Macht ein Verbraucher die Verletzung seiner Datenschutzgrundrechte geltend, so ergibt sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus Art. 17, 18 EuGVO und Art. 79 Abs. 2 S. 2 DSGVO, sofern der Verbraucher seinen Wohnsitz bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. In diesen Fällen ist gem. Art. 6 Rom I-VO deutsches Recht anzuwenden. [LS der Redaktion]
Der Kläger nutzt ausschließlich privat das Netzwerk I... unter dem Benutzernamen C." seit dem 10.03.2014. Betreiberin des Netzwerks für Nutzer in der Europäischen Union, einschließlich in Deutschland, ist die Beklagte, einem nach dem Recht der Republik Irland gegründeten Unternehmen mit Hauptsitz in Dublin, Irland, das bis zum 27.10.2021 als "F... Ireland Ltd." firmierte. Auf I... müssen Nutzer ihren Benutzernamen, ihre E-Mail-Adresse oder Telefonnummer sowie ihr Alter angeben, um sich zu registrieren. Um ein Konto auf I... zu nutzen und zu registrieren, muss ein zukünftiger Nutzer den Nutzungsbedingungen von I... zustimmen. Zukünftige Nutzer werden dazu angehalten, die Datenschutzrichtlinie der Beklagten vor der Registrierung für I... zu lesen. In den Nutzungsbedingungen wird den Nutzern zudem ein Link zur Datenschutzrichtlinie bereitgestellt. Ferner ist die Datenschutzrichtlinie zu jedem Zeitpunkt in der mobilen App sowie auf der Webseite von I... über Links abrufbar.
Als Gegenleistung für die Nutzung des Netzwerks fordert die Beklagte kein Geld. Sie generiert Einnahmen insbesondere dadurch, dass sie Werbetreibenden die Möglichkeit bietet, gegen Entgelt Anzeigen auf I... zu schalten. Um dem Nutzer personalisierte Inhalte auf I... bereitzustellen, nutzt die Beklagte zum einen Daten, die ihr von dem Nutzer zur Verfügung gestellt werden, zum anderen Daten, die als Ergebnis der Aktivitäten des Nutzes auf I... gesammelt werden ("On-site"-Daten) und ferner die vorliegend streitgegenständlichen Daten, die die Beklagte von Dritten (wie von Werbetreibenden) erhält und die z.B. Informationen beinhalten, wie Nutzer mit den Webseiten und Apps von Drittunternehmen interagieren (z.B. Aufrufe, Käufe sowie angeschaute/angeklickte Werbeanzeigen), einschließlich Daten, die die Beklagte durch sog. Business Tools erhält ("Off-site"-Daten). Die Beklagte bietet Drittunternehmen dabei sog. U. Tools (unter anderem "A. Pixel" für Webseiten und "App Events über FacebookSDK" für Apps) an, die Drittunternehmen in ihre Webseiten und/oder Apps integrieren können. Drittunternehmen, die Tools auf ihren Webseiten oder Apps einbinden, sind an die Nutzungsbedingungen für U. Tools gebunden ("Business Tool Nutzungsbedingungen"). Wahlweise können die Nutzer seit November 2023 ein Abo-Modell wählen, bei dem sie gegen Zahlung einer monatlichen Gebühr die Anzeige von Werbung abschalten können.
Wenn ein Drittunternehmen U. Tools in seine Website oder App einbindet, werden Daten, die aus Kundeninteraktionen gewonnen werden ("Events"), gesammelt und an die Beklagte weitergeleitet, seit 2021 geschieht dies wahlweise auch durch Einbindung eines Skripts auf den Servern der Webseiten- und App-Betreiber ("Conversions API" und "App Events API"), wodurch die Erfassung der Daten nicht mehr auf dem Rechner des Nutzers durchgeführt wird. Nachdem ein Drittunternehmen die personenbezogenen Daten eines I...nutzers erhoben und mithilfe der sog. Business Tools an die Beklagte übermittelt hat, hängt die weitere Nutzung der Daten davon ab, ob der Nutzer die Nutzung von optionalen Cookies erlaubt hat, wie z.B. der Nutzung von "Cookies in Apps und auf Websites von anderen Unternehmen, die A. Technologie nutzen" durch die Beklagte ("A. Cookies auf anderen Apps und Webseiten").
Mit Schreiben vom 02.01.2024 wandten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers an die Beklagte und machten dieser gegenüber verschiedene Ansprüche wegen der von dem Kläger als rechtswidrig erachteten Datenverarbeitung geltend. Der Kläger beantragt nunmehr im Wesentlichen, 1.) festzustellen, dass der Nutzungsvertrag der Parteien zur Nutzung des Netzwerks "I..." unter dem Benutzernamen C." der Beklagten die Erfassung mit Hilfe der U. Tools, die Weiterleitung an die Server der Beklagten, die dortige Speicherung und anschließende Verwendung von folgenden personenbezogenen Daten nicht gestattet: auf Dritt-Webseiten und -Apps entstehende personenbezogene Daten des Klägers, ob direkt oder in gehashter Form übertragen, auf Websiten und in mobilen Drittapps Interaktionen des Klägers in der jeweiligen App dokumentieren und 2.) die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, auf Drittseiten und -Apps außerhalb der Netzwerke der Beklagten personenbezogene Daten des Kläger gem. dem Antrag zu 1. mit Hilfe der U. Tools zu erfassen, an die Server der Beklagten weiterzuleiten, die Daten dort zu speichern und anschließend zu verwenden.
[1]I. 1) ... 2) Die - von Amts wegen zu prüfende - internationale Zuständigkeit deutscher
[2]Gerichte ergibt sich aus Art. 6, 17 Abs. 1 c), 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO bzw. Art. 7 Nr. 2, 63 Abs. 1 a), c), Abs. 2 EuGVVO sowie aus Art. 79 Abs. 2 Satz 2 DSGVO (vgl. hierzu OLG Hamm, Urt. v. 22.11.2024 -
[3]3) ... a) ... b) ... (1) ... (2) ... (3) ... (4) ... c) ... (1) ... (2) ... (3) ... d) ... e) ... f) ... 4) Soweit die Klage zulässig ist, hat sie in der Sache überwiegend Erfolg.
[4]a) Auf das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis ist deutsches Recht anzuwenden. Gemäß Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 VO (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.06.2008 (Rom I-VO) unterliegt der Vertrag dem von den Parteien gewählten deutschen Recht. Auch ohne eine Rechtswahl wäre gemäß Art. 6 Abs. 1 b) Rom I-VO deutsches Recht anzuwenden, weil ein Verbrauchervertrag vorliegt (vgl. BGH, Urt. v. 29.07.2021 -
[5]b) ...
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