Hinreichende Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung i.S.d. §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 ZPO können einem Antrag auf Durchführung des nachträglichen regelwidrigen Versorgungsausgleichs nach ausländischer Scheidung (Art. 17 IV 2 EGBGB) nicht mit der Begründung abgesprochen werden, die 1972 in Deutschland ausschließlich nach griechisch-orthodoxem Ritus verheirateten früheren Eheleute hätten keine wirksame Ehe vor dem deutschen Standesbeamten geschlossen.
Die Antragstellerin und der Antragsgegner, beide griechische Staatsangehörige, schlossen …1972 in der griechisch-orthodoxen Kirchengemeinde in X. zu Register.-Nr. … der griechisch-orthodoxen Metropolie von Deutschland die Ehe. Die Eheschließung wurde … 1973 zu Register-Nr. … in das Heiratsregister der Stadt X. eingetragen. Die Eheleute verbrachten die Ehezeit gemeinsam in Deutschland, aus ihrer Verbindung entstammen drei Kinder. Mit Urteil des Gerichts 1. Instanz in Z./Griechenland vom … 2000 wurde die Ehe geschieden, ein Versorgungsausgleich fand nach griechischem Recht nicht statt.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom … 2024 beantragte die Antragstellerin die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die nachträgliche Durchführung eines Versorgungsausgleichsverfahrens nach Art. 17 Abs. 4 EGBGB bei Scheidung im Ausland. Das Familiengericht wies den Antrag mit Beschluss vom … 2024 zurück. Der am … 2024 beim Amtsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den am … 2024 zugestellten Beschluss half das Amtsgericht unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nicht ab und legte dies Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vor.
[1]II.
[2]Die gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde, mit der sich die Antragstellerin gegen die Zurückweisung ihres Verfahrenskostenhilfeantrags wendet, hat auch in der Sache Erfolg.
[3]Der Antragstellerin war die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung ihres Bevollmächtigten zu bewilligen. In ihrer Person sind die Voraussetzungen der §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114, 115 ZPO – materielle Bedürftigkeit, hinreichende Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung, kein Mutwillen – erfüllt.
[4]Hinsichtlich der materiellen Bedürftigkeit der Antragstellerin bestehen dabei keine Bedenken; diese ist mit ihrer ordnungsgemäß ausgefüllten (und belegten) Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe hinreichend nachgewiesen worden. Auch kann angesichts des angestrebten Rechtsschutzziels – der nachträglichen Durchführung des Versorgungsausgleichs – nicht von einer Mutwilligkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung ausgegangen werden. Ein anderer Weg als die familiengerichtliche Geltendmachung ist der Antragstellerin nicht eröffnet, um dieses Ziel zu erreichen.
[5]Schließlich hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch hinreichende Erfolgsaussichten. Da das griechische Gericht der Ehescheidung nur dann über die Durchführung des regelwidrigen Versorgungsausgleichs hätte entscheiden können, wenn nach seinem IPR deutsches Scheidungsstatut gegolten hätte, dies aber nicht der Fall ist, scheidet diese Möglichkeit aus. Daher ist der Versorgungsausgleich nach Art. 17 Abs. 4 S. 2 EGBGB auf Antrag eines Ehegatten nach deutschem Recht durchzuführen, wenn einer der Ehegatten in der Ehezeit ein Anrecht bei einem inländischen Versorgungsträger erworben hat (zur internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts vgl. MüKoBGB/Rentsch, 9. Aufl. 2024, EGBGB Anh. Art. 17a Rn. 69 ff.). Dass die Antragstellerin inländische Versorgungsanrechte erworben hat, folgt aus dem von ihr vorgelegten Rentenbescheid.
[6]Vorliegend ist auch von einer wirksamen Eheschließung der früheren Eheleute als weitere Voraussetzung für die Durchführung des nachträglichen Versorgungsausgleichs auszugehen. Zwar bedürfen Eheschließungen im Inland, unabhängig davon, nach welchem Recht die Voraussetzungen der Eheschließung gem. Art. 13 Abs. 1 EGBGB beurteilt werden, gem. Art. 13 Abs. 4 S. 1 EGBGB grundsätzlich der Form der §§ 1310, 1311 BGB, d. h. die Inlandsform muss eingehalten, die Ehe grundsätzlich also vor einem deutschen Standesbeamten geschlossen werden. Ist jedoch – wie hier – keiner der beiden Eheschließenden deutscher Staatsangehöriger, gestattet Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB in Ausnahme von dem genannten Grundsatz die Eheschließung vor einer von der Regierung des Staates, dem einer der Verlobten angehört, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der nach dem Recht dieses Staates vorgeschriebenen Form. Eine solche Ermächtigung des griechischen Staates lag zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eheschließung für Geistliche der griechisch-orthodoxen Kirche aber vor (vgl. BeckOGK/Kriewald, 1.11.2024, BGB § 1310 Rn. 94). Auch ist die Eheschließung vor der ermächtigten Person vorliegend in der von dem ermächtigenden Staat vorgesehenen Form, eben der kirchlichen Trauung nach griechisch-orthodoxem Ritus, erfolgt. Dies ergibt sich aus dem von der Antragstellerin in Kopie vorgelegten Trauzeugnis der griechisch-orthodoxen Metropolie von Deutschland vom 20.05.1972.
[7]Zwar ist die Eintragung der auf diese Weise geschlossenen Ehe in das Standesregister des Ermächtigungsstaates in diesem Fall kein konstitutiver Bestandteil des Eheschließungsaktes selbst (BeckOGK/Kriewald, aaO., Rn. 96), sie würde jedoch gem. § 1310 Abs. 3 Nr. 1 BGB mögliche Fehler oder sogar eine Nichtigkeit der Eheschließung heilen (vgl. BeckOGK/Kriewald, 1.11.2024, BGB § 1310 Rn. 74). Andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte, die der Bejahung hinreichender Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.
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