisch-​orthodoxen Kirche in der Kirchengemeinde T. in Stuttgart vor dem Erzpriester D… V… geschlossene Ehe der Beteiligten ist wirksam zustande gekommen. Die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20.12.2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts finden nach deren Art. 1 Abs. 2 lit. c keine Anwendung.

[6]a.

[7]Nach Art. 13 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 EGBGB kann eine Ehe zwischen Verlobten, von denen keiner Deutscher ist, vor einer von der Regierung des Staates, dem einer der Verlobten angehört, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der nach dem Recht dieses Staates vorgeschriebenen Form geschlossen werden.

[8]Für den Trauungsvorgang verlangt Art. 13 Abs. 4 Satz 2 somit die Beachtung zweier Formelemente zugleich; er muss einerseits "in der nach dem Recht" des Ermächtigungsstaates "vorgeschriebenen Form" ablaufen, anderseits "vor" der ermächtigten Person stattfinden (MüKoBGB/Coester, 9. Aufl., Art. 13 EGBGB Rn. 150). Daher führt allein die Eintragung einer fehlerhaft geschlossenen Ehe in das griechische Zivilregister nicht zu deren Wirksamkeit. Denn die Eintragung hat lediglich deklaratorische, nicht aber konstitutive Bedeutung (BGH, Beschluss vom 22. Januar 1965 – IV ZB 441/64 (IPRspr. 1964–1965 Nr. 81b) –, BGHZ 43, 213-227, Rn. 30; BSG NJW 1972, 1021 (IPRspr. 1971 Nr. 41); OLG Köln FamRZ 1981, 868 (IPRspr. 1981 Nr. 48); Staudinger/Mankowski (2010), Art. 13 EGBGB, Rn. 649; MüKoBGB/Coester, a.a.O., Rn. 152).

[9]aa.

[10]Eine Eheschließung "vor" der ermächtigten Person hat stattgefunden.

[11](1) Bei der Eheschließung "vor" einer ermächtigten Person handelt es sich um ein Formerfordernis des deutschen Rechts (vgl. Staudinger/Mankowski, a.a.O., Rn. 654; MüKoBGB/Coester, a.a.O., Rn. 150).

[12](2) Zunächst ist unstreitig, dass der Erzpriester D… V… durch die Verbalnote seines Heimatlandes gegenüber dem Auswärtigen Amt (dazu BGH a.a.O. Rn. 28) ermächtigt war, eine Eheschließung nach griechisch-​orthodoxem Recht in Deutschland vorzunehmen. Priester der griechisch-​orthodoxen Kirche, die nach den Bestimmungen dieser Kirche zur Mitwirkung bei Trauungen zuständig sind, sind nicht schon auf Grund dieser kirchlichen Zuständigkeit ermächtigt, in Deutschland bei Eheschließungen griechischer Staatsangehöriger, die Mitglieder der griechisch-​orthodoxen Kirche sind, mitzuwirken (BGH a.a.O. Rn. 24). Vielmehr benötigen sie die entsprechende Ermächtigung durch ihren Heimatstaat. Eine Trauung "vor" einem nicht ordnungsgemäß ermächtigten Priester hat die Unwirksamkeit der Eheschließung zur Folge; es liegt dann eine Nichtehe vor (BGH a.a.O. Rn. 31; BGH NJW-​RR 2003, 850 (IPRspr. 2003 Nr. 57)).

[13](3) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist die Eheschließung allerdings "vor" der hierzu ermächtigten Person erfolgt.

[14](a) § 15a EheG a.F. als Vorgängernorm von Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB war durch das Kontrollratsgesetz Nr. 52 vom 21.04.1947 (Amtsbl. KR 1947, S. 273) in das Ehegesetz eingefügt worden. Unmittelbarer Anlass war, Angehörigen der Besatzungsmacht und anderen Ausländern die Eheschließung in einer von den deutschen Standesämtern unabhängigen Form zu ermöglichen (vgl. BGH a.a.O. Rn. 19; Sonnenberger, StAZ 1964, 289; Staudinger/Mankowski, a.a.O., Rn. 620). Damit wird in Deutschland der Grundsatz aus Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB, dass eine Ehe nur vor einem zuständigen Zivilstandesbeamten nach § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB geschlossen werden kann, durchbrochen (BGH a.a.O. Rn. 19). Ausschlaggebend ist damit einzig, dass ebenso wie die inländische Eheschließung vor einem Standesbeamten auch die Eheschließung nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzender (privilegierter) Ausländer vor einer vom jeweiligen Heimatland ermächtigten Person geschlossen werden kann. Damit wird funktionell eine Gleichstellung beider Personen bezweckt. Es kommt lediglich darauf an, dass der formelle Akt der Eheschließung "vor" der jeweiligen Person erfolgt.

[15](b) Ausgehend von dem jeweiligen Wortlaut des § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB und Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB, aber auch aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschriften genügt es, wenn der Standesbeamte bzw. die ermächtigte Person anwesend und bereit sind ("vor"), die entsprechenden Erklärungen der zukünftigen Ehegatten entgegenzunehmen.

[16](aa) Der Standesbeamte muss aus objektiver Sicht eines Dritten zur Mitwirkung bereit und in der Lage sein (BeckOGK-​BGB/Kriewald, Stand 01.02.2025, § 1310 Rn. 52). Ist ein Standesbeamter nicht mitwirkungsbereit, so entsteht durch die bloße körperliche Anwesenheit auch keine Ehe (Hepting/Dutta, Familie und Personenstand, 4. Aufl., Rn. III-​166). Nicht mitwirkungsbereit ist der Standesbeamte, wenn er Eheerklärungen bewusst nicht entgegennehmen will oder wenn er erkennbar geschäftsunfähig (vgl. Hepting/Dutta, a.a.O., Rn. III-​167) bzw. volltrunken (dazu Meier, StAZ 1985, 272) ist. Nicht maßgeblich ist die Vollziehung der Trauungszeremonie "durch" den Standesbeamten (vgl. Coester, StAZ 1996, 33) bzw. "durch" die ermächtigte Person, die lediglich den Vorgang zu beurkunden hat (vgl. MüKoBGB/Coester, a.a.O.).

[17](i) Danach ist lediglich zu fordern, dass der Standesbeamte die Verantwortung für die Eheschließung übernimmt. Eine aktive Beteiligung, die der Funktion des Standesbeamten ursprünglich beigemessen worden war (vgl. dazu die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuches, herausgegeben von Horst Heinrich Jakobs und Werner Schubert, 1987, §§ 1316 - 1322, S. 97), ist nach der Neufassung der §§ 1310 ff. BGB nicht mehr erforderlich. In seiner Funktion beschränkt sich der Standesbeamte lediglich auf die Kontrolle des fehlerfreien Zustandekommens des Ehekonsenses. Seine (einzig zu fordernde) Mitwirkungsbereitschaft ist "das grüne Licht für die Fahrt in die Ehe" (Coester, a.a.O., S. 35). Ein "mehr" ist nicht zu verlangen. Daher ist es theoretisch denkbar, dass ein Dritter die Trauungszeremonie in bloßer Anwesenheit des Standesbeamten vornimmt, sofern nur der Standesbeamte als solcher mitwirkungsbereit ist, d.h. die Erklärungen der Verlobten entgegen nimmt (vgl. MüKoBGB/Wellenhofer, 9. Aufl., § 1310 Rn. 9).

[18](ii) Sofern der Sachverständige auf Seite 9 seines Gutachtens ausführt, dass wohl kaum von einer Eheschließungserklärung der Verlobten vor dem Standesbeamten auszugehen sei, wenn einzelne Schritte der Trauungszeremonie durch andere Personen vorgenommen würden, steht das nicht im Einklang mit der letztlich nur überwachenden und den Staat repräsentierenden Funktion des Standesbeamten, von dem einzig dessen Mitwirkung zu erwarten ist. Sofern der Standesbeamte die Verantwortung für die Eheschließung übernehmen will, ist das für die Wirksamkeit der Eheschließung allein ausschlaggebend.

[19](bb) Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB übernimmt diesen Grundsatz der Mitwirkungsbereitschaft im Rahmen des § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB. Es genügt die Eheschließung "vor" einer ermächtigten Person, sofern diese nur mitwirkungsbereit ist und die Verantwortung für die Eheschließung übernehmen will.

[20]Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Der Erzpriester V… war bei der Trauungszeremonie nach griechisch-​orthodoxem Ritus ständig anwesend und hat durch Unterzeichnung der Heiratsurkunde die Verantwortung für den wirksamen Eheschluss offenkundig übernommen.

[21]Das Amtsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 05.05.2022 nach Abspielen des Hochzeitsvideos im Protokoll festgehalten, dass der Erzpriester V… hinter der Braut in die Kirche eingezogen ist und beide Geistliche den Altar umrundet haben; der Erzpriester hat neben dem Altar gestanden. Im Verlauf der gesamten Zeremonie hat der Erzpriester V… die Hände des Brautpaars übereinander gelegt. Weiterhin hat er den mit Rotwein gefüllten Kelch auf das Evangelium gestellt. Der Erzpriester V… hat somit seine Funktion als ermächtigte Person sogar aktiv ausgeübt. Seine Rolle beschränkte sich gerade nicht auf die eines lediglich Anwesenden bzw. Zuschauers einer Trauungszeremonie. In seiner Gegenwart wurde die maßgebliche Hochzeitsurkunde durch die Beteiligten unterzeichnet. Es ist daher unerheblich, dass der Großvater der Antragstellerin weitgehend wesentliche Trauungsschritte aktiv begleitet oder sogar teilweise übernommen hat. Denn für die Einhaltung des Formstatuts ist das ohne Bedeutung. Entscheidend ist die Übernahme der Verantwortung durch den Erzpriester V… für die Trauung der Beteiligten. Eine Übertragung von Hoheitsgewalt an Dritte kann durch die Übertragung wesentlicher Trauungsteile nicht gesehen werden. Der BGH (a.a.O.; sowie BGH NJW-​RR 2003, 850 (IPRspr. 2003 Nr. 57)) hat die Nichtigkeit der Eheschließung nur für den Fall der Trauung durch einen nicht bevollmächtigten Priester, bei der gerade keine ordnungsgemäß bevollmächtigte Person anwesend war, angenommen.

[22]bb.

[23]Die Eheschließung ist auch formgültig nach griechischem Recht geschlossen worden.

[24](1) Nach Art. 1367 Abs. 1 des griechischen Zivilgesetzbuchs von 1940 i.d.F. vom 19.07.1982 (zukünftig grZGB) wird die Ehe geschlossen entweder durch die gleichzeitige Erklärung der Trauleute, dass sie sich darüber einig sind (Zivilehe), oder durch kirchliche Trauung durch einen Priester der östlich-​orthodoxen Kirche oder einen Geistlichen einer anderen in Griechenland bekannten Konfession oder Religion. Dabei bestimmt Art. 16 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 344/1976 über standesamtliche Eintragungen, dass der Geistliche, welcher bei einer Trauung die Kulthandlung durchführt oder an ihr mitwirkt, verpflichtet ist, an demselben Ort sofort nach Beendigung der Kulthandlung eine Anzeige zu verfassen, welche alle Angaben der entsprechenden standesamtlichen Eintragung enthält und von ihm unterschrieben ist.

[25]Nach Art. 1372 Abs. 1 grZGB ist nur die Ehe, die unter Verletzung der Art. 13501352, 1354, 1356, 1357 und 1360 geschlossen ist, nichtig. Die Ehe ist nicht nichtig, wenn die Erklärung des Art. 1367 gegenüber dem Bürgermeister, dem Gemeindevorsteher oder deren gesetzlichem Stellvertreter abgegeben worden ist, auch wenn die anderen Bedingungen der Eheschließung unterblieben sind. Eine Nichtehe nach griechischem Recht liegt nur vor, wenn eine Ehe gänzlich ohne Einhaltung einer der in Art. 1367 vorgesehenen Formen geschlossen wurde (Art. 1372 Abs. 2 grZGB).

[26](2) Ausgehend von den relevanten Normen des grZGB ist die Ehe rechtsgültig zustande gekommen.

[27](a) Nach der vom griechischen Gesetzgeber anerkannten Lehre der griechisch-​orthodoxen Kirche ist die Ehe ein Sakrament, so dass der Trauung eine sakramentale Natur zukommt (BGH a.a.O. Rn. 23 m.w.N.). Der griechische Gesetzgeber hat damit der in kirchlich-​sakramentaler Form geschlossenen Ehe die Rechtsgültigkeit zugesprochen und dem kirchlichen Eheschließungsrecht auch staatlich-​rechtliche Folgen beigemessen. Eine Eheschließung vor einem Geistlichen der griechisch-​orthodoxen oder einer anderen orthodoxen Kirche entspricht somit der von den Gesetzen Griechenlands vorgeschriebenen Form (BGH a.a.O. Rn. 23).

[28](b) Maßgebend ist bei einer kirchlichen Eheschließung somit lediglich, dass ein Priester der östlich-​orthodoxen Kirche bei der Eheschließung mitgewirkt hat. Somit ist es unschädlich, dass bei der Eheschließung zwei Geistliche mitgewirkt haben. Nichtig ist die Eheschließung nur, wenn die Ehe ohne die Mitwirkung eines Geistlichen erfolgt ist, was sich Art. 1372 Abs. 2 grZGB entnehmen lässt. Nach Art. 16 Abs. 1 des Gesetzes Nr. 344/1976 über standesamtliche Eintragungen genügt ohnehin die bloße Mitwirkung eines Priesters an der Trauung. Überdies geht aus der Mitteilung des Direktors des Metropolitanbüros der Griechisch-​Orthodoxen Metropolie von Deutschland vom 25.11.2022 hervor, dass eine Beteiligung weiterer orthodoxer Geistlicher aus anderen kanonischen orthodoxen Jurisdiktionen Deutschlands oder aus dem Ausland, gleich welcher Nationalität, erlaubt ist und den Status dieser Handlung nicht beeinflusst.

[29]b.

[30]Aufgrund der 2007 erfolgten wirksamen Eheschließung hat der Feststellungsantrag des Antragsgegners keinen Erfolg.

[31]2.

[32]Nachdem das Amtsgericht nicht nur über den Feststellungsantrag entschieden hat, sondern auch den Scheidungsantrag jedenfalls der Antragstellerin abgewiesen hat, war die Sache infolge anstehender Folgesachen, insbesondere die Folgesache nachehelicher Unterhalt, insgesamt nach § 146 Abs. 1 FamFG - jedenfalls in entsprechender Anwendung (vgl. Helms in Prütting/Helms, FamFG, 6. Aufl., § 146 Rn. 2) - an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

[33]III. ...

Fundstellen

Volltext

Link, juris.de
Link, Landesrecht Baden-Württemberg

LS und Gründe

FamRZ, 2025, 1695, mit Anm. Zimmermann
FF, 2025, 464

Bericht

Plitzko, NZFam, 2025, 1091

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2025-120

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