Macht ein Verbraucher im Rahmen eines Verstoßes gegen die DSGVO Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche gegen einen Telekommunikationsdienstleister geltend, so ergibt sich der inländische Gerichtsstand aus Art. 79 Abs. 2 S. 2 DSGVO und Art. 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 EuGVVO, sofern der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt bzw. seinen Wohnsitz im Inland hat. [LS der Redaktion]
Die Beklagte erbringt unter der Marke „V.“ Telekommunikationsdienstleistungen. Die Klagepartei schloss mit der Beklagten am 02.06.2020 einen Mobilfunkvertrag. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 24 Monaten und wird bei der Beklagten unter der Vertragsnummer ... geführt. Mit Abschluss des Vertrages erhielt die Klagepartei die Möglichkeit, über das von der Beklagten zur Verfügung gestellte Mobilfunknetz zu telefonieren und Daten auszutauschen bzw. zu empfangen. Die Klagepartei erhielt im Zuge des Vertragsschlusses zudem die Möglichkeit, die Datenschutzerklärung der Beklagten einzusehen (sog. Merkblatt zum Datenschutz). Dieses wurde von der Klagepartei ebenfalls zur Kenntnis genommen. Mit dem Merkblatt zum Datenschutz informierte die Beklagte ihre Kunden über die Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Darin wies die Beklagte darauf hin, dass sie personenbezogene Daten ihrer Kunden über das Zustandekommen und die Beendigung von Vertragsverhältnissen (sog. Positivdaten) an Wirtschaftsauskunfteien wie die S. übermittele. Sodann übermittelte die Beklagte nach Abschluss des Mobilfunkvertrages mit der Klagepartei die Positivdaten an die S. Positivdaten sind Informationen über das Zustandekommen und die Beendigung eines Vertrags, d. h. Informationen, die keine negativen Zahlungserfahrungen oder sonstiges nicht vertragsgemäßes Verhalten zum Inhalt haben.
Die Klagepartei hat im Wesentlichen beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz für einen immateriellen Schaden nebst Zinsen zu zahlen, es zu unterlassen, Positivdaten des Klägers an Kreditauskunfteien zu übermitteln.
[1]Die Klage ist nur teilweise zulässig, jedenfalls aber unbegründet.
[2]I.
[3]Die Klage ist teilweise unzulässig.
[4]1.
[5]Das Landgericht Duisburg ist in internationaler, örtlicher und sachlicher Hinsicht zuständig.
[6]1.1
[7]Die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Duisburg folgt aus Artt. 79 Abs. 2 Satz 2, 28 Abs. 4 DSGVO und § 44 Abs. 1 Satz 2 BDSG sowie aus Art. 17 Abs. 1 lit. c) EuGVVO i. V. m. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO, jeweils i. V. m. §§ 12, 13 ZPO. Da die Vorschriften dieselbe internationale und örtliche Zuständigkeit begründen, kann vorliegend dahinstehen, in welchem Verhältnis diese zueinanderstehen, wobei von einem Vorrang des besonderen Gerichtsstands des Art. 79 Abs. 2 Satz 2 DSGVO als lex specialis gegenüber den Gerichtsständen der EuGVVO auszugehen sein dürfte, vgl. Art. 67 EuGVVO und Erwägungsgrund 147 DSGVO.
[8]Nach Art. 79 Abs. 2 DSGVO und § 44 Abs. 1 Satz 2 BDSG sind für Klagen gegen einen Verantwortlichen oder gegen einen Auftragsverarbeiter die Gerichte des Mitgliedsstaats zuständig, in dem der Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter seine Niederlassung hat; wahlweise können solche Klagen auch bei den Gerichten des Mitgliedsstaates erhoben werden, in dem die betroffene Person ihren Aufenthaltsort hat, es sei denn, es handelt sich bei dem Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter um eine Behörde eines Mitgliedstaats, die in Ausübung ihrer hoheitlichen Befugnisse tätig geworden ist. Dabei spricht eine Vermutung dafür, dass es sich bei einem bestehenden Wohnsitz um den Aufenthaltsort der Klagepartei im Sinne der Norm handelt (Mundil in: Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 42. Ed. Stand: 01.11.2021, DS-GVO Art. 79, Rn. 18).
[9]Die Klagepartei mit Wohnsitz im Landgerichtsbezirk Duisburg richtet ihre Klage gegen die Beklagte als Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO. Die diesbezügliche Behauptung reicht in Anbetracht des Vorliegens einer doppeltrelevanten Tatsache zur Begründung der Zuständigkeit aus.
[10]Nach Art. 18 Abs. 1 EuGVVO kann darüber hinaus die Klage eines Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Nach Art. 17 Abs. 1 EuGVVO gilt Art. 18 EuGVVO, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag sind, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann und wenn – lit. c) – der andere Vertragspartner im Mitgliedsstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mietgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaates, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Die Beschränkung des EuGVVO auf die Erbringung von Dienstleistungen und die Lieferung beweglicher Sachen ist damit entfallen (Stadler in: Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, EuGVVO Art. 17 Rn. 6).
[11]Vorliegend ist nach den klägerischen Behauptungen zwischen den Parteien jedenfalls ein Nutzungsvertrag über die durch die Beklagte angebotenen Mobilfunkleistungen zustande gekommen, §§ 133, 157 BGB. Wer dem Verbraucher die Bereitstellung derartiger Leistungen anbietet, unterbreitet typischerweise ein Angebot auf Abschluss eines Vertrags, welches innerhalb der AGB in der Regel konkretisiert wird (Metzger in: MüKo, BGB, 9. Aufl. 2022, BGB § 327 Rn. 17).
[12]Die Klagepartei ist hier als Verbraucherin aufgetreten. Der geschlossene Vertrag diente weder ihrer gewerblichen noch beruflichen Tätigkeit. Die Klagepartei hat ihren Wohnsitz zudem im Gerichtsbezirk des Landgerichts Duisburg, § 13 ZPO.
[13]Darüber hinaus findet Art. 18 Abs. 1 EuGVVO auch Anwendung auf deliktische Ansprüche nach §§ 823 ff. BGB. Nach der Rechtsprechung des EuGHs ist für die Einbeziehung deliktischer Ansprüche in das Verbraucherschutzregime der Art. 17 ff. erforderlich, dass die deliktische Klage „untrennbar mit einem zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden tatsächlich geschlossenen Vertrag verbunden ist“ (Stadler in: Musielak/Voit, 19. Aufl. 2022, EuGVVO Art. 17 Rn. 1e). Die durch die Klagepartei geltend gemachten Verletzungen beziehen sich allesamt auf solche, die im Zusammenhang mit dem vorliegend geschlossenen Nutzungsvertrag stehen.
[14]1.2. ...